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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.12.2019, RV/5100087/2011

Gewinne aus einem Schulderlass beim Einnahmen-Ausgaben-Rechner

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri. in der Beschwerdesache AB (vormals C.), Adresse1, vertreten durch Vertreter1, über die Beschwerden vom  gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Z. vom , betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2006, 2007 und 2008 zu Recht erkannt: 

  • Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

    Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
     

  • Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge kurz: BF) AB wurde bezüglich der Jahre 2006 und 2007 abgabenrechtlich geprüft. Im Zeitpunkt der Vorlage des gegenständlichen Rechtsmittels hieß der BF noch C.. Ursprünglich lautete sein Name B., nach der Insolvenz seiner GmbH benannte er sich in C. um und später wieder in B..

Infolge der Prüfung wurden am Wiederaufnahmebescheide und neue Sachbescheide betreffend die Einkommensteuer 2006 und 2007 erlassen.
Aus verfahrensökonomischen Gründen wurde auch der Erstbescheid zur Einkommensteuer 2008 im Zuge der Außenprüfung ausgefertigt.
Neben zwei anderen Feststellungen in den Jahren 2006 und 2007 stellte die Prüferin fest, dass beim BF in den Jahren 2006-2008 Gewinne aus einem Schulderlass anzusetzen und gemäß § 36 EStG 1988 zu besteuern seien.

2. Gegen die Sachbescheide, nicht jedoch gegen die Wiederaufnahmebescheide, erhob der BF mit Eingabe vom , eingelangt bei der belangten Behörde am , das Rechtsmittel der Berufung mit folgender Begründung:
„Es wurden Einkünfte aus Sanierungsgewinn der Besteuerung unterzogen. Dies ist aus folgenden Gründen unrichtig:
Beim Konkurs von Herrn Dr. C. -vormals B.- handelte es sich um einen Privatkonkurs. Das heißt es handelt sich nicht um den Wegfall von betrieblichen Verbindlichkeiten, sondern um private Schuldenregulierung. Somit existiert kein Zusammenhang zwischen  der jetzigen Tätigkeit von Dr. C. und der damaligen Ursache für den Privatkonkurs.
Herr Dr. C. stand mittellos das und bezog bereits mehrere Jahre eine Invaliditätspension der SVA. Erst 2006 nahm er eine selbständige ärztliche Tätigkeit auf.
Es besteht kein Zusammenhang zwischen der jetzigen und der damaligen Tätigkeit- es handelte sich für Dr. C. nicht um betriebliche Verbindlichkeiten.
Es sind die Voraussetzungen des § 36 EStG für die Berechnungen eines Sanierungsgewinnes nicht gegeben. In Zusammenhang mit der Berechnung des Sanierungsgewinnes ist nicht nur die Tatsache der Festsetzung fragwürdig, sondern auch die Ermittlung der Sätze bzw der Höhe, sowie deren willkürliche Vorschreibung in den Jahren 2006 bis 2008. Wie kommt die Betriebsprüfung weiters grundsätzlich zur Annahme, dass der Schuldnachlass in die betreffenden Perioden fällt?
Auch wenn es sich nur um die 10%ige Nachversteuerung handelt, ist es nicht berücksichtigt worden, dass ein völlig neuer Betrieb entstand, der nicht durch alte „Schuldnachlässe“ begünstigt wurde. Weiters konnten ja auch die Verlustvorträge dafür nicht verwendet werden, was eine weitere implizite Voraussetzung für die Besteuerung eines Sanierungsgewinnes wäre."

3. Diese Berufungen wurde mit Berufungsvorentscheidungen vom als unbegründet abgewiesen.

4. Mit am eingelangter Eingabe beantragte der BF die Entscheidung über die Berufungen durch den unabhängigen Finanzsenat.

5. Die belangte Behörde legte die Berufungen am vor, mit dem Antrag diese laut den Feststellungen der Betriebsprüfung abzuweisen.
 

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen

1. Entscheidungswesentlicher Sachverhalt

Der BF war Gesellschafter-Geschäftsführer der B. & B. XY GmbH, über die mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom ****1999 zur GZ S_XXX der Konkurs eröffnet wurde.
Als Gesellschafter-Geschäftsführer erzielte er Einkünfte aus selbständiger Arbeit, deren Gewinn er mit Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ermittelte.
Infolge der Insolvenz trafen den BF als Geschäftsführer Haftungen für die Verbindlichkeiten der GmbH.
Im Jahr 2006 begann der BF mit der selbständigen Tätigkeit als Zahnarzt in Adresse2.
Am ****2001 wurde der Konkurs über den BF selbst zur GZ S_YYY eröffnet und am ****2001 wegen Annahme eines Zahlungsplans beendet.
Auf Basis dieses Zahlungsplans wurden 10% der Forderungen in einem Zeitraum von 7 Jahren befriedigt, wodurch es zu einer Restschuldbefreiung kam. Diese Forderungen betrafen die Haftungen für die Verbindlichkeiten der genannten GmbH. 

 

2. Rechtslage und Erwägungen

1. Gemäß § 323 Abs 38 BAO sind die am bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht. Die Ausfertigung von noch vor dem verkündeten Rechtsmittelentscheidungen hat jedoch noch im Namen des unabhängigen Finanzsenates als Abgabenbehörde zweiter Instanz nach den zum geltenden Verfahrensbestimmungen zu erfolgen. Nach dem wirksam werdende Erledigungen des unabhängigen Finanzsenates als Abgabenbehörde zweiter Instanz gelten als Erledigungen des Bundesfinanzgerichtes.
Gegenständliche Berufung fällt unter leg. cit. und ist daher als Bescheidbeschwerde zu erledigen.

2. Strittig ist, ob der Schulderlass aufgrund der Erfüllung des Zahlungsplanes zu steuerpflichtigen Gewinnen beim BF führt.

§ 36 EStG 1988 betrifft Gewinne, die durch Vermehrung des Betriebsvermögens zufolge eines Erlasses von Schulden entstanden sind. Sie sind auf den betrieblich bedingten Wegfall von Verbindlichkeiten zurückzuführen. Der Wegfall einer Schuld führt zu einer Betriebsvermögensmehrung. Bei einer Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich ist offensichtlich, dass daraus ein (steuerpflichtiger) Gewinn resultieren kann.

​ ​ Auch bei der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung kann ein aus Schulderlass resultierender Gewinn entstehen. Dies ist aber nur dann der Fall, wenn der Schulderlass Verbindlichkeiten betrifft, deren Bezahlung beim Einnahmen-Ausgaben-Rechner nicht zu Betriebsausgaben führt.

Im gegenständlichen Fall betraf der Schulderlass Verbindlichkeiten auf Grund der Haftungsinanspruchnahme des BF als ehemaliger Geschäftsführer der B. & B. XY GmbH.

Nach § 32 Z 2 EStG gehören zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 EStG auch Einkünfte aus einer ehemaligen betrieblichen Verrichtung im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 EStG.
§ 32 Z 2 EStG stellt klar, dass die Steuerpflicht nicht mit der Einstellung einer zu Einkünften führenden Tätigkeit endet. Zu den Einkünften aus einer ehemaligen Tätigkeit zählen nicht nur nachträgliche Einnahmen, sondern auch nachträgliche Ausgaben. Sie gehören zu der Einkunftsart, zu der die aufgegebene Tätigkeit gehört hat ().
Zahlungen auf Grund der Haftungsinanspruchnahme als Geschäftsführer einer GmbH sind als nachträgliche Betriebsausgaben im Rahmen der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung abzugsfähig (vgl. und ).

Bei der abgabenrechtlichen Außenprüfung wurde nun die Auffassung vertreten, dass die Restschuldbefreiung, in deren Genuss der BF aufgrund Erfüllung des Zahlungsplans gekommen war, eine Gewinnerhöhung bei der seit dem Jahr 2006 betriebenen selbständigen Tätigkeit als Zahnarzt bewirken würde.

Allerdings wurde von der Außenprüfung übersehen, dass die erlassenen Schulden beim BF bisher nicht als Betriebsausgaben wirksam wurden und eine Zahlung der Schulden zu einer (nachträglichen) Betriebsausgabe beim BF geführt hätte.

Unterbleibt diese Zahlung ganz oder teilweise aufgrund eines Forderungserlasses und war der Vorgang damit nicht gewinnwirksam, so besteht auch keine Notwendigkeit, durch Ansatz einer Betriebseinnahme eine Betriebsausgabe zu neutralisieren (Zorn in Hofstätter/Reichel, EStG-Kommentar, 47. Lfg 2010, zu § 36 EStG Rz 14 und Heinrich in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG 15. Lfg 2011, zu § 36 Rz 50).

Die Zurechnung von Gewinnen aufgrund des Schulderlasses war somit unrichtig.
Es war daher spruchgemäß dem Beschwerdebegehren stattzugeben.

3. Unzulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist nach Art. 133 Abs. 4 B-VG iVm Art 133 Abs. 9 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision nicht zulässig, da sich die Abweisung der Beschwerde einerseits aus der zitierten Judikatur ( und ) und andererseits direkt aus dem Gesetz ergibt. Es liegt somit keine Rechtsfrage vor, die einer Lösung durch den Verwaltungsgerichtshof bedarf.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.5100087.2011

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at