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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.01.2020, RV/1100096/2017

AfA - Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK  

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. W in der Beschwerdesache Hr. und Fr. Bf., Gde X, A-Straße-xx, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes X, Gde X, S-Straße-xy, vom betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961 idgF, für das Jahr 2013 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
 

Gemäß § 101 Abs. 3 BAO sind schriftliche Ausfertigungen, die in einem Feststellungsverfahren an eine Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit gerichtet sind (§ 191 Abs. 1 lit. a und c BAO), einer nach § 81 BAO vertretungsbefugten Person zuzustellen. Mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an diese Person gilt die Zustellung an alle Mitglieder der Personenvereinigung oder Personengemeinschaft als vollzogen.
 

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Hr. Bf. war auf Grund des Ergebnisses der Zwangsversteigerung vom (abcde des BG Y; Meistbot von 268.500,00 €) Alleineigentümer der (gesamt 464 m2 großen) Liegenschaft in EZ defg (Grundbuch ghijk Z) mit GSt.Nr. xxy und yyx und der Grundstücksadresse "N-Straße-zz, GDe Z". Mit notariellem Schenkungsvertrag vom hat Hr. Bf. einen Hälfteanteil der vorbezeichneten Liegenschaft seiner Ehegattin Fr. Bf. geschenkt und übergeben.

Mit bei der Abgabenbehörde am elektronisch eingelangter Erklärung der Einkünfte von Personengesellschaften/-gemeinschaften 2013 haben die Beschwerdeführer ( in der Folge kurz: Bf.) im Hinblick auf die oben bezeichnete Liegenschaft negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung iHv 610,75 € erklärt. Dabei machten die Bf. ua. unter dem Titel "Absetzung für Abnutzung (AfA) - (Kennzahl 9500)" Werbungskosten im Betrage von 4.571,00 € geltend; diese AfA ermittelten sie wie folgt:


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Anschaffungskosten gesamt
abzüglich Anteil Grund und Boden (20%)
268.500,00 €
- 53.700,00 €
Anschaffungskosten Gebäude
214.800,00 €
Restnutzungsdauer (47 Jahre)
2,128%
AfA jährlich
4.571,00 €

Im Rahmen eines abgabenbehördlichen Vorhalteverfahrens (vgl. Ergänzungsersuchen vom ) legten die Bf. das Verkehrswertschätzungsgutachten des allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen DI T. B. vom , Unterlagen betreffend Kreditaufnahme bei der X-Bank X, den notariellen Schenkungsvertrag vom sowie Mietvereinbarungen vor und gaben dazu noch an, dass sich die der Ermittlung der gegenständlichen AfA zugrundegelegte Restnutzungsdauer von 47 Jahren aus dem beiliegenden Gebäudegutachten ergebe und ab 2014 steuerliche Überschüsse erwartet würden.

Das Finanzamt X stellt in der Folge mit Bescheid vom die Einkünfte der Bf. aus Vermietung und Verpachtung für das Beschwerdejahr gemäß § 188 BAO mit 738,25 € fest. Begründend führte es dabei aus, dass das vorgelegte Bewertungsgutachten nicht nach ertragsteuerlichen Bewertungsgrundlagen durchgeführt worden sei, sondern lediglich der Gebührenbemessung diene. Bei Gebäuden bestehe im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ein gesetzlich festgelegter Prozentsatz von 1,5%, was einer Nutzungsdauer von 66,6 Jahren entspreche. Die jährliche AfA betrage somit 3.222,00 € (214.800,00 € x 1,5%).

In der gegen diesen Feststellungsbescheid 2013 mittels FinanzOnline erhobenen Beschwerde vom (eingelangt am ) wandten sich die Bf. gegen den angewandten AfA-Satz von 1,5% und brachten dazu vor, dass der gerichtlich beeidete Sachverständige DI B. in seinem Gutachten die Liegenschaft nach dem Liegenschaftsbewertungsgesetz bewertet habe. Aus dem Gutachten und ebenso aus dem objektiv erkennbaren Zustand des Gebäudes gehe eine deutlich verkürzte

Restnutzungsdauer hervor. Das erstellte Gutachten habe keineswegs nur den Zweck der Gebührenbestimmung verfolgt, sondern habe der Ermittlung des Verkehrswertes zur gerichtlichen Versteigerung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens des Vorbesitzers gedient. Es sei somit nach der allgemeinen Verkehrsauffassung nicht davon auszugehen, dass hier eine besonders niedrige Restnutzungsdauer ermittelt werden sollte, sondern für einen potentiellen Käufer eher das Gegenteil. Somit sei die "Betrachtung" aus Sicht des Ertragswertes sicherlich gegeben.

Nach Ergehen des abweisenden Bescheides über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO (Beschwerdevorentscheidung gemäß § 262 BAO) für das Jahr 2013 vom [die Abweisung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass im Gutachten (DI B.) zwar Mängel beschrieben worden seien, ob und welche Auswirkungen diese im Einzelnen auf die Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes gehabt haben, sei allerdings nicht dargestellt worden. Es sei einfach von einer fiktiven Gesamtnutzungsdauer das Alter des Gebäudes in Abzug gebracht worden. Das vorgelegte Gutachten sei somit für den Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer nicht geeignet] erhoben die Bf. dagegen mit als Vorlageantrag zu wertendem Anbringen (FinanzOnline) vom (eingelangt am ) Beschwerde; dabei erklärten die Bf., dass sie bereits einen gerichtlich beeideten Gutachter beauftragt hätten, das Gebäude vor Ort zu besichtigen, und dass ein entsprechendes Gutachten im Jänner 2016 nachgereicht werde.

Mit Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens vom (in diesem Zusammenhang wird auch auf den diesbezüglich ergangenen Zurückweisungsbescheid vom verwiesen) legten die Bf. in der Folge das (im Vorlageantrag angesprochene) Gutachten zum Zweck der Festsetzung der Restnutzungsdauer von Ing. N. R. (Baumeister und allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger) vom vor, wonach der Gutachter eine verkürzte Restnutzungsdauer von 51 Jahren (entspricht einem AfA-Satz von 1,961%) ermittelte.

Mit Vorlagebericht vom wurde die im Spruch genannte Beschwerde schließlich - wie den Bf. auch mitgeteilt wurde - dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt. In Erwiderung zu diesem (zweiten) Gutachten von Bmst. Ing. R. führte das Finanzamt im Wesentlichen Nachstehendes aus:

" Im nunmehr vorgelegten Gutachten vom wird grundsätzlich auf bauliche Schwachstellen des Gebäudes eingegangen und als Stichtag der Zeitpunkt des Erwerbs der Liegenschaft mit angenommen. Ausgehend von der im Nutzungskatalog 2006 des SV Verbandes Steiermark und Kärnten angegebenen üblichen Lebensdauer verschiedener Gebäudeteile wird eine Reduktion der Nutzungsdauer des gesamten Gebäudes aufgrund des Zustands dieser mangelhaften Gebäudeteile berechnet. Nach Addition der sich aus den Mängeln der einzelnen Gebäudeteile ergebenden Nutzungsdauerreduktionen des gesamten Gebäudes ergibt sich eine gesamte Nutzungsdauerreduktion von 16 Jahren, welche von der

§ 16 Abs. 1 Z 8 lit. d EStG zugrundeliegenden Nutzungsdauer von rund 67 Jahren in Abzug gebracht wird. Daher errechnet der Gutachter eine verkürzte Restnutzungsdauer von 51 Jahren.
Das Gutachten vom geht zwar auf den konkreten Bauzustand des Gebäudes ein. Es wird jedoch von einer angenommenen Lebensdauer bestimmter Gebäudeteile und einem Baukostenanteil dieser Gebäudeteile der Anteil an der Nutzungsdauer des gesamten Gebäudes berechnet und daraus auf die Reduktion der Nutzungsdauer des gesamten Gebäudes in Jahren geschlossen. Diese Rechenoperation bzw. die daraus gezogenen Schlüsse werden im Gutachten nicht schlüssig und nachvollziehbar dargelegt. Zudem beruht die Reduktion der Nutzungsdauer wiederum auf einer fiktiven Annahme der gewöhnlichen Nutzungsdauer verschiedener Gebäudeteile. Die folgende Addition der berechneten Nutzungsdauerreduktionen und der anschließende Abzug dieser gesamten Nutzungsdauerreduktion von der vom Gesetz angenommenen Nutzungsdauer sind ebenfalls nicht nachvollziehbar. Insgesamt wird nicht schlüssig dargelegt, inwiefern die vorhandenen Mängel des Gebäudes eine Nutzungsdauer von 51 nicht jedoch 66,7 Jahren zulassen. Das Gutachten erbringt daher nicht den für das Ansetzen einer höheren als der gesetzlich vorgesehene AfA erforderlichen Nachweis, dass das Gebäude aufgrund des konkreten Bauzustandes nicht für 66,7 Jahre seit dem Erwerb genutzt werden kann."

Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat über die Beschwerde erwogen:

Feststellungsbescheid 2013 - Nutzungsdauer:

Strittig ist, ob die Bf. im Hinblick auf das in Rede stehende Mietobjekt in GDe Z (Wohn- und Geschäftshaus "N-Straße-zz") den Nachweis für eine kürzere als die gesetzlich vorgesehene Nutzungsdauer von rund 67 Jahren (entspricht einem Afa-Satz von 1,5%) erbracht haben.

Wie im Verfahrensgang dargestellt, legten die Bf. zum Nachweis einer (kürzeren) Nutzungsdauer zwei Gutachten vor. Während im (ersten) Gutachten "B." zwecks Festlegung des Verkehrswertes der gegenständlichen Liegenschaft zum Bewertungsstichtag () im Rahmen des oben angesprochenen Zwangsversteigerungsverfahren (Auftraggeber des Gutachtens: BG Y) die Restnutzungsdauer des gegenständlichen Mietobjektes mit 47 Jahren (entspricht einem Afa-Satz von 2,128%) insofern ermittelt wird, als von der angenommenen gewöhnlichen Gesamtnutzungsdauer (80 Jahre) das Alter des Gebäudes zum Bewertungsstichtag (2012-1979: 33 Jahre) abgezogen wird, wird im (zweiten) über Auftrag der Bf. zum Stichtag erstellten Gutachten "R." zum Zweck der Festsetzung der Restnutzungsdauer ausgehend von der gesetzlich vorgegebenen Nutzungsdauer von 67 Jahren und unter Abzug einer Nutzungsdauerreduktion von gesamt 16 Jahren eine verkürzte Restnutzungsdauer von 51 Jahren (entspricht einem Afa-Satz von 1,961%) ermittelt.
 

Vorab sei erwähnt, dass sich das Finanzgericht grundsätzlich den Sachverhaltsdarstellungen, Überlegungen und Einschätzungen der Abgabenbehörde, welches die beiden Gutachten nicht als taugliche Beweismittel zum Nachweis der kürzeren Nutzungsdauer beurteilt, anschließt und auf die diesbezüglichen Ausführungen des Finanzamtes in der gegenständlichen Beschwerdevorentscheidung wie auch im Vorlagebericht verweist.

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskoten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Aufwendungen oder Ausgaben für den Erwerb oder Wertminderung von Wirtschaftsgütern sind nur insoweit als Werbungskosten abzugsfähig, als dies im Folgenden ausdrücklich zugelassen ist. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.

Nach § 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1988 (in der für die Streitjahre geltenden Fassung) sind Werbungskosten auch Absetzungen für Abnutzung und für Substanzverringerung (§§ 7 und 8). Gehört ein Gebäude oder ein sonstiges Wirtschaftsgut nicht zu einem Betriebsvermögen, so gilt für die Bemessung der Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung ua. Folgendes:

lit. e: "Bei Gebäuden, die der Erzielung von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung dienen, können ohne Nachweis der Nutzungsdauer jährlich 1,5% der Bemessungsgrundlage (lit a bis d) als Absetzung für Abnutzung geltend gemacht werden."

Mit dieser Vorschrift stellt das Gesetz die Vermutung im Sinne des § 167 Abs. 1 BAO auf, dass die Nutzungsdauer eines Gebäudes, das der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dient, 66 2/3 Jahre und nicht weniger beträgt. Diese Nutzungsdauer gilt in gleicher Weise für neu errichtete wie für im gebrauchten Zustand angeschaffte Gebäude.

Die kürzere Nutzungsdauer ist anlässlich des erstmaligen Ansatzes der AfA geltend zu machen. Es handelt sich um ein Wahlrecht, das in einem späteren Jahr nicht mehr geltend gemacht werden kann. Eine Änderung der Nutzungsdauer ist nur dann zulässig, wenn sich die Nutzungsverhältnisse grundlegend ändern.
Die AfA von 1,5% gilt für den Vermieter auch dann, wenn der Mieter das Gebäude zu einem Zweck verwendet, der nach § 8 Abs. 1 EStG 1988 einen höheren AfA-Satz zulässt.

Bei der Nutzungsdauer spricht das Gesetz weder von einer technischen noch von einer wirtschaftlichen Nutzungsdauer. Der Verwaltungsgerichtshof (vgl. zB ) versteht unter Nutzungsdauer iSd § 16 Abs. 1 Z 8 lit. e EStG 1988 die normale technische und wirtschaftliche Nutzungsdauer. Das Höchstgericht räumte bislang bei Mietgebäuden der technischen Nutzungsdauer den Vorrang ein; diese hängt bei einem neu errichteten Gebäude (Neubau) in erster Linie von der Bauweise ab, während bei einem erworbenen Gebäude (Altbau) der Bauzustand (der tragenden, nicht erneuerbaren Bauteile) im Zeitpunkt des Erwerbs relevant ist (vgl. ).

Bei alten Gebäuden, die in Massivbauweise errichtet sind, können auch Nutzungszeiten von (insgesamt) 200 und mehr Jahren gerechtfertigt sein; es entscheidet nicht das Alter, sondern der Bauzustand des Gebäudes (vgl. ).

Die Nutzungsdauer ist keine errechenbare, sondern nur eine im Schätzungswege feststellbare Größe. Die Beweislast für die Widerlegung dieser gesetzlich normierten Vermutung mit der Behauptung des Vorliegens einer kürzeren (Rest-)Nutzungsdauer trifft den Steuerpflichtigen, wobei ein solcher Beweis im Regelfall durch die Vorlage eines Sachverständigengutachtens zu erbringen ist. Eine Aufforderung durch die Abgabenbehörde zur Erbringung eines solchen Nachweises bedarf es nicht. Wegen der vom Gesetzgeber aufgestellten Vermutung eines AfA-Satzes von 1,5% ist die Abgabenbehörde nicht gehalten, von sich aus Ermittlungen anzustellen, ob eine kürzere Nutzungsdauer des Gebäudes vorliegt (vgl. dazu Doralt, EStG13, § 16 Tz 159; Jakom/Lenneis EStG, 2015, § 16 Rz 42, und die dort zitierte VwGH-Judikatur; Zorn in Hofstätter-Reichel, EStG-Kommentar, § 16 Abs. 1 Z 8 Anm 7).
Ein Sachverständigengutachten unterliegt der freien Beweiswürdigung durch die Behörde. Die Behörde ist an das Gutachten nicht gebunden, doch hat sie im Fall des Abgehens zu begründen, weshalb sie das Gutachten für unrichtig erkennt.

Nach Ansicht des Finanzgerichtes sind die vorliegenden Gutachten nicht geeignet, den Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer als 67 Jahren des gegenständlichen Mietobjektes zu führen.
Abgesehen davon, dass das Gutachten "B." dem Zweck der Festlegung des Verkehrswertes diente, es auf einen falschen Bewertungsstichtag (bei erworbenen Gebäuden hängt die Restnutzungsdauer vom Bauzustand im Zeitpunkt des Erwerbs ab) erstellt wurde, diesem Gutachten ausdrücklich das Liegenschaftsbewertungsgesetz (LBG) zu Grunde gelegt wurde (vgl. Pkt. 4.1; aus dem Gesetzeswortlaut des § 1 LBG ist klar ableitbar, dass eine Anwendbarkeit des LBG für steuerliche Zwecke nicht erfolgen kann, was auch vom Verwaltungsgerichtshof mehrfach bestätigt wurde; siehe zB ; ) und die Ermittlung einer fiktiven Gesamtnutzungsdauer, von der das Alter des Gebäudes abgezogen wird (aus dem Baujahr bzw. dem Alter allein kann nicht auf die weitere Nutzungsdauer des Gebäudes geschlossen werden), keine taugliche Schätzungsgrundlage darstellt, stellt der Sachverständige DI B. im Hinblick auf die ermittelte Restnutzungsdauer konkret auch keinen Bezug zum zu bewertenden Objekt her. Er beschreibt das Gebäude und dessen Konstruktion (Streifenfundamente mit Betonbodenplatte, Stahlbetonkellerwände, Außen- und Innenwände aus Ziegelmauerwerk, Stahlbetonmassivdecken, Satteldach in Holkonstruktion, Flachdach in Beton, usw.), unterlässt es aber wie auch Bmst. Ing. R. in seinem (zweiten) Gutachten - abgesehen von den Ausführungen im Hinblick auf einzelne Baumängel bzw. bauliche Schwachstellen des Gebäudes - weitere hinreichende (exakte nachvollziehbare) Ausführungen betreffend die für die technische Lebensdauer

des Gebäudes bzw. insbesondere der tragenden, konstruktiven Bauteile relevanten Faktoren [Qualität der verwendeten Baustoffe, Dauerhaftigkeit des Rohbaus, Güte der Ausführung, die Qualität der Planung, der Statik und der Bauausführung, laufende Unterhaltung, äußere Einflüsse] samt entsprechender Schlussfolgerungen (nachvollziehbaren Bezug zwischen Befund und angesetzter Nutzungsdauer) und ziffernmäßiger Darstellung bzw. Berechnung der Nutzungsdauer vorzunehmen.

Weitere Gründe, die Schlüssigkeit des Gutachtens "R." anzuzweifeln, liegen darin, dass - wie die Abgabenbehörde zu Recht ausführt - der auf Grund einzelner Baumängel bzw. baulicher Schwachstellen des Gebäudes berechneten Nutzungsdauerreduktion fiktive Werte zugrunde gelegt wurden. Weiters spricht gerade die vorliegende, sich aus der Baubeschreibung des Gutachters DI B. erschließende Massivbauweise (Stahlbeton, Ziegelmauerwerk) des gegenständlichen Objektes (bei gutem Baugrund) für eine längere als die von den Bf. begehrte Nutzungsdauer bzw. von den Gutachtern angesetzte Gesamtnutzungsdauer. Nachdem sich die übliche, in angemessener Weise sowohl die (länger anzusetzende) technische als auch die (kürzer anzusetzende) wirtschaftliche Nutzungsdauer berücksichtigende Gesamtnutzungsdauer [die übliche Gesamtnutzungsdauer hängt wesentlich von der Bauart (Gebäudetype), von der Bauweise (Konstruktion und verwendete Baustoffe), der Nutzungsart sowie der technischen Entwicklung und den sich wandelnden Anforderungen an Gebäude des jeweiligen Typs ab] für massiv gebaute Wohngebäude mit Läden im Erdgeschoß beispielsweise nach Ross-Brachmann29, Ermittlung des Verkehrswertes von Grundstücken und des Wertes baulicher Anlagen, Seite 194, zwischen 80 und 100 Jahren bewegt, ist nicht nachvollziehbar, wenn der Gutachter bei Festlegung der verkürzten Restnutzungsdauer (fiktiv) ohne entsprechende Begründung von der gesetzlich vorgegebenen Nutzungsdauer von 67 Jahren ausgeht; in diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass schon DI B. in seinem Gutachten von einer (fiktiven) gewöhnlichen Gesamtnutzungsdauer von (zumindest) 80 Jahren ausgeht.

Gesamthaft gesehen ist im konkreten Fall der Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer nicht gelungen; nachdem die Abgabenbehörde - wie auch das Finanzgericht - nicht gehalten war, von sich aus Ermittlungen anzustellen, ob eine kürzere Nutzungsdauer vorliegt, war im Hinblick auf das gegenständliche Mietobjekt - der Vorgehensweise der Abgabenbehörde folgend - jährlich 1,5% der Bemessungsgrundlage als Absetzung für Abnutzung in Ansatz zu bringen.

Nach Ansicht des Finanzgerichtes können sich die Bf. mit der Vorgehensweise der Abgabenbehörde auch insofern nicht als beschwert erachten, als sich das Finanzamt im Übrigen der im Verfahrensgang dargestellten Ermittlung der AfA-Bemessungsgrundlage durch die Bf. angeschlossen hat. In diesem Zusammenhang war zu berücksichtigen, dass nach der im Beschwerdejahr geltenden Verwaltungspraxis (Rz 6447 EStR) bei Grundstücken, bei denen für das Gebäude ein AfA-Satz von 1,5% bzw. 2% (bei vor 1915 erbauten Gebäuden) angesetzt wurde, der Ansatz für den ausgeschiedenen Anteil für

Grund und Boden nach den allgemeinen Erfahrungen der Finanzverwaltung grundsätzlich mit pauschal 20% erfolgen konnte, sofern sich im konkreten Einzelfall keine Anhaltspunkte dafür ergaben, dass eine Schätzung in diesem Verhältnis zu einem nicht sachgerechten Ergebnis führte.
Abgesehen davon, dass das Finanzgericht in seiner Entscheidungsfindung grundsätzlich weder an Richtlinien noch an Erlässe der Finanzverwaltung gebunden wäre und außerdem die Finanzverwaltung diese pauschale Aufteilung (20 : 80) nur für die niedrigen AfA-Sätze tolerierte, wird im konkreten Fall durch diese pauschale Aufteilung ein solches sachgerechtes Ergebnis wohl auch nicht erzielt. Während dem angesetzten 20%igen Grund und Boden-Anteil (= 53.700,00 €) bei einer Gesamtgrundfläche von 464 m2 ein Quadratmeterpreis iHv 115,73 € zugrunde liegt, ist DI B. in seinem Verkehrswertgutachten im Rahmen seiner Grundwertberechnung von einem Quadratmeterpreis von 240,00 € ausgegangen, welcher auch - gerade unter Berücksichtigung der zentralen Lage der gegenständlichen erschlossenen Liegenschaft in Z - in entsprechenden Immobilienpreisspiegeln bzw. Grundstückspreisübersichten Deckung findet. Gegenständlich wäre daher wohl eine andere Aufteilung (idR hat eine Aufteilung nach dem Verhältnis der Verkehrswerte von Gebäude einerseits und Grund und Boden andererseits zu erfolgen) der Anschaffungskosten geboten und würde sich diese jedenfalls zu Ungunsten der Bf. auswirken.
 

Zulässigkeit der Revision:

Gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die ordentliche Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes uneinheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Beschwerdefall lag keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukam. Die im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfragen beschränkten sich einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen VwGH-Rechtsprechung beantwortet wurden und solche, welche im Gesetz eindeutig gelöst sind. Im Übrigen hing der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab.
 

Gesamthaft war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.1100096.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at