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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.12.2019, RV/7105806/2019

Erhöhte Behauptungs- und Beweislast bei Antrag gemäß § 217 Abs. 7 BAO

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf vertreten durch StB über die Beschwerde vom gegen den Abweisungsbescheid der belangten Behörde Finanzamt FA vom betreffend den Antrag auf Herabsetzung erster Säumniszuschläge zu Recht erkannt: 

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensverlauf

Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurden gegenüber der Beschwerdeführerin (in weiterer Folge Bf) erste Säumniszuschläge betreffend die Umsatzsteuer 2012 iHv 5.045,21 Euro und die Umsatzsteuer 2013 iHv 6.718,12 Euro festgesetzt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Festsetzung erforderlich gewesen sei, da die Bf die Abgabenschuldigkeiten hinsichtlich der Umsatzsteuer 2012 iHv 252.260,64 Euro und der Umsatzsteuer 2013 iHv 335.906,21 Euro – nach Verfügung des Ablaufes der Aussetzung der Einhebung dieser Abgabennachforderungen mit Bescheid vom – nicht bis entrichtet habe.

Mit Eingabe vom beantragte die Bf gemäß § 217 Abs. 7 Bundesabgabenordnung (BAO) die Herabsetzung der Säumniszuschläge auf 0,00 Euro. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Bf an der Säumnis kein grobes Verschulden treffe. In diesem Zusammenhang verwies die Bf auf das anhängige Beschwerdeverfahren betreffend die Umsatzsteuer für die Jahre 2012 und 2013.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag vom ab. Ein grobes Verschulden am Eintritt der Säumnis iSd § 217 Abs. 7 BAO sei dann anzunehmen, wenn die für die Einhaltung von Fristen erforderliche und nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen wird, wenn also eine ungewöhnliche und auffallende Sorgfaltsvernachlässigung vorliegt. Im Fall eines Antrages nach § 217 Abs. 7 BAO habe der Abgabepflichtige aus eigenem Antrieb konkret und nachvollziehbar darzulegen und glaubhaft zu machen, dass ihn an der verspäteten Entrichtung kein grobes Verschulden treffe. Da die zu Grunde liegende fehlerhafte Abgabenermittlung (Selbstbemessung) auf einer unvertretbaren Rechtsansicht beruhe, liege ein grobes Verschulden an der verspäteten Abgabenentrichtung vor.

Gegen diesen Abweisungsbescheid richtet sich die streitgegenständliche Beschwerde vom , in der die Bf ausführte, eine vertretbare Rechtsansicht liege nach ständiger Rechtsprechung insbesondere dann vor, wenn diese Rechtsansicht mit einem Teil der Lehre oder der Rechtsprechung in Einklang steht bzw nicht „völlig an den Haaren herbeigezogen“ ist, also insbesondere noch im Wortlaut eines Gesetzes Deckung findet.

Im konkreten Fall handle es sich um die Rechtsansicht zur Inanspruchnahme von steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen bzw allenfalls der entsprechenden Vertrauensschutzregelung in Art. 7 Abs. 4 Binnenmarktregelung. Diesbezüglich wurde neuerlich auf die anhängigen Beschwerdeverfahren, insbesondere betreffend die Umsatzsteuer für die Jahre 2012 und 2013, verwiesen.

Gerade die Tatsache, dass im Zusammenhang mit der gegenständlichen Rechtsfrage noch keine einschlägige Judikatur vorliege bzw andererseits die Finanzverwaltung ihre Ansprüche an die Voraussetzungen für die Steuerbefreiungen in den letzten Jahren sukzessive ausgedehnt habe, zeige, dass hier eine jedenfalls noch äußerst unsichere Rechtslage vorliege. Die von der Finanzverwaltung vertretene Rechtsauffassung gehe insbesondere weit über die Ausführungen im Umsatzsteuergesetz bzw der Binnenmarktregelung hinaus, während die von der Bf vertretene Rechtsauffassung jedenfalls noch im Wortlaut des Umsatzsteuergesetzes Deckung finde. Es sei daher keinesfalls vom Vorliegen einer unvertretbaren Rechtsansicht auszugehen, sodass die Bf auch kein grobes Verschulden an einer allenfalls verspäteten Abgabenentrichtung treffe.

Die belangte Behörde erledigte die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom und wies das Beschwerdebegehren als unbegründet ab. In der Begründung hielt das Finanzamt ua fest, dass die Bestimmung des § 217 Abs. 7 BAO einen Begünstigungstatbestand normiere, wonach auf Antrag des Steuerpflichtigen von der Anlastung eines Säumniszuschlages ganz oder teilweise Abstand zu nehmen sei, wenn ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft. Ein derartiges Verfahren, das auf die Erlangung einer abgabenrechtlichen Begünstigung gerichtet sei, werde vom Antragsprinzip beherrscht. Dies bedeute, dass der Grundsatz der strikten Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund trete. Dieser habe also selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden könne.

Bei Selbstberechnungsabgaben sei ein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung auszuschließen, wenn der Berechnung eine vertretbare Rechtsansicht
zugrunde liegt.

Das erfolgreiche Stützen der Beschwerde gegen einen Säumniszuschlag auf eine vertretbare Rechtsansicht setze voraus, dass im Zeitpunkt der Fälligkeit nur diese eine
Rechtsansicht vorliegt und kein Anhaltspunkt dafür bestehe, diese Qualifikation auch
anzuzweifeln.

Bei der Betriebsprüfung sei festgestellt worden, dass der für die Steuerfreiheit notwendige Nachweis der innergemeinschaftlichen Warenbewegung nicht erbracht worden sei, und somit steuerpflichtige Umsätze vorliegen würden.

Da die zu Grunde liegende fehlerhafte Abgabenermittlung (Selbstbemessung) auf einer unvertretbaren Rechtsansicht beruhe, liege ein grobes Verschulden an der verspäteten
Abgabenentrichtung vor.

Mit Eingabe vom beantragte die Bf fristgerecht die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.

Die belangte Behörde legte am die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und verwies in einer Stellungnahme ergänzend auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Nebengebühren (Säumniszuschlag, Stundungs- und Aussetzungszinsen), wonach die Pflicht zur Erhebung dieser Nebengebühren nicht den Bestand einer sachlich richtigen oder gar rechtskräftigen, sondern einer formellen Abgabenschuld voraussetze. Die Abgabenbehörde habe im Bereich des Säumniszuschlages lediglich die objektive Voraussetzung der Säumnis, nicht aber die Richtigkeit des zu Grunde liegenden Abgabenbescheides zu prüfen. Eine rechtskräftige Festsetzung der Stammabgabe sei für die Festsetzung eines Säumniszuschlages daher nicht Voraussetzung. Ein Säumniszuschlagsbescheid sei auch dann rechtmäßig, wenn die zu Grunde liegende Abgabenfestsetzung nicht rechtskräftig oder sachlich unrichtig ist. Im Fall der Abänderung der formellen Abgabenschuld seien nach den ausdrücklichen Regelungen in der BAO die genannten Nebengebühren abzuändern.

Im Fall einer nachträglichen Abänderung oder Aufhebung der gegenständlichen Umsatzsteuerbescheide seien daher gemäß § 217 Abs. 8 BAO insoweit auch die strittigen Säumniszuschläge herabzusetzen oder aufzuheben.

Hinsichtlich der Verschuldensfrage verwies die belangte Behörde auf ihre Ausführungen im Abweisungsbescheid vom bzw in der Beschwerdevorentscheidung vom .

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Entscheidungsrelevanter Sachverhalt

Die belangte Behörde hat (ua) die Umsatzsteuer für die Jahre 2012 und 2013 nach Durchführung einer abgabenbehördlichen Prüfung betreffend die Jahre 2009 bis 2014 mit den Bescheiden vom abweichend von den Steuererklärungen der Bf festgesetzt.

Die Veranlagung erfolgte unter Zugrundelegung der Feststellungen der Außenprüfung, die zusammengefasst die Steuerfreiheit innergemeinschaftlicher Lieferungen der Bf in Abholfällen (***lieferungen nach Ungarn bzw in die Slowakei) wegen behaupteter mangelhafter bzw fehlender Nachweise hinsichtlich der Warenbewegungen versagte.

Die Bf legte (ua) gegen diese Bescheide mit Eingabe vom das Rechtsmittel der Beschwerde ein und beantragte die Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO betreffend die Umsatzsteuer 2012 iHv 252.470,40 Euro und die Umsatzsteuer 2013 iHv 335.906,21 Euro. Das Finanzamt bewilligte in weiterer Folge die beantragte Aussetzung der Einhebung.

Inhaltlich verwies die Bf zur Begründung auf die Begründung im Beschwerdeverfahren hinsichtlich der Umsatzsteuerbescheide der Vorjahre 2008 bis 2011, in denen ebenfalls die Steuerbefreiung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen – insbesonders in Abholfällen – strittig war bzw ist. In ihrer Beschwerdeergänzung vom konkretisierte die Bf die Begründung ihrer Beschwerde zusammengefasst dahingehend, dass die Steuerbefreiung gemäß Art. 7 Binnenmarktregelung (BMR) für innergemeinschaftliche Lieferungen in Anspruch genommen worden sei. Dabei sei für die Abgabenbehörde auf Basis der von ihr vorgenommenen Erhebungen offenbar zweifelhaft, ob die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 BMR vorliegen würden. Soweit diese Voraussetzungen nicht vorliegen würden, berufe sich die Bf auf Art. 7 Abs. 4 BMR, wonach eine Lieferung auch bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 BMR als steuerfrei anzusehen sei, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes nicht erkennen konnte.

Mit den Beschwerdevorentscheidungen vom wies das Finanzamt die Beschwerden gegen die Umsatzsteuerbescheide 2012 und 2013 ab und verfügte – ebenfalls mit Bescheid vom – den Ablauf der ausgesetzten Umsatzsteuernachforderungen. Als Zahlungstermin für die Umsatzsteuernachforderungen wurde der festgesetzt. Am erging der Säumniszuschlagsbescheid, gegen den sich der Antrag der Bf gemäß § 217 Abs. 7 BAO richtet.

Im Beschwerdeverfahren (ua) betreffend die Umsatzsteuer 2012 und 2013 beantragte die Bf am die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und beantragte erneut die Aussetzung der Einhebung hinsichtlich der Umsatzsteuernachforderungen für die Jahre 2012 und 2013 iHv 252.470,40 Euro und 335.906,21 Euro. Die Aussetzung dieser Beträge gemäß § 212a BAO wurde in weiterer Folge wiederum bewilligt.

Die Vorlage der Beschwerde gegen die Stammabgaben an das Bundesfinanzgericht erfolgte am . Die Beschwerdeverfahren sind derzeit beim Bundesfinanzgericht unter GZ. RV/7103354/2019 hinsichtlich der Umsatzsteuer 2012 bzw GZ. RV/7103373/2019 hinsichtlich der Umsatzsteuer 2013 anhängig. 

Rechtsgrundlagen und rechtliche Beurteilung

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.

Gemäß § 217 Abs. 2 BAO beträgt der erste Säumniszuschlag 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Dazu ist festzuhalten, dass sich die verfahrensgegenständliche Beschwerde vom gegen den Abweisungsbescheid vom und nicht gegen den Bescheid über die Festsetzung von ersten Säumniszuschlägen vom richtet. Es war daher nicht zu prüfen, ob der Säumniszuschlagsbescheid vom zu Recht ergangen ist oder ob dem Antrag auf Aussetzung vom , der iZm dem Vorlageantrag betreffend die Stammabgaben gestellt worden ist, einbringungshemmende und damit dem § 217 Abs. 4 lit. b BAO zufolge auch säumniszuschlagsvermeidende Wirkung zugekommen ist.

Es wird aber darauf verwiesen, dass nach den gesetzlichen Bestimmungen iZm dem abweichenden Wirtschaftsjahr die Umsatzsteuer des Jahres 2012 am und die Umsatzsteuer des Jahres 2013 am fällig war und die Nachforderungsbeträge nicht zu den Fälligkeitstagen entrichtet worden sind. Die Vorschreibung der Säumniszuschläge als objektive Säumnisfolge ist somit grundsätzlich zu Recht erfolgt.

Im vorliegenden Fall kommt daher insbesonders folgende rechtliche Bestimmung zur Anwendung:

Gemäß § 217 Abs. 7 BAO sind auf Antrag des Abgabepflichtigen Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.

Anträge gemäß § 217 Abs. 7 BAO sind grundsätzlich unbefristet und können auch in einer Beschwerde oder erst im Vorlageantrag betreffend den Säumniszuschlagsbescheid gestellt werden können. Solche Anträge unterliegen der Entscheidungspflicht, somit der Pflicht, hierüber mit Bescheid abzusprechen (vgl Ritz, BAO6, § 217 Tz 65f und 70).

Das Antragsrecht auf Herabsetzung bzw Nichtfestsetzung von Säumniszuschlägen setzt voraus, dass den Abgabepflichtigen kein grobes Verschulden an der Säumnis trifft. Grobes Verschulden fehlt, wenn überhaupt kein Verschulden oder nur leichte Fahrlässigkeit vorliegt (Ritz, BAO6, § 217 Tz 43, mit Judikaturnachweis). Eine (lediglich) leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (Ritz, BAO6, § 217 Tz 44, mit Judikaturnachweisen).

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegt keine leichte Fahrlässigkeit vor, wenn jemand auffallend sorglos handelt (bspw ). Auffallend sorglos handelt, wer die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt (zB ; , 2009/15/0096; , 2009/16/0098; , 2012/13/0051).

Nimmt ein zur Selbstberechnung verpflichteter Eigenschuldner (zB Arbeitgeber für Dienstgeberbeiträge) oder Abfuhrpflichtiger (zB Arbeitgeber für Lohnsteuer) die Selbstberechnung vor und entrichtet er (zeitgerecht) den selbst berechneten Betrag, so ist für § 217 Abs. 7 BAO ausschlaggebend, ob ihn an einer Fehlberechnung (gemeint ist eine zu niedrige Berechnung) ein grobes Verschulden trifft. Dies wird beispielsweise nicht der Fall sein, wenn der Selbstberechnung eine vertretbare Rechtsansicht zugrunde liegt. War die Rechtsansicht unvertretbar, so ist dies für die Anwendung des § 217 Abs. 7 BAO nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit schädlich (Ritz, BAO6, § 217 Tz 48 mwN).

Wie die belangte Behörde bereits in ihrer Beschwerdevorentscheidung vom zutreffend ausgeführt hat, normiert § 217 Abs. 7 BAO einen Begünstigungstatbestand, der vom Antragsprinzip beherrscht wird. Dies bedeutet, dass der Grundsatz der Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund tritt (vgl ; , 99/13/0070; , 2003/13/0117). Dieser hat also selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen all jener Umstände aufzuzeigen, auf welche die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann. Aus dieser erhöhten Behauptungs- und Beweislast des Antragstellers folgt, dass es seine Sache ist, ein fehlendes grobes Verschulden an der Säumnis aufzuzeigen. Über das Vorbringen der Bf hinausgehende Feststellungen für eine nicht grob verschuldete verspätete Entrichtung der in Rede stehenden Abgaben sind daher nicht amtswegig festzustellen.

Die Bf hat in ihrem Antrag gemäß § 217 Abs. 7 BAO vom lediglich behauptet, dass sie an der Säumnis kein grobes Verschulden getroffen habe und diesbezüglich auf das anhängige Beschwerdeverfahren betreffend die Stammabgaben (Umsatzsteuer 2012 und 2013) verwiesen. In der Beschwerde vom brachte die Bf zusätzlich vor, durch die Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich der Steuerfreiheit innergemeinschaftlicher Lieferungen bzw der Vertrauensschutzregelung des Art. 7 Abs. 4 Umsatzsteuergesetz 1994 (Binnenmarktregelung) liege eine vertretbare Rechtsansicht vor und verwies erneut auf das Beschwerdeverfahren betreffend die Stammabgaben. In diesem Verfahren gehe die vom Finanzamt vertretene Rechtsauffassung weit über die Ausführungen im Umsatzsteuergesetz bzw der Binnenmarktregelung hinaus, während die von der Bf vertretene Rechtsauffassung jedenfalls noch im Wortlaut des Umsatzsteuergesetzes Deckung finde.

Diese allgemeinen Ausführungen entsprechen nicht den Antragserfordernissen nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen all jener Umstände aufzuzeigen ist, auf welche die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann. Das Vorbringen der Bf ist einerseits unzureichend, da das fehlende Verschulden lediglich behauptet wurde und der bloße Verweis auf gesetzliche Bestimmungen ohne Bedachtnahme auf die Rechtsprechung des Verwaltungs- oder Verfassungsgerichtshofes bzw des Europäischen Gerichtshofes zu den Voraussetzungen einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung von Gegenständen noch keine vertretbare Rechtsansicht begründet. Andererseits ist im Rahmen der eingeschränkten Amtswegigkeit nicht zu prüfen, ob sich das mangelnde Verschulden allenfalls – wie von der Bf vorgebracht – aus den Akten des Beschwerdeverfahrens hinsichtlich der Umsatzsteuer 2012 und 2013 oder dem gesamten Steuerakt (Beschwerdeverfahren hinsichtlich der Umsatzsteuer 2011 und Vorjahre) ergeben würde. In Folge der erhöhten Behauptungs- und Beweislastpflicht ist der Hinweis auf diese Verfahren ohne Bedeutung.

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes hängt die Verschuldensbeurteilung letztlich von der Klärung der zugrundeliegenden Sachverhaltsfragen in den offenen Beschwerdeverfahren betreffend die Stammabgaben (Umsatzsteuer 2012 und 2013) ab. Abgesehen vom unzureichenden Vorbringen im Antrag gemäß § 217 Abs. 7 BAO ist es der Bf in ihren Eingaben in den offenen Umsatzsteuerbeschwerdeverfahren aber auch nicht gelungen, die im Rahmen der Außenprüfung(en) aufgezeigten Anhaltspunkte zum Vorliegen eines groben Verschuldens von Vornherein und zur Gänze auszuräumen. In diesem Zusammenhang ist zusätzlich auf die Tatsache zu verweisen, dass es die Bf trotz der Feststellungen der Außenprüfung betreffend die Mängel bei den Ausfuhrnachweisen in den Vorjahren unterlassen hat, die behaupteten Mängel in den streitgegenständlichen Jahren 2012 und 2013 zu korrigieren.   

Zusammenfassend kann im vorliegenden Fall das Nichtvorliegen eines groben Verschuldens iSd § 217 Abs. 7 BAO an der (allfälligen) Unrichtigkeit der Selbstbemessung der Umsatzsteuer nicht als erwiesen angesehen werden.

Abschließend ist informativ auf die Bestimmung des § 217 Abs. 8 BAO zu verweisen, wonach im Falle einer Herabsetzung der zugrundeliegenden Abgabenschuldigkeiten an Umsatzsteuer der Säumniszuschlagsbescheid vom amtswegig anzupassen wäre.

Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes
abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der
bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet
wird.

Im gegenständlichen Fall liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, da das vorliegende Erkenntnis der angeführten ständigen Rechtsprechung des
Verwaltungsgerichtshofes zur erhöhten Behauptungs- und Beweislast bei Begünstigungstatbeständen folgt. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 Abs. 7 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7105806.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at