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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.01.2020, RV/7101656/2011

Tarifbesteuerung von Verzugszinsen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Andrea Ebner in der Beschwerdesache Bf, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Baden Mödling vom , betreffend Einkommensteuer 2009, zu Recht: 

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer erhielt in der Rechtssache einer Vertragsrückabwicklung im zivilgerichtlichen Instanzenzug Verzugszinsen iHv insgesamt EUR 12.839,10 zugesprochen und im Jahr 2009 ausbezahlt. Strittig ist, ob diese Zinsen als Kapitalvermögen mit einem besonderen Steuersatz zu besteuern sind oder mit dem Einkommensteuertarif.

Mit Schreiben vom wies der Beschwerdeführer die belangte Behörde darauf hin, die streitgegenständlichen Zinsen erhalten zu haben, jedoch seiner Einkommensteuererklärung im Jahr 2009 nicht zugrunde gelegt zu haben.

Mit Bescheid vom setzte die belangte Behörde die Einkommensteuer für das Jahr 2009 mit EUR 14.998,73 fest. Die streitgegenständlichen Zinsen wurden dabei als nicht endbesteuerungsfähige Kapitalvermögenseinkünfte in die Bemessungsgrundlage mit einbezogen und mit dem sich nach Maßgabe des § 33 EStG 1988 ergebenden Einkommensteuersatz des Beschwerdeführers veranlagt.

In der dagegen erhobenen Berufung (nunmehr als Beschwerde zu bezeichnen) vom führte der Beschwerdeführer aus, dass er zwar keine Einwendungen gegen die steuerliche Berücksichtigung der streitgegenständlichen Zinsen bei der Einkommensteuerbemessung habe, diese jedoch als Zinsen mit dem Kapitalertragsteuersatz von 25% zu versteuern wären, unabhängig davon, ob es Ermäßigungsvorschriften gebe. Es würde sich dabei offensichtlich um eine Gesetzeslücke handeln.

Die belangte Behörde wies die Beschwerde mit Berufungsvorentscheidung (nunmehr als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnen) vom als unbegründet ab. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass nur jene in § 93 EStG 1988 aufgezählten Kapitalerträge der Kapitalertragsteuer unterliegen würden. Da Kapitaleinkünfte gemäß § 27 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 nicht von § 93 EStG 1988 erfasst seien, würden sie nicht der Kapitalertragsteuer unterliegen. Ebenso wenig sei für derartige Kapitaleinkünfte eine begünstigte Besteuerung nach § 37 Abs. 8 EStG 1988 vorgesehen.

Am stellte der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag.

Im Vorlagebericht vom beantragt die belangte Behörde die Abweisung der Beschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I (Abweisung)

1. Feststellungen

Der Beschwerdeführer erwarb mit Vertrag vom ein aus britischen Er- und Ablebensversicherungspolizzen bestehendes Portfolio um EUR 52.000,35. Im zivilgerichtlichen Instanzenzug erfolgte mit Urteil des Oberlandesgerichtes vom die Rückabwicklung dieses Vertrages sowie der Zuspruch von Zinsen iHv 4% für den Zeitraum von bis , somit betragsmäßig insgesamt iHv EUR 12.839,10. Die streitgegenständlichen Zinsen wurden an den Beschwerdeführer im Veranlagungsjahr 2009 ausbezahlt.

2. Beweiswürdigung

Die getroffenen Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt. Vor diesem Hintergrund nahm das Bundesfinanzgericht den obig festgestellten Sacherhalt gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen an.

3. Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 27 Abs. 1 Z 4 EStG 1988, in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung BGBl Nr 532/1993, gehören Einkünfte aus Zinsen und andere Erträgnisse aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art zu den Einkünften aus Kapitalvermögen.

Zwar stellen Verzugszinsen zivilrechtlich einen Schadenersatz dar, nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes werden diese jedoch als "normale" Zinsen dafür bezahlt, dass dem Gläubiger die Möglichkeit der Kapitalnutzung entzogen ist, weswegen die Abgeltung der Kapitalnutzung im Vordergrund steht (vgl sowie vom , 96/14/0087). Somit sind jene im Beschwerdefall im zivilgerichtlichen Instanzenzug zugesprochenen Zinsen als Einkünfte aus Kapitalvermögen iSd § 27 Abs. 1 Z 4 EStG 1988, idF BGBl Nr 532/1993, anzusehen. Da die Ausbezahlung der streitgegenständlichen Verzugszinsen an den Beschwerdeführer unstrittig im Veranlagungsjahr 2009 erfolgte, waren ihm die Einkünfte in diesem Jahr iSd § 19 Abs. 1 EStG 1988 zugeflossen und somit zu besteuern. Fraglich ist daher nur mehr, ob die Besteuerung mit dem besonderen Steuersatz von 25% zu erfolgen gehabt hätte.

Nach § 95 EStG 1988, in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung BGBl Nr 201/1996, beträgt die Kapitalertragsteuer 25%. § 93 EStG 1988, idF vor BGBl I 2010/111, normiert taxativ jene von der Kapitalertragsteuer erfassten steuerabzugspflichtigen Kapitalerträge. Nach § 93 Abs. 2 Z 3 EStG 1988, idF vor BGBl I 2010/111, werden lediglich Zinserträge aus Geldeinlagen bei Kreditinstituten oder sonstigen Forderungen gegenüber Kreditinstituten, denen ein Bankgeschäft zugrunde liegt, vom Kapitalertragsteuerabzug erfasst, nicht jedoch Zinsen im Generellen.

Die streitgegenständlichen Zinsen wurden im Rahmen eines zivilgerichtlichen Urteiles zugesprochen; ihnen lag somit unstrittig kein Bankgeschäft zugrunde, sodass nach dem Wortlaut des § 93 EStG 1988 idF vor BGBl I 2010/111, die Besteuerung mit 25% nicht in Betracht kommt.

Bei jenen Kapitalerträgen aus Zinsen aus Geldeinlagen bei Kreditinstituten und Zinsen aus sonstigen Forderungen gegenüber Kreditinstituten, denen ein Bankgeschäft zugrunde liegt, handelt es sich um solche, die vor dem EStG 1988, BGBl Nr 400/1988, der Zinsertragsteuer (§ 1 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes über die Einführung einer Zinsertragsteuer, BGBl Nr 531/1984) unterlagen. In Zusammenschau mit den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zum EStG 1988 kann dem Telos des Gesetzes nicht entnommen werden, dass der Gesetzgeber jegliche Zinsenerträge der Kapitalertragsteuer iHv 25% unterstellen wollte (vgl EBRV 621 BlgNR 17. GP, 92). Insofern liegt entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers keine (planwidrige) Gesetzeslücke vor, die einen Analogieschluss zuließe.

§ 37 Abs. 8 EStG 1988, idF vor BGBl I 2010/111, sieht für bestimmte Kapitalerträge einen besonderen Steuersatz iHv 25% ohne Kapitalertragsteuerabzug vor. Der Abs. 8 des § 37 EStG 1988 wurde mit Budgetbegleitgesetz 2003, BGBl I Nr 71/2003, erstmals eingefügt und zielt hinsichtlich des Regelungsinhaltes auf eine Auslandsanküpfung an. Den Gesetzesmaterialien ist zu entnehmen, dass diese Regelung auf die Gleichstellung in- und ausländischer Kapitalerträge abzielt, weil bei Auslandsveranlagungen vielfach ein Kapitalertragsteuerabzug nicht in Betracht kommt. Die Einführung des Sondersteuersatzes iHv 25% sollte somit die Gleichstellung mit der Kapitalertragsteuer iSd § 93 EStG 1988, idF vor BGBl I 2010/111, für Auslandserträge bezwecken, nicht jedoch weitere inländische - schon bisher nicht von der Kapitalertragsteuer erfasste - Erträge einer Besteuerung zum besonderen Steuersatz unterwerfen (vgl EBRV 59 BlgNR 22. GP, 268 f). Das Bundesfinanzgericht kann daher auch in der Nichtnormierung der streitgegenständlichen Verzugszinsen in § 37 Abs. 8 EStG 1988, idF vor BGBl I 2010/111, nach dem Telos des Gesetzes keine planwidrige Lücke erkennen.

Da das Einkommensteuergesetz keine Sondervorschriften zur Besteuerung der streitgegenständlichen Verzugszinsen vorsieht, erfolgte die Einbeziehung dieser Einkünfte nach den Einkommensteuertarifstufen des § 33 EStG 1988 zu Recht. Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchpunkt II. (Zulässigkeit der Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht ist nicht von der  Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, wonach Verzugszinsen Einkünfte aus Kapitalvermögen iSd § 27 Abs. 1 Z 4 EStG 1988, idF vor BGBl I 2010/111, darstellen (vgl sowie vom , 96/14/0087). Dass die Besteuerung der streitgegenständlichen durch zivilrechtliches Urteil zugesprochenen Zinsen nicht zum besonderen Steuersatz erfolgt, ergibt sich aus dem klaren Gesetzeswortlaut sowohl des § 93 EStG 1988, idF vor BGBl I 2010/111, als auch des § 37 Abs. 8 EStG 1988, idF vor BGBl I 2010/111, die gerade keine Anwendbarkeit normieren. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt somit im Beschwerdefall nicht vor.

Wien, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
AAAAC-23005