zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 19.12.2019, RV/7105230/2017

Löschung einer GmbH im Firmenbuch - Gegenstandsloserklärung

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch ECOVIS Austria Wirtschaftsprüfungs und Steuerberatungs GmbH, Schmalzhofgasse 4, 1060 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 4/5/10 vom , betreffend Säumniszuschläge, beschlossen:

Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom setzte die Abgabenbehörde von den nachstehend angeführten Abgabenschuldigkeiten gemäß § 217 Abs. 1 und 2 BAO erste Säumniszuschläge mit jeweils 2 % fest:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabe
Frist
Betrag in Euro
Säumniszuschlag in Euro
Lohnsteuer 10/2016
50.733,23
1.014,66
Dienstgeberbeitrag 10/2016
15.069,56
301,39
Summe
 
 
1.316,05

Die Festsetzungen seien erforderlich gewesen, weil die angeführten Abgabenschuldigkeiten nicht innerhalb der obenstehenden Fristen entrichtet worden seien.

Mit Eingabe vom beantragte die Beschwerdeführerin (Bf) die mit Bescheid vom , eingelangt am , festgesetzten Säumniszuschläge betreffend Lohnsteuer und Dienstgeberbeitrag 10/2016 mit € 0,00 festzusetzen, und führte als Begründung an, dass gegenständliche Abgaben vor Eröffnung des Sanierungsverfahrens fällig geworden seien und somit Insolvenzforderungen darstellten. Gleiches habe für gegenständliche Säumniszuschläge zu gelten:

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die Abgabenbehörde die Beschwerde vom als unbegründet ab und führte zur Begründung wie folgt aus:

„Die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages entsteht nicht erst mit seiner bescheidmäßigen Geltendmachung, sondern bereits mit Ablauf des für die Entrichtung der betreffenden Abgabe maßgeblichen Fälligkeitstages. Eine solchermaßen eingetretene Verpflichtung erlischt nicht dadurch, dass in der Folge das Konkursverfahren über das Vermögen des Abgabenschuldners  eröffnet wird. Vielmehr kann sie auch nach diesem Zeitpunkt bescheidmäßig geltend gemacht werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen für die Säumniszuschlagspflicht vor Konkurseröffnung zutreffen ( mit Hinweis auf ).

Nur dann, wenn die Fälligkeit einer vor Konkurseröffnung entstandenen Abgabenschuldigkeit nach der Eröffnung des Konkursverfahrens eintritt, kann bei einer verspäteten Entrichtung keine Pflicht zur Entrichtung des Säumniszuschlages entstehen, weil diesfalls die insolvenzrechtlichen Fälligkeitsregelungen den abgabenrechtlichen Vorschriften vorgehen. Liegt die Fälligkeit der Abgaben noch vor der Konkurseröffnung, sind jedoch die abgabenrechtlichen Vorschriften anzuwenden.“

Mit Vorlageantrag vom stellte der Bf den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht und den Antrag auf eine mündliche Verhandlung  vor dem Bundesfinanzgericht.

Es werde beantragt, die mit Bescheid vom festgesetzten Säumniszuschläge betreffend Lohnsteuer und Dienstgeberbeitrag 10/2016 mit € 0,00 festzusetzen bzw. als Insolvenzforderung auszusetzen.

Als Begründung führe die Bf an, dass gegenständliche Abgaben vor Eröffnung des Sanierungsverfahrens fällig geworden seien und somit Insolvenzforderungen darstellten. Gleiches habe für gegenständlichen Säumniszuschlag zu gelten.

Das Finanzamt schreibe in der Begründung der Beschwerdevorentscheidung selbst, dass die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages bereits mit Ablauf des für die Entrichtung der betreffenden Abgabe maßgeblichen Fälligkeitstages entstehe."

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Laut Firmenbuchauszug wurde die Firma der Bf am XX.08.2019 gemäß § 40 FBG wegen Vermögenslosigkeit im Firmenbuch gelöscht.

Laut Kontoabfrage vom  haften Abgaben im Ausmaß von insgesamt € 233.355,90 (darunter die gegenständlichen Säumniszuschläge) unberichtigt aus.

Die Auflösung und Löschung einer im Firmenbuch eingetragenen juristischen Person hat bloß deklaratorischen Charakter () und beendet die Rechtsfähigkeit nicht, solange Vermögen vorhanden ist () und Rechtsverhältnisse zu Dritten nicht vollständig abgewickelt - also zB Abgaben noch festzusetzen - sind (Ritz, BAO³, § 79, Tz 10, 11; ; , 2006/13/0187).

Die Rechts- und Parteifähigkeit einer GmbH bleibt daher auch nach ihrer Löschung im Firmenbuch solange erhalten, als noch Abwicklungsbedarf besteht, was dann der Fall ist, wenn Abgabenverbindlichkeiten einer solchen Gesellschaft bescheidmäßig festzusetzen sind. An eine im Firmenbuch bereits gelöschte GmbH gerichtete Bescheide ergehen daher grundsätzlich rechtswirksam ().

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () kann das Verfahren nach dem Wegfall der Rechtspersönlichkeit der beschwerdeführenden Partei nicht fortgeführt werden. Im Hinblick auf das Erlöschen der Parteifähigkeit kann eine Zustellung unterbleiben, zumal zur Bestellung eines Kurators gemäß § 82 Abs. 2 BAO (vgl. dazu Stoll, BAO-Kommentar, 809) in einem solchen Fall kein Anlass besteht.

Wegen der fehlenden Möglichkeit, eine Rechtsmittelentscheidung der Bf zuzustellen, ergeht der Beschluss nur an die Amtspartei.

Hinsichtlich der Frage, die Rechtspersönlichkeit der GmbH als fortdauernd anzusehen ist, ist zu prüfen, ob sich auf Grund des vorliegenden Rechtsstreits nachträglich ein abwickelbares Vermögen des Beschwerdeführers ergeben könnte.

Da Abgaben im Ausmaß von insgesamt € 233.355,90 (darunter die gegenständlichen Säumniszuschläge) unberichtigt aus haften, kann selbst im Fall der Stattgabe der Beschwerde die gelöschte GmbH (bzw. in weiterer Folge deren Gläubiger) kein Abgabenguthaben lukrieren.

Da das Verfahren somit weder direkt noch indirekt ein abwickelbares Aktivvermögen der gelöschten GmbH betrifft, ist demnach von der Vollbeendigung der GmbH auszugehen.

Zudem hätte aufgrund der Fälligkeit der den Säumniszuschlägen zugrunde liegenden Abgaben am und Eröffnung des Sanierungsverfahrens am XX.XX.2016 eine Abweisung der Beschwerde zu erfolgen, wobei in diesem Fall das Finanzamt die dann rechtskräftige Forderung gegenüber der gelöschten GmbH mangels Vermögens nicht durchsetzen kann.

Zur Vorschrift, die bei Vollbeendigung der GmbH nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sinngemäß anzuwenden ist, verweist das zuletzt zitierte Erkenntnis auf § 278 Abs. 1 lit. b BAO, wonach die Bescheidbeschwerde in den Fällen des § 256 Abs. 3 BAO (Zurücknahme der Beschwerde) und des § 261 BAO (Fälle, in denen dem Beschwerdebegehren Rechnung getragen wurde) mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes als gegenstandslos zu erklären ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da der Beschluss nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn die Entscheidung von vorhandener Rechtsprechung des VwGH abweicht, diese uneinheitlich ist oder fehlt.

Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind (siehe die in der Begründung zitierten Entscheidungen), ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7105230.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at