Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.12.2019, RV/7400056/2019

Haftung für Kommunalsteuer

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache Bf., Wohnadresse, vertreten durch Keber & Keber Steuerberatungs- GmbH, Börsegasse 9/2, 1030 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Rechnungs- und Abgabenwesen, Dezernat Abgaben und Recht, Referat Landes- und Gemeindeabgaben vom MA 6/ARL-XXXXX E betreffend Haftung gemäß § 6a des Kommunalsteuergesetzes 1993 und § 6a des Dienstgeberabgabegesetzes, je samt Nebenansprüchen (Säumniszuschläge), zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO insoweit Folge gegeben, als die Haftung anstatt bisher € 6.452,65 auf € 1.392,48 herabgesetzt wird.

Dieser Betrag setzt sich wie folgt zusammen:


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Abgabenart
Zeitraum
Betrag
Kommunalsteuer
2014
1.199,15
Säumniszuschlag
 
18,56
Dienstgeberabgabe
2014
172,11
Säumniszuschlag
 
2,66
SUMME
 
1.392,48

Im Übrigen wird die Beschwerde gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom Datum1 wurde über das Vermögen der X-GmbH der Konkurs eröffnet, der mit Beschluss des Gerichtes  vom Datum4 nach Schlussverteilung aufgehoben wurde. Die Verteilungsquote betrug 34,553%.

Gemäß dem vorliegenden Firmenbuchauszug vertrat der nunmehrige Beschwerdeführer (in der Folge kurz Bf. genannt) vom Datum2 bis zur Konkurseröffnung die Gesellschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer.

Mit Schreiben vom  teilte die belangte Behörde dem Bf. mit, dass am Abgabenkonto ein Rückstand in Höhe von € 6.452,65, bestehend aus Kommunalsteuer 2014 in Höhe von € 5.532,13, Säumniszuschlag in Höhe von € 110,64, Dienstgeberabgabe 2014 in Höhe von € 794,00 samt diesbezüglichem Säumniszuschlag in Höhe von € 15,88 unberichtigt aushafte und er für diese Beträge gemäß § 6a Abs. 1 des Dienstgeberabgabegesetzes bzw. § 6a Abs. 1 des Kommunalsteuergesetzes hafte.

Dem Bf. wurde aufgetragen, sich innerhalb einer Frist von zwei Wochen zu diesem Schreiben zu äußern.

Im diesbezüglichen Antwortschreiben führte der Bf. aus, dass er mit seinem Partner den Betrieb am Ort1 vor dessen Insolvenz gekauft habe. Als der Bf. im ersten Jahr als Restaurantleiter angefangen habe, seien die Umsätze des Betriebes, der bei seinem Eintritt ziemlich heruntergekommen gewesen sei, wieder angestiegen. Als ihm der Betrieb von Herrn Y zum Kauf angeboten worden sei, habe er mit seinem Partner gesprochen. Da sie die Ansicht vertreten hätten, dass dies zu einem großen Geschäft werden könne, hätten sie das Angebot angenommen.

Der Bf. hätte ca. 16 Stunden am Tag gearbeitet, um den Betrieb wieder auf Erfolgskurs zu führen.

Grund für das teilweise Nichtbezahlen der Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe sei gewesen, dass sein Partner die Vereinbarung, alle finanziellen Angelegenheiten zu übernehmen, nicht erfüllt habe.

Es sei ausgemacht gewesen, dass, solange sich der Betrieb nicht von alleine finanzieren könne, er alles finanzieren würde. Leider sei es aber anders gekommen. Er habe sich nach wenigen Monaten aus unerklärlichen Gründen verabschiedet und den Bf. mit allen Problemen alleine gelassen.

Nicht nur, dass alles kaputt und desolat gewesen sei und er aus o.g. Gründen alles aus dem laufenden Geschäft habe finanzieren müssen (Erneuerung der Vitrine, Instandhaltung diverser Einrichtungen wie Lüftung usw.), habe die Hausverwaltung unsagbare Mieterhöhungsvorstellungen gehabt (von € 12.000 auf € 25.000) und begonnen, den Betrieb zu schwächen. Dagegen hätte sich der Bf. gerichtlich wehren müssen.

Entscheidend für den Entschluss Insolvenz anzumelden, sei eine Räumungsklage  gewesen.

Nach unzähligen Versuchen, Investoren zu finden, habe am Datum1 Insolvenz angemeldet werden müssen.

Mit Bescheid vom wurde der Bf. gemäß § 6a Abs. 1 des Kommunalsteuergesetzes für den Rückstand an Kommunalsteuer 2014 in Höhe von € 5.532,13 samt Nebenansprüchen (Säumniszuschlag) in Höhe von € 110,64 sowie gemäß § 6a Abs. 1 des Dienstgeberabgabegesetzes für den Rückstand an Dienstgeberabgabe 2014 in Höhe von € 794,00 samt Nebenansprüchen (Säumniszuschlag) in Höhe von € 15,88 zur Haftung herangezogen.

Zur Begründung wurde nach Zitierung der gesetzlichen Grundlagen für die Haftung ausgeführt, dass mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom Datum1 über das Vermögen der Primärschuldnerin ein Konkursverfahren eröffnet worden sei. Die bereits vom Gesetzgeber als typischer Fall der erschwerten Einbringung angeführte Voraussetzung für die Haftung sei durch die Eröffnung des Konkursverfahrens jedenfalls erfüllt.
Der Bf. sei bis Datum3 im Firmenbuch als Geschäftsführer der oben angeführten
Gesellschaft eingetragen und daher verantwortlicher Vertreter gewesen. Die schuldhafte Pflichtverletzung der ihm gemäß § 80 BAO auferlegten Pflichten sei im gegenständlichen Fall dadurch gegeben, dass er es unterlassen habe, für die termingemäße Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen. Es sei für den Zeitraum 2014 keine einzige Zahlung an Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe geleistet worden.

Im gegenständlichen Fall seien laut Aktenlage zwar die Löhne und Gehälter im Haftungszeitraum ausbezahlt, die damit fälligen Abgaben jedoch nicht entrichtet worden. Durch die Schlechterstellung des Abgabengläubigers habe der Haftungspflichtige somit seine Pflicht zur Gleichbehandlung aller Gläubiger verletzt. Es sei daher die gesetzliche Voraussetzung für die Haftungs- und Zahlungspflicht gegeben.

Er habe somit die ihm als Geschäftsführer der im Spruch genannten Gesellschaft auferlegten Pflichten verletzt und sei daher für den Rückstand haftbar, da dieser bei der Gesellschaft nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könne.

Die Geltendmachung der Haftung entspreche auch den Ermessensrichtlinien der Zweckmäßigkeit und Billigkeit nach § 20 BAO, da nach der Aktenlage kein Hinweis darauf bestehe, dass der nunmehr aushaftende Betrag bei der Primärschuldnerin überhaupt noch eingebracht werden könnte.

In der gegen diesen Haftungsbescheid fristgerecht eingebrachten Bescheidbeschwerde vom führte der Bf. aus, dass er im Haftungszeitraum zusammen mit seinem Partner J im Lokal L. am Ort1 (X. GmbH) gearbeitet habe. Der Partner sei für den gesamten finanziellen Bereich zuständig gewesen, da er vom Privatkonkurs des Bf. gewusst habe. Der Bf. habe damals wie heute über keinerlei finanzielle Mittel verfügt.

Der Bf. habe 60 bis 80 Stunden pro Woche gearbeitet, um den Betrieb wieder zu sanieren. Doch schon nach kurzer Zeit habe sein Partner die finanziellen Zusagen nicht mehr eingehalten. Sämtliche notwendigen Reparaturen hätten aus dem laufenden Geschäft bezahlt werden müssen.

Da nur der Partner die finanziellen Mittel gehabt habe, habe der Bf. wegen jeder notwendigen Zahlung zu ihm gehen müssen. Doch leider habe er immer eine Ausrede gefunden, warum er dem Betrieb keine finanziellen Zuwendungen habe geben können oder wollen.

Der Bf. habe ihn mehrere Male auf die prekäre Situation hingewiesen, doch leider sei nichts gekommen. Zusätzlich habe er sich nicht mehr um den Betrieb gekümmert und den Bf. alleine gelassen.

Zum gleichen Zeitpunkt hätten auch die Mietrechtskämpfe mit der Hauseigentümerin, K, begonnen, die die Übernahme nach § 12 MRG nicht habe anerkennen wollen und alles daran gesetzt habe, um der Firma zu schaden. Streitpunkt sei der Mietvertrag und die Mietsumme gewesen, es seien damals schon € 15.000 Miete im Monat bezahlt worden und die K habe eine Mietanpassung auf € 25.000 wollen.

Da dies nie zu erwirtschaften gewesen wäre, habe der Bf. alles versucht, um eine Lösung und Einigung mit der Hausinhabung zu erzielen. Das Verbot, den Schanigarten zu bewirtschaften, sei die Antwort gewesen.

Die K habe mit allen Mitteln versucht, die Firma aus dem Gebäude zu vertreiben. Die Firma habe auch notwendiger Weise zusätzlich in den Streit (L. Räumungsklage) auf Grund des unterlassenen Einspruches des Voreigentümers Herrn Y eintreten müssen.

Als schlussendlich das Gericht eine zu hohe Sicherheitsleistung verlangt habe, die die Firma unter allen Anstrengungen nicht auftreiben habe können, habe der Bf.  - gegen den Willen seines Partners - Insolvenz anmelden müssen.

Täglich mehr als 16 Stunden zu arbeiten und auf 5 Seiten gegen alle möglichen Widrigkeiten zu kämpfen sei dann doch zu viel gewesen. Der Bf. selbst habe alles, was die L. und die X. GmbH ihm schuldeten, verloren.

Auch wenn der Bf. nach außen hin der Geschäftsführer gewesen sei, so habe er finanzielle Dinge nicht entscheiden können. Und nach all diesen Problemen habe er leider lnsolvenz anmelden müssen.

Unter Einem stelle der Bf. die Anträge auf Entscheidung durch den Senat und auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat.

******

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab und führte nach Zitierung der für die Haftung wesentlichen gesetzlichen Bestimmungen und Rechtsprechung aus, dass die im angefochtenen Bescheid angeführten Abgabenforderungen gemäß der Aktenlage bestünden.

Der Bf. sei vom Datum2 bis Datum3 alleiniger Geschäftsführer der GmbH und daher für die Abgabenentrichtung verantwortlich gewesen. Der vom Bf. genannte Partner sei hingegen nur Gesellschafter und als solcher nicht für die Abgabenentrichtung verantwortlich gewesen.

Nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz habe der Vertreter vorhandene Mittel zwar nicht in erster Linie zur Begleichung der Abgabenschulden zu verwenden, er dürfe allerdings auch nicht den Abgabengläubiger schlechter behandeln als alle anderen Gläubiger; er dürfe also nicht andere Verbindlichkeiten vor den Abgabenschulden erfüllen. Seien zwar Geldmittel vorhanden, reichten sie aber nicht zur Deckung aller fälligen Verbindlichkeiten aus, müssten - damit dem Gleichheitsgrundsatz entsprochen werde — alle Verbindlichkeiten anteilig im gleichen Verhältnis erfüllt werden (, 82/14/0070-0072).

Von einer anteiligen Begleichung könne nicht gesprochen werden, wenn z.B. die Löhne zur Gänze ausbezahlt und die Abgaben nicht entrichtet würden, denn zur Vermeidung eines haftungsrelevanten Verschuldens hätten die anfallenden Abgabenverbindlichkeiten zumindest anteilig entrichtet werden müssen und die Löhne nur in entsprechend geringerem Ausmaß ausbezahlt werden dürfen ( Zl. 97/17/0144; , Zl. 99/14/0040).

Im gegenständlichen Fall seien laut Aktenlage zwar die Löhne und Gehälter im Haftungszeitraum ausbezahlt, jedoch im gesamten Haftungszeitraum keine einzige Zahlung an Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe geleistet worden. Durch die Schlechterstellung des Abgabengläubigers habe der Bf. als einziger Geschäftsführer im Haftungszeitraum somit seine Pflicht zur Gleichbehandlung aller Gläubiger verletzt.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH habe ein Geschäftsführer, der sich in der ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Pflichten durch die Gesellschafter oder durch dritte Personen (zB Hausbank) behindert sehe, entweder sofort im Rechtsweg die Möglichkeit, die ungehinderte Ausübung seiner Funktion zu erzwingen oder seine Funktion niederzulegen und als Geschäftsführer auszuscheiden ( Zl. 89/13/0143 oder Zl. 89/13/0142).

Der Bf. habe in seiner Beschwerde somit nicht den Nachweis erbracht, dass ihm die Erfüllung seiner Pflichten unmöglich gewesen wäre.

Die Pflichtverletzung des Bf. ergebe sich aus der Missachtung der abgabenrechtlichen
Bestimmungen. Der Bf. hätte Sorge tragen müssen, dass die Kommunalsteuer und die Dienstgeberabgabe für den Haftungszeitraum fristgerecht entrichtet werde.
Auf Grund dieser Tatsachen sei die Beschwerde als unbegründet abzuweisen gewesen.

Dagegen beantragte der Bf. mit Eingabe vom die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht.

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Mit Eingabe vom übermittelte die steuerliche Vertretung einen Liquiditätsstatus, der eine monatlich aufgegliederte Darstellung der liquiden Mittel, Gesamtverbindlichkeiten und Quote ausgewiesen habe. Die steuerliche Vertretung erklärte weiters, dass an die belangte Behörde nichts bezahlt wurde.

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Mit Eingabe vom zog die steuerliche Vertretung den Antrag auf mündliche Verhandlung und Entscheidung durch den Senat zurück.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 6a Abs. 1 des Kommunalsteuergesetzes 1993 (KommStG) haften die in den §§ 80 ff der Bundesabgabenordnung bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Gemäß § 6a Abs. 1 des Gesetzes über die Einhebung einer Dienstgeberabgabe, LGBl. Nr. 17/1970, haften die in den §§ 80 ff der Bundesabgabenordnung bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Dienstgeberabgabe insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Konkurseröffnung.

Die Kommunalsteuer und die Dienstgeberabgabe werden für jeden Kalendermonat am 15. des darauffolgenden Kalendermonats fällig (§ 11 Abs. 2 KommStG sowie § 6 Abs. 1 des Gesetzes über die Einhebung der Dienstgeberabgabe).

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 3 Abs. 1 BAO sind Abgaben im Sinn dieses Bundesgesetzes u.a. die Nebenansprüche aller Art. Nach § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Im Beschwerdefall ist unbestritten, dass die in Rede stehenden Abgaben vor Konkurseröffnung seitens der GmbH zu entrichten waren und der Bf. in diesem Zeitraum als Geschäftsführer bestellt war. Unbestritten ist weiters die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben bei der Primärschuldnerin.

Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Konkurs am Datum4, somit erst nach Ergehen des Haftungsbescheides, nach erfolgter Schlussverteilung aufgehoben wurde. Die Verteilungsquote betrug 34,553% und war bei den haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten zu berücksichtigen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung im Sinn des § 9 Abs. 1 BAO annehmen darf. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war.

Für die Haftung nach § 6a KommStG und nach § 6a des Wiener  Landesgesetzes über die Dienstgeberabgabe gilt nichts anderes.

Wird ein zur Vertretung einer juristischen Person Berufener an der Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten gehindert, hat er nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Behinderung der Ausübung seiner Funktion sofort abzustellen oder - wenn sich dies als erfolglos erweist - seine Funktion nieder zu legen. Tut er dies nicht, ist ihm ein gemäß § 6a KommStG und nach § 6a des Wiener  Landesgesetzes über die Dienstgeberabgabe relevantes Verschulden anzulasten. Der vertretungsbefugte und im Rahmen dieser Vertretungsmacht haftungspflichtige Geschäftsführer ist von seiner Verantwortung zur Entrichtung der Abgaben also nicht deshalb befreit, weil er aufgrund von Weisungen von Gesellschaftern oder auf Grund einer sonstigen Einflussnahme wirtschaftlich die Gesellschaft beherrschender Personen entweder der rechtlichen und/oder faktischen Möglichkeit einer ausreichenden und effektiven Kontrolle in der Richtung, ob die jeweils fällig werdenden Abgaben zumindest anteilig entrichtet werden, beraubt ist, sich aber gegen die unzulässige Beschränkung seiner Geschäftsführung oder zumindest seiner Aufsichts- und Kontrollaufgaben in Bezug auf die Entrichtung der Abgaben nicht durch entsprechende gerichtliche Schritte zur Wehr setzt oder von seiner Geschäftsführerfunktion zurücktritt oder die nicht eingeschränkte Kontrollmöglichkeit nicht in ausreichender und effektiver Weise wahrnimmt (z.B. ).

Der vertretungsbefugte Geschäftsführer ist von seiner Verantwortung zur Entrichtung der Abgaben nicht deshalb befreit, weil die Geschäftsführung - sei es aufgrund eines eigenen Willensentschlusses des Geschäftsführers, sei es über Weisung von Gesellschaftern, sei es aufgrund einer sonstigen Einflussnahme wirtschaftlich die Gesellschaft beherrschender Personen - faktisch anderen Personen zusteht und der Geschäftsführer dadurch der Möglichkeit einer ausreichenden und effektiven Kontrolle in der Richtung beraubt ist, ob die jeweils fällig werden Abgaben zumindest anteilig entrichtet werden, sich aber gegen die unzulässige Beschränkung seiner Geschäftsführung oder zumindest seiner Aufsicht und Kontrollaufgaben in Bezug auf die Entrichtung der Abgaben nicht durch entsprechende gerichtliche Schritte zur Wehr setzt oder von seiner Geschäftsführerfunktion zurücktritt (vgl. etwa das Erkenntnis des Zl. 2011/16/0027, mwN).

Der Bf. bringt in der Beschwerde vor, dass sein Partner, ein Gesellschafter der GmbH, seine finanziellen Zusagen nicht eingehalten und den Bf. trotz der prekären finanziellen Situation entgegen seiner Zusagen im Stich gelassen habe.

Da der Bf. nach seinen Angaben somit faktisch nicht mehr in der Lage war, seinen Pflichten als Geschäftsführer nachzukommen, hätte er sich entweder gegen die Behinderung in der Ausübung seiner Funktion durch den Gesellschafter umgehend durch entsprechende Schritte zur Wehr setzen oder unverzüglich seine Funktion zurücklegen müssen. Dass der Bf. derartiges unternommen hätte, wurde nicht behauptet. Nach der aufgezeigten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist daher von einer schuldhaften Pflichtverletzung im Sinne des § 6a KommStG und des § 6a des Wiener  Landesgesetzes über die Dienstgeberabgabe auszugehen.

Ob der Konkurs  selbst vom Vertreter schuldhaft herbeigeführt wurde, ist nicht von Belang. Damit waren aber die näheren Umstände der Konkurseröffnung (Ausführungen in der Beschwerde hinsichtlich der Mietrechte und Räumungsklage) nicht entscheidungswesentlich.

Die belangte Behörde ist daher zu Recht vom Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bf. ausgegangen.

Nach der ebenfalls ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes haftet der Vertreter für nicht entrichtete Abgaben des Vertretenen auch dann, wenn die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten des Vertretenen nicht ausreichten, es sei denn, er weist nach, dass er die Abgabenschulden im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als bei anteiliger Verwendung der vorhandenen Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten. Auf dem Vertreter lastet auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. Der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung bezieht sich auch auf Zahlungen, die zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes erforderlich sind, und kann eine Bevorzugung von Gläubigern auch in der Barzahlung von Wirtschaftsgütern in Form von sogenannten Zug-um-Zug-Geschäften bestehen. Der vom Vertreter zu erbringende Nachweis der Gleichbehandlung aller Gläubiger hat somit auch die von der Gesellschaft getätigten Zug-um-Zug-Geschäfte zu erfassen (vgl. , mwN).

Eine Betrachtung der Gläubigergleichbehandlung hat zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt zu erfolgen (vgl. nochmals das Erkenntnis des Zl. 2011/16/0186, mwN).

Am Bf., dem als Geschäftsführer der Primärschuldnerin ausreichend Einblick in die Gebarung zustand, war es gelegen, das Ausmaß der quantitativen Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten der Abgaben zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen (), da nicht die Abgabenbehörde das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen hat, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel ().

Den im Rahmen der besonderen Behauptungs- und Konkretisierungspflicht zur Feststellung des für die aliquote Erfüllung der Abgabenschuld zur Verfügung stehenden Teiles vom Gesamtbetrag der liquiden Mittel geforderte Liquiditätsstatus - in Form einer Gegenüberstellung von liquiden Mitteln und Verbindlichkeiten zum jeweiligen Fälligkeitstag der haftungsgegenständlichen Abgaben, wobei es auf die Abgabenverbindlichkeiten einerseits und die Summe der übrigen Verbindlichkeiten andererseits ankommt - hat der Bf. mit Eingabe vom aufgestellt.

Demzufolge betrug im haftungsgegenständlichen Zeitraum für die Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe (letzte Fälligkeit ) der Quotenschaden 33,12%, für die Säumniszuschläge (FT. ) 25,63%.

Dieser wird der Entscheidung zu Grunde gelegt, wobei auch noch die Konkursquote zu berücksichtigen ist.

Die Haftung reduziert sich daher wie folgt:


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Abgabenart
Zeitraum
Bisheriger
Betrag
Hievon Quotenschaden
abzgl.
Konkursquote
(34.553%)
Kommunalsteuer
2014
5.532,13
1.832,24
1.199,15
Säumniszuschlag
 
110,64
28.36
18,56
Dienstgeberabgabe
2014
794,00
262,97
172,11
Säumniszuschlag
 
15,88
4,07
2,66
SUMME
 
 
 
1.392,48

Nach der ständigen Rechtsprechung spricht eine Vermutung für die Verursachung der Uneinbringlichkeit der Abgaben durch die Pflichtverletzung (Ritz, BAO6, § 9 Tz 24 mit Judikaturnachweisen). Es wurden keinerlei Gründe vorgebracht, die Anhaltspunkte für einen Ausschluss des Kausal- bzw. des Rechtswidrigkeitszusammenhanges bieten würden; solche sind auch nicht aktenkundig.

Die Geltendmachung der Haftung liegt im Ermessen der Abgabenbehörde, das sich innerhalb der vom Gesetz aufgezeigten Grenzen (§ 20 BAO) zu halten hat. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben mit allen gesetzlich vorgesehenen Mitteln und Möglichkeiten" beizumessen. Die Heranziehung des Bf. zur Haftung stellt die letzte Möglichkeit zur Durchsetzung des Abgabenanspruches dar. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel dann ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist. Dieser öffentliche Auftrag zur Ergreifung aller Mittel, vollstreckbare Abgaben einzubringen, überwiegt bei einer vorzuwerfenden Pflichtverletzung meist auch allfällige Billigkeitsgründe, die für eine Abstandnahme von der Heranziehung zur Haftung ins Treffen geführt werden. Derartige Billigkeitsgründe wurden nicht vorgebracht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Entscheidung weicht von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab. Auf die in der Begründung zitierten Entscheidungen wird verwiesen.

Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind, ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7400056.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at