Keine Herabsetzung eines festgesetzten Säumniszuschlages wegen Vorliegens groben Verschuldens
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Vorsitzenden R., den beisitzenden Richter R1 und die fachkundigen Laienrichter R2 und R3, im Beisein der Schriftführerin S., in der Beschwerdesache Bfin, Adr, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom , St.-Nr. 81***1***, betreffend Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages , in der Sitzung am , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung,
zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach
Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt gemäß § 217 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) einen ersten Säumniszuschlag in Höhe von € 659,00 wegen nicht rechtzeitiger Entrichtung der Umsatzsteuer 05/2017 fest.
Mit Eingabe vom (im Wege von FinanzOnline) erhob die Beschwerdeführerin dagegen das Rechtsmittel der Beschwerde und beantragte die Stornierung des Säumniszuschlages. Begründend wurde vorgebracht, dass die Beschwerdeführerin aufgrund eines Irrtums des zuständigen Mitarbeiters der Steuerberatungskanzlei den relevanten Datenträger für die Onlineüberweisung nicht erhalten habe.
Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. Der Säumniszuschlag sei eine objektive Säumnisfolge und es seien keine konkreten Umstände aufgezeigt worden, die erkennen ließen, dass die Beschwerdeführerin kein grobes Verschulden treffe.
Dagegen brachte die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom einen Vorlageantrag ein und beantragte die Herabsetzung des Säumniszuschlages mangels groben Verschuldens.
Ergänzend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Mitarbeiter der Steuerberatungskanzlei aufgrund eines Denkfehlers vermeint habe, keinen Datenträger mehr an die Abgabepflichtige erstellen zu müssen. Er habe entsprechend der Kanzleiorganisation die Aufgabe auf "Erledigt" gesetzt, womit der Fehler unentdeckt blieb. Die Beschreibung der Umstände und Organisation müssten umfänglich im Verhältnis zum Umfang des Sachverhaltes stehen. Die Behörde hätte aufgrund der Sachverhaltsdarstellung die Art des Verschuldens zu beurteilen gehabt. Die von der Abgabenbehörde angeführten sieben Wochen zwischen dem Irrtum und der tatsächlichen Entrichtung habe nichts mit der Art des Verschuldens zu tun. Dies gelte auch für die von der Behörde ins Treffen geführten sieben Wochen zwischen Irrtum und tatsächlichen Entrichtung.
Zu der am anberaumten mündlichen Verhandlung erschien kein Vertreter der Beschwerdeführerin. Die Verhandlung wurde daher gemäß § 274 Abs. 4 BAO in Abwesenheit der Beschwerdeführerin durchgeführt.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Wird eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so ist gemäß § 217 Abs. 1 und 2 BAO ein erster Säumniszuschlag in Höhe von 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages zu entrichten.
Der Säumniszuschlag ist somit eine objektive Säumnisfolge. Die Gründe, die zum Zahlungsverzug geführt haben sind grundsätzlich unbeachtlich (vgl. Ritz, BAO6, § 217 Tz 2f).
Das Vorliegen eines Zahlungsverzuges ist unbestritten. Der Beschwerdeführer begehrt im gegenständlichen Fall jedoch eine Aufhebung der Festsetzung des Säumniszuschlages nach § 217 Abs. 7 BAO.
Gemäß § 217 Abs. 7 BAO sind auf Antrag des Abgabepflichtigen Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.
Ein derartiger Antrag kann auch in einem Rechtsmittel gegen den Säumniszuschlagsbescheid gestellt werden, da Beschwerdeerledigungen grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Erlassung Bedacht zu nehmen haben (vgl. Ritz, BAO6, § 217 Tz 65 mwN).
Voraussetzung für eine Herabsetzung des mit Bescheid vom festgesetzten ersten Säumniszuschlages betreffend die am fällig gewesenen Umsatzsteuer 05/2017 ist daher, dass hinsichtlich der verspäteten Entrichtung kein grobes Verschulden vorliegt.
Grobes Verschulden fehlt, wenn überhaupt kein Verschulden oder nur leichte Fahrlässigkeit vorliegt. Eine lediglich leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (vgl. Ritz, BAO6, § 217 Tz 44 mwN).
Keine leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn jemand auffallend sorglos handelt. Auffallend sorglos handelt, wer im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt (vgl. ).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, hat die Büroorganisation einer Kapitalgesellschaft gleich der einer Rechtsanwaltskanzlei dem Mindesterfordernis einer sorgfältigen Organisation zu entsprechen. Dazu gehört insbesondere die Vormerkung von Fristen und die Vorsorge durch entsprechende Kontrollen, dass Unzulänglichkeiten zufolge menschlichen Versagens voraussichtlich auszuschließen sind (vgl. zB ).
Für die Herabsetzung oder Unterlassung der Festsetzung eines Säumniszuschlages kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an. Grobes Verschulden von Arbeitnehmern der Partei selbst (oder des Parteienvertreters) ist nicht schädlich. Entscheidend ist in diesem Fall, ob der Partei selbst (bzw. ihrem Vertreter) grobes Verschulden, insbesondere grobes Auswahl- oder Kontrollverschulden anzulasten ist (vgl. ).
Die Herabsetzung bzw. Nichtfestsetzung eines Säumniszuschlages nach § 217 Abs. 7 BAO stellt eine Begünstigung dar. Bei Begünstigungstatbeständen tritt die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund. Der Antragssteller hat selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzulegen, auf die die Begünstigung gestützt werden kann (vgl. und zu § 212 BAO).
Im Beschwerdefall wurde die Umsatzsteuervoranmeldung für Mai 2017 zwar rechtzeitig (elektronisch) abgegeben, jedoch die Umsatzsteuer nicht bis zum Fälligkeitstag, , entrichtet.
Entgegen dem Beschwerdevorbringen kommt somit dem Umstand, ob in der irrtümlichen Nichterstellung eines Datenträgers für die Online-Überweisung durch den Kanzleiangestellten ein grobes Verschulden oder nur eine leichte Fahrlässigkeit zu sehen ist, keine unmittelbare Bedeutung zu.
Entscheidend ist vielmehr das Verhalten der Beschwerdeführerin in Bezug auf die organisatorische Einrichtung und Firstvormerkung. Bei einer sorgfältigen Organisation und entsprechender Terminvormerkung sowie Kontrolle hätte das Nichteinlangen des Datenträgers betreffend die Onlineüberweisung jedenfalls Anlass für eine Nachprüfung bzw. Nachfragen durch die Beschwerdeführerin bei ihrem Steuerberater sein müssen. Handelt es sich bei den Umsatzsteuervorauszahlungen doch um monatlich wiederkehrende Zahlungen mit gesetzlich festgelegten Fälligkeitstagen. Es wurde ganz offensichtlich durch die Beschwerdeführerin keine Kontrolle durchgeführt. Im Beschwerdefall ist daher davon auszugehen, dass ein über eine nur leichte Fahrlässigkeit hinausgehendes Verschulden durch die Beschwerdeführerin vorliegt. Eine Herabsetzung des Säumniszuschlages kann daher nicht erfolgen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zur Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Revision war als unzulässig zu erklären, da keine Rechtsfrage zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 217 Abs. 7 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.3100111.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at