Außergewöhnliche Belastungen im Zusammenhang mit einer Behinderung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri. in der Beschwerdesache Bf.in, AdresseBf.in, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt XY vom betreffend Einkommensteuer 2017 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Der Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem dem Ende der Entscheidungsgründe als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensablauf
Die Beschwerdeführerin erzielte im Jahr 2017 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Im Antrag auf ArbeitnehmerInnenveranlagung vom wurden Versicherungsbeiträge als Sonderausgaben in Höhe von 600,00 €, sonstige Werbungskosten in Höhe von 165,76 € und außergewöhnliche Belastungen mit Selbstbehalt in Höhe von 1.170,00 € beantragt.
Mit Einkommensteuerbescheid 2017 vom wurden Werbungskosten in Höhe von 165,76 €, Sonderausgaben (Viertel) in Höhe von 150,00 €, außergewöhnliche Belastungen mit Selbstbehalt in Höhe von 1.170,00 € und ein Freibetrag wegen eigener Behinderung in Höhe von 75,00 € berücksichtigt.
Begründet wurde wie folgt:
Die Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen, von denen eine Selbstbehalt abzuziehen sei, hätten nicht berücksichtigt werden können, da sie den Selbstbehalt in Höhe von 2.688,01 € nicht übersteigen würden.
Mit Schreiben vom wurde gegen obigen Bescheid Beschwerde erhoben wie folgt:
Bei ihrer ArbeitnehmerInnenveranlagung seien die Krankheitskosten in Höhe von 1.170,00 € als außergewöhnliche Belastung mit Selbstbehalt berechnet worden. Tatsächlich hätte sie diese Aufwendungen aufgrund ihrer 30%-Behinderung gehabt. Somit würden die Kosten ohne Selbstbehalt zu beurteilen sein.
Beigelegt wurde eine Honorarnote vom über 280,00 € eines Orthopäden. Zudem eine Quittung über 890,00 € vom betreffend Kieser Training samt Vertrag Kieser Training vom .
Mit Ergänzungsvorhalt vom wurde vom Finanzamt wie folgt angefordert:
Es werde ersucht, die Sonderausgaben in Höhe von 600,00 € mittels Versicherungsbestätigung (keine Polizzen und Belege) und die Werbungskosten in Höhe von 165,76 € nachzuweisen. Weiters sei eine Kopie vom Bescheid über die Höhe der Erwerbsminderung samt Sachverständigengutachten beizubringen.
Seien für die Honorarnote in Höhe von 280,00 € Ersätze der GKK geleistet worden? Wenn ja, in welcher Höhe?
Dieser Vorhalt wurde nicht beantwortet.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde im Hinblick auf Werbungskosten lediglich der Pauschbetrag von 132,00 €, in Bezug auf die Sonderausgaben der Pauschbetrag von 60,00 € und die Aufwendungen in Höhe von 1.170,00 € als außergewöhnliche Belastungen mit Selbstbehalt berücksichtigt. Begründet wurde wie folgt:
Trotz Aufforderung hätte man nicht alle Unterlagen erhalten. Daher hätten nur die nachgewiesenen Aufwendungen berücksichtigt werden können.
Die Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen hätte man nicht berücksichtigt. Der Grund: Die Aufwendungen seien niedriger als der für die Beschwerdeführerin gültige Selbstbehalt in Höhe von 2.700,38 €.
Mit Vorlageantrag vom wurde wie folgt ausgeführt:
Sie hätte nach dem Ergänzungsersuchen vom die geforderten Unterlagen durch ihren Gatten persönlich im Infocenter abgegeben. Diese dürften nicht weiter geleitet worden sein. Es würden nochmals die beiden Zahlungsbelege in Höhe von insgesamt 1.170,00 € übermittelt werden, die sie als Krankheitskosten für ihre Behinderung ausgegeben hätte.
Beigelegt wurden die bereits im Zuge der Beschwerde vorgelegten Belege.
Mit Ergänzungsvorhalt vom wurde vom Finanzamt wie folgt angefordert:
Es werde ersucht, die Sonderausgaben in Höhe von 600,00 € mittels Versicherungsbestätigung (keine Polizzen und Belege) und die Werbungskosten in Höhe von 165,76 € nachzuweisen. Weiters sei eine Kopie vom Bescheid über die Höhe der Erwerbsminderung samt Sachverständigengutachten beizubringen.
Bezüglich des Vorliegens der Zwangsläufigkeit iSd § 34 EStG 1988 sei ein Nachweis des direkten Zusammenhangs der Aufwendungen für das Kieser Training mit der Krankheit bzw. deren Qualität als taugliche Maßnahme zur Linderung der Krankheit zu erbringen.
Mit Vorlagebericht vom wurde obige Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vorgelegt und wie folgt ausgeführt:
Sachverhalt:
Strittig sei die Berücksichtigung der Sonderausgaben in Höhe von 600,00 €, Werbungskosten in Höhe von 165,76 € und der zusätzlichen Kosten zur Behinderung in Höhe von 1.170,00 €.
Am sei ein Antrag auf ArbeitnehmerInnenveranlagung für das Jahr 2017 gestellt worden. Es seien Sonderausgaben in Höhe von 600,00 €, sonstige Werbungskosten in Höhe von 165,76 €, Krankheitskosten in Höhe von 1.170,00 € und der Kinderfreibetrag für ein haushaltszugehöriges Kind in Höhe von 300,00 € geltend gemacht worden.
Im Einkommensteuerbescheid 2017 vom seien Topfsonderausgaben in Höhe von 150,00 €, der Freibetrag für die Behinderung in Höhe von 75,00 € (MdE 30%) und der Kinderfreibetrag in Höhe von 300,00 € berücksichtigt worden. Die beantragten außergewöhnlichen Belastungen wären ohne steuerliche Auswirkungen geblieben, da der Selbstbehalt höher sei als die Aufwendungen.
In der Beschwerde seien die im Antrag auf ArbeitnehmerInnenveranlagung beantragten Krankheitskosten in Höhe von 1.170,00 € als zusätzliche Kosten zur Behinderung beantragt worden. Beigelegt gewesen wäre der Beschwerde eine Rechnung von einem Facharzt für Orthopädie in Höhe von 280,00 € und eine Rechnung samt Kassenquittung vom Kieser Training in Höhe von 890,00 €.
Mit Ergänzungsersuchen seien eine Versicherungsbestätigung, die Nachweise für Werbungskosten in Höhe von 165,76 €, eine Kopie vom Bescheid über die Höhe der Erwerbsminderung samt Sachverständigengutachten sowie die Bekanntgabe eventueller Ersätze von der GKK für die Honorarnote Orthopäde angefordert worden.
In der Beschwerdevorentscheidung seien die beantragten Sonderausgaben und Werbungskosten anerkannt und die beantragten zusätzlichen Kosten zur Behinderung abgewiesen worden, da bis zur gesetzten Frist keine Unterlagen beigebracht worden wären.
Mit Ergänzungsersuchen seien folgende Unterlagen angefordert worden:
Nachweise für die Sonderausgaben in Höhe von 600,00 € mittels Versicherungsbestätigung und die beantragten Werbungskosten in Höhe von 165,76 €.
Weiters sei eine Kopie vom Bescheid über die Höhe der Erwerbsminderung samt Sachverständigengutachten angefordert worden und ein Nachweis bzgl. des direkten Zusammenhangs der Aufwendungen für das Kieser Training mit der Krankheit bzw. deren Qualität als taugliche Maßnahme zur Linderung der Krankheit.
Es seien keine Unterlagen vorgelegt worden.
Beweismittel:
Vorhalte vom und vom
Stellungnahme:
Das Finanzamt hätte sich bemüht, die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse iSd § 115 BAO zu ermitteln. Die Beschwerdeführerin sei ihrer Mitwirkungspflicht, die insbesondere bei der Erlangung von abgabenrechtlichen Begünstigungen erhöht sei, nicht nachgekommen. Trotz zweimaliger Anforderung seien die entsprechenden Unterlagen nicht beigebracht worden.
Dem Erkenntnis zugrunde liegender Sachverhalt
Die in der Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung geltend gemachten Werbungskosten in Höhe von 165,76 € wurden weder belegmäßig nachgewiesen, noch konnte angegeben werden um welche Art von Aufwendungen es sich gehandelt hat.
Die in der Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung geltend gemachten Sonderausgaben in Höhe von 600,00 € wurden weder belegmäßig nachgewiesen, noch konnte angegeben werden um welche Art von Aufwendungen es sich gehandelt hat.
Die als außergewöhnliche Belastungen geltend gemachten Krankheitskosten in Höhe von 1.170,00 € (280,00 € Kosten Orthopäde, 890,00 € Kieser Training) wurden belegmäßig nachgewiesen.
Trotz Aufforderung wurde nicht bekannt gegeben, welche Ersätze der GKK für die Arztkosten erfolgt sind.
Trotz Aufforderung wurde kein Nachweis über eine Behinderung von 30% erbracht. Das betreffende Sachverständigengutachten wurde nicht beigebracht.
Dass die erklärten Kosten im Zusammenhang mit einer Behinderung stehen, konnte nicht glaubhaft gemacht werden.
Rechtliche Begründung
1. Werbungskosten
Da weder bekannt gegeben wurde, um welche Aufwendungen es sich handelt, noch die tatsächliche Leistung glaubhaft gemacht werden konnte, waren die geltend gemachten Werbungskosten in Höhe von 165,76 € nicht anzuerkennen.
2. Sonderausgaben
Da weder bekannt gegeben wurde, um welche Aufwendungen es sich handelt, noch die tatsächliche Leistung glaubhaft gemacht werden konnte, waren die geltend gemachten Sonderausgaben in Höhe von 600,00 € nicht anzuerkennen.
3. Außergewöhnliche Belastung
§ 35 EStG 1988 lautet wir folgt:
Abs. 1
Hat der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung….so steht ihm jeweils ein Freibetrag nach Abs. 3 zu.
Abs. 5
Anstelle des Freibetrages können auch die tatsächlichen Kosten aus dem Titel der Behinderung geltend gemacht werden (§ 34 Abs. 6).
Bei Geltendmachung der tatsächlichen Kosten aufgrund einer Behinderung bedarf es eines unmittelbaren ursächlichen Zusammenhanges der Kosten mit der Behinderung, die der Minderung der Erwerbsfähigkeit zugrunde liegt ().
Trotz mehrmaliger Anforderung durch das Finanzamt wurde weder ein Bescheid betreffend Höhe der Erwerbsminderung, noch das zugrunde liegende Sachverständigengutachten eingereicht.
Ein Zusammenhang der Aufwendungen mit einer Behinderung konnte nicht dargelegt werden.
Nach ständiger Judikatur des VwGH trete der Grundsatz der strikten Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung in den Hintergrund, wenn es um abgabenrechtliche Begünstigungen gehe. Es liege an der Partei, die Umstände darzulegen, die für die Begünstigung sprechen würden ().
Im gegenständlichen Fall hat die Beschwerdeführerin ihre Mitwirkungspflicht verletzt.
Da kein ursächlicher Zusammenhang im obigen Sinn glaubhaft gemacht werden konnte, waren die Aufwendungen in Höhe von 1.170,00 € nicht als außergewöhnliche Belastungen iSd § 35 Abs. 5 EStG 1988 anzuerkennen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Ob Werbungskosten und Sonderausgaben angefallen sind und ob Aufwendungen im ursächlichen Zusammenhang mit einer Behinderung getätigt wurden sind auf Ebene der Sachverhaltsermittlung zu lösende Tatfragen, die zu keiner Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung führen.
Linz , am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 35 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.5100310.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at