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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.12.2019, RV/7101673/2010

Aufhebung eines gemäß § 295 Abs. 1 BAO abgeleiteten Einkommensteuerbescheides, weil der Grundlagenbescheid ein Nichtbescheid war und damit keine Rechtswirkungen entfaltet hat.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Mirha Karahodzic MA über die Beschwerde des ***, ***, vertreten durch die TWB Treuhand- und Wirtschaftsberatungsgesellschft m.b.H., Opernring 7, 1010 Wien, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom in der Fassung des Bescheides vom , betreffend Festsetzung der Einkommensteuer für das Jahr 2002 gemäß § 295 Abs. 1 BAO, zu Recht: 

I. Der Beschwerde wird Folge gegeben. Der angefochtenen Bescheide wird ersatzlos aufgehoben.

II. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer bezog im Streitjahr 2002 Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus verschiedenen Mitunternehmerschaften, aus Vermietung und Verpachtung und aus Kapitalvermögen.

Aus seiner Beteiligung an der "**A** KG"  erklärte er im Jahr 2002 Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv -1.449.500,00 Euro.

Nach der zunächst erklärungsgemäßen Festsetzung der Einkommensteuer 2002 erfolgte auf Grund der Beteiligung des Beschwerdeführers an der "**B** KEG" mit Bescheid vom eine Änderung der Einkommensteuer 2002 gemäß § 295 Abs. 1 BAO. Die dagegen eingebrachte Berufung wurde mit Schreiben vom zurückgezogen.

Am erging eine geänderte Mitteilung über die gesonderte Feststellung für die Beteiligung des Beschwerdeführers an der "**A** KG", wonach auf diesen für das Jahr 2002 Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv -138.252,27 Euro entfielen.

Daraufhin wurde die Einkommensteuer 2002 des Beschwerdeführers, welche mit Bescheid vom festgesetzt worden war, erneut gemäß § 295 Abs. 1 BAO abgeändert und mit Bescheid vom (berichtigt mit Bescheid vom ) mit 656.491,42 Euro festgesetzt.

Der Beschwerdeführer brachte sowohl gegen den abgeänderten Einkommensteuerbescheid 2002 vom als auch - als atypisch stiller Beteiligter - gegen den Bescheid vom betreffend die Feststellungen der "**A** KG" Berufung (nunmehr Beschwerde) ein.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung gegen den verfahrensgegenständlichen Einkommensteuerbescheid 2002 vom als unbegründet abgewiesen.

Am ersuchte der Beschwerdeführer um Vorlage seiner Berufung an die damals zuständige Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes (Außenstelle Klagenfurt) vom , RV/4100205/2012, wurden die Berufungen (nunmehr: Beschwerden) der "**A** KG" und des Beschwerdeführers als atypisch stillen Beteiligten dieser KG als unzulässig zurückgewiesen.

Mit Schriftsatz vom zog der Beschwerdeführer den im Vorlageantrag gestellten Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidung durch den gesamten Senat zurück.

II. Das Bundesfinanzgericht hat dazu erwogen:

Mit wurde der Unabhängige Finanzsenat (UFS) aufgelöst. Die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des 31. Dezembers 2013 bei dieser Behörde anhängigen Verfahren ist auf das Bundesfinanzgericht übergegangen. Die am beim UFS als Abgabebehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen sind daher gemäß § 323 Abs. 38 BAO vom Bundesfinanzgericht als Beschwerde im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.

1. Folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt steht fest:

Der Beschwerdeführer war im Jahr 2002 u.a. an der Firma "**A** KG" beteiligt, welche mit Gesellschaftsvertrag vom errichtet und am im Firmenbuch eingetragen wurde. Aus dieser Beteiligung erklärte er im Jahr 2002 Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv -1.449.500,00 Euro. Die Veranlagung erfolgte zunächst erklärungsgemäß, mit Bescheid vom erfolgte auf Grund der Beteiligung des Beschwerdeführers an der "**B** KEG" eine (erste) Änderung der Einkommensteuer 2002 gemäß § 295 Abs. 1 BAO. Die dagegen eingebrachte Berufung wurde aber mit Schreiben vom zurückgezogen.

Mit gemäß § 295 Abs. 1 BAO geändertem Einkommensteuerbescheid betreffend das Jahr 2002 vom (berichtigt durch den Bescheid vom ) wurde die Einkommensteuer für das Jahr 2002 des Beschwerdeführers erneut abgeändert und mit 656.491,42 Euro festgesetzt. Diese Änderung gemäß § 295 Abs. 1 BAO erfolgte auf Grund der als Bescheid intendierten Erledigung des Finanzamtes Gänserndorf Mistelbach vom zur "**A** KG", Steuernummer ****, gemäß § 188 BAO, welche mit Berufung bekämpft wurde.

Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes (Außenstelle Klagenfurt) vom , RV/4100205/2012, wurden die gegen die als Bescheid intendierte Erledigung des Finanzamtes Gänserndorf Mistelbach vom eingebrachten Berufungen (nunmehr: Beschwerden) als unzulässig zurückgewiesen, weil die angefochtene Erledigung vom gegen das bei Grundlagenbescheiden iSd § 188 BAO geltende Gebot der Einheitlichkeit verstoßen hat, keine Rechtswirksamkeit entfaltete und somit einen Nichtbescheid darstellte.

2. Beweiswürdigung

Diese Feststellungen gründen sich auf den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes: Die Feststellung zu den Beteiligungen des Beschwerdeführers sowie zum geänderten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2002 ergibt sich zweifelsfrei aus den im Verwaltungsakt befindlichen Bescheiden; die Feststellungen zum Verfahren der "**A** KG" ergeben sich aus der zitierten Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes bzw. sind die Folge dieser Entscheidung, die der erkennenden Gerichtsabteilung durch die belangte Behörde zusammen mit einer Aufstellung der Einkunftsanteile des Beschwerdeführers zur Kenntnis gebracht wurde. Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse durfte das Bundesfinanzgericht daher in freier Beweiswürdigung von den obigen Sachverhaltsfeststellungen ausgehen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Gemäß § 295 Abs. 1 BAO ist ein Bescheid, wenn dieser von einem Feststellungsbescheid abzuleiten ist, ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten ist, im Fall der nachträglichen Abänderung, Aufhebung oder Erlassung des Feststellungsbescheides von Amts wegen durch einen neuen Bescheid zu ersetzen oder, wenn die Voraussetzungen für die Erlassung des abgeleiteten Bescheides nicht mehr vorliegen, aufzuheben.

Ein auf § 295 Abs. 1 BAO gestützter Bescheid darf nur ergehen, wenn ein Grundlagenbescheid nachträglich (somit nach Zustellung des abgeleiteten Bescheides) erlassen oder abgeändert wird und wenn dieser nachträgliche Bescheid dem Adressaten des abgeleiteten Bescheides gegenüber wirksam ist (vgl. schon ). Im Falle einer unzulässigen, auf Grundlage von Nichtbescheiden erfolgten Änderung gemäß § 295 Abs. 1 BAO ist der abgeänderte Bescheid aufzuheben ().

Wie den Feststellungen zu entnehmen ist, wurden die gegen die als Feststellungsbescheid intendierte Erledigung vom eingebrachten Berufungen (Beschwerden) der "**A** KG" und des Beschwerdeführers als atypisch stillen Beteiligten mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes (Außenstelle Klagenfurt) vom , RV/4100205/2012, unter Berufung auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (u.a. und ua.) als unzulässig zurückgewiesen, weil es sich bei der genannten Erledigung um einen Nichtbescheid gehandelt hat, der keine Rechtswirkungen entfaltete.

Mangels Entfaltung der Rechtswirksamkeit dieses Bescheides hat der belangten Behörde aber ein tauglicher Feststellungsbescheid (Grundlagenbescheid) gefehlt, um den bereits gegenüber dem Beschwerdeführer erlassenen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2002 gemäß § 295 Abs. 1 BAO abzuändern.

Da sich aus den dargestellten Gründen die gemäß § 295 Abs. 1 BAO erfolgte Abänderung des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2002 als unzulässig erweist, ist der angefochtene Bescheid ersatzlos aufzuheben (vgl. dazu schon sowie . 2010/15/0064).

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil keine uneinheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes vorliegt: Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits im Erkenntnis vom , 93/14/0203, ausgesprochen, dass im Falle einer unzulässigen, weil auf Grundlage von Nichtbescheiden erfolgten Änderung gemäß § 295 Abs. 1 BAO der abgeänderte Bescheid aufzuheben ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 295 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7101673.2010

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at