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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.11.2019, RV/7106161/2019

Tatbestandsvoraussetzungen für Pflichtveranlagung (hier: Freibetragsbescheid)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf., X, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 1/23 vom , betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2017 (Arbeitnehmerveranlagung) zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe:

Der Beschwerdeführer (Bf.), ein emeritierter Rechtsanwalt, hat gegen den Einkommensteuerbescheid 2017, mit dem eine Einkommensteuernachforderung in Höhe von € 1.044 festgesetzt worden ist, im Wesentlichen mit folgender Begründung Beschwerde erhoben:

Der Einkommensteuerbescheid beziehe sich auf die ihm von der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer seit gewährte Altersrente, die monatlich nach Abzug der gesetzlichen Lohnsteuer ausbezahlt werde. Bis zum Jahr 2014 habe er die Arbeitnehmerveranlagung beim Finanzamt Bregenz beantragt, wobei auch nie ein Freibetragsbescheid ergangen sei.

Im Jahr 2015 sei er nach Wien übersiedelt, wo er im Jahr 2016 schwer erkrankt sei und eine schwere Darmkrebsoperation zu überstehen gehabt habe. In diesen Jahren habe er auch keine Arbeitnehmerveranlagung beantragt und diese Verpflichtung aus den Augen verloren. Erst mit Zustellung des angefochtenen Bescheides sei ihm zur Kenntnis gelangt, dass bei der Lohnverrechnung ein Freibetrag in Höhe von € 2.772,84 angesetzt worden sei. Dies sei nie mit ihm abgesprochen worden, er könne darin bloß eine kollegiale Hilfeleistung erblicken. Somit beantrage er die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Das Finanzamt hat die abweisende Beschwerdevorentscheidung folgendermaßen begründet:

"Gemäß § 63 Abs. 1 EStG 1988 hat das Finanzamt für die Berücksichtigung bestimmter Ausgaben beim Steuerabzug vom Arbeitslohn gemeinsam mit einem Veranlagungsbescheid einen Freibetragsbescheid und eine Mitteilung zur Vorlage beim Arbeitgeber zu erlassen. Der Freibetragsbescheid und eine Mitteilung sind jeweils für das dem Veranlagungszeitraum zweitfolgende Jahr zu erstellen. Der Arbeitgeber hat gemäß § 64 Abs. 1 EStG 1988 den auf der Mitteilung zur Vorlage beim Arbeitgeber ausgewiesenen Freibetrag beim Steuerabzug vom Arbeitslohn zu berücksichtigen.

Im § 41 Abs. 1 EStG 1988 werden die Voraussetzungen für eine Veranlagung von Amts wegen festgelegt, wenn im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten sind. Sind die Voraussetzungen nach § 41 leg. cit. gegeben, so wird ein fehlerhafter Lohnsteuerabzug - soweit nicht einer der in Abs. 4 leg. cit. genannten Ausnahmefälle vorliegt - bei der Veranlagung korrigiert (). Ein solcher Pflichtveranlagungsfall liegt nach § 41 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 vor, wenn ein Freibetragsbescheid für das Kalenderjahr gemäß § 63 Abs. 1 EStG 1988 bei der Lohnverrechnung berücksichtigt wurde.

Da nach dem festgestellten Sachverhalt bei der Lohnverrechnung für das Jahr 2017 ein Freibetrag gemäß § 63 Abs. 1 EStG 1988 in Höhe von 2.772,84 Euro berücksichtigt worden ist, hat eine Pflichtveranlagung zu erfolgen.

Die Beschwerde ist damit abzuweisen."

Den Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Bundesfinanzgericht hat der Bf. wie folgt begründet:

"Nach Zustellung Ihrer Beschwerdevorentscheidung stelle ich hiermit den Antrag auf Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht, weil der von mir in eigener Sache angefochtene Bescheid weder in sachlicher Hinsicht den Gegebenheiten entspricht und auch einer rechtlichen Klarstellung bedarf.

Dazu möchte ich Ihnen meine Kritikpunkte im Einzelnen darlegen:

Ursprünglich habe ich aus den in meinem Schreiben angeführten Gründen es unterlassen die anstehenden Arbeitnehmerveranlagungen zu beantragen. Für das Jahr 2017 habe ich das mit eingeschriebenem Brief am erledigt und diesem Brief das von mir in allen Punkten voll ausgefüllte Formular L1-2017 beigefügt. Jedes Blatt trägt auch noch einen Stempelaufdruck mit der jeweiligen Nummer 11566032.

Die Formularnummer 14 betreffend den Punkt "Freibetragsbescheid" habe ich mit 2 Punkten versehen, aber inhaltlich leer gelassen. Mit einer einzigen Ausnahme, wo ich einen Freibetrag in geringer Höhe zugesprochen bekam, belief sich mein Bezug als emeritierter Anwalt seit 2003 immer in gleichmäßigen Bahnen, wo sich stets gleichbleibende Einkommen ergaben. Für das Jahr 2017 war zumindest der erste Monat nicht nur wie bisher gleichbleibend geplant wie dies auch laufend gleich geblieben ist. Aus dieser Urkunde ergibt sich eindeutig, dass ich den Teil des Formulars "Freibetragsbescheid" freigelassen und nicht ausgefüllt habe und dass ich daher eindeutig zum Ausdruck gebracht habe, dass ich keinen Freibetragsbescheid in Anspruch nehme.

Gleiches ergibt sich aus den Abrechnungslisten der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer für den Zeitraum 02/ 0 30 /30/ 0 betreffend das Abrechnungsdatum . In diesem Formular ist ausdrücklich zum Freibetrag eine große 0 angegeben.

In diesem Zusammenhang wäre schon wegen dieser zweimonatigen Sonderstellung eine zweifache Aufklärung durch die Behörde notwendig. Wie haben sich die Freibeträge für ausgerechnet 2 Jahre errechnet zumal in der Zeit vor diesen Jahren alles seine Ordnung hatte, wie auch im Nachhinein wieder. Ich würde beides für notwendig und wichtig halten zumal mir bislang stets korrektes Verhalten bescheinigt wurde.

Ich stelle daher ausdrücklich den Antrag den von mir dargelegten Prüfungen nachzugehen, insbesondere wie sich die, für das laufende Jahr angezeigten Freibeträge erklären lassen. Ich bitte daher der vorliegenden Berufung folge zu geben und füge der Vollständigkeit halber meine Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung 2017 bei. Und zwar samt Postaufgabeschein vom .

Außerdem sende ich Ihnen als Beilage meinen aktuellen Lohnzettel des Jahres 2019 auf dem kein Freibetrag enthalten ist, des Weiteren exemplarisch den Lohnzettel 2013 auf dem ein kleiner Freibetrag geltend gemacht wurde."

Über die Beschwerde wurde erwogen:

§ 63 EStG 1988 lautet:

"(1) Das Finanzamt hat für die Berücksichtigung bestimmter Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnlicher Belastungen beim Steuerabzug vom Arbeitslohn gemeinsam mit einem Veranlagungsbescheid einen Freibetragsbescheid und eine Mitteilung zur Vorlage beim Arbeitgeber zu erlassen. Der Freibetragsbescheid und eine Mitteilung sind jeweils für das dem Veranlagungszeitraum zweitfolgende Jahr zu erstellen, wenn bei der Veranlagung mindestens einer der folgenden Beträge berücksichtigt wurde:

  • Werbungskosten, die weder gemäß § 62 noch gemäß § 67 Abs. 12 oder § 77 Abs. 3 zu berücksichtigen sind,

  • Sonderausgaben …

  • außergewöhnliche Belastungen …

  • Freibeträge …

Dem Freibetragsbescheid sind die gemäß Z 1 bis 4 im Einkommensteuerbescheid berücksichtigten Beträge zugrunde zu legen.

...

(2) Auf Antrag des Arbeitnehmers hat das Finanzamt keinen Freibetragsbescheid zu erlassen oder einen betragsmäßig niedrigeren als den sich gemäß Abs. 1 ergebenden Freibetrag festzusetzen.

(3) Auf der Mitteilung zur Vorlage beim Arbeitgeber sind der Freibetrag sowie das Kalenderjahr, für das der Freibetrag festgesetzt wurde, auszuweisen."

Gemäß § 64 Abs. 1 EStG 1988 hat der Arbeitgeber den auf der Mitteilung zur Vorlage beim Arbeitgeber (§ 63) ausgewiesenen Freibetrag beim Steuerabzug vom Arbeitslohn zu berücksichtigen und die Mitteilung zum Lohnkonto zu nehmen. Der Arbeitnehmer kann auf der Mitteilung zur Vorlage beim Arbeitgeber erklären, dass anstelle des ausgewiesenen Freibetrages ein niedrigerer Betrag bei der Lohnverrechnung zu berücksichtigen ist.

Zufolge § 41 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 ist der Steuerpflichtige zu veranlagen, wenn im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten sind und ein Freibetragsbescheid für das Kalenderjahr gemäß § 63 Abs. 1 oder ein Freibetrag gemäß § 103 Abs. 1a bei der Lohnverrechnung berücksichtigt wurde.

Gemäß § 41 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 hat eine Pflichtveranlagung zu erfolgen, wenn ein Freibetragsbescheid bei der Lohnverrechnung tatsächlich berücksichtigt worden ist. Der Pflichtveranlagungstatbestand dient der Prüfung, ob die in der Lohnverrechnung berücksichtigten Verhältnisse tatsächlich vorlagen [vgl. Jakom, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 12. Auflage 2019, § 41, Rz 13; Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Einkommensteuergesetz, Kommentar, Band III, § 41, Tz 20 (20. Lieferung - ); Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, Band III D, § 41, Tz 11; und ].

Unter Bedachtnahme auf die dargestellte Rechtslage konnte der Beschwerde aus nachstehenden Erwägungen kein Erfolg beschieden sein:

Der Bf. hat in der mit datierten (persönlich beim Finanzamt am eingereicht) Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung 2015 (L1-2015) unter Kennziffer 274 die Berücksichtigung von Werbungskosten in Höhe von € 2.772,84 beantragt. Im erklärungsgemäß ergangenen Einkommensteuerbescheid 2015 vom ist dieser Betrag im Zuge der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als sonstige Werbungskosten ohne Anrechnung auf den Pauschalbetrag berücksichtigt worden. Mit gleichem Datum ist der Freibetragsbescheid 2017 unter Ausweisung des Lohnsteuerfreibetrages für das Jahr 2017 in Höhe von 2.772,84 € und des Monatsbetrages in Höhe von 231,07 € ergangen. Ebenso ist mit gleichem Datum die Mitteilung 2017 zur Vorlage beim Arbeitgeber, in der der Monatsbetrag von 231,07 € ausgewiesen ist, ergangen.

Auf dem aktenkundigen, von der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer für den Bezugszeitraum 1. Jänner bis ausgestellten Lohnzettel, der der Einkommensteuerveranlagung für das Streitjahr zugrunde gelegt worden ist, findet sich der Vermerk, dass bei der Lohnverrechnung ein Freibetrag in Höhe von € 2.772,84 berücksichtigt worden ist.

Damit ist auf Grund des § 41 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 ein Pflichtveranlagungstatbestand erfüllt und war der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2017 entsprechend zu erlassen. Eine Berücksichtigung von allfälligen Werbungskosten konnte dabei nicht erfolgen, da in der aktenkundigen, mit datierten Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung 2017 (L1-2017) der Bf. unter den entsprechenden Kennzahlen die Berücksichtigung von Werbungskosten nicht beantragt (sämtliche Kennzahlen blieben unausgefüllt) hat.

Soweit der Bf. im Vorlageantrag ausführt, dass er den "Punkt 14. Freibetragsbescheid der Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung 2017 nicht ausgefüllt und daher eindeutig zum Ausdruck gebracht habe, dass er keinen Freibetragsbescheid in Anspruch nehme" ist ihm zu entgegnen, dass im Rahmen der strittigen Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2017 einzig und allein der im Zuge der Arbeitnehmerveranlagung 2015 ergangene Freibetragsbescheid 2017 vom maßgebend ist. Der darin ausgewiesene Jahresfreibetrag in Höhe von € 2.772,84 ist, wie bereits ausgeführt, von der pensionsauszahlenden Stelle bei der Lohnverrechnung im Jahr 2017 tatsächlich berücksichtigt worden.

Da der Bf. in der Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung 2017 (L1-2017) jedoch weder Werbungskosten noch Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen in der Höhe des Freibetrages geltend gemacht hat, hat sich, unter Anrechnung der sich bei der Lohnverrechnung des Streitjahres durch Berücksichtigung des Freibetrages ergebenden verminderten abziehbaren Lohnsteuer die im angefochtenen Bescheid festgesetzte Nachforderung von € 1.044 ergeben.  

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. In der Beschwerde werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen eine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zukäme. Die Entscheidung stützt sich bezüglich der Tatbestandsvoraussetzungen für eine Pflichtveranlagung im Sinne des § 41 Abs. 1 EStG 1988 auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. insbesondere ); somit ist die Revision nicht zulässig.

Es war daher wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7106161.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at