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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.12.2019, RV/5100306/2014

Fortbildungs- oder Umschulungskosten einer Juristin in (Früh-)Pension

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin RI in der Beschwerdesache Bf., Adr.1, StNr. 0**/0*** - FA 54, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Grieskirchen Wels vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2012 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Streitpunkte

Im vorliegenden Beschwerdefall ist für das Jahr 2012 strittig, ob die Aufwendungen für Literatur und Fahrtkosten für die Absolvierung eines Lateinkurses abzugsfähige Umschulungskosten bzw. Fortbildungskosten darstellen. Es ist weiters unklar, ob die Bf., die sich 2012 wegen Berufsunfähigkeit in Frühpension befand, wieder eine Tätigkeit aufnehmen wird und wenn ja, welche Tätigkeit und zu welchem Zeitpunkt.

I) Verfahrensverlauf

Mit Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2012 beantragte die Beschwerdeführerin (in Folge Bf.) unter anderem Werbungskosten in Höhe von 763,12 €. Sie untergliederte die Kosten in Aufwendungen für Fachliteratur in Höhe von 240,48 € und Reisekosten in Höhe von 522,65 €.

Die Abgabenbehörde setzte mit Einkommensteuerbescheid vom die Einkommensteuer 2012 fest. Die Werbungskosten wurden allerdings nicht berücksichtigt. Begründend führte das Finanzamt dazu aus, dass eine Berücksichtigung von Werbungskosten bei ausschließlichem Bezug von Pensionseinkünften nicht zulässig sei.

Dagegen erhob die Bf. mit Schreiben vom  fristgerecht Beschwerde und führte aus, dass es richtig sei, dass sie seit dem Jahre 2010 bis laufend eine Pension beziehe. Es handle sich hierbei jedoch um eine Berufsunfähigkeitspension und keine Alterspension. Gemäß § 16 Abs. 1 Z 10 EStG sind Werbungskosten unter anderem Aus- und Fortbildungskosten einer Umschulung. Die Bf. befinde sich in der Vorbereitung ihrer Dissertation und habe in der Zeit von 1995 bis 2000 Jus studiert. Nach Ableistung des Gerichtsjahres habe sie als Rechtsanwaltsanwärterin in der Kanzlei ihres Mannes bis zur Schließung JahrX gearbeitet. Sie beabsichtige nach ihrer Dissertation und dem Abschluss des Masterstudiums für Medizinrecht (Beginn September 2013) wieder die Tätigkeit als Juristin aufzunehmen. Die Bildungsmaßnahmen würden beide selbstverständlich im engen Zusammenhang ihrer - bis zur Erkrankung - die leider zur Pensionierung führte - ausgeübten Tätigkeit stehen. Die Bf. führte weiter aus, dass sie eindeutig einen Wiedereinstieg ins Berufsleben anstrebe, und ihr eine Spezialisierung bzw. ein Doktor-Titel selbstverständlich wesentlich bessere Berufschancen sowie auch Verdienstmöglichkeiten ermöglichen würden.

Die Abgabenbehörde forderte die Bf. mit Vorhalten vom und auf, die beantragten Werbungskosten durch Vorlage der einzelnen Unterlagen nachzuweisen (Inskriptionsbestätigung, Aufstellung der beantragten Reisekosten, Bekanntgabe der geplanten Tätigkeit nach Abschluss des Studiums, etc.). Darüber hinaus wurde die Bf. gebeten, die Gründe für den Bezug der Berufsunfähigkeitspension darzulegen.

Mit Vorhaltsbeantwortung übermittelte die Bf. eine Bestätigung über die Teilnahme an einem Lateinkurs in Ort**** in den Jahren 2012 und 2013 und ein Informationsblatt zum Studienlehrgang "Medizinrecht", aus dem hervorgeht, dass der Masterstudiengang von 09/2013 bis 07/2015 dauern würde. In einem handschriftlich verfassten Schreiben hielt die Bf. fest, dass sie trotz ihres Alters bei Abschluss des Studiums als Juristin tätig sein möchte. Die Jobchancen würden gut stehen, da Juristen mit dieser Art von Qualifikation dringend gesucht werden.

Die Abgabenbehörde wies mit Berufungsvorentscheidung vom die Beschwerde als unbegründet ab. Die geltend gemachten Werbungskosten wurden zur Gänze nicht anerkannt. Als Begründung wurde zusammenfassend vorgebracht, dass nicht festgestellt werden könne, ob nach Abschluss der Studien einer Erwerbstätigkeit nachgegangen werde. Außerdem handle es sich um Aufwendungen im Zusammenhang mit einem bisher nicht ausgeübten Beruf. Die bloße Möglichkeit einer neuen Berufsausübung sei daher nicht ausreichend. Die Umstände müssten über eine reine Absichtserklärung hinausgehen. Da die Bf. dies nicht nachweisen haben können, seien die Werbungskosten nicht anzuerkennen gewesen.

Im Vorlageantrag vom führte die Bf. aus, dass das Lateinstudium keinesfalls als Hobby einzustufen sei, habe sie doch bis zu ihrer Pensionierung in der Rechtsanwaltskanzlei ihres Mannes als juristische Mitarbeiterin gearbeitet. Sie strebe sehr wohl einen beruflichen Wiedereinstieg an. Die Abgabenbehörde verkenne die Beweggründe. Eine Einkünfteerzielung nach dem sei der Bf. aufgrund der Schließung der Kanzlei ihres Mannes und ihres bestehenden Leidensdruckes nicht möglich gewesen.

Mit Schreiben vom reichte die Bf. über Finanz-Online eine Ergänzung zu ihrer Beschwerde mit im Wesentlichen folgendem Text nach: Sie habe bereits mehrmals angeführt, dass die Feststellung des Finanzamtes, sie würde nach Abschluss der Dissertation bzw. des Masterstudiums einen bisher nicht ausgeübten Beruf ausüben, auf einem Irrtum beruhe. Sie habe nach dem Studium bis zur Pensionierung als Rechtsanwaltsanwärter in der Anwaltskanzlei ihres Gatten gearbeitet. Sie habe Verhandlungen auf diversen österreichischen Gerichten verrichtet und hatte auch einen von der OÖ. Rechtsanwaltskammer ausgestellten Ausweis. Es seien für sie auch Abgaben an die Rechtsanwaltskammer entrichtet worden. Nach Absolvierung ihres Studiums werde sie wieder als Jurist tätig sein, dass sei außer Streit zu stellen. Es handle sich daher keinesfalls um eine Tätigkeit in einem bisher nicht ausgeübten Beruf.

Mit wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II) Sachverhalt

Unstrittig ist, dass die Bf. (Geburtsdatum 1*****) ihr Jusstudium in Ort** im Jahre 2000 erfolgreich mit dem Diplom beendet hat. Anschließend hat sie ab Jänner 2001 das Gerichtspraktikum absolviert und ab September 2001 in der Rechtsanwaltskanzlei ihres Mannes, Herrn Name, in Ort** gearbeitet. Weil die Anwaltskanzlei ihres Mannes geschlossen wurde und aufgrund des damit größer werdenden Leidensdruckes, war ihr eine Einkünfteerzielung nach dem (Ende des Dienstverhältnisses der Bf. in der Kanzlei des Ehemannes mit 2****) nicht mehr möglich.

Ab wurde der Bf. eine Berufsunfähigkeitspension bescheidmäßig zuerkannt. Diese - zunächst befristet zuerkannte Berufsunfähigkeitspension - wurde mit einem weiteren Bescheid vom ****2012, unbefristet, für die Dauer der Berufsunfähigkeit, weitergewährt. 

Festgehalten wird, dass die Bf. im Jahr 2012 bereits 57 Jahr alt war. Seit hat die Bf. auf Grund der Schließung der Kanzlei ihres Mannes keine juristische Tätigkeit mehr ausgeübt.

Im Jahr 2012 absolvierte die Bf. ab dem Herbstsemester (ab , 2 Mal in der Woche) einen Lateinkurs in Ort****. Nach Angaben der Bf. wollte sie wieder eine Berufstätigkeit aufnehmen und hat sich entschieden - aufgrund verbesserter Jobchancen - zu dissertieren. Sie hat sich für eine Dissertation in Fachgebiet*X* entschieden. Die Bf. wollte diese Dissertation in Ort**** absolvieren, da diese Universität näher zu ihrem Wohnort liegt.

Weiters hätte die Steuerpflichtige beabsichtigt, ab September 2013 den Masterstudiengang "Medizinisches Recht" an der Universität Ort** zu absolvieren. Die Bf. plante dieses Masterstudium im Jahr 2015 abzuschließen. Festgehalten wird, dass die Bf. nach Abschluss dieses Studienlehrganges bereits 60 Jahre alt sein wird.

Laut den Angaben der Bf. wäre sie auch bereit eine Berufstätigkeit in Deutschland aufzunehmen.

Aus dem handschriftlichen Schreiben der Bf. geht hervor, dass der Bf. bewusst war, dass sie mit Erreichen des 60igsten Lebensjahres die normale Alterspension erreichen wird.

Aus den beim Finanzamt in der Datenbank aufliegenden Lohnzetteln der Folgejahre ab 2013 ist ersichtlich, dass die Bf. keine weitere Tätigkeit aufgenommen hat. Es wurde dem Finanzamt gemäß § 84 EStG 1988 nur der jährliche Pensionsbezug der Bf. als Einkommen gemeldet.

III) Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem mit dem Vorlagebericht elektronisch übermittelten Akt, den Angaben der Bf. im Beschwerdeverfahren und der Datenbank über die von den Arbeitgebern und/oder den Pensionsversicherungsanstalten dem Finanzamt übermittelten Lohn-, Gehalts- oder Pensionsbezügen.

Aus dem gesamten Sachverhalt und dem Lebensweg der Bf. geht hervor, dass die Bf. immer bereit war, persönlich - zuerst mit ihrem Studium und dann mit ihrer Tätigkeit als Rechtsanwaltsanwärterin in der Kanzlei ihres Ehemannes - Leistung zu erbringen. Bedauerlicherweise hat ihr beabsichtigter Lebensweg ab 08/2005 durch die Krankheit ihres Mannes und ab 2010 durch ihre eigene Krankheit eine nicht vorhersehbare Wendung genommen, durch die sie ihre juristische Tätigkeit nicht weiter fortsetzen konnte.

Es werden der Bf. ihre guten Absichten und ihr Bemühen um eine Berufsausübung sehr wohl geglaubt. Es fehlt jedoch bereits den Aufwendungen zum Lateinkurs 2012 auf Grund der Umstände jede steuerliche Relevanz. 

Zur Absicht ab 2012 eine Dissertation in Fachgebiet*X* zu schreiben:

Um überhaupt im Fachgebiet*X* dissertieren zu können, musste die Bf. zuerst ihre Lateinkenntnisse auf ein höheres Niveau bringen. Das versuchte sie ab Oktober 2012.

Aus dem Gesamtbild der Verhältnisse geht hervor, dass die Bf. nach Abschluss ihres juristischen Studiums Ende 2000 nur von Jänner 2001 bis Juli 2005 juristisch tätig war. Das sind insgesamt 4 Jahre und 7 Monate. 

Ab August 2005 bis zum Wunsch im Jahr 2012 in Fachgebiet*X* zu dissertieren, sind wieder rund 7 Jahre vergangen, in denen die Bf. nicht juristisch gearbeitet hat.

Ebenso bedeutet die Absicht ab 09/2013 das Masterstudium "Medizinrecht" zu absolvieren, um danach mit 60 Jahren am Jobmarkt bessere Chancen als Juristin zu haben, eine Verkennung der Lebensrealität.

IV) Rechtslage

Werbungskosten sind Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen (§ 16 Abs. 1 EStG 1988).

Nur durch die berufliche Tätigkeit veranlasste Aufwendungen sind Werbungskosten. Es muss ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der auf Einnahmenerzielung gerichteten Tätigkeit und den Aufwendungen gegeben sein ().

Nach § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 in der für die Streitjahre geltenden Fassung des BGBl I 180/2004 zählen dazu auch Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit und Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf die tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung nicht abgezogen werden, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Zu beruflichen Aus- bzw. Fortbildungskosten

Um berufliche Fortbildung handelt es sich dann, wenn der Steuerpflichtige seine bisherigen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten verbessert, um im bereits ausgeübten Beruf auf dem Laufenden zu bleiben und den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden bzw. den Beruf besser ausüben zu können (vgl. z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 87/14/0078, vom , Zl. 86/14/0025, und vom , Zl. 89/14/0227; Doralt, EStG - Kommentar2, § 16 Tz 220; Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuer-Handbuch, § 16 Tz 102).

Ein Veranlassungszusammenhang für Aufwendungen als Werbungskosten kann nur mit einer gleichzeitig mit der Fortbildungsmaßnahme ausgeübten Tätigkeit vorliegen. Unter den Voraussetzungen der Abzugsfähigkeit vorweggenommener Werbungskosten können ausnahmsweise auch Kosten einer durch eine zukünftige Berufstätigkeit veranlassten Bildungsmaßnahme steuerlich abzugsfähig sein. Dies erfordert bereits im Zeitpunkt der Bildungsmaßnahme eine klar erwiesene, ernsthafte Absicht der Verwertung des erworbenen Wissens bzw. der erlernten Fähigkeiten zur Einkünfteerzielung (vgl. Doralt, EStG Kommentar, § 16 Rz 203/8 bzw. Rz 16, u.a. mit Verweis auf ).

Zu Umschulungskosten

Zur steuerlichen Berücksichtigung von Umschulungskosten fordert das EStG einerseits das Vorliegen umfassender Umschulungsmaßnahmen, die den Einstieg in eine neue, mit der bisherigen Tätigkeit nicht verwandte, berufliche Tätigkeit ermöglichen, und andererseits ein Abzielen auf die tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes. Im Gegensatz zu Aus- und Fortbildungsmaßnahmen ist es bei Umschulungsmaßnahmen nicht erforderlich, dass der Steuerpflichtige parallel zur Bildungsmaßnahme berufstätig ist, er muss aber bereits eine Berufstätigkeit ausgeübt haben.

Zu Kosten eines ordentlichen Universitätsstudiums als Umschulungskosten hat der VwGH seinen Standpunkt zuletzt in Erkenntnissen vom , 2011/13/0120 u nd  2011/15/0159 dargelegt und darin - bei einem grundsätzlich weit gefassten Verständnis des Umschulungsbegriffes – zugleich das Erfordernis einer tatsächlich beabsichtigten Berufsausübung im neuen Berufsfeld betont. Konkret formulierte der VwGH:

„Als Umschulungsmaßnahme begünstigt sind nur umfassende Bildungsmaßnahmen, die den Einstieg in einen anderen Beruf ermöglichen, wobei das Gesetz verlangt, dass die Umschulungsmaßnahme auf die tatsächliche Ausübung eines anderen Berufs "abzielt". Daraus ist abzuleiten, dass ein konkreter Zusammenhang der Bildungsmaßnahme mit geplanten nachfolgenden (Betriebs-)Einnahmen erforderlich ist. Es müssen somit Umstände vorliegen, die über eine allgemeine Absichtserklärung zur künftigen Einnahmenerzielung hinausgehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2009/15/0105, mwN; Atzmüller/Herzog/Mayr, RdW 2004/581, 622, und Hofstätter/Reichel, EStG 1988, § 16 Abs. 1 Z 10 Tz 2 und § 4 Abs. 4 Z 7 Tz 2). (…) Ob der Wille des Steuerpflichtigen darauf gerichtet ist, sich eine neue Einkunftsquelle durch die Ausübung eines anderen Berufes zu verschaffen, ist im Einzelfall an Hand objektiver Kriterien nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2008/15/0321).“

Der Unterschied zwischen abzugsfähigen Ausbildungskosten und abzugsfähigen Umschulungskosten liegt einerseits darin, dass die Ausbildung einen Zusammenhang zur von dem/der Steuerpflichtigen ausgeübten Tätigkeit oder einer damit verwandten Tätigkeit aufweisen muss. Andererseits müssen Aus­bildungsmaßnahmen nicht „umfassend“ sein, so dass bei entsprechendem Zusammenhang etwa auch einzelne, nur einen Teilbereich der Tätigkeit betreffende Kurse zu Werbungskosten führen können (vgl LStR 2002 Rz 358).

Maßgeblich ist grundsätzlich die konkrete, zur Zeit der Ausbildungsmaßnahme ausgeübte Tätigkeit (Einkunftsquelle), nicht eine (andere) früher ausgeübte Tätigkeit, ein früher erlernter Beruf oder ein abstraktes Berufsbild (LStR 2002 Rz 358; Doralt in EStG13​, § 16 EStG Rz 203/3; Langheinrich/Ryda, FJ 2008, 99 ).

Zu Bildungsmaßnahmen eines Pensionisten/einer Pensionistin

Grundsätzlich sind Bildungsmaßnahmen eines Pensionisten jedweder Art (Fortbildung, Ausbildung, Umschulung) nicht als Werbungskosten absetzbar, da ein Pensionist keine Erwerbstätigkeit ausübt (siehe auch ). Davon ausgenommen ist allerdings ein Frühpensionist, der nachweist oder glaubhaft machen kann, dass er die Bildungsmaßnahme zum beruflichen Wiedereinstieg absolviert und/oder somit tatsächlich auf die Ausübung eines anderen Berufs abzielt (Jakom/Lenneis, EStG, 2013, § 16 Rz 51). Die Beweggründe für eine Umschulung können durch äußere Umstände hervorgerufen werden, an einer Unzufriedenheit im bisherigen Beruf liegen oder einem Interesse an einer beruflichen Neuorientierung entspringen. Die oder der Steuerpflichtige muss aber nachweisen oder glaubhaft machen, dass sie oder er tatsächlich auf die Ausübung eines anderen Berufs abzielt.  

Eine bloße Absichtserklärung des/der Steuerpflichtigen ist nicht ausreichend (Atzmüller/Herzog/Mayr, ​RdW 2004, 622 ). Die Rechtsprechung ist hier in der Tat tendenziell streng und leitet aus der gesetzlichen Formulierung ab, „dass ein konkreter Zusammenhang der Bildungsmaßnahme mit geplanten nachfolgenden (Betriebs-)Einnahmen erforderlich ist. Es müssen somit Umstände vorliegen, die über eine bloße Absichtserklärung zur künftigen Einnahmenerzielung hinausgehen“ (​ ). Dies kann freilich dazu führen, dass umfassende Bildungsmaßnahmen „auf Vorrat“ – weil sie zunächst nur allgemein zusätzliche berufliche Perspektiven (Berufsmöglichkeiten) eröffnen sollen – nicht zu einer steuerlichen Absetzbarkeit führen, obwohl sie durchaus beruflich (wenn auch nicht fortbildend iZm dem aktuellen Beruf) motiviert sind und fern jeder privaten Mitveranlassung stehen.

Zum einen ist bei Erforschung der Absicht des Abgabepflichtigen auf das betreffende Veranlagungsjahr (im vorliegenden Fall: 2012) abzustellen, zum anderen sind im Rahmen einer Gesamtbeurteilung aber auch spätere Umstände (im vorliegenden Fall die Folgejahre) zu berücksichtigen (vgl. BFH , IX R 30/05).

Das Bundesfinanzgericht hat zudem grundsätzlich von der Sachlage im Zeitpunkt seiner Entscheidung auszugehen; Veränderungen des Sachverhaltes sind daher – mit  Ausnahme der in den Tz 32 ff angeführten Fälle – zu berücksichtigen (Ritz, BAO5, § 279 Tz 31). 

V) Erwägungen

Die Bf. absolvierte im streitgegenständlichen Jahr 2012 einen Lateinkurs in Ort****. Die Aufwendungen dafür könnten zwar als Fortbildungskosten anerkannt werden, wenn diese einen objektiven Zusammenhang mit einer im Jahr 2012 tatsächlich ausgeübten beruflichen Tätigkeit hätten. Das ist nicht der Fall.

Der Werbungskostenabzug von Aus- oder Fortbildungsmaßnahmen erfordert nämlich einen objektiven Zusammenhang mit einer tatsächlich ausgeübten beruflichen Tätigkeit des Abgabepflichtigen.

Hier im gegenständlichen Sachverhalt übte die Bf. seit August 2005 - d.h. seit 7 Jahren - keine juristische Tätigkeit mehr aus. Es besteht im Jahr 2012 weder ein Veranlassungszusammenhang mit der ehemaligen Tätigkeit, noch wird eine Dissertation in Fachgebiet*X* die Kenntnisse der Bf. über die aktuelle Rechtslage auffrischen.

Im Sachverhalt der Bf. könnte man auch prüfen, ob die Aufwendungen für den Lateinkurs vorweggenommene Werbungskosten einer beabsichtigten zukünftigen Tätigkeit im selben Berufsbild dh als Juristin oder Rechtsanwaltsanwärterin sein könnten. Die beabsichtigte Absolvierung eines Masterstudiums Medizinrecht ab 2013 reicht nicht aus, um als konkreter Hinweis für eine Wiederaufnahme der juristischen Tätigkeit der Bf. zu dienen. Es müsste schon wenigstens eine konkrete Zusage eines Arbeitgebers in Österreich oder Deutschland vorliegen, der die Bf. - zeitnah zu ihren Kursen - als Juristin oder Rechtsanwaltsanwärterin beschäftigen würde. Das liegt hier aber nicht vor.

Es fehlt im gegenständlichen Sachverhalt in den Folgejahren die tatsächliche Wiederaufnahme irgendeiner juristischen Tätigkeit. Die Bf. brachte hinsichtlich des beruflichen Wiedereinstieges keinerlei Anhaltspunkte vor, die über eine bloße Absichtserklärung hinausgehen. Die Absichtserklärungen der Bf. sind auch aus Gründen des Alters der Bf. zu vage. Die Bf. hat mit 3**** das 60igste Lebensjahr erreicht und konnte in Alterspension gehen.

Auch als Umschulungskosten könnten die Aufwendungen nur anerkannt werden, wenn die Bf. einen bisher nicht ausgeübten Beruf anstreben würde. Das ist aber ebenso nicht der Fall. Weder die Absolvierung eines Lateinkurses für eine mögliche Dissertation, noch das beabsichtigte Masterstudium sind umfassende Umschulungsmaßnahmen. Beide Kurse führen nicht zu einem anderen Beruf als den, den die Bf. nach ihrem Jusstudium bereits ausgeübt hat.

Da eine konkrete Absicht auf eine juristische Tätigkeit nach Ansicht des Bundes-finanzgerichtes nicht nachgewiesen werden konnte, sind die Werbungskosten im Hinblick auf die Gesamtschau aller Umstände nicht anzuerkennen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das gegenständliche Erkenntnis hängt nicht von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die im Beschwerdefall zu behandelnde Rechtsfrage ist bereits durch die im Beschwerdefall zitierten höchstgerichtlichen Entscheidungen geklärt. Feststellungen auf Sachverhaltsebene betreffen keine Rechtsfragen und sind grundsätzlich keiner Revision zugänglich.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Fortbildungskosten
Frühpension
Berufsunfähigkeit
Umschulungskosten
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.5100306.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at