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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.01.2020, RV/5100689/2016

GrESt vom gemeinen Wert des Superädifikates, wenn der Restkaufpreis lt. Immobilien-Leasing-Vertrag geringer ist

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin RI in der Beschwerdesache BFGmbH, ADR, vertreten durch STEINBERGER Steuerberater + Wirtschaftsprüfer GmbH, Winkelstraße 10, 4060 Leonding, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , ERFNR, STNR, betreffend Grunderwerbsteuer nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Die Stadt X als Grundeigentümerin hat der BFGmbH, nunmehrige Beschwerdeführerin, =Bf., im Jahr 1988 auf dem Grundstück Y ein Baurecht bis zum bestellt, für welches im Grundbuch eine Baurechtseinlage eröffnet wurde.

In der Folge hat die Bf. der LEASINGGmbH (bzw. deren Rechtsvorgängerin), =LGmbH, 
1. ihre Rechte aus dem Baurechtsvertrag mit Immobilien-Leasing-Vertrag vom übertragen und 
2. ob der Baurechtseinlage ein Bestandrecht bis eingeräumt und grundbücherlich sichergestellt.
Aufgrund dieser Vertragslage hat die LGmbH in den Jahren 1989 und 1998 auf der Baurechtsliegenschaft vier Gebäude - Büro und Lager I bis Lager III - errichtet, welche im Folgenden zusammen als Superädifikat bezeichnet werden, im Alleineigentum der LGmbH stehen und von der Bf. als Leasingnehmerin genutzt werden. 

Gemäß Punkt 15.1 des Immobilien-Leasing-Vertrages hat die Bf. das Recht nach vereinbarungsgemäßer Vertragsbeendigung (Kündigungsverzicht der Bf. für 20 Jahre) das Superädifikat zu kaufen. Kaufpreis ist der kalkulatorische Restwert bei der L-GmbH zuzüglich aller Kosten und Abgaben.

Dementsprechend hat die Bf. das Superädifikat mit dem hier gegenständlichen Kaufvertrag vom  von der LGmbH um den Kaufpreis von 320.600,86 € gekauft. Gemäß Punkt 4.4 des Kaufvertrages ist als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer (GrESt) der gemeine Wert von 1,836.000 € gemäß dem Schätzgutachten des Architekt A vom zugrunde zu legen. 
Punkt 4.5 des Kaufvertrages lautet: "Die Parteien sind darüber informiert, dass seit der Grunderwerbsteuergesetznovelle 2014 die Steuer vom gemeinen Wert zu berechnen ist (§ 4 Abs. 2 Z 3 lit. a GrEStG), da die Gegenleistung geringer als der gemeine Wert ist."

Daraufhin hat das Finanzamt für Gebühren Verkehrsteuern und Glücksspiel (GVG) mit Bescheid vom für den Rechtsvorgang 3,5 % GrESt in Höhe von 64.260 € vom gemeinen Wert des Superädifikates festgesetzt.

Am hat die Bf. Beschwerde gegen den GrESt-Bescheid eingelegt und die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt, weil das Superädifikat von ihr im Rahmen eines Immobilien-Leasing-Vertrages bereits seit 1989 genutzt werde. Mit Ablauf dieses Vertrages habe die Bf. die Gebäude um den Kaufpreis von 320.600 € erworben.
"... erblickt die Bf. einen unrechtmäßigen Eingriff in ihre Vermögensverhältnisse. Der seinerzeitige Leasingvertrag wurde natürlich unter der Voraussetzung geschlossen, dass der vereinbarte Restkaufpreis Basis für die Ermittlung der GrESt ist. Ein vorzeitiger Ankauf des Gebäudes war trotz Verhandlungen aus vertragsrechtlichen und tatsächlichen Gründen der Leasinggeberin nicht möglich. Wie der VfGH im Erkenntnis vom , G 54/06 u.a. ausführt, muss bei Gesetzesänderungen ein angemessenes Verhältnis zu den in Kauf genommenen Rechtsfolgen eingehalten werden. Wie aus dem angefochtenen Bescheid ersichtlich, ist die Rechtsfolge der Änderung des § 4 Abs. 2 Z 3 lit. a GrEStG für die Bf. keinesfalls angemessen, sondern bedeutet eine fast 6-fache GrESt-Belastung des gegenständlichen Erwerbs. Eine Erhöhung der GrESt um 500 % bei bestehenden Verträgen kommt nach Ansicht der Bf. einem ungebührlichen Eingriff in ihre Vermögenssphäre gleich."
Die Bf. stellt daher den Antrag, die GrESt von der Gegenleistung zu bemessen.

Nach Vorlage des Immobilien-Leasing-Vertrages samt Zusätzen durch die Bf. hat das GVG die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung führt das GVG aus: 
"Der gemeine Wert wird gemäß § 10 Abs. 2 BewG durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei dessen Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen. ... Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse können bei vertraglichen "Kaufpreisbindungen" (zB bei Mietverträgen mit Kaufoption) vorliegen, in diesem Fall ist nicht der tatsächlich erzielte Kaufpreis, sondern der erzielbare Kaufpreis, also der gemeine Wert, als Bemessungsgrundlage heranzuziehen ( 010206/O1O1-VI/5/2014). Im gegenständlichen Fall bildet somit nicht der vereinbarte Restkaufpreis sondern der gemeine Wert des Superädifikates die GrESt-Bemessungsgrundlage."

Am stellt die Bf. einen Vorlageantrag gemäß § 264 BAO, wobei sie nochmals auf ihre Begründung zur Beschwerde verweist, weil auf den wesentlichen Beschwerdepunkt der Änderung des GrEStG nicht eingegangen worden sei.

Am hat das GVG die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht (BFG) zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Beschluss vom hat das BFG der Bf. die Sach- und Rechtslage, wie sie sich bis dahin dargestellt hat, mitgeteilt; an der mündlichen Verhandlung am hat die Bf. nicht teilgenommen.

Rechtslage

Im Beschwerdefall sind die Bestimmungen des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG), BGBl. 1987/309 idF des Bundesgesetzes BGBl. I 2014/36 (in Geltung von bis ), anzuwenden.

Nach § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 unterliegen der GrESt Kaufverträge oder andere Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Übereignung begründen, soweit sich diese auf inländische Grundstücke beziehen.

Nach § 2 Abs. 2 Z 2 GrEStG 1987 stehen Gebäude auf fremdem Boden den Grundstücken gleich.

Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung (§ 5) zu berechnen (Besteuerungsgrundsatz).

Nach § 4 Abs. 2 Z 3 lit. a GrEStG 1987 ist die Steuer [abgesehen von den Fällen des Abs. 1 Z 1 (begünstigter Familienverband) und Z 2 (Land- und Forstwirtschaft)] vom gemeinen Wert zu berechnen, wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist oder die Gegenleistung geringer ist als der gemeine Wert des Grundstückes.

​Gemäß ​ § 10 Abs. 2 BewG 1955 wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen.

Erwägungen

Die Beschwerde wendet sich ausschließlich gegen die Heranziehung des gemeinen Wertes als Bemessungsgrundlage für die GrESt.

Nach § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 ist die Steuer zwar grundsätzlich vom Wert der Gegenleistung zu berechnen. Gemäß § 4 Abs. 2 Z 3 lit. a GrEStG idgF ist allerdings dann, wenn die Gegenleistung geringer als der gemeine Wert des Grundstückes ist, die Steuer vom gemeinen Wert zu berechnen.

Dies bedeutet, dass der Wert der Gegenleistung zwar zum Besteuerungsgrundsatz erhoben ist, davon abweichend ist die Steuer allerdings zwingend vom gemeinen Wert (als Mindestbemessungsgrundlage) zu berechnen, wenn die Gegenleistung unter dem gemeinen Wert des Grundstückes gelegen ist. 

Diese Rechtslage ist nach den Inkrafttretensbestimmungen auf alle Erwerbsvorgänge anzuwenden, die nach dem verwirklicht werden oder für die die Steuerschuld nach dem entsteht. Die Steuerschuld entsteht gemäß § 8 Abs. 1 GrEStG in dem Zeitpunkt, in dem ein steuerpflichtiger Erwerbsvorgang verwirklicht ist. Der zu versteuernde Erwerbsvorgang ist aber zweifelsfrei der Kaufvertrag vom , mit dem die Bf. das Eigentum an den Gebäuden von der LGmbH erworben hat.

Gemäß Punkt 4.4 des Kaufvertrages vom  waren die Vertragsparteien über diese Gesetzeslage informiert und hat die Bf. deshalb ein Schätzgutachten über den gemeinen Wert des Superädifikates eingeholt. Nach diesem Sachverständigengutachten beträgt der Sachwert der baulichen Anlagen auf der Liegenschaft 1,836.000 €. Der Kaufpreis für das Superädifikat lt. Kaufvertrag hat hingegen lediglich 320.600,86 € ausgemacht.

Demgemäß hat das GVG zutreffend den höheren gemeinen Wert der Steuerbemessung zugrunde gelegt.

Soweit die Bf. vermeint, als Basis für die Ermittlung der GrESt müsse der vereinbarte Restkaufpreis herangezogen werden, ist einerseits auf die zutreffende Begründung des GVG in seiner Beschwerdevorentscheidung zu verweisen und kann ihr andererseits auch die Info des BMF-010203/0151-VI/6/2014, ergangen zur ab geänderten Rechtslage, Punkt . betreffend "Gemeiner Wert – Leasing" entgegengehalten werden:

​​Grundsätzlich wird bei Erwerbsvorgängen zwischen Fremden die vereinbarte Gegenleistung dem gemeinen Wert entsprechen (siehe Punkt 1.1.2). Dementsprechend ist davon auszugehen, dass bei Immobilienleasingverträgen (zwischen Personen außerhalb des begünstigten Personenkreises) in Form von Teilamortisationsverträgen, bei denen das Leasinggut ertragsteuerlich dem Leasinggeber zuzurechnen ist (vgl. EStR 2000 Rz. 141), der im Leasingvertrag für das Ende der Grundmietzeit festgesetzte Kaufpreis, sofern er den steuerlichen Restbuchwert nicht unterschreitet, dem gemeinen Wert entspricht. Dies gilt nicht, wenn im konkreten Fall der gemeine Wert offenkundig den steuerlichen Restbuchwert überschreitet.

Im konkreten Fall überschreitet der gemeine Wert nicht nur offenkundig sondern nachgewiesenermaßen den Kaufpreis, sodass nach der Gesetzeslage zwingend die Steuer vom höheren gemeinen Wert zu bemessen ist.

Dem Beschwerdevorbringen, Gesetzesänderungen müssten ein angemessenes Verhältnis zu den in Kauf genommenen Rechtsfolgen einhalten, ist entgegen zu halten: Der Gerichtshof hat in seiner angesprochenen Entscheidung zwar festgehalten, "dass verwaltungsökonomische Überlegungen nicht jegliche Regelung zu rechtfertigen vermögen; es muss ein angemessenes Verhältnis zu den in Kauf genommenen Rechtsfolgen eingehalten werden (VfSlg. 11.201/1986)". Diese Aussage bezieht sich allerdings nur darauf, inwieweit verwaltungsökonomische Überlegungen einen sachlichen Rechtfertigungsgrund für Differenzierungen innerhalb des gesetzlichen Ordnungssystems erlauben. 

Im übrigen steht dem Gesetzgeber ein rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zu, soweit die Regelungen nicht exzessiv sind. Der Gesetzgeber darf jedenfalls ein von ihm selbst geschaffenes Ordnungssystem verlassen und ist auch eine Veränderung "wohlerworbener Rechte" zulässig. 

Vergleiche hiezu:
:
" Auch ist das anfechtende Gericht im Recht, wenn es in seinem Antrag von der Prämisse ausgeht, dass der Gesetzgeber bei der Änderung von Rechtspositionen den Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes entsprechend zu berücksichtigen hat. Der VfGH hat in der Frage der sogenannten wohlerworbenen Rechte in ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa VfSlg. 3836/1960) daran festgehalten, dass der Gesetzgeber solche Rechte verändern kann, hat aber in diesem Zusammenhang stets betont, dass er hiebei im besonderen das Gleichheitsgebot zu beachten hat." und
:
"Dieser Überlegung kann die Bundesregierung entgegenhalten, dass dem Gesetzgeber das Abweichen von einem einmal gewählten Ordnungssystem grundsätzlich nicht verwehrt ist: So vertritt der VfGH in ständiger Judikatur die Auffassung, dass es nicht unzulässig ist, von einem einmal geschaffenen Ordnungssystem wieder abzugehen und einzelne Tatbestände auf eine nicht systemgerechte Art zu regeln. Das Abgehen von einem Ordnungssystem sei für sich allein noch nicht gleichheitswidrig, die Regelung müsse nur in sich selbst dem Gleichheitsgrundsatz entsprechen (VfSlg. 8233/1978, 8457/1978, 9138/1981). Im übrigen ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei den vom VwGH zum Vergleich herangezogenen Regelungen um solche auf verschiedenen Rechtsgebieten handelt; nach der ständigen Judikatur des VfGH (vgl. VfSlg. 4379/1963, 5269/1966, 6854/1972, 8605/1979) ist der Gesetzgeber aber nicht gehalten, Rechtsformen aus einem Rechtsbereich auch in anderen Rechtsbereichen zu übernehmen."

In diesem Zusammenhang gilt es auch zu bedenken, dass die angesprochene Änderung der Gesetzeslage gerade aufgrund der Aufhebung der Bestimmung wegen verfassungsrechtlicher Bedenken des VfGH notwendig war. 

Nicht zuletzt kann niemand ernsthaft erwarten, dass nach einem Zeitraum von mindestens 20 Jahren unveränderte Regelungen für die Besteuerung gelten. Vielmehr wäre bereits seit 2008 die Steuer vom dreifachen Einheitswert (=2,550.816 €; dreifacher Gebäudewert des Superädifikates, festgestellt unter EWAZ 46/231-2-1771/5 zum ) zu ermitteln gewesen.

Es war daher die Beschwerde wie im Spruch ersichtlich abzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzungen treffen im Beschwerdefall nicht zu. Die Entscheidung ist im Einklang mit der angesprochenen Judikatur erfolgt, sodass keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen wurde. In Anbetracht der überdies klaren Sachlage kommt dieser Entscheidung somit keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu.

Linz, am

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