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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.01.2020, RV/5101692/2017

Dreijahresverteilung einer teilweisen (50 %) Pensionsabfindung mit Anrechnung der ganzen Lohnsteuer im ersten Jahr

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Ri über die Beschwerde vom des Beschwerdeführers Bf, vertreten durch die mit Zustellvollmacht ausgewiesene EGmbH gegen den Bescheid des Finanzamtes betreffend Einkommensteuer 2016 vom zu Recht:  

I)
 Der Einkommensteuerbescheid 2016 wird abgeändert. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Einkommensteuer sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Spruches.

II)
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist gem. Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

1. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz BF) beantragte im Rahmen seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2016 die Verteilung einer Pensionsabfindung seines Arbeitgebers auf drei Jahre gem. § 37 Abs 2 Z 2 iVm § 32 Abs 1 Z 1 lit a EStG 1988. Die Verteilung der Pensionsabfindung auf drei Jahre wurde dem BF vom Finanzamt mit der Begründung, es handle sich um eine Pensionsteilabfindung (im gegenständlichen Fall wurden 50% der Pension abgefunden), welche einer Dreijahresverteilung nicht zugänglich sei, versagt.

Der BF brachte mit Schreiben vom eine Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2016 beim Finanzamt ein. Unter Verweis auf den Gesetzestext, die erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage und Rechtsprechung des VwGH wurde vorgebracht, dass entgegen der Ansicht des Finanzamtes eine Einschränkung auf eine Vollabfindung aus der Regelung des § 37 Abs 2 EStG 1988 nicht ableitbar sei. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab, wobei in der Begründung darauf hingewiesen wurde, dass eine Abfindung nur dann als eine begünstigte Entschädigung im Sinn des § 37 Abs 2 Z 2 iVm § 32 Abs 1 Z 1 lit a EStG 1988 für den Verlust eines Pensionsanspruches angesehen werden könne, wenn das Pensionsanwartschaftsrecht zur Gänze abgefunden worden und somit für den Pensionsbezieher zur Gänze verloren sei. Eine Abfindung in Teilbeträgen falle nicht unter die Progressionsermäßigung des § 37 Abs 2 Z 2 EStG 1988.

Mit Schreiben vom brachte der BF einen Vorlageantrag beim Finanzamt ein. Das Finanzamt hat die Beschwerde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

2. Sachverhalt

Die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts basiert auf folgendem Sachverhalt, der in den Akten der Abgabenbehörde sowie des Gerichtes abgebildet und soweit nicht gesondert angeführt unbestritten ist.

Der BF hatte aufgrund einer Pensionszusage einen Rechtsanspruch auf eine Firmenpension (direkte Leistungszusage) in Form einer monatlichen Rente. Die Möglichkeit einer Barabfindung bestand nicht. Der (ehemalige) Arbeitgeber bot dem BF mit Schreiben vom die Abfindung dieses Pensionsanspruches in Form der Zahlung eines Betrages in Höhe von 25, 50, 75 oder 100 % des gebildeten Rückstellungsbetrages an. Dazu wurde dem BF mitgeteilt, dass die nach versicherungsmathematischen Grundsätzen unter Berücksichtigung einer 3%igen Abzinsung pro Jahr zu bildende Rückstellung für seine Pension insgesamt € 133.993,00 betrage. Dieses Angebot erfolgte ausschließlich und zur Gänze auf Initiative des Arbeitgebers.

Der BF nahm im Dezember 2015 das Angebot einer Pensionsabfindung im Ausmaß von 50 % an. Der ehemalige Arbeitgeber bezahlte am eine Pensionsabfindung in Höhe von € 66.997,00 aus. Mit dieser Zahlung wurden die Pensionsansprüche des BF zu 50 % abgefunden. Der ehemalige Arbeitgeber nahm bei der Auszahlung dieser Pensionsabfindung eine Lohnbesteuerung gem. § 67 Abs 10 EStG 1988 vor.

3. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt stützt sich auf die Angaben des BF sowie auf die dem Gericht vorgelegten Unterlagen des Finanzamtes und ist insoweit unstrittig.

4. Rechtsgrundlagen, rechtliche Würdigung

Außer in den Fällen des § 278 BAO hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen (§ 279 Abs. 1 BAO).

Unstrittig ist, dass Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis gem. § 25 Abs 1 Z 1 lit. a EStG 1988 zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zählen, weil es zur Herstellung des Zusammenhanges mit nichtselbständigen Einkünften genügt, dass die Einnahmen ihre Wurzel im Dienstverhältnis haben (vgl. mit weiteren Nachweisen). Strittig ist die Verteilungsmöglichkeit der teilweisen Abfindung einer solchen Firmenpension auf drei Veranlagungszeiträume gem. § 37 Abs 2 Z 2 EStG 1988.

§ 37 Abs. 2 Z 2 EStG 1988:

Gem. § 37 Abs 2 Z 2 EStG 1988 sind über Antrag unter anderem nachstehende Einkünfte, beginnend mit dem Veranlagungsjahr, dem der Vorgang zuzurechnen ist, gleichmäßig verteilt auf drei Jahre anzusetzen: Entschädigungen im Sinne des § 32 Abs 1 Z 1 EStG 1988, wenn überdies im Falle der lit. a oder b der Zeitraum, für den die Entschädigungen gewährt werden, mindestens sieben Jahre beträgt.

Diese Begünstigung steht also zu, wenn

1.ein Antrag vorliegt.

2.Dieser muss sich auf eine Entschädigung im Sinne des § 32 Abs 1 Z 1 EStG 1988 beziehen,

3.bei der der Zeitraum, für den sie gewährt wird, mindestens sieben Jahre beträgt.

4. § 37 Abs 7 EStG 1988 schließt die Dreijahresverteilung zudem aus, wenn Einkünfte nicht in einem Veranlagungszeitraum anfallen oder zum Teil mit dem festen Steuersatz des § 67 versteuert werden.

Entschädigung iSd § 32 Abs 1 Z 1 EStG 1988:

Unter § 32 Abs 1 Z 1 lit. a EStG 1988 fallen u.a. Entschädigungen, die als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen einschließlich eines Krankengeldes und vergleichbarer Leistungen gewährt werden. Wie vom VwGH in ständiger Rechtsprechung (vgl. mit weiteren Nachweisen) entschieden, kommt eine Pensionsabfindung als „Schadensausgleich“ für den Verlust eines Pensionsanwartschaftsrechtes als begünstigte Entschädigungen im Sinne dieser Bestimmung in Betracht. Eine „Abfindung“ liegt dabei nur dann vor, wenn durch die Vereinbarung eine neue Rechts- oder Billigkeitsgrundlage geschaffen wurde (vgl. Quantschnigg/Schuch, ESt-HB, § 32 Tz 6), also von vornherein keine obligatio alternativa (Wahlschuld iSd § 906 ABGB) vorlag, die dem Gläubiger schon ursprünglich ein Wahlrecht zwischen mehreren gleichwertigen (primären, aber alternativen) Ansprüchen einräumte (vgl. etwa mit weiteren Nachweisen). Voraussetzung ist weiters, dass die Initiative zum Abschluss der Abfindungsvereinbarung nicht vom Pensionsberechtigten ausgegangen sein darf. Die Fragen, ob eine Wahlschuld vorlag und von wem die Initiative für die Abfindung der Pensionsansprüche ausgegangen ist, stellen Sachfragen dar, die die belangte Behörde und in der Folge das Bundesfinanzgericht im Rahmen der Beweiswürdigung zu beantworten hat (vgl. ).

Aus den rechtlichen Rahmenbedingungen der Betriebspension ergibt sich hier keine Abfindungsmöglichkeit. Diese wurde erst mit dem Angebot des ehemaligen Arbeitgebers geschaffen. Damit lag hier keine Wahlschuld vor. Auch ist die Initiative für die Abfindung der Pensionsansprüche vom ehemaligen Arbeitgeber ausgegangen.

Im Erkenntnis vom , Ro 2018/15/0008 sprach der VwGH aus, dass entgangene oder entgehende Einnahmen iSd § 32 Abs 1 Z 1 lit. a EStG 1988 auch dann vorliegen würden, wenn nur ein Teil der ursprünglich zustehenden Einnahmen auf Grund einer Abfindungsvereinbarung entgehe. Begünstigt sei eine Abfindung nach § 37 Abs 2 Z 2 EStG 1988 aber nur dann, wenn die Entschädigung für einen Zeitraum von mindestens sieben Jahren gewährt werde, also eine Entschädigung in Bezug auf sieben volle Jahresbeträge vorliege. Eine Abfindung nur eines Teils eines Anspruchs bewirke, dass die Zusammenballung nur in einem geringeren Ausmaß eintrete. Eine Abfindung etwa von 10 % der Pensionsanwartschaften würde bewirken, dass bei einer Abfindung über einen Zeitraum von sieben Jahren lediglich 70 % eines Jahresbetrages zu besteuern wären. Eine "erhebliche Zusammenballung" läge in diesem Fall nicht vor. Eine erhebliche Zusammenballung von Einkünften könne damit nur dann angenommen werden, wenn die Entschädigung dem Barwert der vollen Pensionsanwartschaft für zumindest sieben Jahre entspreche.

Im gegenständlich vorliegenden Fall einer Abfindung von 50 % der Pensionsanwartschaften ist der vereinbarte und ausbezahlte Abfindungsbetrag von € 66.997,00 höher als der absolute 7 Jahresbetrag der zugesagten Rente.  Die Pensionsabfindung war daher über Antrag des BF auf drei Jahre zu verteilen, im Beschwerdejahr 2016 somit lediglich zu einem Drittel anzusetzen.

Nach § 46 Abs 1 Z 3 EStG 1988 werden die durch Steuerabzug einbehaltenen Beträge, soweit sie auf veranlagte Einkünfte entfallen, auf die Einkommensteuerschuld angerechnet. Zweck der Begünstigung des § 37 Abs 2 EStG 1988 ist neben der Ermäßigung der Progression auch eine Steuerstundung (vgl. Fraberger/Papst in Doralt et al, EStG18 § 37 Tz 3). Vor diesem Hintergrund ist § 46 Abs 1 Z 3 EStG 1988 dahingehend zu interpretieren, dass die zum Zeitpunkt der Auszahlung der Abfindung einbehaltene Lohnsteuer zur Gänze bei der Veranlagung für das erste Jahr zur Anrechnung gelangt. Auch der Umstand, dass der Arbeitgeber im Kalendermonat der Zahlung zu Recht von der Pensionsabfindung gemäß § 67 Abs 10 EStG 1988 iVm § 124b Z 53 erster Satz EStG 1988 Lohnsteuer einbehalten hat und somit keine zu Unrecht einbehaltene Lohnsteuer iSd § 240 BAO vorliegt, steht einer Anrechnung der gesamten Lohnsteuer im Streitjahr nicht entgegen. § 67 EStG 1988 hat die lohnsteuerliche Behandlung sonstiger Bezüge zum Inhalt. Abschließend gibt er die steuerliche Behandlung sonstiger Bezüge aber nur insoweit vor, als diese nicht in eine Einkommensteuerveranlagung einzubeziehen sind (vgl. ).

4.1. Revision

Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (§ 25a Abs. 1 VwGG).

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).

Dies trifft nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu, wenn die in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig sind (vgl. mit vielen weiteren Nachweisen).  

Soweit Rechtsfragen für die hier zu klärenden Fragen entscheidungserheblich sind, sind sie durch Rechtsprechung ausreichend geklärt (siehe oben) bzw. wurden sie in der Literatur einhellig beantwortet. Damit liegt hier kein Grund vor, eine Revision zuzulassen.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 37 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 32 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 37 Abs. 2 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 43 Abs. 2 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
§ 32 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 46 Abs. 1 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 67 Abs. 10 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 124b Z 53 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 240 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 67 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise





§ 67 Abs. 10 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5101692.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at