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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.01.2020, RV/7105498/2018

Regelbesteuerungsoption (§ 27a Abs. 5 EStG 1988) und Abzugsverbot (§ 20 Abs. 2 EStG 1988 zweiter TS)

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 631-632/2020 anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.; Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2021/13/0033. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch CONSULTATIO Revision und Treuhand Steuerberatung GmbH & Co KG, Karl-Waldbrunner-Platz 1, 1210 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom betreffend Einkommensteuer 2017 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe bleiben unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I.

Der Beschwerdeführer (Bf.) erzielte im verfahrensgegenständlichen Zeitraum ausschließlich Einkünfte aus Kapitalvermögen. Er optierte in der Einkommensteuererklärung gemäß § 27a Abs. 5 EStG 1988 zur Regelbesteuerung und machte im Zusammenhang mit den Kapitaleinkünften Werbungskosten geltend.

II.

Nach einer Außenprüfung vertrat die belangte Behörde die Ansicht, dass die geltend gemachten Werbungskosten nicht anzuerkennen wären, weil das Abzugsverbot gemäß § 20 Abs. 2 EStG 1988 2. TS auch dann gelte, wenn die Regelbesteuerungsoption ausgeübt wird. Die Einkünfte seien daher um den Werbungskostenbetrag in Höhe von 35.290,86 Euro zu erhöhen (vgl. Außenprüfungsbericht vom , Tz 1).

III.

In diesem Sinne erging dann auch der hier angefochtene Bescheid.

IV.

In der Beschwerde vom beantragte der Bf. das Unterbleiben der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung (§ 262 Abs. 2 lit a BAO) und die erklärungsgemäße Veranlagung der Einkommensteuer "nach dem objektiven Nettoprinzip": Die Einkommensteuererklärung enthalte die Einnahmen und Werbungskosten auf den Cent genau. Die erklärten Angaben seien in einer Außenprüfung geprüft und nicht beanstandet worden. Das Finanzamt habe jedoch nicht den erklärten Überschuss nach dem objektiven Nettoprinzip, sondern die Bruttoeinnahmen als fiktiven Überschuss veranlagt. Strittig sei die Anwendung des § 20 Abs. 2 EStG zweiter TS. Der angefochtene Bescheid verletze den Bf. in seinem Recht auf eine erklärungsgemäße Veranlagung nach dem objektiven Nettoprinzip nach §§ 16, 20, 27 und 27a EStG, § 2 Endbesteuerungsgesetz und Art 7 B-VG:

- Das objektive Nettoprinzip im Fall einer Regelbesteuerungsoption

§§ 4 Abs. 4 und § 16 EStG verankern das objektive Nettoprinzip durch einen Abzug von Betriebsausgaben oder Werbungskosten. Im Fall einer Endbesteuerung von Einnahmen aus Kapitalvermögen mit dem linearen Steuersatz nach § 27a EStG gehe die Abzugsfähigkeit von Betriebsausgaben oder Werbungskosten verloren: § 20 Abs. 2 EStG zweiter TS schließe einen Abzug von Aufwendungen und Ausgaben aus, "soweit sie mit ... Einkünften, auf die ein besonderer Steuersatz gemäß § 27a Abs. 1 anwendbar ist ... in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen." Eine Option zur Regelbesteuerung nach § 27a Abs. 5 EStG zwinge zur Anwendung des "allgemeinen Steuertarifs" nach §§ 33 bis 38 EStG und schließe die Anwendbarkeit eines linearen Steuersatzes nach § 27a EStG aus. Die Anwendung des "allgemeinen Tarifs" nach §§ 33 bis 38 EStG werde in § 20 EStG nicht mit einem Abzugsverbot belegt. Wortlaut und systematisches Zusammenspiel der §§ 4, 16, 20, 27, 27a und §§ 33 bis 38 EStG führen zu einem konsistenten Ergebnis: Eine Endbesteuerung sichere eine lineare Besteuerung zu einem im Vergleich zum progressiven Höchststeuersatz von 55 % stark ermäßigten Steuersatz sowie einen Splittingeffekt, der die Progression für nicht tarifbegünstigte Einkünfte mildert. Insoweit sei eine lineare Besteuerung auf Basis der Einnahmen ohne Abzug von Aufwendungen und Ausgaben ausgewogen. Bei einer Anwendung des "allgemeinen Tarifs" mit einer Progression bis zu 55 % sei ein Abzug von Aufwendungen und Ausgaben nach dem objektiven Nettoprinzip notwendig, um exzessive Steuerlasten zu vermeiden. Nach Wortlaut, Systematik und Sinn der §§ 4, 16, 20, 27, 27a und §§ 33 bis 28 EStG greife das Abzugsverbot nach § 20 Abs. 2 EStG zweiter TS somit nur, wenn ein linearer Steuersatz nach § 27a EStG (25 % oder 27,5 % + Splittingeffekt kraft Endbesteuerung) im konkreten Einzelfall tatsächlich zur Anwendung kommt. Das Abzugsverbot greife jedoch nicht, wenn eine lineare Endbesteuerung mit Splittingeffekt nach § 27a EStG nicht anwendbar ist, weil eine Option zur Regelbesteuerung nach § 27a Abs. 5 EStG zur Anwendung des "allgemeinen Steuertarifs" nach §§ 33 bis 38 EStG zwingt und so die Anwendbarkeit "eines besonderen Steuersatzes gemäß § 27a Abs. 1 EStG" ausschließt.

- § 2 Endbesteuerungsgesetz

§ 2 Endbesteuerungsgesetz (im Rang eines einfachen Bundesverfassungsgesetzes) schließe einen Abzug von Betriebsausgaben und Werbungskosten für linear endbesteuertes Kapitalvermögen (Endbesteuerung mit einem linearen Steuersatz samt Splittingeffekt) aus. Dieses Abzugsverbot nach § 2 Endbesteuerungsgesetz greife jedoch nur, soweit "eine Abgeltung der Steuern" nach § 1 Abs. 2 Endbesteuerungsgesetz oder "eine Abgeltung der Einkommensteuer" nach § 1 Abs. 3 Endbesteuerungsgesetz "eintritt". Wird nach § 27a Abs. 5 EStG zur Regelbesteuerung optiert, so zwinge dies zur Anwendung "des allgemeinen Steuertarifs" nach §§ 33 bis 38 EStG. Eine lineare Endbesteuerung (mit Splittingeffekt) "tritt" insoweit nicht "ein". § 2 Endbesteuerungsgesetz begrenze das Abzugsverbot für Betriebsausgaben und Werbungskosten ausdrücklich auf Fälle, in denen eine lineare Endbesteuerung mit Splittingeffekt tatsächlich "eintritt". "Tritt" eine Endbesteuerung kraft einer Option zur Regelbesteuerung nicht "ein", so greife das Abzugsverbot nach § 2 Endbesteuerungsgesetz nicht. Im Fall einer Veranlagung nach dem "allgemeinen Steuertarif' greife das objektive Nettoprinzip nach § 4 Abs. 4 und § 16 EStG (Beiser, Steuern16 (2018), Rz 59d). Das Endbesteuerungsgesetz begrenze die Reichweite des Abzugsverbots auf Fälle eines tatsächlichen "Eintritts" einer linearen Endbesteuerung mit Splittingeffekt und vermeide so exzessive Steuerlasten im Fall einer Veranlagung nach dem allgemeinen Steuertarif kraft einer Option zur Regelbesteuerung.

- Der Gleichheitssatz nach Art. 7 B-VG

Der Bf. habe 2017 (jeweils auf 100 Euro gerundet) 57.000 Euro Einnahmen und 35.300 Euro Werbungskosten, somit 21.700 Euro Überschuss erzielt. Nach § 33 Abs. 1 EStG ergebe sich daraus eine Tarifsteuer von 3.040 Euro (vor Absetzbeträgen, Sonderausgaben etc). Das Finanzamt habe dagegen auf Basis der Bruttoeinnahmen rund 17.200 Euro Einkommensteuer vorgeschrieben (17.200 : 21.700 ESt = 79% Steuerlast). Nach dem "allgemeinen Steuertarif" ergebe sich also eine Steuerlast von 14% (3.040 : 21.700). Der höchste Grenzsteuersatz von 55% greife nach § 33 EStG erst für Einkommensteile über 1 Mio Euro. Im Beschwerdefall entstehe dagegen eine exzessive Steuerlast von 79 % bei einem Einkommen von 21.700 Euro. Das zeige: Eine Tarifveranlagung nach § 33 EStG auf Basis der Bruttoeinnahmen statt auf Basis der Einkünfte nach Abzug der Aufwendungen/Ausgaben verzerre die Progression nach § 33 EStG extrem und führe zu äußerst ungleichen und exzessiven Steuerlasten. Das Sachlichkeitsgebot nach Art 7 B-VG zwinge zu einer Veranlagung nach dem objektiven Nettoprinzip.

- Eine verfassungskonforme Interpretation

§ 2 Endbesteuerungsgesetz und Art 7 B-VG zwingen zu einer verfassungskonformen Auslegung des Abzugsverbots nach § 20 Abs. 2 EStG zweiter TS: Das Abzugsverbot greife nur, soweit im konkreten Einzelfall eine lineare Endbesteuerung mit Splittingeffekt "eintritt" (§ 2 Endbesteuerungsgesetz). Wird dagegen nach § 27a Abs. 5 EStG zur Regelbesteuerung optiert, so sei zwingend "der allgemeine Steuertarif" nach §§ 33 bis 38 EStG anzuwenden. Die "Anwendbarkeit" eines "besonderen Steuersatzes gem. § 27a Abs. 1" EStG sei daher im Fall einer Option zur Regelbesteuerung ausgeschlossen. Die Veranlagung nach dem "allgemeinen Steuertarif" habe somit nach dem objektiven Nettoprinzip gemäß § 4 Abs. 4 und § 16 EStG zu erfolgen. Eine solche Interpretation entspreche dem Gesetzeswortlaut und dem systematischen Zusammenspiel einer linearen Endbesteuerung mit Splittingeffekt und Abzugsverbot einerseits und einer Veranlagung nach dem allgemeinen Steuertarif und dem objektiven Nettoprinzip im Fall einer Option zur Regelbesteuerung andererseits. § 2 Endbesteuerungsgesetz begrenze das Abzugsverbot ausdrücklich auf Fälle, in denen eine lineare Endbesteuerung mit Splittingeffekt "eintritt". In Fällen einer Veranlagung nach dem "allgemeinen Steuertarif" kraft einer Option zur Regelbesteuerung seien Betriebsausgaben und Werbungskosten nach § 4 Abs. 4 und § 16 EStG abzuziehen. Eine Veranlagung nach dem allgemeinen Steuertarif habe das objektive Nettoprinzip zu wahren, um extrem ungleiche und exzessive Steuerlasten nach dem Sachlichkeitsgebot des Art 7 B-VG zu vermeiden.

- Verfassungswidrigkeit statt verfassungskonforme Interpretation?

Wird § 20 Abs. 2 zweiter TS EStG dagegen so ausgelegt, dass bereits eine hypothetische Anwendbarkeit eines besonderen Steuersatzes nach § 27a Abs. 1 EStG ein Abzugsverbot auslöst, obwohl im Fall einer Option zur Regelbesteuerung nach dem allgemeinen Steuertarif eine Anwendung eines besonderen Steuersatzes nach § 27a Abs 1 EStG ausgeschlossen ist, so sei § 20 Abs. 2 zweiter TS nach Art 140 B-VG als verfassungswidrig aufzuheben: § 2 Endbesteuerungsgesetz begrenze das Abzugsverbot ausdrücklich auf Fälle, in denen eine lineare Endbesteuerung (mit Splittingeffekt) tatsächlich "eintritt". § 2 Endbesteuerungsgesetz schließe ein Abzugsverbot in Fällen einer Veranlagung nach dem allgemeinen Steuertarif aus. Der Verfassungsgerichtshof habe das Abzugsverbot nach § 20 Abs. 2 EStG im Fall der linearen ImmoESt nach § 30a EStG aufgehoben, falls nach § 30a Abs. 2 EStG zur Regelbesteuerung optiert wird (). Eine Veranlagung nach dem "allgemeinen Steuertarif" habe somit zwingend nach dem objektiven Nettoprinzip zu erfolgen. Das Sachlichkeitsgebot nach Art 7 B-VG lasse ein Abzugsverbot in Fällen einer Veranlagung nach dem allgemeinen Steuertarif kraft einer Option zur Regelbesteuerung nicht zu: Ein Abzugsverbot führe insoweit zu extrem ungleichen und exzessiv hohen Steuerlasten auch bei insgesamt relativ niedrigen Einkünften. Das zeige der Beschwerdefall [siehe oben]. Eine derart extreme Tarifverzerrung und exzessive Steuerlast sei sachlich nicht zu rechtfertigen. Im Stufenbau der Rechtsordnung ergebe sich ein klares Bild: Der Gleichheitssatz nach Art 7 B-VG sei ein Baugesetz der österreichischen Bundesverfassung: Rechtsstaatlichkeit, Freiheit und Demokratie bauen auf die Gleichheit aller Menschen. Die Endbesteuerung in Form eines einfachen Bundesverfassungsgesetzes setze das Recht auf Gleichbehandlung nicht außer Kraft, sondern setze eine effiziente Gleichbehandlung aller Kapitalerträge im Ertragsteuerrecht um: Im Regelfall sichere eine lineare Endbesteuerung mit Splittingeffekt eine gleichmäßige Steuerbelastung. Für Ausnahmefälle sichere eine Option zur Regelbesteuerung eine gleichmäßige Belastung nach dem allgemeinen Steuertarif und nach dem objektiven Nettoprinzip gemäß § 4 Abs. 4 und § 16 EStG. § 2 Endbesteuerungsgesetz begrenze das Verbot eines Abzugs von Aufwendungen und Ausgaben ausdrücklich auf Fälle, in denen eine lineare Endbesteuerung (mit Splittingeffekt) tatsächlich "eintritt". "Tritt" eine Endbesteuerung nicht "ein", weil zur Regelbesteuerung optiert wird, so seien die "Einkünfte aus Kapitalvermögen" (nicht die Einnahmen aus Kapitalvermögen) nach § 27 EStG zu veranlagen. "Einkünfte" seien die Gewinne/Überschüsse aus den sieben Einkunftsarten. Einnahmen/Erträge seien nach § 4 Abs. 4 und § 16 EStG um Betriebsausgaben/Werbungskosten zu kürzen. Eine Veranlagung nach dem allgemeinen Steuertarif habe somit nach dem objektiven Nettoprinzip zu erfolgen. Der Gleichheitssatz nach Art 7 B-VG und § 2 Endbesteuerungsgesetz begrenzen das Abzugsverbot auf Fälle, in denen eine lineare Endbesteuerung mit Splittingeffekt "eintritt". "Tritt" eine Endbesteuerung kraft Option zur Regelbesteuerung nicht ein, sei ein "besonderer Steuersatz gemäß § 27a Abs 1" EStG nicht anwendbar. Die Veranlagung nach dem "allgemeinen Steuertarif" erfasse die "Einkünfte" nach § 27 EStG und folge somit dem objektiven Nettoprinzip nach § 4 Abs. 4 und § 16 EStG.

V.

Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht vor (Direktvorlage gemäß § 262 BAO) und beantragte unter Hinweis auf die Gesetzeslage samt Gesetzesmaterialien, die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und die Verwaltungspraxis die Abweisung der Beschwerde.

Über die Beschwerde wurde Folgendes erwogen:

Im Beschwerdefall ist allein strittig, ob Werbungskosten im Zusammenhang mit Einkünften aus Kapitalvermögen (vgl. "Zusammenstellung der rechnerischen Darstellung" laut Außenprüfungsbericht vom ), welche nach § 27a EStG 1988 grundsätzlich einem besonderen Steuersatz unterliegen, auch dann gemäß § 20 Abs. 2 EStG 1988 zweiter TS nicht abgezogen werden dürfen, wenn - wie im vorliegenden Fall - der besondere Steuersatz auf Grund einer Option zur Regelbesteuerung (§ 27a Abs. 5 EStG 1988) nicht zur Anwendung kommt.

Rechtslage

§ 2 Abs. 1 Endbesteuerungsgesetz (Bundesverfassungsgesetz) lautet:

Es ist bundesgesetzlich vorzusehen, dass für Kapitalerträge und Vermögen, für die eine Abgeltung der Steuern (§ 1 Abs. 2) eintritt, bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988, § 7 Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes 1988), des Einkommens für Zwecke der Erstattung (§ 1 Abs. 5), des Gesamtvermögens (§ 76 des Bewertungsgesetzes 1955) und des Erwerbes von Todes wegen (§ 20 des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes 1955) Werbungskosten, Schulden und Lasten nicht berücksichtigt werden.

§ 20 Abs. 2 EStG 1988 lautet:

Weiters dürfen bei der Ermittlung der Einkünfte Aufwendungen und Ausgaben nicht abgezogen werden, soweit sie mit
- (…)
- Einkünften, auf die ein besonderer Steuersatz gemäß § 27a Abs. 1 anwendbar ist (…)
- (…)
in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.

§ 27a EStG 1988 lautet:

(1) Einkünfte aus Kapitalvermögen unterliegen
1. im Fall von Geldeinlagen und nicht verbrieften sonstigen Forderungen bei Kreditinstituten, ausgenommen Ausgleichzahlungen und Leihgebühren gemäß § 27 Abs. 5 Z 4, einem besonderen Steuersatz von 25%,
2. in allen anderen Fällen einem besonderen Steuersatz von 27,5% und sind bei der Berechnung der Einkommensteuer des Steuerpflichtigen weder beim Gesamtbetrag der Einkünfte noch beim Einkommen (§ 2 Abs. 2) zu berücksichtigen, sofern nicht die Regelbesteuerung (Abs. 5) anzuwenden ist (…)

(5) Anstelle der besonderen Steuersätze gemäß Abs. 1 kann auf Antrag der allgemeine Steuertarif angewendet werden (Regelbesteuerungsoption). Die Anrechnung ist betraglich insoweit ausgeschlossen, als der Steuerpflichtige den Anspruch auf einen Alleinverdienerabsetzbetrag oder einen Kinderabsetzbetrag vermittelt. Die Regelbesteuerungsoption kann nur für sämtliche Einkünfte, die einem besonderen Steuersatz gemäß Abs. 1 unterliegen, ausgeübt werden (...)

Erwägungen

Der Gesetzgeber spricht im § 20 Abs. 2 EStG ausdrücklich von nicht abzugsfähigen Aufwendungen und Ausgaben, "soweit sie mit (…) Einkünften, auf die ein besonderer Steuersatz gemäß § 27a Abs. 1 anwendbar ist (…) in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen". Er spricht nicht von nicht abzugsfähigen Aufwendungen und Ausgaben, soweit sie mit Einkünften, auf die ein besonderer Steuersatz gemäß § 27a Abs. 1 anzuwenden ist, in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.

Die herrschende Rechtsauffassung geht daher davon aus, dass das Abzugsverbot gemäß § 20 Abs. 2 EStG 1988 zweiter TS auch dann gilt, wenn mit den entsprechenden Einkünften aus Kapitalvermögen in die Regelbesteuerung optiert wird. Denn nach dem Gesetzeswortlaut des § 20 Abs. 2 EStG 1988 gilt das Abzugsverbot eben für Einkünfte, auf die der besondere Steuersatz gemäß § 27a EStG anwendbar ist. Der Ausdruck "anwendbar" ist abstrakt zu verstehen. Damit soll das Abzugsverbot also auch bei der Regelbesteuerungsoption gelten (ansonsten hätte die Gesetzesformulierung "anzuwenden ist" gelautet). Gegen diese Auffassung lässt sich zwar rein sprachlich einwenden, dass im Falle der Regelbesteuerungsoption der Sondersteuersatz tatsächlich nicht mehr "anwendbar ist"; dennoch wird das Abzugsverbot im Sinne eines abstrakten Verständnisses auch bei der Regelbesteuerungsoption gelten (vgl. Kirchmayr/Mayr/Schlager (Hrsg.), Besteuerung von Kapitalvermögen, LexisNexis, 382; Kirchmayr in Doralt/Kirchmayr/Zorn, EStG: Kommentar, 16. Lfg., § 27a Tz 174; Jakom/Marschner EStG, 2019, § 27a Rz 47; EStR 2000 RZ 6228).

Auch nach den Gesetzesmaterialen zu § 20 Abs. 2 EStG 1988 soll "entsprechend der bisherigen Rechtslage der Abzug von Aufwendungen und Ausgaben auch dann nicht möglich sein, wenn die Einkünfte aufgrund der Regelbesteuerungsoption des § 27a Abs. 5 EStG 1988 mit dem allgemeinen Steuertarif besteuert werden" (vgl. 981 der Beilagen XXIV. GP - Regierungsvorlage - Vorblatt u. Erläut., 115).

Das Bundesfinanzgericht schließt sich der o.a. - durch den Gesetzeswortlaut eindeutig gedeckten - Rechtsauffassung an.

Das Bundesfinanzgericht teilt angesichts der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. ) aber auch nicht die vom Bf. geäußerten Zweifel an der Verfassungskonformität der dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Vorschriften.

Was die vom Bf. im Speziellen gegen das Abzugsverbot gemäß § 20 Abs. 2 EStG 1988 zweiter TS vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken anlangt, so ist ihm mit dem Hinweis auf die verfassungsrechtliche Absicherung dieses Abzugsverbots zu entgegnen (vgl. ; ; Zorn in Hofstättter/Reichel, Einkommensteuer: Rechtsprechung, zu § 20 Abs. 2 EStG 1988, E 27, mwN).

Schließlich wird auch noch darauf hingewiesen, dass die Regelbesteuerungsoption nach § 27a Abs. 5 EStG 1988 unabhängig von der Höhe der Steuerbelastung nach dem allgemeinen Tarif iSd § 33 EStG 1988 ausgeübt werden kann; dh die Anwendung des allgemeinen Steuertarifs könnte zu einer höheren oder - dies ist der Regelfall - zu einer geringeren Steuerbelastung führen als die Anwendung des besonderen Steuersatzes iSd § 27a Abs. 1 EStG 1988. Ergibt sich eine höhere Steuerlast, ist eine Rückziehung der Regelbesteuerungsoption auch noch im Rechtsmittelverfahren durch den Steuerpflichtigen möglich (vgl. Kirchmayr in Doralt/Kirchmayr/Zorn, EStG: Kommentar, 16. Lfg., § 27a Tz 174; EStG 2000 RZ 6227). - Auf diesen Umstand hat die belangte Behörde den Bf. bereits im Vorlagebericht zutreffend hingewiesen.

Im Übrigen wurde kein Vorbringen erstattet, das auf eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides hinweist.

Zulässigkeit einer Revision

Gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall ist die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig. Somit liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, und zwar selbst dann, wenn zu einer dieser anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist (vgl. ; ).

Somit war wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Graz, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7105498.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at