Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.01.2020, RV/7500851/2019

Parkometerabgabe; Bestrafung nach § 5 Abs. 2 ParkometerabgabeVO iVm § 4 Abs 1 Wr ParkometerG; Erteilung der Ausnahmebewilligung mit Mai, Freischaltung des Parkchips erfolgte erst mit der Zahlung im September

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. über die Beschwerde der Bf., Wien, vom , gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde, Magistrat der Stadt Wien, MA 67, als Abgabenstrafbehörde vom , MA67/Zahl1/2019, wegen Verwaltungsübertretungen gemäß § 5 Abs. 2 Wr. Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, zu Recht erkannt:

Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insoweit Folge gegeben, als die verhängten Geldstrafen von je € 60,00 auf je € 36,00 und die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafen von je 14 Stunden auf je 8 Stunden herabgesetzt werden.

Im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Die von der belangten Behörde mit je € 10,00 (Mindestkostenbeitrag) festgesetzten Verfahrenskosten (§ 64 Abs. 2 VStG) bleiben unverändert.

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat die beschwerdeführende Partei keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

Der Magistrat der Stadt Wien wird gemäß § 25 Abs 2 BFGG als Vollstreckungsbehörde bestimmt.

Die Geldstrafen (je € 36,00) sind zusammen mit den Beiträgen zu den Kosten des behördlichen Verfahrens (je € 10,00), insgesamt zu entrichtender Gesamtbetrag somit € 138,00, an den Magistrat der Stadt Wien zu entrichten.

Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

An die Beschwerdeführerin (Bf.) ergingen nach den bei der Zulassungsbesitzerin F., Wien, eingeholten Lenkerauskünften gemäß § 2 Wiener Parkometergesetz 2006 folgende drei Strafverfügungen:

Mit Strafverfügung vom , MA67/Zahl1/2019, wurde der Bf. angelastet, sie habe das verfahrensgegenständliche Fahrzeug am um 15:18 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Wien19, ohne einen zum Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein abgestellt.

Mit Strafverfügung vom , MA67/Zahl2/2019, wurde der Bf. angelastet, sie habe das verfahrensgegenständliche Fahrzeug am um 17:42 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Wien19, ohne einen zum Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein abgestellt.

Mit Strafverfügung vom , MA67/Zahl3/2019, wurde der Bf. angelastet, sie habe das verfahrensgegenständliche Fahrzeug am um 17:08 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Wien19, ohne einen zum Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein abgestellt.

Wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Parkometerabgabe iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über die Bf. eine Geldstrafe in Höhe von je € 60,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von je 14 Stunden verhängt.

Gegen die Strafverfügung wurde von V. als bevollmächtigten Vertreter der Bf.  mit E-Mail vom (MA67/Zahl1/2019) und mit E-Mails vom (MA67/Zahl2/2019 und MA67/Zahl3/2019) Einspruch erhoben und vorgebracht, dass am ein Parkpickerl für das Firmenfahrzeug Smart 4four mit dem Kennzeichen Vienna bewilligt worden wäre. Scheinbar habe es aber technische Schwierigkeiten gegeben und die Zahlung sei nicht durchgeführt worden. Leider habe er dieses nicht bemerkt. Auf Nachfrage, ob er denn kontrollieren könne, ob ein Parkpickerl bereits aktiv sei, habe man ihm bei der MA 65 nur die Auskunft gegeben, dass dies nur durch ein Kontrollorgan möglich sei. Nachdem er vom Urlaub zurückgekommen sei, wären leider drei Strafen (Organmandat plus 2 Anzeigen) am Fahrzeug angebracht worden. Die Zahlung für das Parkpickerl wäre umgehend nach der Rückkehr aus den Ferien erneut eingezahlt und diesmal die Bestätigung ausgedruckt worden. Der von der Bf. Bevollmächtigte ersuchte, diese Umstände zu berücksichtigen und eine Kulanzlösung zu finden. Durch das verspätete Einzahlen des Parkpickerls habe er sich weder einen Vorteil durch Verlängerung der Gültigkeit verschafft noch habe er der Stadt Wien einen finanziellen Schaden zugefügt oder die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.

Den Einsprüchen war neben der Vollmacht der Bf. jeweils der Antrag auf das Parkpickerl und die Zahlungsbestätigung über den Betrag von insgesamt € 225,00 beigefügt.

Der Aktenlage ist zu entnehmen, dass mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 65, vom eine Ausnahmebewilligung von der im 19. Wiener Gemeindebezirk geltenden höchstzulässigen Parkdauer in der flächendeckend kundgemachten Kurzparkzone für das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen Vienna erteilt worden ist.

Laut Zahlungsbestätigung des Zentralen Bezahlservice der Stadt Wien vom erfolgte die Zahlung für das Parkpickerl am .

Mit Straferkenntnis vom wurde der Bf. angelastet, sie habe das verfahrensgegenständliche Fahrzeug am um 15:18 Uhr, am um 17:42 Uhr und am um 17:08 Uhr, in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Wien19, ohne einen zum jeweiligen Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein abgestellt.

Wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Parkometerabgabe iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über die Bf. eine Geldstrafe iHv je € 60,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von je 14 Stunden verhängt. Zudem wurde der Bf. gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) ein Betrag von € 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt (zu zahlen daher insgesamt € 210,00).

Zur Begründung wurde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der von der Bf. in ihren Einsprüchen geltend gemachten Einwendungen im Wesentlichen ausgeführt, dass dem Bescheid der Magistratsabteilung 65 vom entnommen werden habe können, dass eine Ausnahmegenehmigung für das gegenständliche Fahrzeug für den Zeitraum bis bewilligt worden sei. Mit diesem Bescheid sei der Bf. auch zur Kenntnis gebracht worden, dass die Freischaltung des Parkklebers erst nach vollständiger Abgabenentrichtung erfolgen könne. Die von der Bf. geltend gemachte Ausnahmebewilligung sei daher erst ab dem Tag der Abgabenentrichtung, dem , gültig gewesen. Somit habe zum Zeitpunkt der Beanstandungen die Verpflichtung zur Entrichtung der Parkometerabgabe bestanden. Die pauschale Entrichtung der Parkometerabgabe bzw. die Ausnahmegenehmigung gelte erst ab deren Erteilung und nicht rückwirkend. Die Einwendungen der Bf. seien somit nicht geeignet gewesen, sie vom gegenständlichen Tatvorhalt zu entlasten. Ein Rechtfertigungsgrund, also eine Norm, die das tatbestandsmäßige Verhalten ausnahmsweise erlaube bzw. welche die Strafbarkeit aufheben würde, liege im gegenständlichen Fall nicht vor. Die Bf. sei ihrer Verpflichtung gemäß § 5 Abs. 2 Parkometerabgabe, bei Beginn des Abstellens die Parkometerabgabe zu entrichten nicht nachgekommen und sei die Verschuldensfrage zu bejahen. Die Bf. habe die Parkometerabgabe daher nicht entrichtet und somit fahrlässig verkürzt.

Weiters enthält das Straferkenntnis die maßgeblichen Bestimmungen für die Strafbemessung (§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, § 19 Abs. 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991), erläutert diese näher und führt die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Strafzumessungsgründe an (hier: keine verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen nach dem Wiener Parkometergesetz, Zugrundelegung durchschnittlicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse).

Gegen das Straferkenntnis wurde fristgerecht Beschwerde erhoben (E-Mail vom ) und vom bevollmächtigten Vertreter der Bf. vorgebracht, dass in der Begründung nicht berücksichtigt worden sei, dass er bei der MA 65 telefonisch mehrmals nachgefragt habe, ob der Parkkleber bereits aktiv geschalten worden sei und er keine Auskunft erhalten habe. Nicht berücksichtigt geblieben sei, dass der Fahrzeughalter der Meinung war, alle Punkte ordnungsgemäß erledigt zu haben (Antrag, Nachfragen bei MA 65 …) und somit auch kein Vorsatz geltend gemacht werden könne. Nicht berücksichtigt sei geblieben, dass durch die verspätete Einzahlung weder ein zeitlicher oder finanzieller Vorteil für den Fahrzeughalter bzw. ein Schaden für die Stadt Wien entstanden sei und somit der Tatbestand einer fahrlässigen Verkürzung der Parkometerabgabe nicht gegeben sei. Der Strafzweck - Rationieren des Parkraums - müsse an dieser Adresse hinterfragt werden, da am Fuße des Kahlenberges in der Krapfenwaldgasse (Tatadresse) mehr als ausreichend Parkraum vorhanden sei. Auch sollte ein gewisses Augenmaß bei der Einführung neuer Gesetze herangezogen werden. Drei Anzeigen hintereinander in der Urlaubszeit, nach dem Stichtag, müsse nicht sein. Soweit ihm erinnerlich, sei in anderen Bezirken nach Einführung einer generellen Parkregelung mit Abmahnungen in den ersten Tagen gearbeitet worden.

Der Magistrat der Stadt Wien legte die Beschwerden samt den dazugehörigen Verwaltungsstrafakten dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: ).

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Folgender unstrittige Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und wird der Entscheidung zu Grunde gelegt:

Das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna, zugelassen auf die  F., 1190 Wien, K-Gasse, wurde von der Bf. unstrittig am um 15:18 Uhr, am um 17:42 Uhr und am um 17:08 Uhr, in Wien19, ohne gültigen Parkschein abgestellt.

Seit gilt im Wiener Bezirk Döbling eine flächendeckende Kurzparkzone. In der Krapfenwaldgasse besteht für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen von Montag bis Freitag von 09:00 bis 19:00 Uhr Gebührenpflicht (max. Parkdauer drei Stunden).

Somit bestand zu den Beanstandungszeiten Gebührenpflicht.

Die Bf. hat die ihr vom Magistrat der Stadt Wien angelasteten Verwaltungsübertretungen gemäß § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 begangen.

Rechtliche Würdigung:

Verwaltungsübertretungen gemäß § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006:

Nach § 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung ist für das Abstellen von mehrspurigen
Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO) eine Abgabe zu entrichten.

Nach § 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung gilt die Abgabe mit der
ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheines (der Parkscheine) oder mit der
Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.

Nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung sind zur Entrichtung der Abgabe
der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet.
Jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine
Abgabepflicht besteht, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des
Fahrzeuges zu entrichten. Die Lenker haben bei der Durchführung der angeordneten
Kontrollmaßnahmen mitzuwirken.

Nach § 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung sind als Hilfsmittel zur Überwachung
der Einhaltung der Vorschriften der Verordnung des Wiener Gemeinderates, mit der für
das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen die Entrichtung einer
Abgabe vorgeschrieben wird (Parkometerabgabeverordnung), Parkscheine nach dem
Muster der Anlagen oder elektronische Parkscheine zu verwenden.

Gemäß § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 sind Handlungen oder Unterlassungen,
durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, als
Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365,00 Euro zu bestrafen.

Erteilung einer Ausnahmebewilligung - Parkchip

Gemäß § 2 Abs. 1 iZm § 7 der Verordnung des Wiener Gemeinderates über die pauschale Entrichtung der Parkometerabgabe (Pauschalierungsverordnung)  beträgt die Parkometerabgabe für zwei Jahre € 180,00.

Für die Erteilung der Ausnahmebewilligung sind gemäß Wiener Verwaltungsabgabengesetz 1985 (LGBl. für Wien Nr. 49/1984 idgF) iVm Tarif I B, besonderer Teil, Post 37 lit. b der Verordnung der Wiener Landesregierung über Verwaltungsabgaben und Kommissionsgebühren (LGBl. für Wien Nr. 104/2001 idgF) € 30,70 an Verwaltungsabgaben sowie gemäß § 14 Gebührengesetz 1957 (BGBl. 267/1957 idgF) € 14,30 an Eingabegebühr zu entrichten (insgesamt zu zahlen daher € 225,00).

Verordnung des Wiener Gemeinderates über die pauschale Entrichtung der Parkometerabgabe (Pauschalierungsverordnung)

§ 4. (1) Wird die Abgabe in pauschaler Form (§ 2 und § 3 Abs. 1) entrichtet, hat dies durch Einzahlung des Abgabenbetrages in bar oder nach Maßgabe der der Abgabenbehörde zur Verfügung stehenden technischen Mittel im bargeldlosen Zahlungsverkehr zu erfolgen.

(2) Der Parkkleber und die Einlegetafel gemäß § 5 Abs. 1 dürfen von der Behörde erst nach erfolgter Abgabenentrichtung ausgehändigt werden. Der Datenträger gemäß § 5 Abs. 6 kann bereits vor erfolgter Abgabenentrichtung ausgehändigt werden. Die Freischaltung des Datenträgers darf von der Behörde erst nach erfolgter Abgabenentrichtung vorgenommen werden.

§ 5 Abs. 6 normiert:

Anstelle der Parkkleber und Einlegetafeln gemäß Abs. 1 und Abs. 2 kann auch ein Datenträger (z.B. RFID-Chip, QR-Code) verwendet werden. Als Hilfsmittel zur Kontrolle der Abgabenentrichtung gilt der Datenträger nach erfolgter Freischaltung in den Fällen des § 2 Abs. 1 lit. a als Parkkleber, in den Fällen des § 2 Abs. 1 lit. b, c, d in Verbindung mit einer Tagespauschalkarte gemäß Anlage VI oder einer Wochenpauschalkarte gemäß Anlage VIa, lit. e in Verbindung mit einer Tagespauschalkarte gemäß Anlage VI oder einer Wochenpauschalkarte gemäß Anlage VIa, lit. f sowie des § 3 Abs. 1 lit. a und b als Einlegetafel.

Der Datenträger ist bei Kraftfahrzeugen mit einer Windschutzscheibe hinter dieser und durch diese gut lesbar, in der rechten oberen Ecke anzubringen. Bei Kraftfahrzeugen ohne Windschutzscheibe ist dieser an sonst geeigneter Stelle gut wahrnehmbar anzubringen. Die Tagespauschalkarte gemäß Anlage VI und die Wochenpauschalkarte gemäß Anlage VIa sind gemäß Abs. 3 zu verwenden. Die Anbringung von Kopien oder Abschriften ist unzulässig.

Antrag auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung und Freischaltung des Parkchip

Seit wird bei einer Verlängerung oder einem neu ausgestellten Parkpickerl nur mehr das elektronische Parkpickerl ausgegeben. Dieses ist mit einem RFID-Chip ausgestattet und enthält keine von außen direkt ablesbaren Informationen. Durch einen integrierten RFID-Chip (Radio Frequency Identification) wird mit einem Lesegerät ausgelesen, ob das Parkpickerl noch gültig ist (https://www.stadt-wien.at/wien/parken-in-wien/parkpickerl.html ).

Die antragstellende Person erhält von der MA 65, Rechtliche Verkehrsangelegenheiten, Parkraumbewirtschaftung, auf Grund ihres Antrages nach Überprüfung der Voraussetzungen die Ausnahmebewilligung von der in einem bestimmten Wiener Gemeindebezirk geltenden höchstzulässigen Parkdauer in der flächendeckend kundgemachten Kurzparkzone für das beantragte Fahrzeug.

Der Bescheid enthält die Zahlungsinformationen und den Hinweis, dass der Parkchip nach Eingang der Zahlung binnen zwei bis vier Werktagen freigeschaltet wird und weiters den Hinweis, dass die Internetseite www.parken.wien.at Informationen zum Parkchip enthält.

Aus den vorzitierten Bestimmungen des § 4 Abs. 2 Pauschalierungsverordnung ergibt sich, dass der Datenträger gemäß § 5 Abs. 6 bereits vor erfolgter Abgabenentrichtung ausgehändigt werden kann, die Freischaltung des Datenträgers von der Behörde jedoch erst nach erfolgter Abgabenentrichtung vorgenommen werden darf (s. zur Aktivierung des elektronischen Parkchip auch https://www.wien.gv.at/amtshelfer/verkehr/recht/parken/parkkarte.html).

Demnach gilt die pauschale Entrichtung der Parkometerabgabe bzw. die Ausnahmegenehmigung erst ab der Freischaltung und nicht rückwirkend.

Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Zulassungsbesitzerin des näher bezeichneten Fahrzeuges vom Magistrat der Stadt Wien, MA 65, auf Grund ihres Antrages gemäß § 45 Abs. 2 StVO 1960 mit Bescheid vom eine Ausnahmebewilligung von der im 19. Wiener Gemeindebezirk geltenden höchstzulässigen Parkdauer in der flächendeckend kundgemachten Kurzparkzone für den Zeitraum bis erteilt wurde.

Die Zahlung des Parkchips erfolgte am . Die Freischaltung erfolgte nach Auskunft der MA 65 am um 14.00 Uhr, und somit erst nach den Beanstandungen durch das jeweilige Kontrollorgan (5., 6. und ).

Die Bf. wäre somit verpflichtet gewesen, bis zur Freischaltung des Parkchips bei Abstellen des Fahrzeuges die Parkometergebühr zu entrichten.

Der Magistrat der Stadt Wien hat der Bf. daher zu Recht die näher bezeichneten Verwaltungsübertretungen gemäß § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 angelastet. 

Fahrlässigkeit und Sorgfaltspflicht

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift nichts anderes
bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten.

Die den Straftatbestand normierende relevante Verwaltungsvorschrift findet sich
in § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. 2006/09 idF LGBl. 2012/45, die
keine besonderen Schuldvoraussetzungen fordert. Es genügt für die Strafbarkeit daher
fahrlässiges Verhalten.

Fahrlässigkeit ist die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt. Sie ist neben dem Vorsatz eine Art des Verschuldens. Im Gegensatz zum Vorsatz will jemand, der fahrlässig handelt, keinen "Erfolg" (z.B. den Eintritt eines Schadens) verursachen.

Je nach dem Grad der Sorglosigkeit wird grobe und leichte Fahrlässigkeit unterschieden. Leicht fahrlässig ist ein Verhalten, wenn auch einem sorgfältigen Menschen ein solcher Fehler gelegentlich passiert. In diesen Fällen ist ein Schadenseintritt meist nicht so leicht vorhersehbar.

Wie schon festgehalten, ist der Wiener Bezirk Döbling seit eine flächendeckende Kurzparkzone und war die Stellung eines Antrages auf eine Ausnahmebewilligung der im 19. Wiener Gemeindebezirk geltenden höchstzulässigen Parkdauer in der flächendeckend kundgemachten Kurzparkzone ab Mai 2019 möglich.

Im gegenständlichen Beschwerdefall wurde eine Ausnahmebewilligung bereits mit Bescheid vom erteilt.

Der Bescheid vom enthielt den Hinweis, dass der Parkchip zwei bis vier Werktage nach Eingang der Zahlung freigeschaltet wird.

Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist der Bf. bzw. ihrem bevollmächtigten Vertreter zu Gute zu halten, dass dieser sich bei der MA 65 vorsorglich bezüglich Freischaltung des Parkchips erkundigt hat. Außerdem ist der Bf. anzurechnen, dass die Gebührenpflicht im 19. Wiener Gemeindebezirk erst seit dem gilt und somit im gegebenen Fall erstmals ein Antrag auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung gestellt wurde.

Glaubhaft ist zudem das Vorbringen des Bevollmächtigten der Bf., sich auf die ihm von der MA 65 erteilte Auskunft, dass eine Überprüfung der Aktivierung des Parkchips nur durch ein Kontrollorgan der Parkraumüberwachung möglich sei, verlassen zu haben.

Das Bundesfinanzgericht geht demzufolge von einem leicht fahrlässigen Verhalten der Bf. aus.

Strafbemessung:

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG 1991 sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat Grundlage für die Bemessung der Strafe.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG 1991 sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Bemessung der Strafe ist eine Ermessensentscheidung der Behörde, die nach
den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist, allerdings
muss die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe
vertretbar erscheinen  (vgl. ,
2001/03/0027, , vgl. auch Walter/Thienel,
Verwaltungsverfahrensgesetze II2, 2000, S. 309f, vgl. weiters Weilguni in Lewisch/Fister/
Weilguni, VStG2 § 19 (Stand , rdb.at).

Die der Bestrafung zu Grunde liegenden Verwaltungsübertretungen schädigten zwar das als bedeutend einzustufende öffentliche Interesse an der Überprüfbarkeit der ordnungsgemäßen Abgabenentrichtung, jedoch ist anzumerken, dass der Bf. durch die - warum auch immer - erst am erfolgte Entrichtung der pauschalen Parkometerabgabe kein finanzieller Vorteil und dem Magistrat der Stadt Wien kein finanzieller Nachteil entstanden ist. Darüber hinaus ist auf die vorstehenden Ausführungen zum Vorliegen eines leicht fahrlässigen Verhaltens der Bf. zu verweisen und zudem ebenso mildernd ihre Unbescholtenheit zu berücksichtigen
(vgl. ).

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse wurden wegen fehlender Angaben als durchschnittlich gewertet (vgl. ).

Aus alldem erachtet das Bundesfinanzgericht im vorliegenden Fall eine Geldstrafe von je € 36,00 und eine Ersatzfreiheitsstrafe von je 8 Stunden als schuld- und tatangemessen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Kostenentscheidung

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Bf. nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.

Zur Zulässigkeit der Revision

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof (Art. 133 Abs. 4 B-VG) gemäß § 25a Abs. 4 VwGG nicht zulässig, da bei Verwaltungsstrafsachen, bei denen eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro verhängt werden darf und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro verhängt wird, eine Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist.

Eine Revision durch die belangte Behörde ist gem. Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 2 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
§ 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung, ABl. Nr. 33/2008
§ 7 Wiener Pauschalierungsverordnung, ABl. Nr. 29/2007
§ 14 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 45 Abs. 2 StVO 1960, Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960
§ 5 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 19 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 19 Abs. 2 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 52 Abs. 8 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
§ 25a Abs. 4 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7500851.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at