Pauschbetrag nach § 34 Abs. 8 EStG 1988 - Frage eines gleichartigen Studiums
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Susanne Bergauer in der Beschwerdesache Frau M****, Straße1, Ort1, StNr. 0**/0*** - FA 54, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Grieskirchen Wels vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2009 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
I) Verfahrensverlauf
Im Zuge der am elektronisch eingelangten Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2009, beantragte die Beschwerdeführerin (in Folge kurz Bf) den pauschalen Freibetrag für die Berufsausbildung ihres Sohnes (Diplomstudium Rechtswissenschaften in Wien).
Im Einkommensteuerbescheid vom wurden die beantragten Kosten für
die "auswärtige" Berufsausbildung nicht anerkannt. Begründend wurde vom Finanzamt
ausgeführt, dass Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des
Wohnortes nicht als außergewöhnliche Belastung gelten würden, wenn im Einzugsgebiet
des Wohnortes auch eine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Eine
solche Möglichkeit sei im Fall des Sohnes der Bf gegeben, weshalb die Aufwendungen nicht zu berücksichtigen waren.
Mit Beschwerde vom , eingelangt beim Finanzamt am , beantragte die Bf die Aufwendungen für die Berufsausbildung ihres Sohnes als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen und führte unter Hinweis auf die gesetzlichen Bestimmungen aus, dass im gegenständlichen Fall
-1.1.die Fahrtzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln vom Wohnort zum Ausbildungsort mehr als eine Stunde, genau 74 Minuten, dauern würde. Somit würde, auch wenn der
Ausbildungsort nicht mehr als 80 km vom Wohnort entfernt ist, ein zu berücksichtigender Fall des § 34 Abs 8 EStG 1988 vorliegen.
-1.2.Weiters sei die Berücksichtigung zu bejahen, da das Kind aufgrund der schlechten öffentlichen Verkehrsverbindung alternativ jedenfalls in ein Studentenheim ziehen hätte müssen, um einen ordnungsgemäßen Besuch der Lehrveranstaltungen, die zum Teil auch früh morgens stattfinden, gewährleisten zu können. Das Kind habe in Wien aus den selben Überlegungen eine Wohnung bezogen.
Es würde eine willkürliche Ungleichbehandlungen darstellen, der Bf die Kosten deswegen
nicht anzuerkennen, weil das Kind anstatt an der nächstgelegenen, an einer weiter
entfernten Ausbildungsstätte Unterkunft genommen hat.
Hätte der Sohn der Bf das Studium in Linz absolviert und dort eine Wohnung bezogen, so
läge jedenfalls ein Anwendungsfall des § 2 Abs. 3 der VO des BMF zur Berufsausbildung
eines Kindes außerhalb des Wohnortes (BGBI. Nr. 624/1995 idgF) vor. Es könne keinen
Unterschied machen, dass das Kind an einem weiter entfernten Ort studiert hat, wenn die
Voraussetzungen bereits bei der nächstgelegenen Universität zu bejahen seien.
-1.3.Abgesehen davon, liege gar keine entsprechende vergleichbare Ausbildungsstätte vor. Es sei nach § 34 Abs. 8 EStG 1988 auf einen gleichwertigen Studienabschluss und auf die Vergleichbarkeit der Ausbildung ihrer Art nach abzustellen. Das Kind der Bf habe
deswegen die Universität in Wien gewählt, weil nur an diesem Standort der Studienplan
eine Vertiefung in das Rechtssystem des anglo—amerikanischen Sprachraumes unter
Berücksichtigung der englischen Rechtssprache möglich sei. In dieser Form sei die Schwerpunktausbildung in Linz nicht möglich gewesen.
Diese Zusatzqualifikation würde dem Kind der Bf in nahezu allen wirtschaftlichen
Bereichen einen wesentlichen Bewerbungsvorteil verschaffen, sodass keinesfalls von einer Gleichwertigkeit der Ausbildungsabschlüsse gesprochen werden könne.
In der Beschwerdevorentscheidung vom wurde hinsichtlich der auswärtigen Berufsausbildung darauf hingewiesen, dass eine gleichartige Ausbildungsmöglichkeit in Wohnortnähe bestehe, da Lehrinhalte und Ausbildungsabschluss gleich seien. Bei gleichen Kernfächern stehe der Freibetrag nicht zu. Im Hinblick auf die Fahrtzeit vom Wohnort zum Ausbildungsort wurde ausgeführt, dass die Zumutbarkeit gegeben sei, wenn die Fahrtzeit von 1 Stunde nicht überschritten wird. Wartezeiten, Fußwege und Fahrten im Ausbildungsort bzw. im Wohnort seien nicht einzurechnen. Weiters habe die Annahme, der Sohn der Bf hätte sich in Linz ebenfalls eine Wohnung genommen, wenn er dort studiert hätte, rein hypothetischen Charakter und stünde deswegen nicht zur Debatte.
Im Vorlageantrag vom , eingelangt beim Finanzamt am , beantragte die Bf erneut die Anerkennung der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung nach § 34 Abs. 8 EStG 1988 und verwies als Begründung auf die inhaltlichen Ausführungen in ihrer Beschwerde vom .
Mit wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung
vorgelegt.
II) Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin wohnt mit ihrem Sohn am Familienwohnsitz in Wels. Der Sohn studierte in Wien Rechtswissenschaften seit ; das Studium hat er zum gegenwärtigen Zeitpunkt bereits abgeschlossen.
Der Studienort Linz als nächstgelegene Ausbildungsstätte für ein Studium der Rechtswissenschaften liegt innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort Wels. Laut Routenplaner ist Linz von Wels rund 30 Kilometer entfernt.
Das günstigste öffentliche Verkehrsmittel ist die Bahn (ÖBB) und zwar die Strecke zwischen Wels Hauptbahnhof und Linz Hauptbahnhof. Die Fahrzeit der Züge zwischen diesen Bahnhöfen beträgt bei Schnellzügen ca. 12 bis 20 Minuten, bei Regionalzügen ca. 23 bis 33 Minuten. Die Fahrzeit liegt damit unter einer Stunde, gleichgültig ob bei der Hin- oder Rückfahrt.
Aus dem Aufbau der Studien der Rechtswissenschaften laut den Studienplänen ist ersichtlich, dass sich die Lehrinhalte im Kernbereich an den Universitäten Wien und Linz weitgehend gleichen.
III) Beweiswürdigung
Beweis wurde aufgenommen durch die Einsicht in die vorgelegten Aktenteile und durch Recherchen im Internet in online-Fahrplänen (ÖBB Fahrplan und Routenplanern) und durch Einsicht in die beiden Studienpläne im Internet (Curriculum JKU Linz vom Mitteilungsblatt vom und Curricula Wien vom Mitteilungsblatt vom und vom ).
In den vorgelegten Aktenteilen befindet sich auch der Nachweis der Schwer-punktausbildung X**** (X****Abkürzung) der Universität Wien vom . Dieses Blatt weist den Besuch von Wahlfächern z.B. Anglo-Amerikanische Rechtssprache I und II usw. nach und gilt nur in Verbindung mit dem 3. Diplomprüfungszeugnis.
Es wurden die Studienpläne betreffend das Diplomstudium Rechtswissenschaft K 101 an der Universität Linz und Rechtswissenschaft A 101 an der Universität Wien (Juridicum) aus dem Internet für das Jahr 2009 verglichen.
Der Inhalt der einzelnen Studienpläne - sowohl von Wien, als auch von Linz - ist in Paragraphen untergliedert.
Bereits aus den jeweiligen Übersichten über Inhalt, Aufbau und Prüfungsordnung ist ersichtlich, dass zwar textliche Unterschiede bei der Bezeichnung der Studienfächer vorkommen z.B.:
Universität Linz nennt die Lehrveranstaltungen Privatrecht I und Öffentliches Recht I und dann II; Universität Wien nennt die Lehrveranstaltungen Grundlagen des Bürgerlichen Rechts, Aufbaumodul Bürgerliches Recht etc.;
aber im Grunde keine inhaltlichen Unterschiede vorkommen. Auch nicht in der Anzahl der ECTS Punkte. Die Vermittlung des Basiswissens im Privatrecht, im Öffentlichen Recht, im Strafrecht und im Zivilverfahrensrecht u.a. ist an beiden Universitäten gleich.
Durch das Angebot von verschiedenen Wahlfächern soll es den Studierenden möglich sein, sich nach eigener Wahl in einem Teilgebiet zu spezialisieren.
Es gibt an der Universität Wien für die Schwerpunktbildung eine größere Anzahl an Wahlfachkörben und zwar u.a. das vom Sohn der Bf gewählte Wahlfach X**** (X****Abkürzung).
Es gibt jedoch an der Universität Linz in § 10 die Möglichkeit "Juristische Fachsprache" zu wählen: "Fachsprache Englisch oder eine andere an einer rechtswissenschaftlichen Fakultät einer in- oder ausländischen Universität oder Hochschule angebotene Fachsprache". Weiters werden in Linz laut § 16 im Fachgebiet Internationales Recht u.a. die Fächer "Internationales Privatrecht", "International Commercial Arbitration", "Common Law Civil Procedure", "Introduction to the Common Law Legal Order" angeboten.
Die ECTS Punkte der Hauptfächer (Privatrecht = Bürgerliches Recht; Strafrecht; Öffentliches Recht etc.) und der Wahlfächer bzw. der Schwerpunktfächer an den Universitäten Linz und Wien für das Diplomstudium Rechtswissenschaften sind annähernd gleich.
IV) Rechtslage
Allgemeine Voraussetzungen einer außergewöhnlichen Belastung:
Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1.Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2.Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3.Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst (Abs. 2).
Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann (Abs. 3).
Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen von höchstens 7.300 Euro 6 %, mehr als 7.300 Euro bis 14.600 Euro 8 %, mehr als 14.600 Euro bis 36.400 Euro 10 %, mehr als 36.400 Euro 12 % (Abs. 4).
Zu den Kosten einer auswärtigen Berufsausbildung:
Gemäß § 34 Abs. 6 EStG 1988 können die Kosten einer auswärtigen Berufsausbildung nach Abs. 8 ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden.
Gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 gelten Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von 110 Euro pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt.
Zu § 34 Abs. 8 EStG 1988, BGBl. Nr. 400/1988, erging eine Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes, BGBl. Nr. 624/1995 (im Folgenden Verordnung = VO des BMF genannt).
Nach § 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes , BGBl. Nr. 624/1995 in der ab geltenden Fassung BGBl. II Nr. 449/2001, liegen Ausbildungsstätten, die vom Wohnort mehr als 80 km entfernt sind, nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes iSd § 34 Abs. 8 EStG 1988 (Fettdruck durch das erkennende Gericht).
Die Ausbildungsstätte liegt im gegenständlichen Fall eindeutig innerhalb dieser 80 km-Grenze (Entfernung Linz - Wels zwischen 28 bis 32 km).
Für Ausbildungsstätten, die innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort liegen, normiert § 2 der VO des BMF Folgendes:
Gemäß § 2 Abs. 1 der genannten Verordnung des BMF gelten Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort dann als nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn die Fahrzeit vom Wohnort zum Ausbildungsort und vom Ausbildungsort zum Wohnort mehr als je eine Stunde unter Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels beträgt. Dabei sind die Grundsätze des § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, anzuwenden.
Gemäß § 2 Abs. 2 der genannten Verordnung des BMF gelten Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort als innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn von diesen Gemeinden die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort nach den Verordnungen gemäß § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, zeitlich noch zumutbar sind. Abweichend davon kann nachgewiesen werden, dass von einer Gemeinde die tägliche Fahrzeit zum und vom Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel mehr als je eine Stunde beträgt. Dabei sind die Grundsätze des § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, anzuwenden. In diesem Fall gilt die tägliche Fahrt von dieser Gemeinde an den Studienort trotz Nennung in einer Verordnung gemäß § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, in der jeweils geltenden Fassung als nicht mehr zumutbar.
Gemäß § 2 Abs. 3 der genannten Verordnung des BMF gelten Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km als nicht im Einzugsbereich des Wohnortes gelegen, wenn Schüler oder Lehrlinge, die innerhalb von 25 km keine adäquate Ausbildungsmöglichkeit haben, für Zwecke der Ausbildung außerhalb des Hauptwohnortes eine Zweitunterkunft am Ausbildungsort bewohnen (zB Unterbringung in einem Internat).
§ 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305 lautet:
"Von welchen Gemeinden diese tägliche Hin- und Rückfahrt zeitlich noch zumutbar ist, hat der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Kultur durch Verordnung festzulegen. Eine Fahrzeit von mehr als je einer Stunde zum und vom Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel ist keinesfalls mehr zumutbar."
In der gemäß § 26 Abs. 3 Studienförderungsgesetz 1992 erlassenen Verordnung
des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung über die Erreichbarkeit von
Studienorten nach dem Studienförderungsgesetz 1992, BGBl Nr. 605/1993 idgF, sind
in § 5 jene Gemeinden angeführt, bei denen die tägliche Hin- und Rückfahrt zum
und vom Studienort Linz zeitlich noch zumutbar ist. In § 5 dieser Verordnung wird die
Stadt Wels genannt. Damit besteht eine Zumutbarkeitsvermutung nach § 2 Abs. 2 VO Berufsausbildung - Kinder.
V) Erwägungen
ad. 1.1.: Zur Frage, ob der Wohnort Wels im Einzugsbereich der Universität Linz betreffend das Diplomstudium der Rechtswissenschaften liegt
Unter Hinweis auf die Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung über die Erreichbarkeit von Studienorten nach dem Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 605/1993, ist Wels eine VO-Gemeinde mit Zumutbarkeitsvermutung.
Damit ist jedoch noch nicht der Nachweis der Unzumutbarkeit der täglichen Hin- und Rückfahrt erbracht, sondern lediglich festgestellt, dass eine Zumutbarkeitsvermutung nach § 2 Abs. 2 der genannten Verordnung des BMF zur externen Berufsausbildung - Kinder besteht (vgl. , unter Hinweis auf -K/10).
Es ist daher zu prüfen, ob gemäß § 2 Abs. 1 der genannten Verordnung des BMF zur externen Berufsausbildung aufgrund der Fahrzeit für die tägliche Hin- und Rückfahrt die Ausbildungsstätte als im Einzugsbereich der Wohngemeinde gelegen gilt.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind dabei Wartezeiten, Fußwege sowie Fahrten im Heimatort oder im Studienort nicht einzurechnen (vgl. , ; und ). Diese Verordnung stellt wie auch das Studienförderungsgesetz 1992 auf den "Wohnort" und den "Ausbildungsort" ab und nicht auf die Wohnung oder die Ausbildungsstätte.
Es handelt sich bei § 34 Abs. 8 EStG 1988 nämlich um eine typisierende Betrachtungs-weise (). Der Gesetzgeber ist auch gar nicht verpflichtet, den Aufwand für die Berufsausbildung der Kinder in seinem individuellen Ausmaß zu berücksichtigen (Ablehnungsbeschluss des ).
Nach obigen Feststellungen beträgt die Fahrzeit vom Wohnort des Sohnes der Bf zum Ausbildungsort und vom Ausbildungsort zum Wohnort bei Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels jeweils unter einer Stunde, weil nur die Fahrzeiten zwischen dem Hauptbahnhof Wels und dem Hauptbahnhof Linz gewertet werden dürfen (siehe Sachverhalt). Die Fahrzeit ist damit noch zumutbar iSd § 26 Abs. 3 Studien-Förderungsgesetzes. Als die vom Sohn der Bf nächstgelegene Ausbildungsstätte gilt gemäß § 2 Abs. 2 der genannten VO des BMF Linz als im Einzugsbereich des Wohnortes gelegen.
ad. 1.2.: Zweitunterkunft am Ausbildungsort
In der Beschwerde verweist die Bf darauf, dass ihr Sohn auch in Linz in ein Studentenheim hätte ziehen müssen, um den ordnungsgemäßen Besuch von Lehrveranstaltungen auch in der Früh wegen der langen Fahrzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln absolvieren zu können.
Der Verweis auf den § 2 Abs. 3 der VO des BMF greift hier nicht, da der Absatz 3 ausschließlich für Schüler und Lehrlinge gilt und nicht für Studenten.
ad. 1.3.: Gleichwertigkeit der Diplomstudien für Rechtswissenschaften an den Universitäten Wien und Linz
Die Pauschalierung des Mehraufwandes der Höhe nach durch das Gesetz enthebt nicht von der Prüfung der Frage, ob eine auswärtige Berufsausbildung dem Grunde nach geboten (das heißt "zwangsläufig" iS des § 34 Abs.1 EStG 1988) sein könnte. Dies trifft nach ständiger Rechtsprechung nur dann zu, wenn am Wohnort des Steuerpflichtigen oder in dessen Einzugsbereich - unter Berücksichtigung der Talente des Kindes - keine gleichartige Ausbildungsmöglichkeit besteht (vgl. Hofstätter-Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, § 34 EStG 1988 Einzelfälle, Tz 1, Stichwort "Auswärtige Berufsausbildung").
Nach den Erkenntnissen vom , 97/14/0068 und vom , 2000/14/0207 etc., sind die durch das auswärtige Studium verursachten Mehraufwendungen dann nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, wenn das gleiche Studium bei gleichen Bildungschancen und gleichen Berufsaussichten auch an einer im Wohnort oder im Nahebereich des Wohnortes gelegenen Universität absolviert werden kann. Entscheidend ist, dass die betreffenden Studien ihrer Art nach vergleichbar sind. Abweichungen zwischen einzelnen Studienordnungen verschiedener Universitäten führen nicht zum Fehlen einer "entsprechenden Ausbildungsmöglichkeit". In diesem Zusammenhang wird auch auf die Entscheidung des UFS Salzburg vom , RV/0250-S/07 sowie auf das Erkenntnis des verwiesen. Erst gravierende Unterschiede im Kernbereich würden die Gleichartigkeit oder die Gleichwertigkeit der Studien aufheben.
Inwieweit zwei Ausbildungsgänge ihrer Art nach vergleichbar sind, ist eine auf Ebene der Sachverhaltsermittlung zu lösende Frage ().
Insgesamt bestehen laut Studienplänen in den Kernbereichen der beiden Studien für Rechtswissenschaften in Wien und Linz keine gravierenden Unterschiede, sodass die Gleichwertigkeit der Studienangebote gegeben ist (siehe Beweiswürdigung). Beide Universitäten bieten in acht Semestern, und nahezu gleichen Fächern (wenn auch nicht bei identem Lehrveranstaltungsangebot) eine umfassende juristische Basisausbildung (ua auch mit der Möglichkeit zu Vertiefungen), die den Zugang zu allen für Juristinnen und Juristen offenstehenden Berufsfeldern gewährleistet.
Auch wenn eine frühe Spezialisierung oder eine Zusatzqualifikation durch ein Wahlfach an einer Universität für die spätere Laufbahn von Vorteil sein kann, führt ein solcher Umstand alleine noch nicht zu einer Zwangsläufigkeit der damit verbundenen Aufwendungen.
Der Bf steht deshalb der Pauschbetrag nach § 34 Abs. 8 EStG 1988 nicht zu und die Beschwerde war als unbegründet abzuweisen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall wird über außergewöhnliche Belastungen (Kosten für die auswärtige Berufsausbildung eines Kindes) abgesprochen. Zu § 34 Abs. 8 EStG 1988 liegt eine einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zB ; ) vor. Zudem hing die Entscheidung im Wesentlichen von im Streitfall ausschließlich einzelfallbezogenen Sachverhaltsfragen ab, die im Wege der freien Beweiswürdigung beurteilt wurden. Eine Revision ist demnach nicht zulässig.
Linz, am
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 34 Abs. 8 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 2 Abs. 1 Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes, BGBl. Nr. 624/1995 |
Schlagworte | Gleichartigkeit von Studien Universität Linz Universität Wien Rechtswissenschaft |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.5101208.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at