Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 08.01.2020, RV/5100952/2017

Nichterfüllung eines Mängelbehebungsauftrages

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. R in der Beschwerdesache AB, St.Nr. 000/0000, Adresse, vertreten durch Dr. V, Adresse_V, gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt FA vom betreffend Einkommensteuer 2014 und Umsatzsteuer 2014 beschlossen:

Die Beschwerden vom werden gemäß § 85 Abs. 2 iVm § 278 Abs. 1 lit. b BAO als zurückgenommen erklärt. 

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Nachdem der Beschwerdeführer (Bf) die ihm am zugesandten Abgabenerklärungen für das Jahr 2014 trotz Erinnerungen, Androhungen und Festsetzung einer Zwangsstrafe nicht eingereicht hatte, ergingen am der Einkommen- und Umsatzsteuerbescheid 2014. Die Besteuerungsgrundlagen wurden in beiden Bescheiden gemäß § 184 BAO im Schätzungswege ermittelt.

Fristgerecht erhob der Bf sowohl gegen den Einkommen- als auch gegen den Umsatzsteuerbescheid Beschwerde.

Gegen den Einkommensteuerbescheid wandte er ein, dass das Einkommen 2014 voraussichtlich negativ sein und gegebenenfalls zu Verlustvorträgen führen werde. Seiner Ansicht nach liege daher auch bei einer festgesetzten Steuer von Null eine Beschwer vor. Die Einkommensteuererklärung 2014 sei derzeit in Arbeit, habe aber wegen längerer Abwesenheit noch nicht abgeschlossen werden können. Mit der Fertigstellung sei binnen 14 Tagen zu rechnen.

Gegen den Umsatzsteuerbescheid brachte der Bf vor, dass dieser nach den tatsächlichen Verhältnissen erheblich vom festgesetzten Betrag von Null abweichen werde. Die Umsatzsteuererklärung 2014 sei derzeit in Arbeit, habe aber wegen längerer Abwesenheit noch nicht abgeschlossen werden können. Mit der Fertigstellung sei binnen 14 Tagen zu rechnen.

Mit Mängelbehebungsauftrag vom forderte das Finanzamt den Bf auf, seine mangelhaften Beschwerden gegen den Einkommen- und Umsatzsteuerbescheid 2014 durch eine Erklärung, in welchen Punkten die Bescheide angefochten und welche Änderungen beantragt würden sowie um eine Begründung zu ergänzen. Zur Behebung dieser Mängel räumte es ihm eine Frist bis ein und verwies darauf, dass die Beschwerde bei Versäumung dieser Frist als zurückgenommen gelte.

Der Bf übernahm den ihm mit Rsb-Brief zugestellten Mängelbehebungsauftrag am persönlich.

Da der Bf die Mängelbehebungsfrist ungenützt verstreichen ließ, erklärte das Finanzamt die Beschwerden gegen den Einkommen- und Umsatzsteuerbescheid 2014 mit Beschwerdevorentscheidungen vom irrtümlich als gegenstandslos (und nicht als zurückgenommen).

Gleichlautend wurde in beiden Beschwerdevorentscheidungen begründend ausgeführt, dass der Bf dem ihm laut Übernahmebestätigung vom zugestellten Mängelbehebungsauftrag innerhalb der Frist bis (Feiertag, daher gelte der ) nicht nachgekommen sei. Die Beschwerden gegen den Einkommensteuer- und Umsatzsteuerbescheid würden daher gemäß § 85 Abs. 2 BAO als zurückgenommen gelten und seien gemäß § 256 Abs. 3 BAO mit Beschwerdevorentscheidung als gegenstandslos zu erklären.

Der Bf stellte sowohl den Einkommen- als auch den Umsatzsteuerbescheid 2014 betreffend fristgerecht einen Vorlageantrag. Da er sich bis im Ausland aufhalte, ersuche er um Erstreckung der Frist zur Nachreichung einer inhaltlichen Begründung und zur Einreichung allfälliger Nachweise bis zum .

Rechtslage

Nach § 250 Abs. 1 BAO hat die Bescheidbeschwerde zu enthalten:
a) die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet;
b) die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird;
c) die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden;
d) eine Begründung.

Bevor daher mit der Sachverhaltsklärung begonnen werden darf, müssen die für eine Bescheidbeschwerde vorgesehenen Erfordernisse erfüllt sein.

Nach § 85 Abs. 2 BAO berechtigen Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.

Wird einem Mängelbehebungsauftrag überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder unzureichend entsprochen, hat die Zurücknahme der Beschwerde durch Beschwerdevorentscheidung (§ 263 Abs. 1 lit. b BAO) bzw. durch Beschluss (§ 278 Abs. 1 lit. b BAO) zu erfolgen (Ritz, BAO6, § 85 Tz 19c).

Selbst eine zwar verspätet, aber noch vor Erledigung der Abgabenbehörde bei dieser eingelangte Mängelbehebung stünde der Fiktion der Zurücknahme der Beschwerde nicht entgegen. Nach fruchtlosem Ablauf der zu bestimmenden Frist gilt die Beschwerde nämlich gemäß § 85 Abs. 2 BAO kraft Gesetzes als zurückgenommen. Der Eintritt dieser Folge wird durch verspätete Mängelbehebung nicht mehr beseitigt, weil das Gesetz dergleichen nicht vorsieht ().

Durch einen Bescheid, mit dem ausgesprochen wird, dass eine Beschwerde wegen Nichterfüllung oder nicht fristgerechter Erfüllung als zurückgenommen gilt, kann eine Rechtsverletzung vor allem dann erfolgen, wenn

-) die Beschwerde, bezüglich der ein Verbesserungsauftrag ergangen ist, keinen Mangel im Sinne des § 250 aufgewiesen hat;

-) ein unerfüllbarer Auftrag erteilt wurde;

-) ein unzulässiger (über die Erfordernisse des § 250 hinausgehender) Auftrag erteilt wurde;

-) die von der Abgabenbehörde bestimmte Frist nicht angemessen war;

-) die Mängel in objektiv zumutbarer Weise tatsächlich behoben wurden, die Behörde dies aber nicht zutreffend wahrgenommen hat oder

-) dem Behebungsauftrag im Ausmaß der getroffenen Anordnung Rechnung getragen wurde, die Zurücknahmeerklärung aber wegen tatsächlicher anderer Mängel im Sinne des § 250 ausgesprochen wird, die nicht vom Behebungsauftrag genannt werden (Stoll, BAO, 2703).

Nach § 108 Abs. 3 BAO werden Beginn und Lauf einer Frist durch Samstage, Sonntage oder Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.

Nach § 264 Abs. 1 BAO kann gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag).

Rechtzeitige und zulässige Vorlageanträge führen dazu, dass die Bescheidbeschwerde wieder als unerledigt gilt. Die Beschwerdevorentscheidung bleibt jedoch bis zur abschließenden Erledigung (z.B. durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes) im Rechtsbestand (Ritz, BAO6, § 264 Tz 3).

Im Gegensatz zur Beschwerde muss der Vorlageantrag nicht begründet werden (Ritz, BAO6, § 264 Tz 4, mit Verweis auf ).

Erwägungen

Im vorliegenden Fall enthielten die mit datierten Beschwerden des Bf gegen den Einkommensteuer- und Umsatzsteuerbescheid 2014, beide vom , keine Ausführungen, die den Anforderungen des § 250 Abs. 1 lit. b bis d BAO genügt hätten. Dem daraufhin zu Recht erteilten Auftrag, die Mängel bis zu beheben, entsprach der Bf trotz der darin enthaltenen Belehrung nicht.

Da der ein gesetzlicher Feiertag (Ostermontag) war, endete die Frist am nächsten Werktag, am .

Im Beschwerdefall war unstrittig, dass die Beschwerden die aufgezeigten Mängel im Sinne des § 250 BAO aufwiesen und diese Mängel bis zur gesetzten Frist nicht behoben wurden.

Die von der Abgabenbehörde bestimmte Frist war auch angemessen, weil der Bf in seinen Beschwerden vom erklärte, dass mit der Fertigstellung der Abgabenerklärungen innerhalb von 14 Tagen zu rechnen sei. Die von der Abgabenbehörde gesetzte Frist entsprach etwa der vom Bf selbst vorgegebenen Frist. Darüber hinaus behauptete der Bf auch nicht, dass die gesetzte Frist zu kurz bemessen gewesen wäre.

Die erteilten Aufträge waren weder unerfüllbar noch unzulässig und war auch kein anderer Grund erkennbar, der eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide zur Folge gehabt hätte.

Die Mängelbehebungsfrist lief mit Ende des ab.

Selbst wenn der Bf nach Ablauf der Mängelbehebungsfrist ein inhaltliches Vorbringen erstattet, Nachweise vorgelegt oder seine Steuererklärungen für 2014 eingereicht hätte, wäre dies jedenfalls verspätet erfolgt und nicht mehr geeignet gewesen, dem Mängelbehebungsauftrag zu entsprechen.

Da der Bf die Mängel der Beschwerden bis zum Ablauf der Mängelbehebungsfrist nicht behob, war damit die Rechtsfolge des § 85 Abs. 2 BAO eingetreten und waren die Beschwerden gegen den Einkommensteuer- und Umsatzsteuerbescheid 2014 spruchgemäß als zurückgenommen zu erklären.

Der Beschluss des Bundesfinanzgerichtes hatte die (automatische) Aufhebung der Beschwerdevorentscheidungen, mit welchen die Beschwerden gegen den Umsatz- und Einkommensteuerbescheid 2014 irrtümlich als gegenstandslos anstatt als zurückgenommen erklärt wurden, zur Folge.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Rechtsfolge für die Nichtbefolgung eines Mängelbehebungsauftrages ergibt sich unmittelbar aus § 85 Abs 2 BAO, weshalb im vorliegenden Fall keine Rechtsfrage vorliegt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Linz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 85 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5100952.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at