Begräbniskosten stellen nur insoweit eine außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 34 EStG dar, als sie in den Nachlassaktiva keine Deckung finden.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Anna Radschek in der Beschwerdesache Bf., [Adresse], über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde FA vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Das Finanzamt versagte im Einkommensteuerbescheid 2018 vom den von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Begräbniskosten die Berücksichtigung mit der Begründung, die Aufwendungen würden den für die Beschwerdeführerin gültigen Selbstbehalt in Höhe von 4.952,55 Euro nicht übersteigen.
In der fristgerecht eingebrachten Beschwerde führte die Beschwerdeführerin aus, es seien ihr ca. 6.000,00 Euro an Begräbniskosten entstanden, die im angefochtenen Einkommensteuerbescheid nicht berücksichtigt worden seien, weshalb sie um eine Kontrolle des Bescheides ersuche.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und begründend dargelegt, dass die für ein würdiges Begräbnis maximal in Höhe von 5.000 Euro anzuerkennenden Kosten aus den Nachlassaktiva zu tragen seien, weshalb eine Berücksichtigung nicht in Frage käme.
Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag vom brachte die Beschwerdeführerin sinngemäß vor, dass sie wegen der Überschuldung des Nachlasses 5.380,83 Euro an Bestattungskosten zu tragen gehabt habe.
Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte im Vorlagebericht aus, dass gemäß § 549 ABGB Begräbniskosten zu den bevorrechteten Nachlassverbindlichkeiten gehörten. Sie seien demnach vorrangig aus einem vorhandenen Nachlassvermögen zu bestreiten. Sei kein ausreichender Nachlass zur Deckung der Begräbniskosten vorhanden, so würden hierfür die zum Unterhalt des Verstorbenen Verpflichteten haften. Fänden Begräbniskosten in den vorhandenen Nachlassaktiva Deckung, komme die Berücksichtigung einer außergewöhnlichen Belastung nicht in Betracht. Insoweit fehle es an der Zwangsläufigkeit.
Weiters sei der Höhe nach die Absetzbarkeit von Begräbniskosten mit den Kosten eines würdigen Begräbnisses sowie einfachen Grabmals begrenzt, wobei diese noch um das Nachlassvermögen (Aktiva lt. Beschluss) zu kürzen seien. Bundeseinheitlich beliefen sich diese Kosten ab der Veranlagung für 2013 erfahrungsgemäß auf höchstens je 5.000 Euro. Entstünden höhere Kosten, so sei auch die Zwangsläufigkeit nachzuweisen.
Laut Beschluss des Bezirksgerichtes [BG] seien Aktiva in Höhe von 4.380,87 Euro auf teilweisen Abschlag für bezahlte Todesfallsausgaben in Höhe von 4.900,13 Euro an Zahlungs statt überlassen worden.
Es seien daher von den beantragten Begräbniskosten, begrenzt des Bezirksgerichtes [BG] mit den Kosten eines ortsüblichen Begräbnisses, die Kosten abzüglich der Aktiva laut Beschluss als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig und das Beschwerdebegehren als unbegründet abzuweisen.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zu Grunde gelegt:
Der Beschwerdeführerin entstanden im Zusammenhang mit dem Begräbnis ihres im Jänner 2018 verstorbenen Ehemannes im Jahr 2018 Begräbniskosten in folgender Höhe:
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Bestattung | 4.028,83 Euro |
Krematorium | 383,00 Euro |
Totenbeschau, Kühlraum | 717,00 Euro |
Trauerstrauß | 140,00 Euro |
Gebühren Ansuchen | 14,30 Euro |
Summe | 5.283,13 Euro |
Mit Beschluss des Bezirksgerichtes [BG] vom wurden der Bf in der Verlassenschaftssache nach ihrem im Jänner 2018 verstorbenen Ehegatten die Aktiva von gesamt 4.380,87 Euro zur teilweisen Abstattung der von ihr bis dahin bezahlten Todesfallausgaben in Höhe von 4.900,13 Euro und gegen Zahlung der Gebühren des Gerichtskommissärs in Höhe von 252,00 Euro an Zahlung statt überlassen. Die Verlassenschaft war damit überschuldet.
Die Beschwerdeführerin verfügte im Jahr 2018 über ein Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 in Höhe von 35.297,76 Euro. Im Einkommen sind darüber hinaus sonstige Bezüge gem. § 67 Abs. 1 EStG 1988 in Höhe von 5.973,49 Euro enthalten.
Der unstrittige Sachverhalt ergibt sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen, wie insbesondere dem Beschluss des Bezirksgerichtes [BG] vom , den von der Bf. übermittelten Rechnungsbelegen sowie den Daten des Abgabeninformationssystems des Bundes.
Er ist folgendermaßen rechtlich zu beurteilen:
§ 34 EStG 1988 räumt dem unbeschränkt Steuerpflichtigen einen Rechtsanspruch auf Abzug außergewöhnlicher Belastungen bei der Ermittlung des Einkommens ein, wenn folgende im Gesetz aufgezählte Voraussetzungen gleichzeitig erfüllt sind:
1. Die Aufwendungen müssen außergewöhnlich sein (§ 34 Abs. 2 EStG 1988).
2. Sie müssen zwangsläufig sein (§ 34 Abs. 3 EStG 1988).
3. Sie müssen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen wesentlich beeinträchtigen (§ 34 Abs. 4 EStG 1988).
Schon das Fehlen einer einzigen dieser Voraussetzungen schließt die Anerkennung der geltend gemachten Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung aus (vgl. ; ).
Gemäß § 34 Abs 2 EStG 1988 ist die Belastung außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.
Gemäß § 34 Abs 3 EStG 1988 erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Gemäß § 34 Abs 4 EStG 1988 beeinträchtigt die Belastung wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 EStG 1988 in Verbindung mit § 34 Abs. 5 EStG 1988) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen von mehr als 36.400 Euro 12%.
Sind im Einkommen sonstige Bezüge im Sinne des § 67 EStG 1988 enthalten, dann sind gemäß § 34 Abs 5 EStG 1988 als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für Zwecke der Berechnung des Selbstbehaltes die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, erhöht um die sonstigen Bezüge gemäß § 67 Abs. 1 und 2 EStG 1988, anzusetzen.
Gemäß § 549 ABGB gehören die dem Gebrauche des Ortes, dem Stande und dem Vermögen des Verstorbenen angemessenen Begräbniskosten zu den auf der Erbschaft haftenden Lasten. Sie sind sohin vorrangig aus den Aktiva des Nachlasses zu tragen (vgl. hiezu Apathy in Koziol/Bydlinski/Bollenberger (Hrsg.), ABGB³, § 549 Rz 3).
Subsidiär haften die Unterhaltspflichtigen für die Begräbniskosten (vgl. Apathy, aaO, Rz 3). Ist also überhaupt kein Nachlass vorhanden oder reicht er nicht aus, um die angemessenen Begräbniskosten zu decken, dann haften die nach dem Gesetz zum Unterhalt des Verstorbenen verpflichteten Personen (vgl. Eccher in Schwimann, ABGB³, § 549 Rz 8; Welser in Rummel, ABGB I³, § 549 Rz 4; OGH EvBl 1966/90).
Es entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass Begräbniskosten insoweit keine außergewöhnliche Belastung darstellen, als sie in den Nachlassaktiva Deckung finden (vgl. ; ). Die Kosten des Verlassenschaftsverfahren sind dabei von den Nachlassaktiva abzuziehen (Jakom/Peyerl, EStG 2019, § 34 Rz 90 „Begräbniskosten").
Der Höhe nach ist die außergewöhnliche Belastung mit den Kosten eines dem Ortsgebrauch und der sozialen Stellung des Verstorbenen Rechnung tragenden würdigen Begräbnisses begrenzt (Jakom/Peyerl, EStG 2018, § 34 Rz 90 „Begräbniskosten"). Während die Verwaltungspraxis im Jahr 2017 die Kosten eines würdigen Begräbnisses sowie eines einfachen Grabmals mit jeweils 5.000,00 Euro ansetzte (LStR 2002 Rz 890), geht die Judikatur des Bundesfinanzgerichtes auf Basis der Beerdigungskostenverordnung 2016 der Finanzmarktaufsichtsbehörde (BGBl II 172/2015) von einem einheitlichen Höchstbetrag von 10.000 Euro für alle im Zusammenhang mit der Bestattung angefallenen Kosten aus. Der darin geregelte Gesamtrahmen ist gegenüber einer Aufteilung der Begräbniskosten im engeren Sinne einerseits und der Grabmalkosten andererseits (LStR 2002) vorzuziehen, da es um die insgesamt einfache, würdige Gestaltung des Begräbnisses geht und die Aufteilung auf einzelne Komponenten sachlich nicht geboten erscheint. Wird dieser Gesamtrahmen nicht überschritten, so kommt eine Prüfung der Zweckmäßigkeit und Angemessenheit einzelner Aufwendungen im Rahmen eines einfachen, ortsüblichen Begräbnisses nicht in Betracht, weil die Gestaltung eines Begräbnisses zu den höchstpersönlichen Angelegenheiten des Kostenträgers gehört (; ; ).
Die der Beschwerdeführerin entstandenen Kosten in Höhe von 5.283,13 Euro für das Begräbnis ihres verstorbenen Ehegatten verkörpern somit in voller Höhe anzuerkennende Kosten für eine würdige Bestattung.
Die angefallenen Begräbniskosten stellen jedoch insoweit keine außergewöhnliche Belastung dar, als sie in den im Nachlass enthaltenden Aktiva Deckung finden.
Im überschuldeten Nachlass des Verstorbenen waren laut Beschluss des Bezirksgerichtes [BG] vom , GZ. [Geschäftszahl], Aktiva in Höhe von 4.380,87 Euro enthalten, die der Beschwerdeführerin auf teilweisen Abschlag ihrer Forderung für bezahlte Todesfallsausgaben in Höhe 4.900,13 Euro an Zahlungs statt überlassen wurden. Nach Begleichung der Gebühren des Gerichtskommissärs in Höhe von 252,00 Euro, stand der Beschwerdeführerin somit ein Reinbetrag in Höhe von 4.128,87 Euro aus dem Nachlass zur Begleichung der Begräbniskosten zur Verfügung.
Sohin ergibt sich folgende Berechnung:
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Begräbniskosten | 5.283,13 Euro |
Überlassener Reinnachlass | - 4.128,87 Euro |
Nicht in den Nachlassaktiva gedeckte Begräbniskosten | 1.154,26 Euro |
Eine Belastung stellt gemäß § 34 Abs. 4 EStG 1988 nur dann eine außergewöhnliche Belastungen im Sinne des § 34 EStG 1988 dar, wenn sie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des oder der Steuerpflichtigen insofern beeinträchtigt, als sie (im gegenständlichen Fall) den von einem Einkommen von über 36.400 Euro (vor Abzug der außergewöhnlichen Belastung) zu berechnenden Selbstbehalt von 12% übersteigt.
Die Berechnung des von der Beschwerdeführerin zu tragenden Selbstbehaltes hat folgendermaßen zu erfolgen:
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Einkommen lt. Bescheid | 35.297,76 Euro |
zu berücksichtigende Sonderzahlungen | 5.973,49 Euro |
41.271,25 Euro | |
12%Selbstbehalt | 4.952,55 Euro |
Da die von den Nachlassaktiva nicht gedeckten Begräbniskosten in Höhe von 1.154,26 Euro den Selbstbehalt von 4.952,55 Euro nicht übersteigen, können sie nicht als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 34 EStG 1988 berücksichtigt werden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die im gegenständlichen Fall zu beurteilende Rechtsfrage, in welcher Höhe Begräbniskosten als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 EStG 1988 zu berücksichtigen sind, wurde im Sinne der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. bspw. ; ; ; ) entschieden. Die Höhe des in Abzug zu bringenden Selbstbehaltes ergibt sich eindeutig aus § 34 Abs. 4 EStG 1988.
Damit hängt das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes nicht von einer Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung ab, weshalb die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision auszusprechen war.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 34 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 549 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811 § 34 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 Beerdigungskostenverordnung 2016, BGBl. II Nr. 172/2015 § 33 Abs. 5 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.7105740.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at