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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.10.2019, RV/7103967/2016

Haftung des Geschäftsführers

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 12/13/14 Purkersdorf vom , betreffend Haftung gemäß § 9 BAO, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit des Beschwerdeführers Bf., seines steuerlichen Vertreters **X27**, der Amtsvertreter **X28** und **X29**  im Beisein der Schriftführerin **X30** zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird – ersatzlos – aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

 Entscheidungsgründe

Mit Vorhalt vom hielt die Abgabenbehörde dem Beschwerdeführer (Bf) vor, dass am Konto der **X36**-GmbH (in der Folge als Primärschuldnerin bezeichnet) folgende Abgabenbeträge uneinbringlich aushaften:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabenart
Zeitraum
Fälligkeitstag
Betrag
Säumniszuschlag 1
2009
1.449,63
Umsatzsteuer
05/2009
 
68.297,01
Umsatzsteuer
09/2009
 
6.214,78
Körperschaftsteuer
10-12/2009
 
419,97
Kapitalertragsteuer
10-12/2008
60.000,00
Säumniszuschlag 1
2011
5.765,98
Umsatzsteuer
2009
0,02
fikt.AA
 
 
4.251,02
 
 
 
146.398,41

Weiters wurde Folgendes ausgeführt:

„Die Vertreter juristischer Personen haben alle Pflichten des Vertretenen zu erfüllen. Insbesondere haben sie dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, vorschriftsmäßig entrichtet werden.

Vertreter haften mit ihrem persönlichen Einkommen und Vermögen für unentrichtet gebliebene Abgaben des Vertretenen, wenn sie an der Nichtentrichtung dieser Abgaben ein Verschulden trifft. Leichte Fahrlässigkeit gilt bereits als Verschulden.

Sie werden daher in Ihrem eigenen Interesse ersucht, die nachfolgenden Fragen sorgfältig und vollständig zu beantworten und durch Vorlage geeigneter Unterlagen, die zu Ihrer Entlastung dienen können, zu belegen.

Die im Rückstand ausgewiesenen Selbstbemessungsabgaben sind nach Abgabenarten und Zeiträumen aufgeschlüsselt. Die Ermittlung der im Rückstand enthaltenen bescheidmäßig vorgeschriebenen Abgaben entnehmen Sie bitte den beiliegenden, an die Primärschuldnerin ergangenen Bescheiden (Ablichtungen).

2. Laut Firmenbuchauszug waren sie im Zeitraum bis als Vertreter der Primärschuldnerin bestellt.

Auf Grund Ihrer Funktion als geschäftsführender Vertreter oblag Ihnen die Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen der Vertretenen.

3. Da die im beiliegenden Rückstandsausweis angeführten Abgabenbeträge während Ihrer Vertretungsperiode fällig bzw. nicht entrichtet wurden, muss das Finanzamt bis zum Beweis des Gegenteiles davon ausgehen, dass Sie der Ihnen aufgetragenen Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Vertretenen nicht vorschriftsgemäß nachgekommen sind.

4. Die genannten Beträge sind bei der Primärschuldnerin als uneinbringlich anzusehen. Dies ergibt sich zweifelsfrei daraus, dass der Konkurs über das Vermögen der Primärschuldnerin gemäß § 139 IO nach Verteilung aufgehoben wurde.

5. Sofern der Primärschuldnerin bereits zu den jeweiligen Fälligkeitstagen der Abgaben nicht mehr über ausreichende liquide Mittel zur (vollen) Bezahlung aller Verbindlichkeiten verfügte, werden Sie ersucht, dies durch eine Auflistung sämtlicher Gläubiger mit zum Zeitpunkt der Abgabenfälligkeiten (siehe Punkt 1) gleichzeitig oder früher fällig gewordenen Forderungen darzulegen. In dieser Aufstellung müssen alle damaligen Gläubiger der Primärschuldnerin (auch die zur Gänze bezahlten) sowie die auf einzelne Verbindlichkeiten (Gläubiger) geleisteten Zahlungen (Quoten) enthalten sein. Außerdem sind alle verfügbar gewesenen liquiden Mittel (Bargeld und offene Forderungen) anzugeben bzw. gegenüber zu stellen.

Es steht Ihnen frei, die maßgebliche finanzielle Situation zum Eintritt der Abgabenfälligkeiten, die offenen Verbindlichkeiten und die erbrachten Tilgungsleistungen an alle einzeln anzuführenden Gläubiger der Primärschuldnerin auch auf andere Art und Weise einwandfrei bekannt zu geben.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes obliegt Ihnen als Vertreter, Nachweise dafür, wieviel Zahlungsmittel zur Verfügung gestanden sind und in welchem Ausmaß die anderen Gläubiger der Primärschuldnerin noch Befriedigung erlangten, zu erbringen. Im Fall der Nichterbringung dieser Nachweise muss das Finanzamt davon ausgehen, dass Sie die Ihnen obliegende Verpflichtung, die fällig gewordenen Abgaben aus den verwalteten Mitteln zu entrichten, schuldhaft verletzt haben, und diese Pflichtverletzung auch ursächlich für den Abgabenausfall bei der Primärschuldnerin ist.

Unter diesen Umständen haften Sie für die uneinbringlichen Abgabenschuldigkeiten im vollen Ausmaß (zB ).

6. Wird der Nachweis einer Gläubigergleichbehandlung nicht in nachvollziehbarer Weise erbracht, liegt es im Ermessen des Finanzamtes, die Haftung für die unter Punkt 1 genannten Abgabenbeträge auszusprechen, bei Benachteiligung des Abgabengläubigers im Ausmaß der nachgewiesenen Benachteiligung der Abgabenschuldigkeiten gegenüber den anderen Verbindlichkeiten der Primärschuldnerin (zB ). Da der öffentliche Auftrag zur Ergreifung aller Mittel, vollstreckbare Abgaben einzubringen, bei einer vorzuwerfenden Pflichtverletzung allfällige Einzelinteressen verdrängt (zB ), sähe sich das Finanzamt veranlasst, die gesetzliche Vertreterhaftung gegen Sie im erforderlichen Ausmaß geltend zu machen.

7. Zur Stellungnahme wird Ihnen eine Frist bis zum eingeräumt.“

Mit Eingabe vom erstattete der Bf folgende Stellungnahme:

„Richtig ist, dass ich auf Grund eines Gerichtsverfahrens zwischen den Gesellschaftern zum Geschäftsführer der **X36**-GmbH (im Folgenden: **X36**-GmbH ) bestellt wurde. Es handelte sich um einen Kompromiss zwischen den Gesellschaftern um die **X36**-GmbH handlungsfähig zu machen. Intern zuständig für die Baustelle **X23** waren jedoch der Handlungsbevollmächtigte ** X5**und **X10 **. Ich habe mit Schreiben vom den Rücktritt als Geschäftsführer per erklärt. Bis zu diesem Zeitpunkt bin ich meinen abgabenrechtlichen Pflichten für die **X36**-GmbH nach meinem bestem Wissen und Gewissen und vorschriftsmäßig nachgekommen.

Höchst problematisch ist, dass der Masseverwalter weder die Gesellschafter **X5 ** oder **X10** noch mich von der Betriebsprüfung vom verständigt hat. Wenn es auch dem Masseverwalter nicht möglich war, die Unterlagen beizuschaffen, so ist es dennoch gelungen, einige Unterlagen zusammenzutragen und wird darum ersucht, zur Vorlage dieser Unterlagen die Frist zu erstrecken. Eine Beiziehung dieser Unterlagen hätte zu einem anderen Ergebnis der Außenprüfung geführt. Da deshalb die bezughabenden Unterlagen nicht vorlagen, kam es letztlich zu einem unrichtigen Ergebnis. Die Richtigkeit dieser Schätzung wird jedenfalls bestritten.

Es wird daher erstattet der Antrag auf Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist zum Haftungsbescheid vom (Steuernummer **X31**) und zur Begründung ausgeführt, dass mangels Möglichkeit zur Stellungnahme im Rahmen der Außenprüfung mein Recht auf Parteiengehör verletzt wurde. Der Steuerberater **X3** hat mich nicht von dieser Außenprüfung informiert, weshalb die Beilagen nicht vorgelegt wurden, die einen Nachweis der Verwendung der Mittel ermöglicht hätten. Der Haftungsbescheid wurde mir erst am zur Kenntnis gebracht, weshalb die Frist zur Wiedereinsetzung gewahrt ist. Gleichzeitig ersuche ich um Fristerstreckung zur Vorlage der Berufung.

Alternativ ersuche ich um amtswegige Wiederaufnahme der Außenprüfung zur Vorlage relevanter Unterlagen und meiner persönlichen Stellungnahme.

Zum Rückstandsausweis wird im Einzelnen ausgeführt:

Zur Kapitalertragssteuer 10-12/2008, fällig am :

Vorweg ist festzuhalten, dass es für mich Ende 2008 keineswegs vorhersehbar war, dass das Finanzamt hinsichtlich eines Betrages von EUR 180.000,-- eine Zuwendung an **X5**annehmen wird. Dementsprechend kann mir aus der Nichtentrichtung von Kapitalertragsteuer 2008 kein Vorwurf gemacht werden.

Die Gesellschafter **X5**und **X10** haben mir Ende 2008 die Weisung erteilt, vom Anderkonto der **X36**-GmbH aus dem aus einer Finanzamtsgutschrift (Umsatzsteuer) resultierendem Guthaben am den Betrag von EUR 151.000,-­ auf ein Verrechnungskonto zu überweisen und einen Betrag von EUR 69.000,- in bar an die Gesellschafter **X5**und **X10** auszuzahlen. Da es sich um ein Verrechnungskonto handelte, war zu diesem Zeitpunkt eine Verkürzung des Finanzamtes an Kapitalertragsteuer für mich nicht vorhersehbar.

Grundlage dieser Auszahlungen war eine Vereinbarung: Das Bauunternehmen **X37**-GmbH hatte versprochen, die Fertigstellung des Wohnhauses (belagsfertig) um einen Betrag von EUR 186.000,- zu erbringen. Die Gesellschafter **X5**und **X10** erklärten noch am Vormittag des (dem Tag der Auszahlung dieser Beträge) sofort nach **X26** zur Fa. **X37**-GmbH zu fahren und diesen Betrag zur Anzahlung zu leisten. Aus dem Verrechnungskonto sollte nach Fortschritt der zuvor unterbrochenen Bauarbeiten und nach Fertigstellung vereinbarungsgemäß weitere Zahlungen an **X37**-GmbH erfolgen. Damit schien die Fertigstellung des Wohnhauses und damit der erfolgreiche Abschluss des Projektes gesichert. Wobei das Verrechnungskonto selbstverständlich auch zur Zahlung laufender Kosten und anderer Ausgaben im Rahmen der Bautätigkeit dienen sollte. Die **X37**-GmbH lehnte dann aber die Fortsetzung der Bauarbeiten ab.

Es wurde zwischen den Gesellschaftern eine Fortführung des Projektes beschlossen trotz der Bemühungen der **X19**, dies zu unterbinden. Auf Grund dessen wurde der Betrag von EUR 151.000,- auf das Konto des **X25** überwiesen und auch der Betrag von EUR 69.000,- bar ausbezahlt. Von dort wurden dann weiter Bautätigkeiten bezahlt (siehe vorgelegte Rechnungen). Dies erfolgte nach den Weisungen des Handlungsbevollmächtigten und auf Beschluss der Gesellschafter an **X25**. Ergänzend ist anzumerken, dass **X5** bereits seit eine Handlungsvollmacht und insbesondere intern die Aufgabe übernommen hatte, die Baustelle **X23** zu betreuen. Er war außerdem Gesellschafter und hatte das Projekt seit Beginn an als Geschäftsführer betreut. Es gab auf Grund der gefassten Beschlüsse und Weisungen der Gesellschafter keinen sinnvollen Grund, **X5**die Verwendung eines Verrechnungskonto zu verweigern.

Zwar bedeutet nach der Rechtsprechung des VwGH, 90/15/0123, die Verteilung der Aufgaben zwischen mehreren Vertretern nicht, dass ein Vertreter sich nicht um die Tätigkeit der anderen kümmern brauche, jedoch kann die Geschäftsverteilung einen Vertreter exkulpieren, wenn er sich diesbezüglich nach Lage des Falles auf den intern zuständigen Vertreter verlassen durfte (VwGH 81/14/0083, 81/14/0169). Ich war in meiner Zeit als Geschäftsführer immer aktiv bemüht, sich Kenntnis über alle notwendigen buchhalterischen und steuerrechtlichen Belange zu verschaffen. Ich hatte die berechtigte Annahme, dass ich mich auf die intern zuständigen Vertreter **X5** und **X10** im Umfang ihrer zugewiesenen Arbeit verlassen durfte. Ein Beispiel dafür ist, dass ich davon ausgehen konnte, dass zur Fertigstellung der Immobilie in der **X23**, **X24**, EUR 69.000,-- an die Firma **X37**-GmbH aus den Geldern der **X36**-GmbH gezahlt wurde. Es war mir gar nicht möglich, die Geldflüsse noch besser zu kontrollieren. Es ist mir also nicht vorwerfbar, dass ich nicht wusste, dass das Finanzamt hinsichtlich des Betrages von EUR 180.000,-- eine Zuwendung an **X5** annehmen würde, wodurch eine Kapitalertragssteuer 2008 fällig wurde. Vielmehr konnte ich mich darauf verlassen, dass **X5**die auf dem Verrechnungskonto seines Vaters deponierten Beträge ordnungsgemäß verwaltet, dies auch insbesondere weil sein Vater als zweite Kontrollinstanz über die Firmenangelegenheiten informiert und am Konto zeichnungsberechtigt war. Mit **X25** und **X4**gab es bis zu diesem Zeitpunkt ein sehr gut funktionierendes Klientenverhältnis, wobei ich zahlreiche Treuhandschaften beim Ankauf und Verkauf von Liegenschaften zur Zufriedenheit aller übernahm. Ich hatte daher keine Veranlassung in dieser Hinsicht misstrauisch zu sein. Das Büro der **X36**-GmbH befand sich gegenüber von meiner Kanzlei auf **X22**.

Ich hatte Ende 2008 nach den durchgeführten Überweisungen Ende 2008 nur mehr einen Betrag von EUR 1.352,21 auf dem Anderkonto der Gesellschaft zur Verfügung. Weitere liquide Mittel waren zu diesem Zeitpunkt nicht mehr vorhanden. Es gab zwar in späterer Folge Mieteingänge der **X38**-AG . Diese wurden allerdings durch Zahlungen für weitere Bauleistungen aufgebraucht, wobei die Gesellschafter für diese Arbeiten regelmäßig Abhebungen durchführten. Aus dem geringen Betrag am Anderkonto konnten und wurden keine Gläubiger vorzugsweise befriedigt. Es wurden lediglich Verwaltungsstrafen bezahlt. Es wurden also keine Tilgungen unter Benachteiligung des Finanzamtes durchgeführt. Andere Gläubiger erhielten ebenfalls keine Zahlungen, wobei eine Forderung der Fa. **X39**-GmbH von EUR 1.963,31 (abgesehen von meinem Honorar) früher fällig war als die auf Grund der Außenprüfung angenommene Kapitalertragsteuer. Forderungen wurde von mir nur nach Maßgabe der beiliegenden Abbildung der Zahlungsflüsse bezahlt. Das Vermögen der **X36**-GmbH bestand im Wesentlichen aus der Projektliegenschaft, hätte aber nach meiner damaligen Auffassung bei der erwarteten positiven Entwicklung des Projekts jedenfalls auch dazu gereicht, um die Kapitalertragsteuer zu entrichten.

Der am Verrechnungskonto hinterlegte Betrag von rund EUR 151.000,- wurde nach meinem Kenntnisstand für Bauarbeiten und andere Ausgaben für die der Baustelle **X23**, **X24**, verwendet. Dahingehend wurde ich durch die Gesellschafter eingehend informiert. Die diesbezüglichen Unterlagen und Rechnungen sind jedoch derzeit noch immer nicht ganz aufgearbeitet, da sie sich teils bei den Gesellschaftern **X10** und **X5**und die Buchhaltungsunterlagen beim Buchhalter des Masseverwalters befinden.

Zur Vorlage der entsprechenden Unterlagen wird um Fristerstreckung von zumindest vier Wochen ersucht.

Der Bauunternehmer **X21** hatte vor einer Woche einen Herzinfarkt und liegt im Spital. Ein Teil der relevanten Unterlagen/Rechnungen befinden sich laut dem Gesellschafter **X5**allerdings bei ihm und konnten auf Grund dieser schweren Erkrankung nicht sofort beigeschafft werden. Jene Unterlagen, die vorliegen, konnten noch nicht komplett aufbereitet werden.

Alternativ bringe ich unter der im Nachhinein getroffenen rechtlichen Würdigung einer „Ausschüttung" an **X5** vor, dass meinerseits nur die EUR 180.000,-- als 100 % angenommen werden können, wodurch dann EUR 45.000,-- als Steuerschulden entstanden wären. Dieser Betrag wäre von **X5** rückforderbar. Es wird daher erstattet das Ersuchen um Vorlage der steuerlichen Unterlagen des **X5**, weil dort eine entsprechende Berücksichtigung stattfinden muss.

Ergänzungen und Vorlagen werden vorbehalten im Sinne des Fristerstreckungsantrages zur Vorlage erforderlicher Unterlagen und zur Stellungnahme.

Zur Umsatzsteuer 05 /2009:

Im Mai 2009 hatte die **X36**-GmbH als reine Projektgesellschaft, deren geschäftliche Tätigkeit ausschließlich in der Errichtung einer Wohnhausanlage und im Abverkauf von Eigentumswohnungen bestand. Abgesehen vom Grundeigentum am Haus **X23** gab es kein nennenswertes Vermögen. Es gab mangels Abverkauf von Wohnungen bis auf die Mieten auch keinen nennenswerten Umsatz. Auf dem Anderkonto der **X36**-GmbH waren zum Ende meiner Geschäftsführertätigkeit nur mehr ca. 20,- EUR vorhanden, da die Gesellschafter, insbesondere die finanziell starke lnvestorin **X20**, entgegen anderslautender Zusagen keine Einzahlungen mehr leisteten. Auch andere Investoren sagten ab.

Mit der den Hausbau finanzierenden **X19** war nach einem längeren Gerichtsverfahren ein Vergleich (mit einer Zahlungsfrist bis ) abgeschlossen worden, was der **X36**-GmbH die Möglichkeit eröffnete, Wohnungen zu verkaufen und damit Umsätze zu erzielen, die auch eine Umschuldung ermöglichen hätten sollen. Auch ein Totalverkauf erschien möglich. Die **X19** hatte einer Löschung der im Grundbuch ersichtlichen Klagsanmerkung zugestimmt, die viele Kaufinteressenten abgeschreckt hatte. Auch eine Löschung des bisher eingetragen Belastungs- und Veräußerungsverbotes aus dem vorherigen Konkursverfahren konnte bewirkt werden, womit nach langen Gerichtsverfahren das Grundbuch „sauber" war und eine Umschuldung der **X36**-GmbH theoretisch und praktisch möglich erschien. Die Bankschulden bei der **X19** waren zu diesem Zeitpunkt der Höhe nach die einzigen relevanten Schulden. Die Volksbank war einer Umschuldung näher getreten, lehnte eine Umschuldung am leider ab.

Am war in der Kanzlei des Vertragsverfassers Notar **X18** ein auf Wunsch des (einzigen aufzufindenden) Käufers einer Wohnung **X17** ein Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag abgeschlossen worden, der auf dessen ausdrücklichen Wunsch nicht dem Anlagemodell entsprach. Ich habe mit den Gesellschaftern **X5**und **X10** besprochen, dass dieser Kaufvertrag nicht dem gewählten umsatzsteuerlichen Konzept entspricht. Die beiden Gesellschafter beharrten ausdrücklich darauf, dass dieser Kaufvertrag in dieser Form zu unterzeichnen wäre, weil „eine Änderung ohnedies noch möglich wäre, weil der Käufer die Wohnung in Wirklichkeit vermieten wolle". Mit diesem Vertrag sollte endlich Wohnungseigentum beim Objekt **X23**, **X24**, begründet werden, was ein positives Signal für weitere Kaufinteressenten hätte sein sollen. Deshalb wurde seitens der Gesellschafter besonders starker Druck ausgeübt, weshalb ich diesen Vertrag weisungsgemäß für die **X36**-GmbH unterschrieb. Ansprechpartner für diese Verhandlungen war aber immer der spätere Geschäftsführer **X10**.

Weiters gab es eine Treuhandvereinbarung des Notars, nach der sich dieser verpflichtete, den Kaufpreis nur dann auszuzahlen, wenn eine Fertigstellungsbestätigung eines Ziviltechnikers bzw. Sachverständigen vorliegt hinsichtlich der Gesamtliegenschaft. Weiters vereinbart war eine Lastenfreistellung hinsichtlich eines Pfandrechts der **X19**, wobei jedoch eine anteilige Löschungserklärung von der **X19** nicht abgegeben wurde.

Noch am hatte eine Firma **X16** eine Fertigstellung der Bauarbeiten zugesichert. Es war nach dieser Bestätigung ein Abschluss der Arbeiten in greifbare Nähe gerückt. Auch ein Nutzwertgutachten vom lag bereits vor. Damit schien die Möglichkeit der Begründung von Wohnungseigentum nur mehr ein Schritt zu sein.

Da sich in weiterer Folge (also nach Unterfertigung des Kaufvertrages mit Herrn **X15**) völlig überraschend durch ein von der Gesellschafterin **X14** eingeholtes Gutachten eines **X13** herausstellte, dass erhebliche Baumängel am neu errichteten Gebäude vorlagen, ging ich davon aus, dass sich die Situation grundlegend geändert hatte. Mir wurde dazu auch von den Gesellschaftern mitgeteilt, dass dieser Vertrag „sicher niemals umgesetzt würde". Auch meiner Überzeugung nach hätte ein vernünftiger Käufer meiner Überzeugung nach nicht am Kaufvertrag festgehalten und den Vertrag irrtumsrechtlich aufgelöst. Eine Feststellungsanzeige war nicht absehbar. Der anteiligen Lastenfreistellung beim Kaufobjekt hatte die **X19** eine Absage erteilt.

Wie bereits ausgeführt, wies dieses sehr umfangreiche Gutachten durch die zahlreichen aufgezeigten Baumängel in eine völlig andere Richtung. Ich entschloss mich sofort die Geschäftsführung per zurückzulegen. Erst nach einem entsprechenden eingeschrieben Schreiben unter Fristsetzung nach **X12** an die dritte Gesellschafterin war der Notar dazu bereit, die Generalversammlung über meine Abberufung zu protokollieren, wodurch sich die Löschung meiner Funktion im Firmenbuch erheblich verzögerte. Zum neuen Geschäftsführer wurde Herr **X10** bestellt, der auch bereits zuvor immer über alle Firmenagenden bestens informiert war und in der Zeit vor der formalen Umsetzung im Firmenbuch zahlreiche Agenden betreute. Er war insbesondere auch bei der Vertragsunterzeichnung am quasi als Dolmetsch für den **X41**sprachigen Käufer **X15** zugegen. Mir wurde hinsichtlich meiner Geschäftsführertätigkeit von den Gesellschaftern am die Entlastung erteilt.

Beweis: Protokoll samt Beilagen, PV

Hinsichtlich der Umsatzsteuer wäre auf Grund des Kaufvertrages mit Herrn **X15** eine Berichtigung durchzuführen gewesen. Der damalige Steuerberater der **X36**-GmbH hatte diesbezüglich am schriftlich bestätigt, dass eine solche Berichtigung spätestens im letzten Voranmeldungszeitraum 2009 (also bis Ende 2009) zu erfolgen hat. Auf diese fachkundige Auskunft durfte ich mich verlassen. Ende 2009 war er längst nicht mehr Geschäftsführer. Nach Rücksprache mit den Gesellschaftern wurde mir Auftrag und Weisung erteilt, diese Berichtigung noch nicht mit dem Abrechnungszeitraum Mai 2009 durchzuführen. Die Aufgabe die Umsatzsteuer aus dem Kaufvertrag mit Herrn **X15** zu berichtigen ist am auf den neuen Geschäftsführer Herrn **X10** und dann mit Eröffnung des Insolvenzverfahren am XX.10.2009 auf den Masseverwalter übergegangen. Dieser führte offenbar keine Berichtigung durch. Der Insolvenzverwalter **X9 ** wollte vielmehr vom Vertrag zurücktreten bzw. diesen nicht anerkennen. Der Vertrag musste letztlich auf Grund einer Klage des Käufers **X15** (diese Information stammt vom Herrn **X10**) doch eingehalten werden, weshalb es zum beiliegenden Nachtrag zum Kauf­ und WE-Vertrag kam.

Wie den obigen Ausführungen zu entnehmen ist, hat die **X36**-GmbH die letzte Zeit der Geschäftsführertätigkeit über nur sehr geringe liquide finanzielle Mittel verfügt. Nur das Einlangen des Kaufpreises von Herrn **X15** konnte zu diesem Zeitpunkt für eine Berichtigung der Umsatzsteuer verwendet werden.

Gerne werden weitere bezughabenden Unterlagen übersendet, falls diese benötigen werden. Ich hatte keinen anderen Steuerberater als der **X11** namens der **X36**-GmbH Vollmacht erteilt und mangels aufrechter Funktion auch nicht im Jahr 2009 Antrag auf Berichtigung erstattet.

Ausgehend von den obigen Ausführungen ist festzuhalten, dass zum Zeitpunkt vor Unterfertigung des Kaufvertrages keine fälligen Finanzamtsschulden bekannt waren. Nach Unterfertigung dieses Kaufvertrages entstandene Abgabenforderungen hätten nur aus dem Kaufpreiseingang von Herrn **X15** entrichtet werden können. Der Kaufpreis aus dem Kaufvertrag **X15** 05/2009 ist auf Grund der Konkurseröffnung und des folgenden Gerichtsverfahrens aber erst lange nach Konkurseröffnung überwiesen worden.

Andere Gläubiger sind zu Zeiten der Geschäftsführung des Antragstellers jedenfalls nicht bevorzugt befriedigt worden. Hierzu wird insbesondere auf die Forderungsanmeldung von EUR 2,975.174,07 der **X19** im Insolvenzverfahren verwiesen.

Insbesondere waren dem Antragsteller aber die nunmehr im Rückstandsausweis ausgewiesenen Abgabenschulden bis zum Ende der Geschäftsführungstätigkeit völlig unbekannt und laut Rückstandsausweis auch nicht fällig, weshalb an der Nichtentrichtung dieser Abgabenschulden auch kein Verschulden vorliegt.

Kausalität:

Der Vertreter haftet nach dem Erkenntnis des verstärkten Senates vom , 96/12/0049, Slg. N.F. Nr. 7440/F, nicht für sämtliche Abgabenschulden des Vertretenen in voller Höhe, sondern nur im Umfang der Kausalität zwischen seiner schuldhaften Pflichtverletzung und dem Entgang der Abgaben. Reichten die liquiden Mittel nicht zur Begleichung sämtlicher Schulden aus und haftet der Vertreter nur deswegen, weil er die Abgabenforderungen nicht wenigstens anteilig befriedigt und somit den Abgabengläubiger benachteiligt, dann erstreckt sich die Haftung des Vertreters nur auf für den Betrag, um den der Abgabengläubiger bei gleichmäßiger Befriedigung der Forderungen mehr erlangt hätte, als er infolge des pflichtwidrigen Verhaltens des Vertretenen tatsächlich erhalten hat (VwGH 2006/15 /0010).

Selbst wenn man also annehmen würde, dass ich pflichtwidrig gehandelt hätte, so ist zu erkennen, dass im Zeitpunkt der Fälligkeit der Abgabenpflichten keinerlei Gläubiger bevorzugt befriedigt wurden, da keine ausreichenden finanziellen Mitteln zur Verfügung standen. Da keine anderen Gläubiger im Zeitpunkt der Fälligkeit der Abgabenpflichten Leistungen erhielten, liegt keine ungleichmäßige Befriedigung von Gläubigerforderungen vor.

Zu allen anderen gegen mich angeführten Punkten verweise ich auf die obigen Ausführungen.

Mit Haftungsbescheid vom nahm die Abgabenbehörde den Bf als Haftungspflichtigen gemäß § 9 i.V.m. §§ 80 ff. BAO für die aushaftende Kapitalertragsteuer (KA) 10-12/2008 in Höhe von € 60.000,00 der **X36**-GmbH , Firmenbuchnummer FN **X32**, **X24**, **X33**, im Ausmaß von € 60.000,00 in Anspruch.

Zur Begründung wurde wie folgt ausgeführt:

„Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen Berufenen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 9 Abs. 1 leg.cit. haften die in § 80 Abs. 1 leg.cit. erwähnten Personen neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 1298 ABGB obliegt dem, der vorgibt, dass er an der Erfüllung seiner gesetzlichen Verbindlichkeiten ohne sein Verschulden verhindert war, der Beweis.

Aus dem Zusammenhalt dieser Bestimmung ergibt sich, dass der gesetzliche Vertreter einer juristischen Person, der die Abgaben der juristischen Person aus deren Mitteln nicht entrichtet hat, für diese Abgaben haftet, wenn sie bei der juristischen Person nicht eingebracht werden können und er nicht beweist, dass er die Abgaben ohne sein Verschulden nicht entrichten konnte.

Sie waren unbestritten Geschäftsführer der  **X36**-GmbH , also einer juristischen Person, und daher gemäß § 18 GmbHG zu deren Vertretung berufen. Sie waren daher auch verpflichtet, die Abgaben aus deren Mitteln zu bezahlen.

Gemäß § 93 (1) EStG wird bei inländischen Einkünften aus Kapitalvermögen die Steuer durch Steuerabzug erhoben. Gemäß § 95 (2) EStG ist Abzugsverpflichteter der Schuldner der Kapitalerträge - somit die ausschüttende GmbH. Gemäß § 95 (3) EStG hat der Abzugsverpflichtete die Kapitalertragsteuer im Zeitpunkt des Zuflusses der Kapitalerträge abzuziehen. Gemäß § 96 (1) lit. a EStG hat der Abzugsverpflichtete die einbehaltenen Steuerbeträge binnen einer Woche nach dem Zufließen der Kapitalerträge abzuführen. Der Geschäftsführer hätte daher im Zeitpunkt der verdeckten Ausschüttung bereits die KESt einbehalten und spätestens innerhalb 1 Woche an das Finanzamt abführen müssen. Allein im Unterlassen der Einbehaltungsverpflichtung liegt bereits eine schuldhafte Pflichtverletzung des Geschäftsführers.

Beilage: Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung“

Mit Beschwerde vom führte der Bf aus wie folgt:

„Der Haftungsbescheid vom wird sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach angefochten, dies wegen Nichtigkeit, erheblicher Verfahrensfehler und unrichtiger rechtlicher Beurteilung.

1.) Nichtigkeit und erhebliche Verfahrensfehler:

a) Mangels Möglichkeit eines rechtlichen Gehörs konnte ich im gegenständlichen Abgabenverfahren keinerlei wirksame Stellungnahme abgeben, es fehlte jede Möglichkeit eines rechtlichen Gehörs. Das rechtliche Gehör wurde lediglich rechtlich formal dem Masseverwalter, der den Nachfolgegeschäftsführer **X10** ablöste, eingeräumt. Bei der Außenprüfung war lediglich der im Rahmen des Konkursverfahrens bestellte Mitarbeiter der Steuerberatungskanzlei **X40**-KG (im Folgenden kurz: **X40**-KG ), **X3 **, anwesend.

Wie sich aus den beim Masseverwalter dazu vorliegenden Unterlagen ergibt, ersuchte **X3** damals mit Mail von den Masseverwalter **X9** um meine Aussage. Eine solche Aussage wurde vom Masseverwalter nicht eingeholt und auch ein Erinnerungsschreiben vom dazu blieb vom Masseverwalter unbeantwortet. Mit legte die Steuerberatungskanzlei **X40**-KG dann die Vollmacht zurück. In der Folge teilte die Steuerberatungskanzlei **X40**-KG dann lediglich über ihre Mitarbeiterin mit, dass die Buchhaltungsunterlagen nicht mehr vorhanden wären, aber auch kein Hinweis darauf, dass die Unterlagen retour geschickt worden wären.

Mit all diesen Vorgängen habe ich nichts zu tun und wurde auch in diese nicht involviert.

Wegen Ausschluss der Möglichkeit einer Stellungnahme und des Parteigehörs liegt daher Nichtigkeit des Abgabenverfahrens vor, weshalb der angefochtene Bescheid ersatzlos aufzuheben ist.

Vielmehr war ich auf Grund der Aussage und Betrauung meines Steuerberaters im guten Glauben, dass alle steuerlichen Belange in besten Händen sind und keine Rückstände bestehen. Darüber, dass eine Kapitalertragssteuer anfallen könnte oder angefallen wäre, war ich auf Grund der Vereinbarung von Verrechnungskonten nicht informiert. **X5** und **X10** nahmen Gelder ja nur zur Begleichung der im Schreiben des GF **X10** genannten Beträge entgegen.

b) Darüber hinaus ist festzuhalten, dass ich bereits im Jahr 2012 über eine mögliche Haftung vom Finanzamt informiert worden war. Ich stellte damals entsprechende Anträge, diese habe ich dann jedoch zurückgezogen, nachdem mir vom Finanzamt Zug um Zug dagegen die Einstellung des Verfahrens gem. § 9 BAO zugesichert worden war. Eine entsprechende Bestätigungsemail der damaligen Außenprüferin **X6 ** liegt dieser Beschwerde bei. Da das Verfahren zuvor schon eingestellt worden ist, ist der angefochtene Haftungsbescheid ohne Rechtsgrundlage ergangen. Durch die erfolgte Einstellung ist eine Erlassung eines Haftungsbescheides im Nachhinein unzulässig und rechtswidrig. Der Haftungsbescheid ist daher als nichtig aufzuheben.

Die Argumentation, dass die Haftung für die Kapitalertragssteuer mit dieser Einstellung nach § 9 BAO nicht gemeint war, ist unrichtig, zumal Gegenstand des damaligen Verfahrens eben auch die Kapitalertragssteuer war. Der Satz „falsa demonstratio non nocet" gilt auch hier. Beide Selten, das Finanzamt und ich haben eine endgültige Einstellung sämtlicher Haftungsverfahren (also auch hinsichtlich der Kapitalertragssteuer) gemeint, dies wird auch durch den Einleitungsbeschluss belegt. Es war von meiner Seite, aber auch von Seiten des Finanzamtes die Einstellung auf alle Haftungen bezogen, hinsichtlich der Kapitalertragssteuer wurde völlig bewusst keine Ausnahme gemacht.

c) Sollte der Haftungsbescheid im Sinne der obigen Ausführungen nicht als nichtig angesehen werden, so bildet die durch das Finanzamt verursachte Zurückziehung der Anträge einen schweren Verfahrensmangel, da ein Ausschluss des Parteiengehörs stattgefunden hat. Ich habe nämlich inhaltliches Vorbringen erstattet und Beweisanbote gestellt. Das Finanzamt verlangte von mir die Rückziehung dieser Anträge (gegen das Versprechen der Einstellung). Dementsprechend wurden diese Anträge nicht wirksam bzw. auch nicht Inhalt des gegenständlichen Verfahrens, das nun allein auf einer Betriebsprüfung ohne Einbezug der Geschäftsführer der Steuerschuldnerin beruht. Diese Vorgangsweise begründet einen schweren Verfahrensfehler, da meine Parteirechte gröblichst verletzt worden sind.

Der Bescheid ist daher aufzuheben zur neuerlichen Durchführung und Ergänzung des Verfahrens.

d) Bei Durchführung eines vollständigen Verfahrens wäre jedoch nicht nur ich, sondern auch der Nachfolgegeschäftsführer **X10** und der Handlungsbevollmächtigte **X5**zur Widmung der Geldbeträge zu hören gewesen. Diese beiden Personen hatten nämlich Einfluss auf die Verwendung der Gelder. Außerdem kommt **X5** nach dem Ergebnis der Betriebsprüfung eine verdeckte Gewinnausschüttung zu Gute, die es nach Aussage dieser beiden Zeugen jedoch niemals gegeben hat. Vielmehr wurden Gelder aus einem Verrechnungskonto für weitere Bauarbeiten verwendet, was durch die beiliegenden Dokumente belegt wird.

Dementsprechend ist die steuerliche Widmung als außerbetrieblich bzw. als verdeckte Gewinnausschüttung unrichtig.

e) Für eine Schätzung fehlt die rechtliche Grundlage. Bei Durchführung ordnungsgemäßer Erhebungen samt Unterlagenanforderung bei dem aktuellen Geschäftsführer **X10** wäre für eine Schätzung kein Raum geblieben. Die Schätzung war rechtswidrig, weil eine konkrete Anfrage von entsprechenden Unterlagen nicht erfolgt ist.

f) Das Finanzamt geht nicht auf die rechtliche Beurteilung des Konkursverfahrens durch das Handelsgericht Wien ein, in dem weder eine objektive noch schuldhafte Verletzung meiner Verpflichtungen als Vorgeschäftsführer festgestellt worden ist. Das Finanzamt hat am Konkursverfahren teilgenommen. Wäre von verdeckten Gewinnausschüttungen im Konkursverfahren auch seitens des Finanzamtes bereits ausgegangen worden, so hätte dem entsprechend eine Rückforderung von verdeckten Gewinnausschüttungen von **X5** erfolgen müssen. Dass und warum derartige Schritte unterlassen wurden, dafür fehlt jeder Anhaltspunkt. Es kann dann aber auch die Annahme des Finanzamtes nicht richtig sein, dass es verdeckten Gewinnausschüttungen gegeben hat. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass diese Annahme sogar vom Finanzamt fallen gelassen worden ist und nur im Zuge einer nachträglichen Revision hier versucht wird, das Verfahren zu erneuern, dies allerdings ohne Beiziehung aller relevanten Urkunden und erstatteten Vorbringen. Diese Vorgangsweise entspricht nicht den Grundsätzen eines fairen Verfahrens und begründet erhebliche Verfahrensfehler.

Die Unterlassungen und Versäumnisse des Finanzamts im Konkursverfahren begründen einen Amtshaftungsanspruch, der in Höhe des behaupteten Abgabenrückstandes aufrechnungsweise eingewendet wird. Hätte das Finanzamt im Rahmen des Konkursverfahrens entsprechende Schritte gesetzt, so würde der behauptete Kapitalertragssteuerrückstand nicht bestehen. Das Finanzamt hat es aber pflichtwidrig unterlassen, im Konkursverfahren seiner Rechtsauffassung entsprechende Schritte zu setzen.

g) Letztlich ist aber auch die Höhe des Haftungsbescheides jedenfalls unrichtig. Im Konkurs der Fa. **X36**-GmbH ergab sich eine Quote von einigen Prozent (Details sind noch zu eruieren), die in der Folge auch berichtigt wurden. Es kann daher auf Grund Teiltilgung der Kapitalertragssteuer ein offenen Betrag in voller Höhe jedenfalls nicht mehr rechtmäßiger Gegenstand eines Haftungsbescheides sein.

Abschließend ist zu erwähnen, dass gegenüber dem Masseverwalter **X9** eine Haftungsbescheid über EUR 60.000,- vom ergangen ist. Da aus dem Konkursakt keine Anfechtung dieses Bescheides ersichtlich ist, wird jedenfalls vorsichtshalber das vom Masseverwalter in einem allfälligen Rechtsmittelverfahren erstattete Vorbringen auch zum Inhalt und Vorbringen dieser Beschwerde erhoben. Vorsichtshalber wird außerdem eine von diesem allenfalls geleistete Zahlung aufrechnungsweise eingewendet.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom gab die Abgabenbehörde der Beschwerde vom teilweise statt und änderte den angefochtenen Bescheid insofern ab, als die Haftung für die Kapitalertragsteuer 10-12/2008 um € 16.440,- vermindert und in Höhe des Gesamtbetrags von € 43.560,- geltend gemacht wurde.

Zur Begründung wurde wie folgt ausgeführt:

"Ad Punkt 1.) Nichtigkeit und erhebliche Verfahrensfehler

Ad a) Rechtliches Gehör:

Zum Zeitpunkt der Feststellung des Abgabenanspruchs waren Sie nicht Partei des Verfahrens, daher kann aus ihrem Einwand des rechtlichen Gehörs auch kein Verfahrensfehler hinsichtlich des Haftungsbescheids vom abgeleitet werden. Erst mit der Inanspruchnahme im Zuge der Haftung wurden Sie legitimiert zur Bekämpfung des Abgabenanspruches.

Die Bekämpfung des Abgabenanspruches hat innerhalb der Beschwerdefrist gegen den Haftungsbescheid zu geschehen unabhängig davon, ob dieser Bescheid (Abgabenbescheid) vom Erstschuldner mit Beschwerde angefochten wurde oder ob der Haftungspflichtige einer solchen Beschwerde beigetreten ist (). Zur Beschwerdeerhebung gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch ist somit nach § 248 BAO nur der zur Haftung Herangezogene legitimiert ().

Zum Vorbringen, Sie hätten sich auf die Aussagen und Betreuung Ihres Steuerberaters im guten Glauben verlassen, ist darauf hinzuweisen, dass, hat der Vertreter Dritte mit der Erfüllung abgabenrechtlicher Verpflichtungen betraut, ohne sich weiter darum zu kümmern, ob diese Verpflichtungen auch erfüllt werden, eine schuldhafte Pflichtverletzung vorliegt (zB ).

Auch Rechtsunkenntnis in buchhalterischen und steuerrechtlichen Belangen vermag den Vertreter nicht zu exkulpieren; wer trotz Rechtsunkenntnis Erkundigungen daher unterlässt, handelt zumindest fahrlässig (zB ).

Der Vertreter hat für die Möglichkeit des Nachweises seines pflichtgemäßen Verhaltens vorzusorgen (zB ). Ihm obliegt kein negativer Beweis, sondern die konkrete (schlüssige) Darstellung der Gründe, die etwa der rechtzeitigen Abgabenentrichtung entgegenstanden (). Die Darlegungspflicht trifft auch solche Haftungspflichtige, die im Zeitpunkt der Feststellung der Uneinbringlichkeit der Abgaben beim Vertretenen nicht mehr deren Vertreter waren.

Hinsichtlich des Abgabenverfahrens wird auf Punkt d verwiesen.

Ad b) Treu und Glauben - falsche Auskunft durch das Finanzamt

Hinsichtlich Ihres Vorbringens, es wäre durch das Finanzamt die Einstellung des Verfahrens erfolgt, wird darauf hingewiesen, dass Erledigungen einer Abgabenbehörde gem. § 92 (1) BAO als Bescheide zu erlassen sind, wenn sie für einzelne Personen Rechte oder Pflichten begründen, abändern oder aufheben, oder abgabenrechtlich bedeutsame Tatsachen feststellen, oder über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses absprechen. Gem. Abs. 2 bedürfen Bescheide der Schriftform, wenn nicht die Abgabenvorschriften die mündliche Form vorschreiben oder gestatten. Erledigungen ohne Bescheidcharakter wie z.B. Auskünfte oder Bescheinigungen sprechen nicht über rechtliche Interessen ab, die an der Feststellung von Rechten, Rechtsverhältnissen und von rechtserheblichen Tatsachen bestehen mögen. Mangels Bescheidcharakter sind sie wiederholbar, abänderbar und wiederrufbar (BAO, Ritz, § 92 Tz 17).

Eine telefonische bzw. E-Mailauskunft stellt keine Erledigung mit Bescheidcharakter dar.

Unter dem Grundsatz von Treu und Glauben wird verstanden, dass jeder, der am Rechtsleben teilnimmt, zu seinem Wort und zu seinem Verhalten zu stehen hat und sich nicht ohne triftigen Grund in Widerspruch zu dem setzen darf, was er früher vertreten hat und worauf andere vertraut haben (zB ). Nach ständiger Judikatur (zB. ; ) ist das Legalitätsprinzip (Art. 18 Abs. 1B-VG) grundsätzlich stärker als jeder andere Grundsatz, insbesondere jener von Treu und Glauben. Ein Widerspruch dieser beiden Grundsätze besteht allerdings nicht. Der Grundsatz von Treu und Glauben hat als Prinzip der Einzelfallgerechtigkeit nämlich lediglich interpretations- und ermessensleitende Funktion.

Der Grundsatz von Treu und Glauben schützt nicht ganz allgemein das Vertrauen des Abgabepflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit einer allenfalls auch unrichtigen abgabenrechtlichen Beurteilung für die Vergangenheit. Die Behörde ist vielmehr verpflichtet, von einer gesetzwidrig erkannten Verwaltungsübung abzugehen (zB ; ).

Ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben setzt voraus, dass ein (unrechtes) Verhalten der Behörde, auf das der Abgabepflichtige vertraut hat, eindeutig und unzweifelhaft für ihn bzw. für seinen Vertreter zum Ausdruck gekommen ist, und dass der Abgabepflichtige seine Dispositionen danach eingerichtet und er als Folge hievon einen abgabenrechtlichen Nachteil erlitten hat (zB ; ; ).

Die von Ihnen vorgebrachte Auskunft und damit die verbundene Zurückziehung der Anträge stellt insofern keinen abgabenrechtlichen Nachteil dar, da Sie zum Zeitpunkt der Stellung der Anträge noch nicht zur Haftung herangezogen worden sind und daher Ihnen auch die Legitimation zur Einbringung des Wiedereinsetzungsantrages sowie Antrages auf amtswegige Wiederaufnahme fehlte. Weiters wird darauf hingewiesen, dass eine Anregung auf amtswegige Wiederaufnahme nicht entscheidungspflichtig ist.

Schlussendlich wird noch angemerkt, dass die Schreiben via E-Mail als zurückgenommen erklärt wurden. Die Einbringung von Anträgen via E-Mail ist gem. § 85 BAO und § 86a BAO und die auf Grund § 86a BAO ergangenen Verordnungen (TelefaxVO und FonV 2006) nicht vorgesehen und daher kommt einer E-Mail nicht die Eigenschaft einer Eingabe zu.

Demzufolge ist Ihnen daraus auch kein Nachteil erwachsen.

Ad c) Zurückziehung der Anträge

Es wird diesbezüglich auf die Ausführungen zu Punkt b) verwiesen. Zusätzlich wurde Ihnen auch die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben.

Neben der Möglichkeit, den Haftungsbescheid mit Beschwerde (§ 243 BAO) anzufechten, steht dem Haftungspflichtigen das Recht zu, innerhalb der Beschwerdefrist gegen den Haftungsbescheid den Bescheid über den Abgabenanspruch mit Beschwerde anzufechten (§ 248 BAO), unabhängig davon, ob dieser Bescheid (Abgabenbescheid) vom Erstschuldner mit Beschwerde angefochten wurde oder ob der Haftungspflichtige einer solchen Beschwerde beigetreten (§ 257 BAO) ist (). Einwendungen hinsichtlich des Abgabenanspruchs können nur gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch erhoben werden und können im Beschwerdeverfahren gegen den Haftungsbescheid zu keinem Erfolg führen.

Ad d) Durchführung eines vollständigen Festsetzungsverfahren

Wenn einem Haftungsbescheid ein Abgabenbescheid, der an den Abgabepflichtigen ergangen ist, vorangeht, ist die Behörde daran gebunden; die Behörde hat sich in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung grundsätzlich an diesen Abgabenbescheid zu halten. Durch § 248 BAO ist dem Haftenden ein Rechtszug gegen den Abgabenbescheid eingeräumt.

Wie oben bereits ausgeführt, steht dem Haftungspflichtigen das Recht zu, innerhalb der Beschwerdefrist gegen den Haftungsbescheid den Bescheid über den Abgabenanspruch mit Beschwerde anzufechten (§ 248 BAO), unabhängig davon, ob dieser Bescheid (Abgabenbescheid) vom Erstschuldner mit Beschwerde angefochten wurde oder ob der Haftungspflichtige einer solchen Beschwerde beigetreten (§ 257 BAO) ist (). Zur Beschwerdeerhebung gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch ist nach § 248 BAO nur der zur Haftung Herangezogene legitimiert (). Wurde die Abgabe bescheidmäßig festgesetzt, so sind Einwände gegen den Abgabenanspruch gemäß § 248 BAO im Abgabenverfahren und nicht im Haftungsverfahren geltend zu machen (; ). Im Beschwerdeverfahren gegen den Haftungsbescheid können, wenn Bescheide über den Abgabenanspruch ergangen sind, Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung nicht mit Erfolg erhoben werden (; ). Solche Einwendungen können nur gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch erhoben werden ().

Somit ist im Beschwerdeverfahren des Haftungsbescheides nicht über die materiellrechtliche Richtigkeit des Abgabenbescheides abzusprechen.

Ad e) rechtswidrige Schätzung

Es wird auf die Ausführungen zu Punkt d) verwiesen.

Ad f) Beurteilung der Schuldfrage durch das Handelsgericht Wien im Zusammenhang mit dem Konkursverfahren

Bei der Inanspruchnahme als Haftender nach § 9 Abs. 1 BAO ist nur die Verletzung abgabenrechtlicher Bestimmungen relevant (vgl das Erkenntnis vom , 91/13/0037,mwN). Es kommt daher nicht auf die rechtliche Beurteilung durch das Handelsgericht an. Betreffend die Festsetzung des Abgabenanspruches wird auf die Ausführungen zu Punkt d) verwiesen.

Ad g) Höhe des Haftungsbescheid unrichtig

Der Haftungsbetrag wurde um die Konkursquote von 3,2% korrigiert.

Ad h) Haftungsbescheid gegenüber Masseverwalter

Da dem Schuldner durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens in den die Insolvenzmasse betreffenden Angelegenheiten die Verfügungsfähigkeit entzogen wird, tritt nach Insolvenzeröffnung der Masseverwalter an die Stelle des Schuldners, soweit es sich um Angelegenheiten der Insolvenzmasse handelt (; ) und kein Fall der Eigenverwaltung vorliegt. Abgaben sind daher, auch soweit sie Insolvenzforderungen darstellen, während des Insolvenzverfahrens gegenüber dem Masseverwalter, der insofern den Schuldner repräsentiert, festzusetzen (Ellinger-Iro-Kramer-Sutter-Urz, BAO, § 79, E 39).

Die Bescheidadressierung hat daher zu lauten "An  als Masseverwalter im Insolvenzverfahren des Schuldners Z". Dies bedeutet gleichzeitig aber nicht, dass die Kapitalertragsteuer persönlich gegenüber dem Masseverwalter festgesetzt wurde.

Ad i) Verjährung

Persönliche Haftungen werden durch Haftungsbescheid geltend gemacht. Die Erlassung von Haftungsbescheiden ist eine Einhebungsmaßnahme und unterliegt daher der Einhebungsverjährung gem. § 238 BAO.

Das Recht eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, verjährt binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe.

Die Verjährung fälliger Abgaben wird durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder durch Erlassung eines Haftungsbescheides unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.

Unterbrechungshandlungen iSd § 238 Abs. 2 BAO haben eine anspruchsbezogene Wirkung. Demnach unterbrechen Amtshandlungen nach § 238 Abs. 2 BAO die Verjährung des Einhebungsrechtes gegenüber jedem, der als Zahlungspflichtiger in Betracht kommt, ohne dass es rechtlich von Bedeutung wäre, gegen wen sich solche Amtshandlungen gerichtet haben ().

Somit würde die Einhebungsverjährung frühestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Kapitalertragsteuer fällig geworden wäre, eintreten. Dies wäre daher frühestens 2013. Die Einhebungsverjährung wurde jedoch mit nach außen erkennbaren Handlungen (z.B. Haftungsvorhalt vom ) unterbrochen und begann daher neu zu laufen. Es ist daher keine Einhebungsverjährung eingetreten.

Vollständigkeitshalber wird noch angemerkt, dass gem. § 207 BAO das Recht, eine Abgabe festzusetzen, nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung unterliegt.

Die Verjährungsfrist beträgt bei den Verbrauchsteuern, bei den festen Stempelgebühren nach dem II. Abschnitt des Gebührengesetzes 1957, weiters bei den Gebühren gemäß § 17a des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 und § 24a des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre. Soweit eine Abgabe hinterzogen ist, beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre.

Somit ist hinsichtlich der Kapitalertragsteuer 10-12/2008 im Jahr 2010 auch keine Festsetzungsverjährung eingetreten.

Ad Punkt 2) unrichtige rechtliche Beurteilung

Die Vertreterhaftung nach § 9 BAO besteht für die den vertretenen Abgabepflichtigen treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Vertreter sind insbesondere Geschäftsführer einer GmbH (vgl. zB ; ), Liquidatoren bei einer GmbH (vgl. zB ), Vorstandsmitglieder einer AG (vgl. zB ; ), Vorstand einer Genossenschaft (vgl. zB ), Stiftungsvorstand einer Privatstiftung, Masseverwalter (vgl. zB ; ; ), Vermögensverwalter im Sinn des § 80 Abs. 2 BAO.

§ 9 BAO stellt nicht auf eine faktische Wahrnehmung der steuerlichen Angelegenheiten ab. Ein de facto Geschäftsführer ist kein Vertreter im Sinn des § 80 Abs. 1 BAO und des § 18 Abs. 1 GmbHG. Maßgebend für die Vertreterhaftung ist die gesellschaftsrechtliche Stellung als Geschäftsführer der GmbH. Dies gilt unabhängig davon, ob die betreffende Person tatsächlich als Geschäftsführer tätig ist oder zB nur ein "pro forma-Geschäftsführer" () oder "nur auf dem Papier" ().

Sie waren alleiniger Geschäftsführer der  **X36**-GmbH zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Kapitalertragsteuer 10-12/2008. Hr. **X5** war zu Zeitpunkt der Fälligkeit der Kapitalertragsteuer 10-12/2008 lediglich mit einer Handlungsvollmacht ausgestattet.

Wird ein Vertreter an der Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten gehindert, so hat er die Behinderung der Ausübung seiner Funktion abzustellen und - wenn sich dies als erfolglos erweist - seine Funktion niederzulegen. Tut er dies nicht, so ist ihm ein relevantes Verschulden anzulasten. Dies gilt auch dann, wenn sich der Vertreter schon bei der Übernahme der Funktion mit einer Beschränkung seiner Befugnis einverstanden erklärt und dabei in Kauf genommen hat, dass ihm die Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen unmöglich gemacht wird (zB ; ; ).

Wie bereits oben erwähnt, vermag Rechtsunkenntnis in buchhalterischen und steuerrechtlichen Belangen den Vertreter nicht zu exkulpieren; wer trotz Rechtsunkenntnis Erkundigungen unterlässt, handelt zumindest fahrlässig (zB ).

Hat der Vertreter Dritte mit der Erfüllung abgabenrechtlicher Verpflichtungen betraut, ohne sich weiter darum zu kümmern, ob diese Verpflichtungen auch erfüllt werden, liegt eine schuldhafte Pflichtverletzung vor (zB ).

Im Übrigen können Sie als Rechtsanwalt mit aufrechter Berufsbefugnis sich nicht auf Rechtsunkenntnis berufen.

Aus dem Vorbringen, dass Hr. **X5** auf Grund seiner umfassenden Handlungsvollmacht die Geschäftsführung inne hatte, kann daher nichts gewonnen werden.

Hinsichtlich der Vorbringen im Zusammenhang mit dem Festsetzungsverfahren (Feststellung einer verdeckten Ausschüttung) wird auf die Begründung ad Punkt d) verwiesen.

Im Antrag auf amtswegige Wiederaufnahme vom wird weiters vorgebracht, dass keine Gläubigerbevorzugung stattgefunden hat. Es wird allerdings ausgeführt, dass die Mittel auf den Anderkonto für diverse Zug-um-Zug Geschäfte verwendet wurden.

Im Haftungsverfahren ist es Aufgabe des gesetzlichen Vertreters darzutun, weshalb er in seinem Verantwortungsbereich als Geschäftsführer nicht dafür Sorge getragen habe, dass die fälligen Abgabenschuldigkeiten der Primärschuldnerin entrichtet wurden, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf (z.B. ). In der Regel wird nämlich nur der Vertreter jenen ausreicheichenden Einblick in die Gebarung des Vertretenen haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermöglicht (vgl. ).

Das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung hat nicht die Abgabenbehörde nachzuweisen; vielmehr hat der Vertreter das Fehlen ausreichender Mittel schlüssig darzulegen (vgl. ).

Reichen die Mittel des Vertretenen nicht aus, die offenen Schuldigkeiten zur Gänze zu entrichten, so ist der Vertreter grundsätzlich zur Befriedigung der Schulden im gleichen Verhältnis (anteilig) verpflichtet (Gleichbehandlungsgrundsatz). Die Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger bezieht sich auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits (). Der Vertreter darf hierbei Abgabenschuldigkeiten nicht schlechter behandeln als die übrigen Schuldner. Eine Verletzung der Gleichbehandlung von Gläubigern kann sich nicht nur bei Abzahlung bereits bestehender Verbindlichkeiten ergeben, sondern auch bei Barzahlung neuer Materialien () oder laufender Ausgaben wie zum Beispiel für Miete () und Strom (). Bei Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes erstreckt sich die Haftung des Vertreters nur auf jenen Betrag, um den bei gleichmäßiger Behandlung sämtlicher Gläubiger die Abgabenbehörde mehr erlangt hätte, als sie infolge des pflichtwidrigen Verhaltens des Vertreters tatsächlich bekommen hat (z.B. ). Dem Vertreter obliegt der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre (vgl. ). Die pauschale Behauptung einer Gleichbehandlung aller Gläubiger reicht nicht aus (). Ausnahme vom Gleichbehandlungsgrundsatz besteht für Abfuhrabgaben wie die Kapitalertragsteuer (zB ). Es wird jedoch vollständigkeitshalber darauf hingewiesen, dass Zug-um-Zug-Zahlungen eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes darstellen würden.

Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, bestimmt sich danach, wann die Abgaben bei Beachtung der Abgabenvorschriften zu entrichten gewesen wären (zB ; ; ).

Bei Selbstbemessungsabgaben (zB Umsatzsteuervorauszahlungen, Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag) ist maßgebend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären (zB ; ; ). Maßgebend ist somit der Zeitpunkt der Fälligkeit der betreffenden Abgabe, unabhängig davon, wann sie bescheidmäßig festgesetzt wird (vgl. zB ; ). Gem. § 96 (1) lit a EStG hat der Abzugsverpflichtete die einbehaltenen Steuerbeträge binnen einer Woche nach Zufließen abzuführen.

Unbestritten ist sowohl die Uneinbringlichkeit der aushaftenden Abgabenschulden bei der **X36**-GmbH als Primärschuldnerin als auch deren Fälligkeit in der Zeit, in der Sie als alleiniger Geschäftsführer der **X36**-GmbH bestellt gewesen sind. Pauschale und widersprüchliche Angaben zu den vorhandenen Mitteln reichen somit nicht aus, um eine schuldhafte Pflichtverletzung auszuschließen.

Hinsichtlich der von Ihnen vorgebrachten Handlungsvollmacht des **X5** wird darauf hingewiesen, dass, sieht sich der Geschäftsführer in der ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Pflichten durch die Gesellschafter oder durch dritte Personen behindert, dieser entweder sofort im Rechtsweg die Möglichkeit der unbehinderten Ausübung seiner Funktion zu erzwingen oder seine Funktion niederzulegen hat und als Geschäftsführer auszuscheiden ist. Auch binden im Innenverhältnis erteilte Weisungen den Geschäftsführer insoweit nicht, als sie ihn zur Verletzung zwingender gesetzlicher Verpflichtungen nötigen. Ein für die Haftung relevantes Verschulden liegt aber auch dann vor, wenn sich der Geschäftsführer schon bei Übernahme seiner Funktion mit einer Beschränkung seiner Befugnisse einverstanden erklärt bzw eine solche Beschränkung in Kauf nimmt, die die künftige Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtung, insbesondere dem Bund als Abgabengläubiger gegenüber, unmöglich macht (vgl beispielsweise das Erkenntnis vom , 95/15/0163).

Die Geltendmachung der Haftung liegt im Ermessen der Abgabenbehörde, das sich innerhalb der vom Gesetz aufgezeigten Grenzen (§ 20 BAO) zu halten hat. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dem Gesetzesbegriff „Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff „Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben mit allen gesetzlich vorgesehenen Mitteln und Möglichkeiten" beizumessen.

Da der öffentliche Auftrag zur Ergreifung aller Mittel, vollstreckbare Abgaben einzubringen, bei einer vorzuwerfenden Pflichtverletzung allfällige Einzelinteressen verdrängt, sah sich das Finanzamt veranlasst, die gesetzliche Vertreterhaftung im erforderlichen Ausmaß geltend zu machen. Es wurde jedoch auf Grund der Verfahrenslänge und des Punktes hinsichtlich möglicher falscher Auskunft die Haftungssumme, nach Korrektur um die Konkursquote, um 25% im Ermessen reduziert.“

Mit Vorlageantrag vom erstattete der Bf binnen offener Frist den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde hinsichtlich des Haftungsbescheides vom und des ebenfalls angefochtenen Abgabenbescheides vom (irrtümlich in der Eingabe vom als „Haftungsbescheid" bezeichnet, dieser wurde wiederholt materiellrechtlich bekämpft) und führte aus wie folgt:

„1. Verfahrensfehler:

Hinsichtlich des fehlenden rechtlichen Gehörs ist entgegen den Ausführungen der Behörde erster Instanz festzuhalten, dass der Beschwerdeführer im Verfahren zur Abgabenfeststellung nicht beteiligt war. Weil einerseits der Masseverwalter den Beschwerdeführer nicht von der Außenprüfung oder dem Ergebnis einer Außenprüfung vom verständigte. Auch das Finanzamt hat den Beschwerdeführer weder von der Außenprüfung noch deren Ergebnis verständigt, genauso wenig den ihr schon damals bekannten Steuerberater der Firma **X36**-GmbH , **X8 **. Dieselbe Außenprüferin, die eine Umsatzsteuergutschrift im Wege der Außenprüfung genehmigt hat, hat die Außenprüfung zum Abgabenbescheid durchgeführt. Offenbar hat **X6** aus unsachlichen Motiven absichtlich weder den Beschwerdeführer noch den Mitarbeiter der Steuerberaterkanzlei **X7 ** noch **X5** noch **X10** der Außenprüfung beigezogen.

Als weiterer Verfahrensfehler wird gerügt, dass gerade jene Beamtin Frau **X6** dem Beschwerdeführer die Einstellung aller Haftungsverfahren zugesagt hat und das konkrete Verfahren dann aber doch durchgeführt worden ist. Wobei gerade Frau **X6** ja die Außenprüfung durchgeführt hat und daher im Konkreten den besten Einblick in die Situation gefunden haben kann. Dieses Verständnis der Situation findet sich in der Beschwerdevorentscheidung nicht wieder. Vielmehr geht das Finanzamt von der unter Ausschluss des Beschwerdeführers und der Gesellschafter vorgenommenen Außenprüfung (die noch dazu ohne ausreichende Unterlagen erfolgt ist) aus, ohne sich dabei zu fragen oder die Frage auch nur zuzulassen, dass diese Außenprüfung unvollständig erfolgt sein könnte.

Inwieweit also pauschale oder widersprüchliche Angaben über die Verwendung der Gelder vorliegen, unterlässt das Finanzamt zu erklären, weshalb dazu auch keinen nähere Stellung bezogen werden kann. Faktum ist jedenfalls, dass dem Beschwerdeführer eine konkrete Verwendung der Gelder von Herrn **X5**und Herrn **X10** gegeben worden ist und diese konkreten Unterlagen auch dem Finanzamt bereits weitergeleitet worden sind.

Es war daher dem Beschwerdeführer somit nicht möglich, im Verfahren zum Abgabenbescheid bisher Stellung zu beziehen, weshalb dieser rechtswidrig und daher aufzuheben ist.

Es ist festzuhalten, dass das Finanzamt nur solche Schätzungen heranziehen darf, die auf einer einwandfreien Grundlage basieren. Im gegenständlichen Fall liegt eine solche einwandfreie Grundlage nicht vor, da weder zur Frage der Gesellschafterentnahme noch zur Höhe der geschätzten Betriebskosten (vermutlich in unsachlicher Weise) nähere Informationen eingeholt worden sind. Das Finanzamt durfte nicht davon ausgehen, dass der Masseverwalter von sich aus den Beschwerdeführer von der Außenprüfung verständigt, was dann auch nicht erfolgt ist. Es liegt somit ein erheblicher Verfahrensfehler vor, zumal das Bescheidergebnis bei Durchführung einer ordnungsgemäßen Außenprüfung und ordnungsgemäßer Bestimmung der Betriebsausgaben (auch für den Fall einer Schätzung) ein anderes gewesen wäre.

Dass tatsächlich das Finanzamt sogar selbst davon ausgegangen ist, dass sämtliche Haftungsverfahren gegen den Beschwerdeführer eingestellt werden, zeigt sich am angefochtenen Haftungsbescheid vom . Es wird dort ausgeführt, dass „allein im Unterlassen der Einbehaltungsverpflichtung bereits schuldhafte Pflichtverletzung des Geschäftsführers vorliegen würde". Damit aber hat sich das Finanzamt nicht damit auseinander gesetzt, dass nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers ein Verrechnungsskonto eingerichtet worden war, aus dem Handlungsbevollmächtigter **X5** gemeinsam mit dem weitere Gesellschafter **X10** vereinbarungsgemäß Ausgaben für Baukosten zu bezahlen hatten. Sohin ist dieser Verschuldensvorwurf unrichtig.

Es leidet daher auch der angefochtene Haftungsbescheid an einem erheblichen Begründungsmangel.

Dieser Begründungsmangel wird auch durch die nunmehrige Beschwerdevorentscheidung nicht saniert. Es wird lediglich dargelegt, weshalb nun aus der Sicht des Finanzamtes doch ein schuldhaftes Verhalten anzunehmen wäre, nicht jedoch damit, dass der Beschwerdeführer Rechtsanwalt ist und er bereits ausführlich dargelegt hat, weshalb ihn kein Verschulden trifft.

Damit aber wurde im Zusammenhang mit der überlangen Verfahrensdauer dann das rechtliche Gehör über die rechtlich zulässigen Grenzen verkürzt. Es ist ja nicht Aufgabe der Beschwerdevorentscheidung, den konkreten Haftungsvorwurf erst zu formulieren, sondern hätte vielmehr die Möglichkeit einer Stellungnahme zu den konkreten Vorwürfen bereits früher im Verfahren eingeräumt werden müssen. Dem Beschwerdeführer wurden zusätzlich noch allenfalls noch mögliche Regresse erschwert.

Die Durchführung eines derartigen Verfahrens verletzt die Grundsätze des Art. 6 EMRK, wobei die konkreten Vorwürfe eines Verschuldens (angeblich wäre der Beschwerdeführer „schon bei der Übernahme der Funktion mit einer Beschränkung der Befugnis einverstanden gewesen und hätte dabei in Kauf genommen, dass ihm die Erfüllung seiner gesetzlichen Pflichten unmöglich gemacht würde" bzw. „hätte aus Rechtsunkenntnis Erkundigen unterlassen" oder „sich nicht um die Erfüllung abgabenrechtlicher Verpflichtungen gekümmert") den Beschwerdeführer erst mit einer Verzögerung von nunmehr sieben Jahren bekannt gegeben worden sind.

Dies begründet eine relevante Mangelhaftigkeit des Verfahrens, weil dem Beschwerdeführer die Beweisführung durch die überlange Verfahrensdauer und die durch die falsche Auskunft des Finanzamts bewirkte Beschränkung des rechtlichen Gehörs bei einer solchen Verzögerung nur äußerst erschwert möglich war und ist.

2. unrichtige rechtliche Beurteilung, sekundäre Verfahrensfehler:

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird das rechtliche Vorbringen, das zu Punkt 1. angestellt wurde, auch zum Inhalt der Rechtsrüge erhoben.

Das Finanzamt hat nicht dargelegt, auf wessen Angaben oder Feststellungen die nunmehr konkretisierten Vorwürfe beruhen. Es trifft keiner der obigen Vorwürfe auf den Beschwerdeführer zu. Er hat sich nicht mit einer Beschränkung seiner Befugnis einverstanden erklärt, auch nicht auf Rechtsunkenntnis berufen oder nicht um abgabenrechtliche Vorschriften gekümmert, vielmehr ist gerade das Gegenteil wahr.

Wenn es um den Nachweis der Gleichbehandlung gehen würde, so ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer die Nichtverletzung bereits bewiesen hat. Tatsache ist, dass keine Gläubiger eine vorzugsweise Befriedigung erfahren haben, sondern vielmehr nur die notwendigen Baukosten bezahlt worden sind. Erst am Ende der Geschäftsführertätigkeit stand fest, dass auf Grund von Baumängeln die beabsichtigte Verwertung der Immobilie nicht möglich sein würde, womit erst zu diesem Zeitpunkt eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes überhaupt in Frage käme.

Da sich bereits aus dem erst in der Beschwerdevorabentscheidung ansatzweise berücksichtigten Konkursverfahren und insbesondere auch dem Anmeldungsverzeichnis aus dem Konkursverfahren einwandfrei ergibt, dass keine Gläubiger bevorteilt oder benachteiligt worden sind, sondern vielmehr mangels liquider Mittel keine Gläubiger befriedigt werden konnten, liegt ein solcher Fall einer Gläubigerungleichbehandlung nicht vor. Nachdem das Finanzamt ohnedies darlegt, dass für Abfuhrabgaben der Gleichbehandlungsgrundsatz ohnedies nicht gilt, bleibt nach den Ausführungen unklar, ob hier nun dennoch ein Vorwurf entgegen der Judikatur konstruiert wird oder worauf die diesbezüglichen Ausführungen überhaupt abzielen.

Ganz entgegen den Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung ist jedoch die Fälligkeit in der Zeit, als der Beschwerdeführer alleiniger GF der **X36**-GmbH nicht unbestritten. Vielmehr war auf Grund der Vereinbarung der Verrechnung der dem Handlungsbevollmächtigten überlassenen Gelder mit den Baukosten die vom Finanzamt angeführt Fälligkeit nicht gegeben.

Der Beschwerdeführer wurde über die Einstellung (und nicht nur „möglicher Weise") falsch vom Finanzamt informiert und über fünf Jahre über eine noch immer drohende Haftung in Unwissenheit gelassen.

Es wird dem Finanzamt eine pauschale Beschuldigung (allein) des Beschwerdeführers vorgeworfen, die zu Unrecht erfolgt ist. Das Finanzamt hätte nach § 95 EStG **X5** als Empfänger der Kapitalerträge die Kapitalertragsteuer vorschreiben müssen, da allenfalls nur dieser wusste, dass der Beschwerdeführer die einbehaltene Kapitalertragsteuer nicht vorschriftsmäßig abgeführt hat und dies dem Finanzamt nicht unverzüglich mitgeteilt hat.

Das BFG hat in mehreren im Herbst 2014 entschiedenen Fällen keinen derartigen Ermessensspielraum der Abgabenbehörde erkannt. Besonders auf den Wortlaut des § 95 Abs. 4 EStG gestützt geht das BFG nun primär von einer zwingenden vorrangigen Vorschreibung mittels Abgabenbescheid an den Empfänger der verdeckten Ausschüttung. d.h. den Gesellschafter (in diesem Fall **X5**) aus. Der Beschwerdeführer ist nicht Empfänger der angeblichen Ausschüttung gewesen.

Darüber hinaus hätte berücksichtigt werden müssen, dass die angeblich gutgeschriebenen Kapitalerträge aus der Überlassung von Kapital nachträglich gekürzt worden sind, da nachweislich 2009 Bauleistungen bezahlt worden sind. Es wäre daher die auf die nachträglich gekürzten Kapitalerträge entfallende Kapitalertragsteuer gutzuschreiben gewesen. Darauf hat das Finanzamt aber keinerlei Rücksicht genommen, da mit dem angefochtenen Bescheid allein der vormalige Geschäftsführer (auch nicht hingegen sein Nachfolger Herr ** X10**) in Anspruch genommen wird.

Zum fehlenden Verschulden wird weiter ausgeführt, dass es maßgeblich ist, ob aus den Umständen geschlossen werden konnte, dass mit einer Rückzahlung der Verbindlichkeit des Gesellschafters ernsthaft zu rechnen ist bzw. die Einbringlichkeit der Forderung aus Sicht der Gesellschaft ungefährdet erschien. Nachdem dem Beschwerdeführer zu Recht als Sicherheit ein Zinshaus in bester Lage in **X24** in der **X23** als ausreichende Garantie für eine Rückzahlungsmöglichkeit erschien, da er hohe Erträge aus der Veräußerung der neu errichteten Wohnungen erwarten durfte, kann ihm in diesem Punkt kein Verschulden vorgeworfen werden. Die Baumängel wurden ihm erst zu einem Zeitpunkt bekannt, als keine ausreichenden finanziellen Mittel für die Gläubiger vorhanden waren.

Die **X36**-GmbH hat im Übrigen zu keinem Zeitpunkt auf eine Rückforderung der Restforderung aus Gegenverrechnung mit den Ausgaben aus den Baukosten verzichtet. Eine Vermögensverminderung der Gesellschaft ist durch Einrichtung der Verrechnungskonten nicht herbeigeführt worden, vielmehr wurde durch die erfolgte Bezahlung von Baukosten und den Fortschritt des Baus der Wert des Hauses **X23** trotz der Baumängel eindeutig erhöht. Weshalb die Aufwendungen für die Baukosten vom Finanzamt nicht anerkannt wurden, bleibt unbegründet. Faktum ist jedoch, dass Baumängel erst relativ knapp vor Konkurseröffnung bekannt wurden. Daran trägt der Beschwerdeführer aber kein Verschulden, da er kein Bausachverständiger ist und sich daher auf die ordnungsgemäße örtliche Bauaufsicht des durch die finanzierende Bank bestellten Architekten verlassen durfte.

Weiters ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer Rechtsanwalt ist und nach der BAO dann nicht haftbar ist, wenn eine Verletzung seiner Berufspflichten einhergeht. Nachdem der Beschwerdeführer sich nach Rücksprache mit dem Steuerberater die Empfehlung gegeben hat, Verrechnungskonten einzurichten bzw. eine Verrechnung der Gelder gegen Baukosten zu vereinbaren, hat er von den Gesellschaftern die ausdrückliche Weisung erhalten, Verrechnungskonten zu verwenden. Nach § 9 Abs. 2 BAO ist die Haftung des Beschwerdeführers damit rechtlich im Vorhinein ausgeschlossen.

Unabhängig davon besteht aber auch kein Verschulden des Beschwerdeführers deshalb, da ihm die vom Finanzamt unterstellte Eigenentnahme durch **X5** (die als solches jedenfalls bestritten bleibt) zum Zeitpunkt der angenommen verdeckten Ausschüttung nicht bekannt war. Vereinbart war vielmehr ein Verrechnungskonto und gab es daher aus Sicht des Beschwerdeführers denkmöglich zu diesem Zeitpunkt keine ihm bekannte verdeckte Ausschüttung. Die später anders erfolgte Würdigung im Abgabenbescheid vermag daran nichts zu ändern. Faktum ist und bleibt nämlich, dass der Beschwerdeführer auf Weisung der Gesellschafter gehandelt hat und die Auszahlung zur mitgeteilten Verwendung die Zahlung an die **X37**-GmbH war. Wobei als Verwendungszweck der Gelder die Fertigstellung der Sanierung des Hauses **X23**, **X24**, vereinbart war. Die Nichteinhaltung der vom Finanzamt unterstellten allenfalls unrichtigen Verwendung der Gelder ist nicht dem Beschwerdeführer anzulasten.

Verdeckte Gewinnausschüttungen sind Zuwendungen von Vermögensvorteilen außerhalb einer offenen Gewinnausschüttung durch eine Körperschaft, an ihre Anteilsinhaber oder gleichzuhaltende Personen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind und die Vermögenszuwendung erfolgt mit Wissen und Wollen der Körperschaft. Ob Zuwendungen durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind, ist anhand eines Fremdvergleichs zu ermitteln. Tatsächlich ist es nicht ungewöhnlich, dass finanzielle Mittel zur Bezahlung von Baukosten an einen Handlungsbevollmächtigten überlassen werden. Hingegen ist nicht erwiesen, dass die finanziellen Mittel privaten Zwecken zugeführt worden sind, dies ist lediglich das Ergebnis einer „im stillen Kämmerchen" abgeführten „Außenprüfung", deren Ergebnis von der Leiterin dieser Außenprüfung selbst widerrufen worden ist.

Hinsichtlich der unrichtigen Ermessensübung ist zu bemängeln, dass auf das fehlende Verschulden bzw. im allerhöchsten Fall nur äußerst geringe Verschuldens des Beschwerdeführers (das dieser weder zugesteht noch zu erkennen vermag) vom Finanzamt bei der Ermessensentscheidung zu wenig berücksichtigt worden ist. Der Beschwerdeführer wurde außerdem durch die überlange Verfahrensdauer eine Beweisführung hinsichtlich des Regresses gegen den (angeblichen) Empfänger der Begünstigung ( **X5**), den Masseverwalter wegen der unterlassenen Beiziehung zur Außenprüfung und gegen die Republik Österreich wegen Durchführung eines rechtswidrigen Verfahrens (insbesondere später nicht einmal selbst anerkannter Einstellung des gegenständlichen Haftungsverfahren) erschwert bzw. verunmöglicht. Weshalb gegebenenfalls der finanzielle Schaden endgültig bei ihm eintreten könnte. Hätte er früher von einer möglichen Haftung gewusst, wäre es ein leichtes oder zumindest weit leichteres gewesen, andere Personen im Regressweg in Anspruch zu nehmen. Während nämlich die Haftungsinanspruchnahme eine Kausalität zwischen schuldhafter Pflichtverletzung und Abgabenausfall voraussetzt (die gegenständlich nicht vorliegt, die angebliche Pflichtverletzung muss zur Uneinbringlichkeit geführt haben), gilt für die Ermessensübung unter anderem:

Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Haftungspflichtigen, etwa Höhe seines Einkommens des Beschwerdeführers ist angesichts seiner vier Unterhaltspflichten gering (drei Kinder und Ehegattin).

Der Grad des Verschuldens des Vertreters (könnte nur im untersten Bereich des Verschuldens liegen)

Mitverschulden der Abgabenbehörde an der Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgabenschuld.

Unbilligkeit angesichts lange verstrichener Zeit oder wegen Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben (liegt auf Grund der Fortsetzung des Verfahrens nach Einstellung der Haftungsverfahren jedenfalls vor).

Ausgehend von all den vorliegenden Tatsachen hätte eine weit höhere Reduktion im Ermessen stattfinden müssen bzw. ein Entfall der Haftung überhaupt.

Es wird daher hiermit gestellt der Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht nach Abhaltung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung und Aufnahme der beantragten Beweise.

Beweise für sein Vorbringen wurden vom Bf in seinen Schriftsätzen wie folgt beantragt:

„zeugenschaftliche Einvernahme von **X5**, **X10**, **X25**, **X7**, Steuerberater **X3**, **X6** und **X2 **, PV des Beschwerdeführers.

beiliegende eidesstättige Erklärung, Handlungsvollmacht, Verträge, Urkunden, Bestätigung **X16** vom , Nutzwertgutachten vom , Löschungserklärungen, Schreiben des RA  **X1 ** vom , Forderungsanmeldungen im Insolvenzverfahren des HG Wien, **X34**, E-Mail des **X9** vom , E-Mail des **X7**vom , E-Mail der **X37**-GmbH vom .

beizuschaffender Konkursakt des HG Wien **X34**, Buchhaltungsunterlagen“

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Unbestritten ist, dass dem Bf als selbstständig vertretungsbefugtem Geschäftsführer der Abgabepflichtigen laut Eintragung im Firmenbuch von   bis die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft oblag.

Die ebenfalls nicht bestrittene Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben bei der Primärschuldnerin steht auf Grund der Aufhebung des Konkurses nach Schlussverteilung mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom XX.06.2012 fest.

Entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom , 97/15/0115) ist es im Falle der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Gesellschaft Sache des Geschäftsführers darzutun, weshalb er nicht Sorge getragen hat, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung annehmen darf. In der Regel wird nämlich nur der Geschäftsführer jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung der GmbH haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermöglicht.

Laut Bericht vom gem. § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung der **X36**-GmbH stellt sich am Bankkonto, Kto.Nr.: **X35**, lautend auf Bf. AK,im Jahr 2008 die folgende Gebarung dar:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
„Datum
Betrag
Zahlungszweck
9.000.00
Bar Auszahlung an **X5** (Gesellschafter)
16.220.00
Bar Auszahlung an **X5** (Gesellschafter)
69.000,00
Bar Auszahlung an **X5** (Gesellschafter)
151.000,00
Überweisung an **X25** (Vater von **X5**) lt Vereinbarunq
150.000,00
Überweisung an **X4 (Mutter von **X5**) - Tilgung

Für den Geldabfluss am in Höhe von € 150.000,00 ( **X4 **) konnte der glaubhafte Nachweis erbracht werden, dass dieses Geld zur betrieblichen Kreditabdeckung an die geprüfte Gesellschaft im Dezember 2008 zurückgeflossen ist.

Für alle anderen Beträge konnte kein betrieblicher Nachweis erbracht werden.

Jene der im Jahr 2008 erfolgten Geldflüsse in Höhe von € 245.220,00, für die kein betrieblicher Nachweis erbracht werden konnte, lassen auf eine Vermögenszuwendung an den Gesellschafter **X5** schließen, die als verdeckte Ausschüttung bei diesem zu erfassen und der Kapitalertragsteuer zu unterziehen sind.“

Die Festsetzung der haftungsgegenständlichen Kapitalertragsteuer 10-12/2008 in Höhe von € 60.000,00 erfolgte mit Abgabenbescheid vom .“

Geht einem Haftungsbescheid ein Abgabenbescheid voran, so ist die Behörde daran gebunden und hat sich in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung grundsätzlich an diesen Abgabenbescheid zu halten ().

Mit dem Vorbingen des Bf, dass es dem Bf nicht möglich gewesen sei, im Verfahren zum Abgabenbescheid bisher Stellung zu beziehen, weshalb dieser rechtswidrig und daher aufzuheben sei, bestreitet der Bf die Rechtmäßigkeit der Kapitalertragsteuer.

Es handelt sich dabei um eine Einwendung gegen den Abgabenanspruch. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist jedoch allein die Entscheidung über die Haftung gemäß § 9 BAO. In diesem Verfahren können Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgaben nicht mit Erfolg vorgetragen werden (vgl. ).

Zwar braucht in dem den Haftungsbescheid betreffenden Verfahren nicht beurteilt zu werden, ob die im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Einwendungen des Beschwerdeführers als Beschwerde gegen Abgabenbescheide (§ 248 BAO) zu werten sind (), dennoch ist darauf hinzuweisen, dass n ach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes es für die Beurteilung von Anbringen nicht auf die Bezeichnungen von Schriftsätzen und die zufälligen verbalen Formen ankommt, sondern auf den Inhalt, das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes (, 0054). Eine Bescheidbeschwerde muss auch nicht als solche bezeichnet werden und bedarf es hiezu keines gesonderten Schriftsatzes . § 250 normiert, welchen Inhalt sie haben muss; gegebenenfalls ist gemäß § 85 Abs. 2 BAO (Mängelbehebungsauftrag) vorzugehen (Ritz, BAO5, § 243 Tz 5).

Wird neben einer Beschwerde gegen den Haftungsbescheid eine - allenfalls auch mangelhafte - Beschwerde gegen den Abgabenanspruch erhoben, so ist zunächst über die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid zu entscheiden, weil von dieser Erledigung die Rechtsmittelbefugnis gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch abhängt. Die in einer solchen Beschwerde erhobenen Einwendungen gegen den Abgabenanspruch sind zwar nicht im Beschwerdeverfahren gegen die Heranziehung zur Haftung relevant, wohl aber im diesbezüglichen Beschwerdeverfahren über den Abgabenanspruch (vgl. ).

Zum Vorbringen des Bf, dass entgegen den Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung die Fälligkeit in der Zeit, als der Beschwerdeführer alleiniger GF der **X36**-GmbH gewesen sei, nicht unbestritten sei, vielmehr die vom Finanzamt angeführte Fälligkeit auf Grund der Vereinbarung der Verrechnung der dem Handlungsbevollmächtigten überlassenen Gelder mit den Baukosten nicht gegeben sei, ist zu bemerken, dass laut Aktenlage (Vorhalt vom , Tabelle; Eingabe vom , Kontoauszug) als Fälligkeitstag der angegeben ist, also lange nach Ablauf der Geschäftsführungsfunktion des Bf.

Voraussetzung für die Inanspruchnahme als Haftender nach § 9 BAO ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () zwar eine Abgabenforderung, deren Zahlungstermin in die Zeit der Vertretertätigkeit fällt, doch kommt es nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2005/13/0074, auf die Fälligstellung der Kapitalertragsteuer durch den Abgabenbescheid nicht an, weil die in Rede stehende Kapitalertragsteuer für 10-12/2008 als Selbstbemessungsabgabe von der **X36**-GmbH nicht erst im Jahr 2011 einzubehalten und abzuführen gewesen wäre.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () muss für das Haftungsverfahren von der Rechtsrichtigkeit der Vorschreibung der haftungsgegenständlichen Kapitalertragsteuer ebenso prüfungslos ausgegangen werden, wie von der Rechtsrichtigkeit der ihrem Entstehen zugrunde gelegten Gewinnausschüttung.

Hinsichtlich der dadurch bewirkten Kapitalertragsteuer kann deren Nichtabführung grundsätzlich nicht damit entschuldigt werden, dass die Geldmittel zu deren Entrichtung nicht ausgereicht hätten, da bei der Kapitalertragsteuer der Schuldner der kapitalertragsteuerpflichtigen Kapitalerträge nur eine vom Empfänger der Kapitalerträge geschuldete Steuer gemäß § 95 Abs. 2 EStG einzubehalten und gemäß § 96 Abs. 1 EStG - binnen einer Woche nach dem Zufließen der Kapitalerträge (Fälligkeit) - dem Betriebsfinanzamt abzuführen hat, sodass bei der Kapitalertragsteuer genauso wie auch bei der Lohnsteuer der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zum Tragen kommt. Wenn daher der Geschäftsführer die Kapitalertragsteuer trotz Ausschüttung von Gewinnanteilen nicht an das Betriebsfinanzamt entrichtet, liegt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (, 0038) eine schuldhafte Pflichtverletzung des Geschäftsführers im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO vor.

Unter Berücksichtigung des Umstandes aber, dass eine Haftung im Sinn des § 9 BAO nur bei schuldhafter Verletzung der dem Vertreter auferlegten Pflichten besteht, ist aber zu prüfen, ob der Bf die objektive Rechtswidrigkeit seines Verhaltens (nämlich die Nichteinbehaltung und Nichtabfuhr des Betrages in Höhe von € 60.000,00 subjektiv vorwerfbar ist. Eine solche Vorwerfbarkeit wäre nur dann gegeben, wenn der Bf im Zeitpunkt der Verpflichtung zur Einbehaltung und Abfuhr bei Aufwendung der zu fordernden Sorgfalt die Unrichtigkeit des entrichteten Betrages hätte erkennen können ().

Die im Jahr 2008 erfolgten Geldflüsse stellen - wie sich auch aus dem Geldabfluss am in Höhe von € 150.000,00 ( **X4 **) ergibt, welche infolge des erbrachten glaubhaften Nachweises einer betrieblichen Verwendung nicht der Kapitalertragsteuer unterzogen wurde - wohl noch nicht die Ausschüttung von Gewinnanteilen dar, sondern dienten diese Beträge nach dem Vorbringen des Bf vereinbarungsgemäß dem Weiterbau und Fertigstellung der Sanierung des Hauses **X23**.

Dem Bf wurden vielmehr die Nichteinbehaltung und Nichtabfuhr der Kapitalertragsteuer für Vermögenszuwendung an den Gesellschafter **X5** wegen der Nichterbringung eines betrieblichen Nachweises hinsichtlich der im Jahr 2008 erfolgten Geldflüsse, die als verdeckte Ausschüttung bei diesem zu erfassen und der Kapitalertragsteuer zu unterziehen sind, zum Vorwurf gemacht.

Die erforderliche Auseinandersetzung mit dem Vorbringen, dass kein Verschulden des Bf vorliege, da ihm die bestrittene, vom Finanzamt unterstellte Eigenentnahme durch **X5** zum Zeitpunkt der angenommen verdeckten Ausschüttung nicht bekannt gewesen sei, der Bf auf Weisung der Gesellschafter gehandelt habe und die Auszahlung zur Zahlung an die **X37**-GmbH gewesen sei, wobei als Verwendungszweck der Gelder die Fertigstellung der Sanierung des Hauses **X23**, **X24**, vereinbart gewesen sei und es dem Bf gar nicht möglich gewesen sei, die Geldflüsse noch besser zu kontrollieren, durch die Abgabenbehörde erfolgte nicht.

Damit bleibt offen, ob der Bf nicht von der Pflicht zur Abfuhr der Kapitalertragsteuer ohne sein Verschulden erst zu einem Zeitpunkt (etwa der Information vom Finanzamt über eine mögliche Haftung im Jahr 2012) Kenntnis erlangt hätte, zu dem nach den Feststellungen der belangten Behörde eine Geschäftsführungsbefugnis des Bf nicht mehr bestand (vgl. ).

Mangels entgegenstehender Feststellungen der Abgabenbehörde, insbesondere auch darüber, ob die - die Kapitalertragsteuersteuerpflicht auslösende - außerbetriebliche Verwendung überhaupt im Zeitraum der Geschäftsführung des Bf erfolgte, konnte somit den übereinstimmenden Erklärungen der Gesellschafter **X5** als Handlungsbevollmächtigten und **X10** als nachfolgender Geschäftsführer und dem Vorbringen, dass der Bf über die detaillierte Verwendung der überlassenen Gelder von **X5**, und **X10** nicht vorab habe informiert werden können und worden sei, damit die anfallenden Baukosten hätten bezahlt werden sollen und die Gelder zur Gänze für Baukosten aufgebraucht worden seien, wodurch eine nachhaltige Werterhöhung des neu errichteten Hauses **X23**, **X24**, habe erreicht werden können, nicht entgegen getreten werden, sodass der Bf im Zeitpunkt der Verpflichtung zur Einbehaltung und Abfuhr auch bei Aufwendung der zu fordernden Sorgfalt die Unrichtigkeit der Nichteinbehaltung und Nichtabfuhr der Kapitalertragsteuer nicht hätte erkennen können und dem Bf die objektive Rechtswidrigkeit der Nichteinbehaltung und Nichtabfuhr des Betrages in Höhe von € 60.000,00 nicht subjektiv vorwerfbar ist.

Zudem ist zur Ermessensübung der Abgabenbehörde zu bemerken, dass die Haftung gemäß § 9 BAO nur subsidär geltend gemacht werden darf. (Ritz, BAO7 § 9 Tz 7)

Schuldner der Kapitalertragsteuer ist gemäß § 95 Abs. 1 EStG der Empfänger der Kapitalerträge. Zu Recht wurde somit vom Bf gerügt, dass das Finanzamt nach § 95 EStG **X5** als Empfänger der Kapitalerträge die Kapitalertragsteuer hätte vorschreiben müssen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () normiert § 9 Abs. 1 BAO eine Ausfallshaftung dergestalt, dass der danach persönlich Haftungspflichtige jedenfalls so lange nicht in Anspruch genommen werden darf, als ein Ausfall beim Primärschuldner noch nicht angenommen werden kann.

Auch die Heranziehung eines von mehreren (auch nacheinander bestellt gewesener) Vertreter des Primärschuldners als Haftungspflichtige ist von der Behörde entsprechend zu begründen.

Die im Erkenntnis vom , 96/17/0066, vertretene Auffassung, der Haftungspflichtige hafte nur unter der Voraussetzung, dass der unberichtigte Rückstand weder beim ursprünglichen Abgabenschuldner noch bei demjenigen einbringlich sei, der nach den Abgabenvorschriften uneingeschränkt als Gesamtschuldner in Betracht komme, wurde vom Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 96/15/0047, bestätigt.

Die Vorschreibung der Kapitalertragsteuer an den insolventen Abzugsverpflichteten, welches zwangsläufig die Haftung nach § 9 BAO zur Folge hatte, anstatt der Heranziehung des Abgabeschuldner erweist sich somit auch als ermessenswidrig.

Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 BAO erfolgte somit die Inanspruchnahme des Bf für die aushaftende Kapitalertragsteuer 10-12/2008 der **X36**-GmbH in Höhe von € 60.000,00 zu Unrecht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn das Erkenntnis von vorhandener Rechtsprechung des VwGH abweicht, diese uneinheitlich ist oder fehlt.

Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind (siehe die in der Begründung zitierten Entscheidungen), ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7103967.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at