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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.12.2019, RV/3100619/2019

Antrag auf Nachsicht gemäß § 236 BAO

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache A vertreten durch Mair Steuerberatungs GmbH & Co KG, Kalkkögelweg 382, 6100 Seefeld in Tirol, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Innsbruck vom betreffend Nachsicht gemäß § 236 BAO zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Schreiben vom beantragte der Beschwerdeführer, den derzeitigen Abgabenrückstand in Höhe von € 114.897,29 nach § 236 BAO nachzusehen.

Begründend wurde unter Hinweis auf die Verordnung des BMfF betreffend Unbilligkeit der Einhebung, BGBl. II 435/2005, vorgebracht, beim Beschwerdeführer würde persönliche Unbilligkeit vorliegen. Der Rückstand würde hauptsächlich aus der Veranlagung 2015 und 2016, Vorauszahlung 2018 und Nebengebühren resultieren. Laufende Abgaben würden termingerecht entrichtet. Der Beschwerdeführer sei Pensionist und die Pensionszahlungen würden bereits durch die Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft gepfändet. Zudem würde beim Finanzamt für Gebühren ebenso ein Rückstand in Höhe von derzeit € 156.899,60 bestehen (StNr. 10-123). Am habe die Republik Österreich (Finanzamt Innsbruck) ein Pfandrecht über € 101.845,27 im Grundbuch eingetragen, sodass von den Banken mangels weiterer Sicherheiten kein Darlehen zur Abstattung der Abgabenrückstände eingeräumt worden sei. Ein Ansuchen auf Nachsicht der Abgabenschuld werde beim Finanzamt für Gebühren eingebracht. Der Beschwerdeführer würde zudem unter einem schlechten Gesundheitszustand leiden. Weiteres verpfändbares Vermögen und Privatvermögen sei laut nochmaliger Rücksprache beim Beschwerdeführer nicht vorhanden.
Persönliche Unbilligkeit: Eine Einhebung der Abgabenschuld hätte unweigerlich den Konkurs des Beschwerdeführers zur Folge. Zumindest wäre der Beschwerdeführer gezwungen, sein Unternehmen aufzugeben. Er hätte schier keine Einnahmequelle mehr und dadurch würde ein nicht gut zu machender Schaden entstehen, der wie bereits erwähnt die Existenz gefährden und letztendlich in einer Zwangsversteigerung enden würde. Der Beschwerdeführer habe somit einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände dargelegt, die eine Nachsicht rechtfertigen würden.

Weiters beantragte der Beschwerdeführer bis zur Entscheidung über die Nachsicht die Aussetzung der Einhebung.

Mit Bescheid vom hat das Finanzamt Innsbruck den Antrag auf Nachsicht abgewiesen.

Begründend führte das Finanzamt Innsbruck im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe keine Einkommensteuererklärung 2015 übermittelt. Aufgrund der Nichtabgabe der Erklärung sei die Besteuerungsgrundlage gemäß § 184 BAO im Schätzungswege ermittelt worden. Die Einkommensteuer sei mit Bescheid vom mit € 46.383,00 festgesetzt worden. Dagegen habe der Beschwerdeführer Beschwerde erhoben und die Einkommensteuererklärung 2015 nachgereicht. Die Erklärung sei mittels Beschwerdevorentscheidung erklärungsgemäß veranlagt worden, daraus habe sich eine Nachforderung in Höhe von € 8.340,00 ergeben. Mit Einkommensteuerbescheid 2016 vom sei die Einkommensteuer in Höhe von € 39.117,00 festgesetzt worden, in diesem Veranlagungsjahr habe der Beschwerdeführer unter anderem Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von € 92.099,32 erzielt. Zudem seien die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2018 mit € 42.637,00 festgesetzt worden. Der Abgabepflichtige habe lediglich die laufenden Umsatzsteuervoranmeldungen entrichtet, die festgesetzte Einkommensteuer 2015, 2016 und die Einkommensteuervorauszahlungen für 2018 würden zurzeit nicht beglichen.

Nach Darstellung des Inhaltes des Antrags vom führte das Finanzamt Innsbruck weiter aus, der Beschwerdeführer habe im Zuge des Nachsichtsverfahren ein Vermögensverzeichnis vorgelegt, aus welchem Folgendes ersichtlich sei:

Er sei Eigentümer von vier Wohnungen in B, diese seien mit zahlreichen Pfandrechten bereits belastet.


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Lasten
Pfandrechte
 
Wohnung1
Time-Sharing Verträge
Pfandrecht C
iHv € 50.000,00
Pfandrecht Republik Österreich
iHv € 101.845,27
Wohnung2
Time-Sharing Verträge
Pfandrecht C
iHv € 50.000,00
Pfandrecht Republik Österreich
iHv € 101.845,27
Wohnung3
Time-Sharing Verträge
Pfandrecht C
iHv € 50.000,00
Pfandrecht Republik Österreich
iHv € 101.845,27
Wohnung4
 
Pfandrecht D
iHv ATS 1,000.000,00
 

Zudem habe der Antragsteller einen gebrauchten X-Kfz geleast.

Schulden:


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Sozialversicherung (Pension bereits gepfändet)
€ 8.158,77
Time-Sharing Verträge
Siehe oben
X-Bank
€ 23.201,21
Finanzamt Innsbruck
€ 126.273,64
Finanzamt für Gebühren
€ 157.764,43

Der Beschwerdeführer würde eine Pension von der SVA iHv € 1.481,79 beziehen.

Im Zeitpunkt der Bescheiderlassung habe der fällige Abgabenrückstand € 138.019,32 betragen.

Nach Darstellung der Rechtslage und allgemeinen Ausführungen zur erhöhten Mitwirkungspflicht sowie zu Voraussetzungen der sachlichen und persönlichen Unbilligkeit führte das Finanzamt Innsbruck aus, im vorliegenden Fall sei eine sachliche Unbilligkeit nicht behauptet worden.

Das Vermögen sei mit zahlreichen Pfandrechten belastet. Zudem habe der Beschwerdeführer weitere Schulden, insbesondere bei der X-Bank, bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft und beim Finanzamt für Gebühren. Es würde keine persönliche Unbilligkeit vorliegen, wenn die finanzielle Situation des Abgabenpflichtigen so schlecht ist, dass auch die Gewährung der beantragten Nachsicht keinen Sanierungseffekt hätte. Die weiteren Verbindlichkeiten seien so hoch, dass der Sanierungseffekt bei einer bewilligten Nachsicht zu verneinen sei. Des Weiteren würden durch eine mögliche Nachsicht der Abgabenschuldigkeiten die anderen Gläubiger bevorzugt. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei die persönliche Unbilligkeit der Einhebung zu verneinen, käme die Nachsicht nur anderen Gläubigern zugute. Der Beschwerdeführer sei verpflichtet, alle Gläubiger gleich zu behandeln. Würden alle Gläubiger annähernd gleich hohe Nachlässe gewähren, könne sich eine (teilweise) Nachsicht als zweckmäßig erweisen. Es sei im Nachsichtsantrag jedoch um Nachsicht des gesamten Abgabenrückstandes ersucht worden. Da ein gänzlicher Forderungsverzicht aller betroffenen Gläubiger nicht aktenkundig sei, sei diese von der Rechtsprechung geforderte Gleichbehandlung nicht gegeben. Eine Gleichbehandlung bezüglich der Tilgung der Verbindlichkeiten würde ebenso nicht stattfinden. Beispielsweise würden die Verbindlichkeiten der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft getilgt. Aufgrund des fehlenden Sanierungseffektes und der Gläubigerungleichbehandlung sei die persönliche Unbilligkeit zu verneinen. Da in streitgegenständlichen Fall weder eine persönliche noch eine sachliche Unbilligkeit der Abgabeneinhebung vorliegen würde, sei für eine Ermessensübung seitens der Abgabenbehörde kein Raum. Diesfalls wäre jedenfalls zu berücksichtigen, dass die zur Verfügung stehender Mittel trotz offener Abgabenschuldigkeiten anderweitig verbraucht würden und dass keine Vorsorge für die fristgerechte und vollständige Abgabenentrichtung getroffen worden sei, obwohl eine solche Vorsorge möglich gewesen wäre.

Ebenfalls mit Bescheid vom hat das Finanzamt Innsbruck den Antrag auf Aussetzung der Einhebung zurückgewiesen.

Gegen den Bescheid betreffend Abweisung des Antrages auf Nachsicht der Abgabenschuld richtet sich die Beschwerde vom , mit welcher vorgebracht wurde, dass die persönliche Unbilligkeit seitens der Behörde verneint worden sei. Dagegen richte sich gegenständliche Beschwerde. Es sei wohl unbestritten, dass die Abstattung der Abgabenschuld nur durch die Veräußerung der Liegenschaften Wohnung1, Wohnung2 und Wohnung3 möglich sei. Da dadurch dem Beschwerdeführer die Geschäftsgrundlage entzogen würde, wäre dies mit seinem wirtschaftlichen Untergang gleichbedeutend. Dieser Vorgang würde unzweifelhaft zu einer anormalen Belastungswirkung führen, die den Voraussetzungen des § 136 BAO – außergewöhnlich und das Abgabengesetz nicht vorsehend – entsprechen würde. Die Wohnung Wohnung4 (Anteil xxx) sei im Jahr 1984 an die Familie D verkauft, jedoch seitens der Grundbuchsbehörde nicht genehmigt worden. Die Familie D sei wohl außerbücherlicher Eigentümer der Wohnung, zivilrechtlich nur durch das Pfandrecht von ATS 2.000.000,00 abgesichert. Ein Nachlass dieser Forderung sei in diesem Fall ausgeschlossen. Entgegen der Meinung der Behörde sei der Sanierungseffekt unzweifelhaft gegeben, da insgesamt ca. 90% der Gesamtschulden wegfallen würden. Die Time-Sharing Verträge würden derzeit noch Einnahmen erbringen, die bei einem Konkurs wegfallen und andererseits den Wert der Wohnungen bei einer Versteigerung stark reduzieren würden. Ein Nachlass von Sozialversicherungsbeiträgen würde das Sozialversicherungsgesetz nicht vorsehen, sodass schlussendlich nur die Verbindlichkeit der X-Bank verbleiben würde, die nur 7,4% der aufgelisteten Schulden im Bescheid des Finanzamtes Innsbruck ausmachen würde. Auch ein gänzlicher Wegfall der Bankschuld – X-Bank (ca. 7,4%) würde den vom Finanzamt geforderten Sanierungseffekt nicht erbringen und daher nicht Voraussetzung für die Stattgabe des Antrags sein. Daher sei unzweifelhaft die vom Gesetzgeber geforderte persönliche Unbilligkeit gegeben, sodass ersucht wird, dem Antrag auf Nachsicht stattzugeben.

Mittlerweile sei mit Zl. ein Exekutionsantrag (hauptsächlich yyy) zugunsten der Republik Österreich bewilligt worden, der eine Kreditaufnahme zur Abstattung der Abgabenschuld bei allen Banken, nach Aussage des Beschwerdeführers, unmöglich machen würde.

Unterdessen sei der Abgabenrückstand auf € 138.943,46 angestiegen. Es sei zu befürchten, dass eine zwangsweise Einbringung seitens der Behörde den Konkurs des Beschwerdeführers nach sich ziehen würde, sodass beantragt wird, die Abgabenschuld gemäß § 212a BAO auszusetzen.

Auch wird ersucht, die endgültige Erledigung des Antrages über € 157.764,43 auf Nachsicht beim Finanzamt für Gebühren abzuwarten.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom hat das Finanzamt Innsbruck die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und begründend nach Darstellung des bisherigen Verwaltungsgeschehens und der Rechtslage ausgeführt, dass im gegenständlichen Verfahren neben den Abgabenschuldigkeiten gegenüber dem Finanzamt Innsbruck insbesondere auch Verbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt für Gebühren, der X-Bank und der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft bestehen würden. Auch sei das Vermögen des Beschwerdeführers mit erheblichen Pfandrechten belastet.

Aus Sicht der Finanzverwaltung werde der Sanierungsbedarf des Beschwerdeführers nicht bestritten. Allerdings sei auf die ständige VwGH-Rechtsprechung zu verweisen, wonach eine Unbilligkeit der Abgabeneinhebung dann nicht anzunehmen sei, wenn sich die finanzielle Situation des Abgabenschuldners so schlecht darstellt, dass auch die Gewährung der Nachsicht keinen Sanierungseffekt hätte. Im Hinblick auf eine persönliche Unbilligkeit der Einhebung der Abgabe würde der Beschwerdeführer lediglich vorbringen, dass die Abstattung der Abgabenschuld nur durch Veräußerung von Liegenschaften möglich sei und ihm dadurch die Geschäftsgrundlage entzogen würde, was seinem wirtschaftlichen Untergang gleichkäme. Eine nähere Konkretisierung oder das Vorlegen von Beweisen für diese bloßen Behauptungen sei unterblieben, wodurch der Beschwerdeführer seiner Behauptungs- und Beweislast nicht nachgekommen sei bzw. das Vorliegen dieser nicht glaubhaft dargelegt habe. Auch könne das in der Beschwerde angeführte Vorbringen, dass mit der Nachsicht der Abgabenschuldigkeiten ca. 90% der Gesamtschulden wegfielen, nicht als korrekt angesehen werden, da im selben Schriftsatz der Abgabenrückstand beim Finanzamt für Gebühren mit € 157.764,43 beziffert werde. Durch die begehrte Nachsicht der Abgabenschuldigkeiten würden lediglich die anderen Gläubiger bevorzugt werden. Eine persönliche Unbilligkeit sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verneinen, wenn eine Nachsicht nur anderen Gläubigern zu Gute käme. Der Beschwerdeführer sei verpflichtet, alle Gläubiger gleich zu behandeln. Würden alle Gläubiger gleich hohe Nachlässe gewähren, könne sich eine (teilweise) Nachsicht als zweckmäßig erweisen. Im vorliegenden Fall sei jedoch einerseits eine vollständige Nachsicht beantragt und andererseits keinerlei Nachweis dafür erbracht worden, dass und ob andere Gläubiger Nachlässe im selben Ausmaß gewähren. Auch hier sei der Beschwerdeführer seiner Behauptungs- und Beweislast nicht nachgekommen. Von einer einwandfreien Darlegung von Gründen, die unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen von Umständen darlegen, die eine Nachsicht aus den Gründen persönlicher Unbilligkeit rechtfertigen, könne keine Rede sein. Eine Differenzierung zwischen Abgabenschulden und anderen Verbindlichkeiten sei ausgeschlossen, zumal diese Ungleichbehandlung von Gläubigern einseitig zu Lasten des Staates gehen würde. Im Übrigen habe der VwGH wiederholt dargetan, eine Nachsicht könne im Rahmen des im § 236 Abs. 1 BAO eingeräumten Ermessen, wenn eine Unbilligkeit gegeben ist, nicht im für den Beschwerdeführer positiven Sinne gewährt werden, wenn sie ausschließlich zu Lasten der Finanzverwaltung und zu Gunsten anderer Gläubiger ginge. Zu berücksichtigen wäre im Rahmen des Ermessens zudem, wenn keine Vorsorge für die fristgerechte und vollständige Abgabenentrichtung getroffen wurde. Da es sich bei den streitgegenständlichen Abgaben um Einkommensteuern handeln würde, sei jedenfalls davon auszugehen, dass nicht entsprechend vorgesorgt wurde. Sohin würde das Tatbestandsmerkmal der Unbilligkeit nicht vorliegen. Eine Ermessensentscheidung im Rahmen des § 236 BAO sei daher ausgeschlossen. Da die gemäß § 236 Abs. 1 BAO vorgesehene Voraussetzung, nämlich das Vorliegen einer Unbilligkeit der Einhebung, nicht gegeben sei, sei die Beschwerde aus Rechtsgründen abzuweisen.

Ebenfalls mit Bescheid vom hat das Finanzamt Innsbruck den Antrag auf Aussetzung der Einhebung vom zurückgewiesen.

Mit Vorlageantrag vom beantragte der Beschwerdeführer, die Beschwerde vom an das Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.

Begründend wurde ergänzend ausgeführt, der Beschwerdeführer habe neben fälligen Verbindlichkeiten an das Finanzamt Innsbruck auch noch fällige Verbindlichkeiten an das Finanzamt für Gebühren und die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft. Aus dem wirtschaftlichen Ergebnis der Vermietung und der Alterspension würden die aufgelaufenen Abgabenschulden nicht mehr abgestattet werden können. Da aus den derzeit zur Verfügung stehenden Einkünften - ohne Verschleuderung bzw. Veräußerung von Vermögenschaften - unbestritten persönliche Unbilligkeit vorliegen würde, werde entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung die Nachsicht die einzige Möglichkeit sein, dem Unternehmen das wirtschaftliche Überleben d.h. ohne Konkurs zu sichern. Aus dem Vermögensverzeichnis zum seien nur fällige Verbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt, dem Finanzamt für Gebühren und der Sozialversicherung aufgelistet. Das Geschäftskonto (Kontokorrent) bei der X-Bank, über das die Einnahmen und Ausgaben der Gästevermietung und die Time-Sharing Vorschreibungen (Jahresvorschreibung für Betriebskosten) abgewickelt würden, würde sich in einer Bandbreite von +/- 0,- bis maximal € 25.000,00 Überzug bewegen. Die laufenden Abgaben wie Umsatzsteuer bzw. Lohnabgaben würden laufend und termingerecht entrichtet. Eine Erhöhung/Ausweitung des Rahmens sei seitens der Bank wegen der erfolgten Eintragung der Republik Österreich ins Grundbuch abgelehnt worden. Entgegen der Ansicht der Behörde würden durch eine Nachsicht keine anderen Gläubiger bevorzugt werden. Die Vorlage von weiteren Beweisen würde sich wohl daher erübrigen.

Derzeit werde die Auszahlung der monatlichen Pension wie folgt gepfändet:
Finanzamt Innsbruck € 213,79 und Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (Ratenzahlung) € 168,00, sodass dem Beschwerdeführer nur mehr € 1.120,00 zum Leben verbleiben würden.

Rechtslage und Erwägungen:

Gemäß § 236 Abs. 1 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.

Nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung ist es im Nachsichtsverfahren Sache des Nachsichtswerbers, im Sinne der ihn treffenden Mitwirkungspflicht einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf die die Nachsicht gestützt werden kann (z.B. ).

Der Beschwerdeführer macht ausschließlich das Vorliegen einer persönlichen Unbilligkeit geltend.

Gemäß § 2 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Unbilligkeit der Einhebung im Sinn des § 236 BAO, BGBl. II Nr. 435/2005, liegt eine persönliche Unbilligkeit insbesondere vor, wenn die Einhebung
1. die Existenz des Abgabepflichtigen oder seiner ihm gegenüber unterhaltsberechtigten Angehörigen gefährden würde;
2. mit außergewöhnlichen wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, etwa wenn die Entrichtung der Abgabenschuldigkeit trotz zumutbarer Sorgfalt nur durch Vermögensveräußerung möglich wäre und dies einer Verschleuderung gleichkäme.

Eine persönliche Unbilligkeit ergibt sich aus der wirtschaftlichen Situation des Antragstellers. Sie besteht bei einem wirtschaftlichen Missverhältnis zwischen der Einhebung der Abgabe und den im Bereich des Abgabepflichtigen entstehenden Nachteilen. Allerdings bedarf es zur Bewilligung einer Nachsicht aus persönlichen Gründen nicht unbedingt der Gefährdung des Nahrungsstandes, der Existenzgefährdung, besonderer finanzieller Schwierigkeiten und Notlagen, sondern es genügt, dass die Abstattung der Abgaben mit wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, die außergewöhnlich sind. Jedoch stellen Einbußen an vermögenswerten Interessen, die mit Abgabenleistungen allgemein verbunden sind und die jeden gleich berühren können, keine Unbilligkeit dar. Dazu müsste es jedenfalls zu einer anormalen Belastungswirkung und verglichen mit ähnlichen Fällen, zu einem atypischen Vermögenseingriff kommen ().

Wie sich aus der oben dargestellten Vermögensaufstellung ergibt, sind die vier gegenständlichen Wohnungen mit umfangreichen Pfandrechten hinsichtlich verschiedener Pfandgläubiger (Republik Österreich, C, D) belastet. Neben den hier zu StNr. 456 gegenständlichen Abgabenschulden von derzeit € 151.931,34 bestehen weiters ein Rückstand auf dem Abgabenkonto des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glückspiel, StNr. 123, in Höhe von € 157.764,43 sowie Schulden bei der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft, der X-Bank und aus Time-Sharing-Verträgen. Wie im Vorlageantrag ausgeführt, bewegt sich der Kontostand auf dem Geschäftskonto des Beschwerdeführers zwischen „+/- 0“ und einem Überzug von maximal € 25.000,00.

Dem steht nach dem Vorbringen im Vorlageantrag eine auf den Betrag von € 1.120,00 gepfändete Pensionszahlung gegenüber.

Im Hinblick auf diese wirtschaftliche Situation des Beschwerdeführers kann dem Finanzamt Innsbruck daher nicht entgegengetreten werden, wenn es im angefochtenen Bescheid davon ausgeht, dass eine Unbilligkeit hier nicht gegeben ist, weil die finanzielle Situation des Beschwerdeführers so schlecht ist, dass auch die Gewährung der beantragten Nachsicht keinen Sanierungseffekt hätte und an der Existenzgefährdung nichts änderte (vgl. z.B. ).

Aber selbst wenn man davon ausgehen würde, dass die Nachsicht einen Sanierungseffekt nach sich ziehen würde, könnte dem Nachsichtsansuchen nicht gefolgt werden:

Für eine allfällige Ermessensübung wäre nämlich auch zu bedenken, dass die gegenständliche Abgabennachforderung zu einem überwiegenden Teil aus den Veranlagungen der Einkommensteuer für 2015 (€ 39.251,72 +€ 8.340,00), 2016 (€ 39.117,00) und 2017 (€ 6.475,00), welchen Einkommen von € 132.478,79 (2015), € 104.967,04 (2016) und € 34.461,12 (2017) zugrunde liegen, sowie aus den bislang nicht entrichteten Einkommensteuervorauszahlungen für 01-03/2018, 04-06/2018, 07-09/2018 (jeweils € 10.659,00) und 10-12/2018 (€ 10.660,00) resultiert. Für das Jahr 2018 wurde bis dato keine Veranlagung zur Einkommensteuer durchgeführt.

Im Hinblick auf die Höhe der erzielten Einkommen ist daher bei einer Ermessensübung zu berücksichtigen, ob für die fristgerechte und vollständige Abgabenentrichtung entsprechende Vorsorge getroffen wurde. Nach dem Vermögensverzeichnis vom hat der Beschwerdeführer kein Privatvermögen.

In der Beschwerdevorentscheidung wurde dazu ausgeführt, dass es sich bei den streitgegenständlichen Abgaben um Einkommensteuern handeln würde, weshalb jedenfalls davon auszugehen sei, dass nicht entsprechend vorgesorgt wurde. Der Beschwerdeführer hat dieser als Vorhalt geltenden Sachverhaltsdarstellung (vgl. z.B. ) nicht widersprochen. Es wäre dem Beschwerdeführer unbenommen geblieben, der Feststellung der belangten Behörde durch Vorlage entsprechender Sachbeweise entgegen zu treten.

Schließlich ist auch darauf zu verweisen, dass der Beschwerdeführer neben den fälligen und vollstreckbaren Abgabenansprüchen nach seinen eigenen Angaben noch weitere Verbindlichkeiten hat. Zu den durch Pfandrechte belasteten Wohnungen hat sich der Beschwerdeführer nur insoweit geäußert, als hinsichtlich der Wohnung Wohnung4 ein Nachlass der Forderung (laut Vermögensverzeichnis zum : Schulden ATS 1,000.000,00) ausgeschlossen sei. Damit würde sich aber die Gewährung einer allfälligen Nachsicht zugunsten der Pfandgläubiger auswirken. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (z.B. ) spricht genau dieser Umstand, dass sich eine allfällige Nachsicht nur zu Gunsten anderer Gläubiger auswirken würde, gegen die Gewährung einer Nachsicht (vgl. ).

Da somit die Voraussetzungen für die beantragte Nachsicht im Sinne des § 236 BAO nicht vorliegen, erging der angefochtene Bescheid zu Recht, weshalb die Beschwerde als unbegründet abzuweisen war.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht folgte bei der Entscheidung, ob Billigkeitsgründe für die Gewährung einer Abschreibung im Sinne des § 236 BAO vorliegen, der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur. Eine Revision ist daher nicht zulässig.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 236 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 2 Unbilligkeit der Einhebung im Sinn des § 236 BAO, BGBl. II Nr. 435/2005
Schlagworte
Nachsicht
Unbilligkeit der Einhebung
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.3100619.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at