Abweisung; Geltendmachung der Geschäftsführerhaftung erfolgte zu Recht
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. R. in der Beschwerdesache Bf., über die Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde, Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Rechnungs- und Abgabenwesen, vom , xxx, betreffend Haftung für Kommunalsteuer und Nebengebühren für die Zeiträume 2008-2011, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Vorhalt vom teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer,(Bf.), mit, dass dieser zur Zahlung von € 1.325,18 verpflichtet sei. Er sei bis im Firmenbuch als Geschäftsführer der A (fortan Primärschuldnerin genannt) eingetragen gewesen und somit als deren abgabenrechtlicher Vertreter anzusehen. Gemäß § 80 Abs. 1 der BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, insbesondere sei dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden. Hinsichtlich der Kommunalsteuer würden nach § 6a Abs. 1 des Kommunalsteuergesetzes, BGBl.Nr. 819/1993, die in §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den, durch sie vertretenen, Abgabepflichtigen für die, diese treffende, Kommunalsteuer insoweit haften, als diese Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden können, insbesondere im Falle der Insolvenzeröffnung. § 9 Abs. 1 BAO gelte sinngemäß.
Im gegenständlichen Fall seien Abgabenbeträge im Gesamtbetrag von € 1.325,18 bis dato von der Primärschuldnerin nicht entrichtet worden. Diese Rückstände umfassen die Kommunalsteuer lt. GPLA Prüfung für 2008 idHv. € 144,31, die Kommunalsteuer lt. GPLA Prüfung für 2009 idHv. € 351,48 und den dazugehörigen Säumniszuschlag von € 7,02, die Kommunalsteuer lt. GPLA Prüfung für 2010 von € 774,18 und den dazugehörigen Säumniszuschlag von € 15,48 sowie die Kommunalsteuer lt. GPLA Prüfung für 2011 idHv. € 32,17. Die gesetzliche Voraussetzung für die Haft- und Zahlungspflicht sei daher gegeben.Unter Hinweis auf § 183 Abs 4 BAO wurde der Bf., aufgefordert, binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Vorhaltes, Stellung zu nehmen, bzw. den aufgezeigten Rückstand zu begleichen.
Mit Schreiben vom erklärte der Bf.im Wesentlichen, in den Jahren 2008 bis 2011 Geschäftsführer der Primärschuldnerin gewesen zu sein, und diese Funktion bis zum ausgeübt zu haben. In vielen Vorgesprächen mit den zuständigen Mitarbeitern und Abteilungsleitern der belangten Behörde sei die finanzielle Notlage der Primärschuldnerin dargestellt worden. Diese Notlage sei einzig und allein durch die übermäßig hohen Mietzahlungsforderungen gemäß den Verträgen am XX, zurückzuführen, wo sämtliche Geschäftstätigkeiten bis Mai 2015 lukriert worden seien. Es sei mehrfach um einen Nachlass für die verfahrensgegenständliche Vorschreibung ersucht worden. Es sei mit umfassenden Unterlagen belegt worden, dass - um eine drohende Insolvenz abzuwenden - mit allen Lieferanten Abschläge und Vergleichszahlungen in der durchschnittlichen Höhe von 31,25 % der Verbindlichkeiten abgeschlossen worden seien. Trotz des Anscheins, Verständnis gefunden zu haben, sei das Ersuchen um Nachlass mit Hinweis, dass auch keine Vereinbarung mit dem Finanzamt getroffen worden sei, abgelehnt worden. Das Finanzamtskonto der Primärschuldnerin weise einen hohen Rückstand auf. Das Finanzamt wolle, für die Entscheidung über die dort eingebrachten Ansuchen der Primärschuldnerin, erst das Ergebnisses der bereits abgegebenen Bilanz abwarten. Er ersuche daher, in Anerkennung der dargestellten Lage, das Ergebnis der Finanzamtsgespräche abzuwarten um danach einen neuerlichen Antrag auf Zahlungserleichterung stellen zu können. Die belangte Behörde möge würdigen, dass durch seine Bemühungen den ehemaligen MitarbeiterInnen der Primärschuldnerin ein reibungs- und verlustloser Übergang ihrer Dienstverhältnisse ermöglicht worden ist, und dass er versuche ,die Insolvenz der Primärschuldnerin, unter Einsatz aller privater Mittel, zu verhindern.
In der Folge erließ die belangte Behörde iSd § 224 Abs.1 BAO gegenüber dem Bf. den, im Spruch dieses Erkenntnisses angeführten, Haftungsbescheid, mit dem der Bf. für den o.a. Rückstand an Kommunalsteuer samt Nebenansprüchen der Primärschuldnerin für den Zeitraum 2008 bis 2011 haftbar gemacht worden ist und aufgefordert worden ist , den Gesamtbetrag von € 1.325,18 binnen Monatsfrist ab Zustellung zu entrichten. Unter Hinweis auf §§ 6a Abs.1 KommStG 1993, 80 BAO führte sie begründend aus, dass, laut Bericht des Erhebungs- und Vollstreckungsdienstes vom an der Firmenbuchadresse der Primärschuldnerin keine Pfändung dieses Rückstandes durchgeführt werden konnte, da niemand angetroffen worden sei und die Gesellschaft laut Auskunft des Vermieters verzogen sei. Die, vom Gesetzgeber als typischer Fall der erschwerten Einbringung angeführtedie fehlende Pfändungsmöglichkeit sei jedenfalls erfüllt. Der Bf. sei bis im Firmenbuch als Geschäftsführer der Primärschuldnerin eingetragen gewesen und habe weder die Bezahlung des Rückstandes veranlasst, noch irgendwelche Schritte zu dessen Abdeckung unternommen. Durch die Entrichtung der Löhne und Gehälter bei gleichzeitig nicht vollständiger Entrichtung der Kommunalsteuer sei der Magistrat der Stadt Wien als Gläubiger ungleich behandelt worden; durch diese Schlechterstellung habe der Bf. seine Pflicht zur Gleichbehandlung aller Gläubiger verletzt. Er habe somit die, ihm als Geschäftsführer der Primärschuldnerin auferlegten, abgabenrechtlichen Pflichten verletzt und sei daher für den Rückstand, der bei der Primärschuldnerin nicht mehr ohne Schwierigkeiten eigebracht werden könne, haftbar. Die Geltendmachung der Haftung entspräche den Ermessensrichtlinien der Zweckmäßigkeit und Billigkeit nach § 20 BAO, da nach der Aktenlage kein Hinweis vorläge, dass der nunmehr aushaftende Betrag bei der Primärschuldnerin überhaupt noch eingebracht werden könne.
In der Stellungnahme vom habe der Bf. im Wesentlichen vorgebracht, dass die Notlage, in welche die von ihm Vertretene unverschuldet geraten sei, alleine durch übermäßig hohe Mietzahlungsforderungen entstanden sei, dass mehrfach um Nachlass der Vorschreibung lt. GPLA Prüfung ersucht worden sei und dass mit allen Lieferanten Abschläge und Vergleichszahlungen abgeschlossen worden seien. Es solle die Bilanz für das vergangene Jahr abgewartet werden, um zu sehen, ob die Firma in eine Insolvenz gehen müsse. Ebenso solle das Finanzamtsgespräch abgewartet werden.
Diesem Vorbringen sei sei entgegenzuhalten, dass ein Zuwarten bis zur Eröffnung oder den Abschluss des Konkursverfahrens zur Feststellung einer allfällig erzielten Konkursquote gesetzlich nicht vorgesehen sei und der Abgabenbehörde daher auch nicht abverlangt werden könne. Dies gelte auch für etwaige Gespräche mit dem Finanzamt. Der, dem Bf. nachfolgende, Geschäftsführer, sei aufgrund des Antrages auf außergerichtlichen Ausgleich aufgefordert worden, seine bestehenden Verbindlichkeiten in einer Aufstellung zu übermitteln. Dazu seien zwar Vereinbarungen übermittelt worden, jedoch keine mit dem Finanzamt und der Wiener Gebietskrankenkasse. Da somit nicht wie behauptet, mit allen Gläubigern eine Vereinbarung abgeschlossen worden sei, die Vereinbarungen mit den einzelnen Gläubigern in unterschiedlicher Höhe erfolgt seien und auch kein Nachweis der Vermögenslosigkeit erbracht worden sei, sei der Antrag auf außergerichtlichen Ausgleich abzulehnen gewesen.
Gegen diesen Haftungsbescheid brachte der Bf. fristgerecht Beschwerde ein. In der Begründung des Haftungsbescheides seien unrichtige Feststellungen getroffen worden. Es sei "sicher möglich", dass am Standort der Primärschuldnerin niemand angetroffen worden ist, jedoch befinde sich an diesem Ort eine aufrechte Niederlassung. Dem Vermieter sei eine Anfrage "über die Verzogenheit" nicht bekannt. Die Feststellung: "Die Bilanz für das vergangene Jahr solle abgewartet werden, um zu sehen, ob die Firma in eine Insolvenz gehen müsse. ebenso solle das Finanzamtsgespräch abgewartet werden," sei unrichtig. Er habe in seiner Stellungnahme vom erklärt, dass die Bilanz vor Monaten beim Finanzamt zur Veranlagung eingebracht worden sei und man noch immer auf einen Gesprächstermin beim Finanzamt warte, um- auf Basis der eingebrachten Bilanz- eine Vereinbarung zur außergerichtlichen Verhinderung eines Insolvenzverfahrens treffen zu können.
Bei der Wiener Gebietskrankenkasse habe es zum Zeitpunkt der Rückstandsforderung keine offenen oder neuen Forderungen mehr gegeben, da die Primärschuldnerin keine Dienstnehmer mehr beschäftigt habe. Darüber hinaus sei doch sicher bekannt, dass Krankenkassen keinen außergerichtlichen Nachlässen zustimmen, sondern den vollständigen Betrag unter Androhung der Insolvenzantragstellung fordern. Die Forderung eines diesbezüglichen Vergleichsnachweises sei daher eine Farce. Manche Vereinbarungen mit den Gläubigern seien zwar in geringfügig unterschiedlicher Höhe abgehandelt worden, dies liege jedoch in der Natur der Sache und ändere nichts an seiner Redlichkeit größeren Schaden für alle beteiligten Gläubiger im Falle der Insolvenz abzuwenden. Der Vorwurf der Ungleichbehandlung zeige große Ignoranz, Kälte und Unverständnis.
Der, durch seine Bemühungen ermöglichte, reibungs- und verlustlose Übergang aller Mitarbeiter und Buchhandlungen zu den neuen Dienstgebern und Betreibern, wäre durch ein Insolvenzverfahren sicher verhindert worden. Darüber hinaus hätte ein solches Verfahren großen Image-Schaden ausgelöst. Er habe als Gesellschafter, um die Insolvenz zu vermeiden, auf alle seine Ersparnisse aus 50jähriger Berufstätigkeit verzichtet und diese Gelder, die bereits verpfändet für Investitionskredite seit Jahren und teils auch Jahrzehnten auf Banken vorlagen, für die Abdeckung von Forderungen eingesetzt. Nunmehr beziehe er nur noch seine aktuelle Pension.
Die Rückstände an Kommunalsteuer ergäben sich aus einer GPLA-Prüfung und seien in vier Jahren entstanden. Sie seien im historischen Vergleich des Unternehmens lächerlich gering. Dahinter würden vermutlich Berechnungsunterschiede liegen, woraus sich keinesfalls die Verpflichtung ergeben habe, die Löhne nicht zu begleichen. Er protestiere gegen den Vorwurf der Verletzung des Gleichbehandlungsgebots . Es sei nach dem Bekanntwerden und Kenntnisnahme der Rückstände an Kommunalsteuern und Nebengebühren versucht worden, eine Lösung zu finden. Eine Pflichtverletzung sei deshalb nicht vorstellbar.
Letztlich ersuchte der Bf. die Finanzamtsgespräche abzuwarten um danach dringend notwendige Ansuchen auf Zahlungserleichterungen einbringen zu können.
Die belangte Behörde wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung als unbegründet-im Wesentlichen mit folgender Begründung- ab.
Die Nachforderungen aus der gemeinsamen Prüfung der lohnabhängigen Abgaben durch das Finanzamt beträfen GSVG-Beiträge, die nicht dem DB, DZ und der Kommunalsteuer unterzogen worden seien, sowie Geschäftsführerbezüge des Bf. Daher können nicht von Berechnungsunterschieden gesprochen werden. Die Ungleichbehandlung des Gläubigers Magistrat der Stadt Wien sei evident, da Beträge an Kommunalsteuern und Nebengebühren für den Zeitraum 2008-2011 an die Gläubigerin, Gemeinde Wien, in unvollständiger Höhe abgeführt worden seien, dagegen Löhne , Gehälter und die Abgaben an die Wiener Gebietskrankenkasse für den gleichen Zeitraum vollständig entrichtet worden seien. Der Bf. habe nicht nachweisen können, dass ihm die Erfüllung seiner Pflichten unmöglich gewesen sei. Die Pflichtverletzung ergebe sich aus der Missachtung der abgabenrechtlichen Bestimmungen. Der Bf. habe Sorge tragen müssen, dass die Kommunalsteuer für den Haftungszeitraum fristgerecht entrichtet wird.
Die Anträge der Primärschuldnerin auf außergerichtlichen Ausgleich seien letztlich abgelehnt worden. Es sei in der Verantwortung der handelnden Personen gelegen, rechtzeitig entweder die Zahlung der offenen Rückstände einzuleiten oder mangels Zahlungsfähigkeit einen Konkursantrag beim Handelsgericht Wien einzubringen. Beides sei bis dato nicht erfolgt, daher könne zu Recht von einer schuldhaften Pflichtverletzung der handelsrechtlichen Geschäftsführer ausgegangen werden. Der Verweis auf einen allfälligen außergerichtlichem Ausgleich mit dem Finanzamt sei für das gegenständliche Haftungsverfahren irrelevant.
In der Folge brachte der Bf. fristgerecht einen Vorlageantrag gemäß § 264 BAO an das Bundesfinanzgericht,(BFG), -unter sinngemäßer Darstellung seines bisherigen Beschwerdevorbringen- ein. Darüber hinaus brachte er im Wesentlichen folgendes vor: Die verfahrensgegenständlichen Rückstände seien vom Magistrat der Stadt Wien erst zu einem Zeitpunkt vorgeschrieben worden, in dem alle Löhne und Gehälter bereits ausgezahlt waren, aber auch die Abgaben an die WGKK längst vorgeschrieben und entrichtet waren. Zu diesem Zeitpunkt sei eine fristgerechte Entrichtung der Kommunalsteuer für die Zeiträume 2008-2011 nicht mehr möglich gewesen. Es könne daher nicht von einer, gleichzeitig mit den Löhnen und Gehältern angefallenen, Kommunalsteuer gesprochen werden. Daher liege die, ihm zum Vorwurf gemachte, Ungleichbehandlung nicht vor. Die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten für die Primärschuldnerin, sei ihm nur erschwert möglich. Er habe für die diese bereits all seine Ersparnisse und finanzielle Mittel einsetzen müssen, sodass er nunmehr- zusätzlich zu seinen regelmäßigen Belastungen und Lebenskosten- nur aus seinen Pensionseinkünften Leistungen erbringen könne.
Erschwerte Einbringlichkeit bedeute nicht Uneinbringlichkeit der Rückstände. Ziel der Primärschuldnerin sei es nach wie vor, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Dafür werde das Entgegenkommen der belangten Behörde benötigt.
Das Bundesfinanzgericht hat dazu erwogen:
Rechtslage
Das Kommunalsteuergesetz 1993, (KommStG 1993) lautet auszugsweise:
§ 6. Steuerschuldner ist der Unternehmer, in dessen Unternehmen die Dienstnehmer beschäftigt werden. Werden Personen von einer inländischen Betriebsstätte eines Unternehmens zur Arbeitsleistung überlassen, ist der überlassende Unternehmer Steuerschuldner. Wird das Unternehmen für Rechnung mehrerer Personen betrieben, sind diese Personen und der Unternehmer Gesamtschuldner; dies gilt auch für Mitunternehmer im Sinne des Einkommensteuergesetzes 1988. Als Steuerschuldner des Unternehmens ÖBB-Gesellschaften (§ 3 Abs. 4) gilt die ÖBB-Holding AG.
§ 6a Abs. 1. Die in den §§ 80 ff der Bundesabgabenordnung bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. § 9 Abs. 2 Bundesabgabenordnung gilt sinngemäß.
§ 9 Abs. 1 Bundesabgabenordnung,(BAO), lautet:" Die in den §§ 80 ff. bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können."
§ 80 Abs. 1 BAO lautet "Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden."
Gem. § 18 Abs. 1 GmbH-Gesetz wird die Gesellschaft durch die Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten.
§ 224 Abs. 1 BAO lautet "Die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen werden durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten."
Dem gegenständlichen Verfahren wird der nachstehende, entscheidungsrelevante Sachverhalt zu Grunde gelegt, der sich aus dem Inhalt des, dem BFG vorgelegten, Bezug habenden Verwaltungsaktes, dem Firmenbuchauszug , betreffend die Primärschuldnerin, sowie den Einlassungen des Bf. ergibt:
Der Bf. vom bis zum alleiniger Geschäftsführer der Primärschuldnerin.
Aufgrund einer gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben für die Zeiträume 2008-2011 bei der Primärschuldnerin durch das zuständige Finanzamt stand nach Beendigung dieser Prüfung am fest, dass folgende Beträge an Kommunalsteuer nicht entrichtet worden sind:
Kommunalsteuer lt. GPLA Prüfung für den Zeitraum 2008: € 144,31
Kommunalsteuer lt. GPLA Prüfung für den Zeitraum 2009: € 351,48,
Säumniszuschlag hiezu: € 7,02
Kommunalsteuer lt. GPLA Prüfung für den Zeitraum 2010: € 774,18
Säumniszuschlag hiezu: € 15,48
Kommunalsteuer lt. GPLA Prüfung für den Zeitraum 2011: € 32,71
Summe: € 1.325,18.
In der Folge konnte die zwangsweise Einbringung dieses Rückstandes durch die belangte Behörde an der firmenbuchmäßigen Geschäftsanschrift der-lt. Angaben des, dem Bf. nachfolgendem Geschäftsführers- insolvenzgefährdeten Primärschuldnerin am nicht durchgeführt werden, weil die Geschäftsanschrift der Primärschuldnerin geändert worden ist, und die belangten Behörde darüber nicht informiert worden ist.
Der o.a. Gesamtrückstand resultiert daraus, dass , von der Primärschuldnerin für den Bf, als deren Geschäftsführer, übernommene gewerbliche Sonderversicherungsbeträge (GSVG-Beträge) nicht der Kommunalsteuer unterzogen worden sind.
Der Bf. erklärte die o.a. Rückstände, als vermutlich unabsichtliche Berechnungsunterschiede, die von der Buchhaltung anders gesehen worden sind und - im Vergleich zu allen Abgaben, die im Laufe der Jahrzehnte geleistet worden sind-lächerlich gering ausgefallen sind. Zudem ist das Ergebnis dieser Berechnungsunterschiede erst im Jahr 2015, sohin nach Beendigung seiner Geschäftsführertätigkeit vorgelegen. Er habe, gemeinsam mit dem, ihm nachgefolgten, Geschäftsführer, nach dem Bekanntwerden und Kenntnisnahme dieser Rückstände versucht, eine Lösung zu finden. Eine Verletzung abgabenrechtlicher Verpflichtungen sei daher nicht vorstellbar.
Die Eröffnung des Konkurses der Primärschuldnerin erfolgte mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom TT.MM.2018, Aktenzahl
Beweiswürdigung
Im vorliegenden Fall hatte das BFG alleine die Rechtmäßigkeit der Geltendmachung der Geschäftsführerhaftung gemäß § 9 Abs. 1 BAO gegenüber dem Bf. zu beurteilen
Dazu war zu erwägen:
Die Haftung nach § 9 BAO ist eine Ausfallshaftung. Voraussetzung ist die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden. Uneinbringlichkeit liegt vor, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären. (vgl. ; ,99/14/0218; , 2009/15/0013)
Für die Haftung nach § 9 BAO ist nur die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten von Bedeutung (vgl. )
Zu den abgabenrechtlichen Pflichten des Vertreters gehört insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben entrichtet werden. Abgesehen von der Abgabenentrichtung gehören zu den abgabenrechtlichen Pflichten vor allem
die Führung gesetzmäßiger Aufzeichnungen (z.B. )
die zeitgerechte Einreichung von Abgabenerklärungen (z.B. ; ,2001/14/0006)
die Offenlegungs-und Wahrheitspflicht ()
Bei Betrauung Dritter (Z.B. Angestellter) mit den abgabenrechtlichen Pflichten besteht die Haftung vor allem bei Verletzung von Auswahl-und Überwachungspflichten (; ,95/13/0261; , 2001/16/0291). Der Vertreter hat das Personal in solchen Abständen zu überwachen, die es ausschließen, dass ihm die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten, insbesondere die Verletzung abgabenrechtlicher Zahlungspflichten verborgen bleiben. (; , 2000/14/0106; , 2007/15/0164).
Der Zeitpunkt für den zu beurteilen ist, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, bestimmt sich danach, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären. (Z.B. )
Bei Selbstbemessungsabgaben-so auch bei der Kommunalsteuer ist maßgebend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären (z.B. ; , 2001/15/0108; , 2007/15/0277).Die Verschuldensprüfung hat von der objektiven Richtigkeit der Abgabenfestsetzung auszugehen.( )
Ob dem Vertreter ein Verschulden am Eintritt der Zahlungsunfähigkeit trifft, ist für die Haftung nach § 9 ohne Bedeutung.( z.B.)
Nur schuldhafte Verletzungen abgabenrechtlicher Verpflichtungen berechtigen zur Haftungsinanspruchnahme. Eine bestimmte Schuldform ist nicht gefordert (auch leichte Fahrlässigkeit), z.B. ,0038; , 95/15/0137)
Unkenntnis vermag den Vertreter nicht zu exkulpieren. ()
Der Vertreter hat die Schulden der Vertretenen im gleichen Verhältnis zu befriedigen.(Gleichheitsgrundsatz) (: , 98/17/0038; ,99/14/0278)
Der Vertreter hat nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung iSd § 9 Abs 1 BAO annehmen darf. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war. Für die Haftung nach § 6a KommStG und nach § 6a des Wiener Landesgesetzes über die Dienstgeberabgabe gilt nichts anderes (vgl. , , , vgl. auch die in Ritz, Kommentar zur BAO5, unter Rz. 22 zu § 9 BAO wiedergegebene Rechtsprechung).
Dem Vertreter obliegt dabei kein negativer Beweis, sondern die konkrete (schlüssige) Darstellung der Gründe, die zB der gebotenen rechtzeitigen Abgabenentrichtung entgegenstanden ( ; , 2005/17/0259, 2006/17/0002; zumindest „qualifizierte Behauptungs- und Konkretisierungslast“ nach ; , 99/14/0120) (Ritz, BAO, 6. Aufl. 2017, § 9 Rz 22).
Bezogen auf den zu beurteilenden Fall bedeuten diese rechtlichen Ausführungen folgendes:
Für die Geltendmachung der Geschäftsführerhaftung genügt- im Hinblick auf die Bestimmung des § 6a Abs. 1 KommStG 1993 - die objektive Voraussetzung der erschwerten Einbringlichkeit der Steuerrückstände. Diese zeigt sich im zu beurteilenden Fall dadurch, dass, aufgrund der nicht kommunizierten Verlegung der firmenbuchmäßigen Geschäftsadresse der Primärschuldnerin, Einbringungsmaßnahmen der Gläubigerin erfolglos gewesen sind.
Die, vom Bf. aufgezeigten, Versuche, das Insolvenzverfahren der Primärschuldnerin zu verhindern, bedeuten nicht , dass ihm als Geschäftsführer keine schuldhaften Verletzung der abgabenrechtlichen Pflicht für die vollständige Entrichtung der Kommunalsteuer für die Zeiträume 2008-2011 zu sorgen, vorzuwerfen ist.
Für die Beurteilung , ob es der Gemeinschuldnerin überhaupt möglich war, des verfahrensgegenständlichen Gesamtrückstandes an Kommunalsteuer und Nebenansprüchen aus eigenen Mittel zu entrichten, ist nicht der Zeitraum maßgeblich, in welchem dem Bf. dieser Gesamtrückstand bekannt geworden ist, sondern der, in welchem die Kommunalsteuer, bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung, vollständig abzuführen gewesen wäre.
Bei der Kommunalsteuer handelt es sich um eine Selbstbemessungsabgabe, die für jeden Kalendermonats selbst zu berechnen und bis zum 15. des darauf folgenden Monats zu entrichten ist
Es liegt nicht der geringste Anhaltspunkt vor, dass es der Primärschuldnerin zu den Fälligkeitszeitpunkten nach § 11 Abs. 2 KommStG nicht möglich gewesen wäre, eine in richtiger Höhe bemessene, Kommunalsteuer für die Zeiträume 2008-2011 vollständig zu entrichten.
Seinen Einlassungen nach war zum verfahrensrelevanten Zeitraum die Berechnung der Kommunalsteuer Aufgabe der Buchhaltung der Primärschuldnerin.In diesem Zusammenhalt ist auf die o.a. Auswahl-und Kontrollpflichten des Bf, als Geschäftsführer, gegenüber den von ihm mit der Berechnung der Kommunalsteuer betrauten Personen zu verweisen.
Seine vorgebrachte Verantwortung, den Steuerrückständen lägen vermutlich unabsichtliche Berechnungsunterschiede der Buchhaltung zu Grunde und es handle sich dabei-im Vergleich zu allen Abgaben, die von der Primärschuldnerin im Laufe der Jahrzehnte geleistet wurden- um lächerlich geringe Beträge; zudem habe er, nach Bekanntwerden dieser Berechnungsunterschiede im Jahr 2015 (in welchem die Primärschuldnerin bereits insolvenzgefährdet war), versucht, eine Lösung zu finden, war nicht als Nachweis geeignet, dass er seine Auswahl-und Kontrollpflichten, im Hinblick auf die richtige Selbstbemessung und vollständigen Entrichtung der Kommunalsteuer für den Zeitraum 2008-2011, erfüllt hat, sodass ihn an der erschwerten Einbringlichkeit des Rückstandes an Kommunalsteuer und Nebenansprüchen kein Verschulden trifft.
Somit war davon auszugehen, dass der Bf. seine Verpflichtung als Geschäftsführer, für die vollständige Entrichtung der Kommunalsteuer für die Zeiträume 2008-2011 aus den Mitteln der Primärschuldnerin zu sorgen, schulhaft verletzt hat, und dass diese Pflichtverletzung zur erschwerten Einbringlichkeit dieser Steuerrückstände, geführt hat.
Die Nichtbeachtung des gebotenen Gleichheitsgrundsatzes bestand darin, dass- unter der Geschäftsführung des Bf.-Schulden anderer Gläubiger der Vertretenen (z.B. Arbeitnehmer) im Gegensatz zu den Schulden der Abgabengläubigerin Gemeinde Wien, für die Zeiträume 2008-2011, vollständig beglichen worden sind.
Aus den aufgezeigten Gründen waren daher die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Geschäftsführerhaftung (erschwerte Einbringlichkeit des Steuerrückstandes, Verschulden des Bf. an dieser erschwerten Einbringlichkeit aufgrund seiner abgabenrechtlichen Pflichtverletzung) gegenüber dem Bf. gegeben.
Nach Lehre und Rechtsprechung ist die Heranziehung zur Haftung in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt, wobei die Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen ist. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen. Von einer ermessenswidrigen Inanspruchnahme wird vor allem dann gesprochen, wenn die Abgabenschuld vom Hauptschuldner ohne Gefährdung und ohne Schwierigkeit rasch eingebracht werden kann.
Ist eine Einbringlichmachung beim Primärschuldner unzweifelhaft nicht gegeben, kann die Frage der Einbringlichkeit der Haftungsschuld beim Haftenden von der Abgabenbehörde bei ihren Zweckmäßigkeitsüberlegungen vernachlässigt werden ().Bezogen auf den zu beurteilenden Fall ist dazu festzustellen, dass mittlerweile ü ber die Primärschuldnerin mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom TT.MM.2018, Aktenzahl, der Konkurs eröffnet worden ist und die Primärschuldnerin zeitgleich mit dieser Eröffnung aufgelöst worden ist.
Die Geltendmachung der Haftung entspricht verfahrensgegenständlich auch den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit und Billigkeit. Bei Abstandnahme von der Haftungsinanspruchnahme würde die Abgabengläubigerin ihres Anspruches verlustig gehen. Im Übrigen spricht nichts dafür, dass es unbillig ist, einen Geschäftsführer, der seine abgabenrechtlichen Pflichten verletzt, zur Haftung heranzuziehen, anderenfalls jene Abgabepflichtigen, die ihre Pflichten erfüllen, im wirtschaftlichen Wettbewerb benachteiligt würden. Im Hinblick auf den vom Bf., (unbewiesen) ins Treffen geführten Umstand, für Verbindlichkeiten der Bf. alleine aus seiner Pension aufkommen zu müssen, wird auf die Möglichkeit der Beantragung von Zahlungserleichterungen hingewiesen.
Die Ermessensentscheidung wurde daher von der belangten Behörde gesetzeskonform getroffen.
Letztlich ist mitzuteilen, dass hinsichtlich des gesamten Haftungsbetrages (€ 1.325,18) ein Gesamtschuldverhältnis mit X1 besteht.
Aus den aufgezeigten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird
Das vorliegende Erkenntnis folgt der dargestellten ständigen Judikatur des VwGH, sodass keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Landesabgaben Wien |
betroffene Normen | § 6 KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993 § 6a Abs. 1 KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993 § 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 224 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 18 Abs. 1 GmbHG, GmbH-Gesetz, RGBl. Nr. 58/1906 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.7400195.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at