TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 03.01.2020, RV/7103960/2018

Zurechnung liechtensteinische Lebensversicherung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senat_X in der Beschwerdesache Verlassenschaft nach Bf, vertreten durch LeitnerLeitner Salzburg GmbH Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, Hellbrunner Straße 7, 5020 Salzburg, über Beschwerden gegen Bescheide des Finanzamtes FA betreffend Einkommensteuer, und zwar (1.) vom gegen die Bescheide vom (2009-2011), (2.) vom gegen die Bescheide vom (2012-2013) und (3.) vom gegen die Bescheide vom (2014-2016) in der Sitzung am  nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt: 

I. Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 BAO im Sinne des Beschwerdebegehrens abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Im Anschluss an eine Selbstanzeige vom und ein Vorhalteverfahren fand bei der Beschwerdeführerin (Bf) eine Außenprüfung statt, die mit Bericht vom abgeschlossen wurde. Nach dieser Prüfung ist die Anerkennung einer Depotübertragung aus einem Schweizer Depot an eine liechtensteinische Lebensversicherung strittig, der seitens der belangten Behörde die Intransparenz abgesprochen wird. Diese Ansicht hat die Behörde zunächst in Bescheiden betreffend die Jahre 2009-2013 vertreten und mit Beschwerdevorentscheidungen vom (2009-2012) bzw vom (2013 mit gleichlautender Begründung) bekräftigt. Dagegen erfolgten nach Fristverlängerungen am Vorlageanträge. Die Beschwerden betreffend 2014-2016 wurden antragsgemäß ohne Beschwerdevorentscheidung direkt dem BFG vorgelegt.

Die belangte Behörde führt für ihren Standpunkt ins Treffen: Die im Zeitpunkt der Übertragung des Anleihendepots ( laut Annahmeschreiben, laut Polizze) 72jährige Bf habe eine "Anteilsgebundene Lebensversicherung - Private Client Portfolio Austria" "niedrigen Risikos" mit einer Prämie von 11 Mio USD abgeschlossen. Im Jahr nach der Übertragung seien die Wertpapiere durch die Versicherungsgesellschaft ausgetauscht worden. Die Versicherungsleistung werde bei Ableben (begünstigt ist der in Österreich lebende Sohn) oder bei Erleben der Aufschubdauer () fällig. Die Auszahlung erfolge als Rente oder einmalige Kapitalabfindung. Als Todfallsleistung seien 105 % des aufgelaufenen Kapitals vereinbart, wobei die Polizze vom datiere.

Dem Anlageprodukt fehle es an der Vergleichbarkeit mit einem österreichischen Versicherungsprodukt. Die Bf habe zwar von einem entsprechenden Recht nicht Gebrauch gemacht, doch habe sie die Depotbank sowie den Vermögensverwalter auswählen und beeinflussen können. Sie könne die Anlagestrategie bestimmen und jährlich ändern. Die vorgelegten Unterlagen (Bestätigung der Versicherungsgesellschaft über das Fehlen von Nebenvereinbarungen und Depotmanagementverträgen, Vermögensverwaltungs- und Depoteröffnungsvereinbarung zwischen Versicherung und depotführender/-verwaltender Bank sowie Angabe der Bank, dass alleinige wirtschaftlich Berechtigte die Versicherungsgesellschaft sei) beträfen nur das Verhältnis zwischen der Versicherung und der Bank und ließen keine Schlüsse auf das Vertragsverhältnis zwischen Bf und Versicherung zu.

Zwar sei durch Adaptierung der Polizze vom die seitens des BMF geforderte Risikoübernahme von mindestens 5 % gegeben, doch liege kein Tarif iSd § 18 Abs 1 VAG vor, weil es sich um kein für einen größeren Personenkreis konzipiertes Produkt sondern um "private insuring" handle, das bloß eine individuelle Veranlagungsstrategie verfolge. Der Tarif bringe nämlich zum Ausdruck, dass das übernommene Risiko auf eine Vielzahl durch gleiche Gefahr bedrohter Personen verteilt werde und der Risikoübernahme eine auf dem Gesetz der großen Zahl beruhende Kalkulation zugrunde liege. Vergleichbare Verträge seien trotz mehrfacher Aufforderung nicht vorgelegt worden. Das Vorliegen eines versicherungstechnischen Risikos werde daher verneint.

Die Bf führt für ihren Standpunkt der Intransparenz ins Treffen: Die abgeschlossene Lebensversicherung "Private Client Portfolio International Austria" sei ein absolutes Standardprodukt, das einer Vielzahl von österreichischen Versicherungsnehmern angeboten worden sei. Der Abschluss erfolgte im Rahmen der Vermögensnachfolgeplanung, um sicherzustellen, dass ihr Sohn (eines von vier Kindern) im Ablebensfall die Vermögenswerte erhalten solle.

§ 27 Abs 1 Z 6 EStG idF vor BBG 2011 knüpfe formalrechtlich an das Versicherungsaufsichtsrecht an. Diese formalrechtliche Anknüpfung sei auf in- und ausländische Sachverhalte anzuwenden und eine diesbezügliche Gleichbehandlung europarechtlich geboten. Nach der Rechtsprechung () sei die Qualifikation als Versicherungsprodukt nach wirtschaftlichen Kriterien zu prüfen, und zwar nach Risiko, Tarif, Wahl des Asset Managers, der Depotbank und der Anlagestrategie, Wertveränderung/Kostentragung, Kündigungsmöglichkeiten und Depotrückübertragung.

Das Risikokriterium sei durch die Übernahme eines Versicherungsrisikos iHv 105 % erfüllt. Das Tarifkriterium könne nicht an der Vorlage vergleichbarer Verträge gemessen werden, weil dem die Verschwiegenheitspflicht des § 91 WTBG entgegenstehe. Tatsache sei, dass das gegenständliche Produkt mit einheitlichen Versicherungsbedingungen ausgestaltet und gegenüber einem größeren österreichischen Personenkreis vertrieben worden sei. Der Einmalerlag durch Depotübertragung stehe der Zurechnung des Deckungsstockes zum Versicherer nicht entgegen (vgl Knörzer, Lebensversicherungen im Steuerrecht, 2012, 188; Bergmann in Eiselsberg (Hg), Jahrbuch Stiftungsrecht 2011, 2014). Zudem sei die Depotübertragung aus wirtschaftlichen Überlegungen (Transaktionsgebühren, Marktumfeld etc.) erfolgt (Verweis auf ).

Die Bf habe keine Einflussmöglichkeit auf die Wahl des Vermögensverwalters oder auf die konkrete Verfügung über den Deckungsstock gehabt, denn Punkt 10 lit a der allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) sehe wörtlich vor: "Das Portfolio wird durch einen externen Asset Manager betreut, der die Anlagestrategie des Versicherungsnehmers umsetzt. Der Versicherungsnehmer selbst hat während dieser Zeit keinen direkten Einfluss auf die Auswahl und die Verwaltung des Deckungsstocks. Der Versicherungsnehmer hat auch keinen Einfluss auf die Wahl des Vermögensverwalters." Die demgegenüber von der Bp ins Treffen geführte Bestimmung aus Punkt 4 der Verbraucherinformationen, die eine Wahl des Vermögensverwalters aus einer Liste zulässt, stehe zwar im Widerspruch zu den AVB, und diese Diskrepanz könne auch vom Versicherer nicht aufgeklärt werden, doch sei rechtsverbindlich die Bestimmung der AVB und nicht die vereinfachte Zusammenfassung der Verbraucherinformationen, die nicht Vertragsbestandteil geworden sei. Ausschließlicher Auftraggeber des Vermögensverwalters sei die Versicherungsgesellschaft gewesen.

Die Wahlmöglichkeit der Depotbank sei weder vertraglich eingeräumt noch ausgeschlossen, doch sei die Depoteröffnung vom Versicherer bei der Bank erfolgt, und der Ort der Verwahrung sei für die Zurechnung der Einkünfte nicht wichtig (mit Verweis auf ). Es habe auch seitens der Bf kein spezifisches Vertrauensverhältnis zur Depotbank bestanden. Der mögliche Wechsel der Veranlagungsstrategie bewirke keinen Einfluss auf die im Deckungsstock veranlagten Werte und könne nicht maßgeblich für dessen Zurechnung sein (vgl auch Knörzer, Lebensversicherungen im Steuerrecht, 189 f; Änderungsrechte bei Privatstiftungen nach § 33 PSG; Zulässigkeit des Strategiewechsels bei inländischen Versicherungsprodukten).

Das Kapitalveranlagungsrisiko werde bei fondsgebundenen wie auch indexgebundenen Lebensversicherungen immer vom Versicherungsnehmer getragen und sei daher nicht entscheidungsrelevant (EStR 2000 Rz 6210). Aus dem - teilweise konsumentenschutzrechtlich verpflichtend vorgeschriebenen - Kündigungsrecht könne keine jederzeitige Verfügungsmöglichkeit der Versicherungsnehmerin über den Deckungsstock im Sinne einer unmittelbaren Zurechnung an sie abgeleitet werden. Bei Ableben oder Rückkauf erfolge die Auszahlung der Versicherungsleistung ausschließlich durch Überweisung eines Barbetrages (Art 15 lit b bzw 14 lit c VAB). Lediglich im Erlebensfall bestehe ein Wahlrecht. Die Bedeutung sei aber gering, weil der Übertragungsakt keinen Einfluss auf die laufende Einkünftezurechnung habe.

In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung ergänzt die belangte Behörde: Der beschriebene Todfallsschutz von 105 % des aufgelaufenen Kapitals belasse das volle Kapitalrisiko bei der Bf, das Versicherungsunternehmen sei bloßes Veranlagungsvehikel, eine Schutzfunktion im Ablebensfall liege nicht vor. Das "Drauflegen" von 5 % (hier rund 380.000 Euro) könne nicht als Abdeckung eines wirtschaftlichen Risikos gesehen werden. Dies stelle lediglich einen nachträglichen Rabatt auf die zuvor verrechneten Gebühren dar. IdR überstiegen die Gebühren die Todfallsleistung, kein Versicherungsnehmer würde ein derartiges Produkt als Versicherung abschließen, der Grund dafür könne nur in der erwarteten Besteuerungssituation gelegen sein.

Die Versicherung treffe letztlich ein Risiko von 4,76 %, 95,24 % gingen aus ihrer Sicht zu Lasten bzw zu Gunsten des Versicherungsnehmers. Dass die Risikoprämie nach versicherungsmathematischen Grundsätzen ermittelt worden wäre, sei nicht ersichtlich.

Auch bei gegebener Verschwiegenheitspflicht hätten anonymisierte Verträge oder Hinweise darauf vorgelegt werden können, welche österreichische Unternehmen vergleichbare Produkte anböten. Ein nachträgliches Eingreifen der Bf sei grundsätzlich möglich. Es fehlten Hinweise, in welche Kapitalanlagefonds investiert werde, womit nicht gewährleistet sei, dass Gleichartigkeit von Versicherungsverträgen innerhalb eines Tarifes vorliege.

Die einzelnen Versicherungsverträge weichten voneinander ab:

  • Polizzenversion 1 sehe eine Todfallsleistung von 104 % des aufgelaufenen Kapitals vor, Verbraucherinformationen oder AVB seien nicht vorgelegt worden, obwohl sie vorhanden sein müssten.

  • Polizzenversion 2 sehe eine Todfallsleistung von 105 % des aufgelaufenen Kapitals vor. Laut Verbraucherinformationen könne die Versicherungsnehmerin die Depotbank, Anlagestrategie und den Vermögensverwalter, der sämtliche Anlageentscheidungen im Rahmen der gewählten Anlagestrategie treffe, aus einer Liste wählen.  Laut AVB hat die Versicherungsnehmerin keinen direkten Einfluss auf die Auswahl der Verwaltung des Deckungsstockes; sämtliche Kosten (Bank, Transaktion, …) werden von der Polizze abgezogen und dem Portfolio belastet, und die Veranlagungsstrategie könne einmal jählich die Veranlagungsstrategie ändern. Ein Gesamtrückkauf könne jederzeit beantragt werden.

  • Obwohl mit Schreiben vom das Fehlen weiterer Vereinbarungen bestätigt worden sei, gebe es mit Mail vom vorgelegte AVB (von der belangten Behörde als Polizzenversion 3 bezeichnet). Abweichend von den Verbraucherinformationen der Version 2 kann die Versicherungsnehmerin den Vermögensverwalter nicht selbst wählen.

  • Das im Zuge der Beschwerde vorgelegte Schreiben der Versicherung sei erst kurz nach Abschluss der Betriebsprüfung erstellt worden. Ob nun tatsächlich keine Einflussmöglichkeit der Bf auf den Vermögensverwalter bestehe, könne nicht beurteilt werden. Wirtschaftlich betrachtet sei sie bei Private Banking bzw Private Insuring immer gegeben, und die Bf könne durch jederzeitige Einforderungsmöglichkeit/Rückkauf tatsächlich über ihre Vermögensmasse disponieren.

Im Vorlageantrag entgegnet die Bf: Bei Übernahme eines Versicherungsrisikos iHv 105 % des aktuellen Wertes des Deckungsstocks sei von der Übernahme eines maßgeblichen Versicherungsrisikos auszugehen (EStR 2000 Rz 6210a; FMA-Rundschreiben vom , FMS-VU000.400/002-VPM/2006). Nach der Rechtsprechung () liege ein Versicherungsvertrag vor, wenn die Versicherung eine "nennenswerte" Risikoabsicherung übernehme. Die besagten 105 % habe der VwGH zumindest nicht als zu niedrig eingestuft (), das BFG explizit als ausreichend (). Zudem werde im konkreten Fall ein Rentenwahlrecht eingeräumt, womit jedenfalls ein nennenswertes aleatorisches (versicherungstechnisches) Risiko bestehe, auch wenn ein Kapitalwahlrecht ebenso vereinbart sei (Verweis auf BMF-010200/0014-VI/6/2010).

Für die Zurechnung des wirtschaftlichen Eigentums sei von Relevanz, ob Asset Manager, Depotbank und Anlagestrategie ausgewählt werden könnten und welche Kündigungsfristen bestünden (Verweis auf ). Die Wahl des Vermögensverwalters sei ausschließlich bei der Versicherungsgesellschaft gelegen (Punkt 10 lit a AVB), die Auftraggeber gewesen sei. Der Vermögensverwalter sei auch ohne Zustimmungs- der Wahlmöglichkeit der Bf von der Versicherung geändert worden. Die Bf habe somit weder rechtlich noch faktisch über den Deckungsstock disponieren können.

Die Diskrepanz zwischen AVB und Verbraucherinformation ließen sich dadurch erklären, dass in den Jahren 2009/2010 der österreichische Markt der Versicherungsgesellschaft erst im Aufbau befindlich gewesen sei und die Unterlagen noch nicht aufeinander abgestimmt. Maßgeblich seien jedoch die AVB und die Polizze; die Verbraucherinformation sei keine Vertragsgrundlage (worüber die Behörde im Rahmen der Bp informiert worden sei), mittlerweile an die AVB angepasst und mit Schreiben vom übermittelt worden.

Die Bf habe kein Recht gehabt, die Depotbank zu wählen oder zu ändern.

Die Wahl der Anlagestrategie bestimme lediglich das Risikoausmaß und führe zu keiner maßgeblichen Einflussmöglichkeit und werde auch bei inländischen Lebensversicherungen zugestanden (vgl Knörzer, Lebensversicherungen im Steuerrecht, 2012, 189 f).

Das Kündigungsrecht bewirke lediglich ein Erlöschen des Versicherungsschutzes und einen Anspruch auf Erstattung des Deckungsstockes, aber keine Verfügungsmöglichkeit über diesen. Auch die Widerrufsmöglichkeit einer Privatstiftung schade der Vermögenszurechnung nicht.

In der mündlichen Verhandlung wird ergänzend vorgebracht, mit Erhöhung des Todfallsschutzes seien keine Gebührenerhöhungen einher gegangen, weil sich diese nach der anfangs geleisteten Prämie bemessen. Die Diskrepanzen in AVB und Verbraucherinformation seien der mangelnden Sorgfalt der Versicherungsgesellschaft geschuldet, die mittlerweile unter behördliche Aufsicht gestellt worden sei und den Betrieb an eine andere Versicherungsgesellschaft übertragen habe; für diese Umstände könne die Bf nichts.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Die in Österreich unbeschränkt steuerpflichtige Bf hat 72jährig Ende 2009 im Wege der Übertragung eines Anleihendepots (Einmalerlag) unter Abzug von 4 % Versicherungssteuer rund 11 Mio USD auf eine liechtensteinische Lebensversicherung übertragen und diesen Vorgang ertragsteuerlich als Veräußerung seitens der Bf behandelt.

Der abgeschlossene Vertrag über eine fondsgebundene Lebensversicherung hat eine Laufzeit von zehn Jahren. Das Versicherungsunternehmen ist mit der Depotübertragung Eigentümer des Deckungsstockes, der von einem externen Asset Manager veranlagt wird. Der Versicherungsnehmerin kommt kein Einfluss auf die Anlageentscheidungen zu, sie kann lediglich die Anlagestrategie (Risikoklasse) wählen und einmal jährlich diese Entscheidung ändern. Gebühren und Kosten werden ihrem Deckungsstock angelastet, ein Rückkauf der Versicherung ist unter Anfall von (im Verfahren von den Parteien nicht näher erörterten) Gebühren möglich. Im Erlebensfall erhält die Versicherungsnehmerin am Ende der Laufzeit eine Rente ausbezahlt, kann aber bis drei Monate vorher zu einer Einmalabgeltung in Höhe des aufgelaufenen Kapitals optieren. Im Ablebensfall beträgt die Todfallsleistung 105 % des aufgelaufenen Kapitals. Begünstigter ist diesfalls einzig ihr Sohn, dem sie das Vermögen unter Ausschluss der drei anderen erbberechtigten Kinder zukommen lassen wollte.

Der Sachverhalt ergibt sich aus den Akten. Die Anpassung des Todfallsschutzes von 104 auf 105 % ohne Gebührenerhöhung ist nicht zu beanstanden, zumal sich das Risiko auf Seiten der Versicherungsgesellschaft nur im Ausmaß der Lebenswahrscheinlichkeit auswirkt und Gebühren nach der Prämie bestimmt werden. Die Differenzen zwischen Verbraucherinformation und rechtsverbindlichen AVB deuten nicht auf eine Beliebigkeit der Vertragsbeziehung hin sondern sind der mangelnden Sorgfalt der Versicherungsgesellschaft beim Aufbau ihres Geschäftes geschuldet.

In rechtlicher Hinsicht gilt:

Soweit die Bf eine formalrechtliche Anknüpfung bzw europarechtliche Bedenken anspricht, ist sie auf die eindeutige Rechtsprechung hinzuweisen, die das Vorliegen eines Versicherungsgeschäftes unabhängig vom In- oder Auslandsbezug nach wirtschaftlichen Kriterien prüft (vgl ; ).

Für die Zurechnung von Einkünften aus Kapitalvermögen ist nach stRsp maßgeblich, wer über das zugrunde liegende Vermögen wie ein zivilrechtlicher Eigentümer verfügen kann, wem also die tatsächliche Verfügungsgewalt derart zusteht, dass er den zivilrechtlichen Eigentümer dauerhaft wirksam von dieser Verfügungsmacht ausschließen kann (vgl ; , 84/13/34; Ruppe, Steuerliche Zurechnung von Einkünften, in Ruppe, Handbuch der Familienverträge, Wien 1985, 141 und 148; Fuchs in Hofstätter/Reichel, EStG, § 2 Tz 88).

Zentraler Angelpunkt in der Annahme nicht nur bloßer Vermögensverwaltung sondern einer fondsgebundenen Lebensversicherung - und damit der wirtschaftlichen Zurechnung des Deckungsstocks zum Versichererer - ist die Übernahme eines spezifischen (im Fall der Lebensversicherung: biometrischen) Risikos (vgl. auch Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 20 Anm 262). Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts bildet erst das Fehlen eines für einen Versicherungsvertrag typischen Risikos die Wurzel für eine Prüfung nach weiteren Zurechnungskriterien ().

Nach einem Rundschreiben der FMA vom muss während der gesamten Laufzeit fonds- und indexgebundener Lebensversicherungen ein wesentliches versicherungstechnisches Risiko vorhanden sein. Im Ablebensfall muss zumindest ein Risikokapital in Höhe von 5 % der Deckungsrückstellung enthalten sein. Dies ist beispielsweise erfüllt, wenn 105 % des aktuellen Wertes des der fonds- und indexgebundenen Lebensversicherung zugrunde liegenden Vermögenswertes zur Auszahlung kommen.

Gerade unter Berücksichtigung des Alters des Bf bei Eingehen der Versicherung ist die vertraglich vorgesehene Auszahlung von 105 % des Wertes des Deckungsstockes im Todesfall eindeutig als wesentliches versicherungstechnisches Risiko anzuerkennen. Wenn die belangte Behörde in der Beschwerdevorentscheidung ein Risiko von 4,76 % erwähnt, so ergibt sich das vom Bruttobetrag inklusive Todfallsschutz gerechnet. Maßgeblich ist jedoch die auf den Deckungsstock aufzuschlagende Prämie.

Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, wie der Bf die Verfügungsgewalt gleich einem Eigentümer über den Deckungsstock zugerechnet werden könnte, wenn sie weder auf die Wahl des Vermögensverwalters noch auf die konkreten Anlageentscheidungen Einfluss hat. Dass eine Kündigung (möglich nach dem ersten Jahr mit dreimonatiger Frist) der Versicherung die Bf dann wieder in die Eigentumsposition versetzt, ändert nichts daran, dass ihr bei aufrechtem Vertrag jegliche Disposition entzogen ist.

Auch ist es für fondsgebundene Lebensversicherungen typisch, dass der Versicherte das Veranlagungsrisiko (mittelbar) trägt, womit dieses Merkmal für die Zurechnung nicht bestimmend sein kann. Zudem hat die Bf keine Möglichkeit, selbst die Wertentwicklung zu beeinflussen.

Dass auf der anderen Seite die Versicherungsgesellschaft über Gebühren wohl mehr eingenommen haben wird, als dem zu leistenden Todfallsschutz entspricht, ändert nichts am versicherungstechnischen Risiko, das mit dem Tod besteht und im Erlebensfall trotz eingehobener Gebühren eben nicht schlagend wird.

Schlussendlich bringt die Bf für das Eingehen der Versicherung ins Treffen, damit einen von vier Erben begünstigen zu wollen, womit ihr auch nicht rein steuerliche Gründe für die gewählte Konstruktion unterstellt werden können.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Der Fall ist jenem vergleichbar, der vom BFG am zur GZ RV/7103594/2015 entschieden wurde, gegen den die Revision vom VwGH mit Hinweis auf sein Erkenntnis vom , Ro 2015/15/0012, zurückgewiesen wurde (vgl ).

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 24 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 27 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7103960.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at