Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.11.2019, RV/5101276/2019

Das Pendlerpauschale ist kein Absetzbetrag

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri. in der Beschwerdesache BF, Adresse1, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt A. vom , betreffend Einkommensteuer 2018 (Arbeitnehmerveranlagung) zu Recht erkannt: 

1. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

1. Mit Eingabe vom beantragte BF (in der Folge kurz: BF) die Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2018 ohne Erklärung eines Pendlerpauschales oder des Pendlereuro.

2. Mit Bescheid vom wurden ihre Einkünfte erklärungsgemäß veranlagt und eine Gutschrift iHv. EUR 92,- kam zur Auszahlung an die BF.

3. Mit Eingaben vom und erhob die BF Beschwerde gegen diesen Bescheid und beantragte die Berücksichtigung eines Pendlerpauschales iHv. EUR 2.016,- und des Pendlereuros iHv. EUR 134,-.

4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurden das begehrte Pendlerpauschale und der Pendlereuro berücksichtigt, sodass die Einkommensteuer 2018 iHv. EUR -742,- festgesetzt wurde und der Betrag von EUR 650,- zur Auszahlung an die BF kam.

5. Mit Eingabe vom , die von der belangten Behörde als Vorlageantrag gewertet wurde, brachte die BF im Wesentlichen Folgendes vor:
Sie reiche hiermit ihre zweite Beschwerde ein. Eine Mitarbeiterin der belangten Behörde habe berechnet und ihr telefonisch mitgeteilt, dass das Pendlerpauschale EUR 2.016,- und der Pendlereuro EUR 134,- betragen würden. Da infolge der Beschwerdevorentscheidung nur EUR 650,- an sie ausbezahlt worden seien, würde sie darauf bestehen, den gesamten ihr von der Mitarbeiterin der belangten Behörde zugesicherten Betrag von EUR 2.016 plus EUR 134,- zu bekommen.

6. Da in der Eingabe vom die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung fehlte, erließ die belangte Behörde am einen Mängelbehebungsauftrag, welcher nicht beantwortet wurde. Es wurde darauf hingewiesen, dass bei Versäumung der Frist bis das Anbringen als zurückgenommen gelte.

7. Am legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vor und ersuchte aufgrund der Nichtbeantwortung des Mängelbehebungsauftrages um Zurückgenommenerklärung der Beschwerde.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen

I. Entscheidungswesentlicher Sachverhalt

Die BF wohnt in der Adresse1 und pendelte im Jahr 2018 an mehr als zehn Tagen im Monat zur Arbeitsstelle in Adresse2. Aus der vom Bundesfinanzgericht am mittels Pendlerrechner der Finanzverwaltung durchgeführten Berechnung ergibt sich eine Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von 62 km. Dieses Ergebnis deckt sich mit der von der BF für die Arbeitnehmerveranlagung 2017 vorgelegten Berechnung.

II. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich eindeutig aus den dem Bundesfinanzgericht übermittelten Aktenteilen und der Berechnung mittels Pendlerrechner.

III. Rechtsgrundlagen

§ 85 Abs. 2 Bundesabgabenordnung idF BGBl I 2014/13 (BAO) lautet:
Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) berechtigen die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, daß die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.


§ 256 Abs. 3 BAO lautet:
Wurde eine Beschwerde zurückgenommen (Abs. 1), so ist sie mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) als gegenstandslos zu erklären.

§ 264 BAO lautet:
 (1) Gegen eine Beschwerdevorentscheidung kann innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten.
(2) Zur Einbringung eines Vorlageantrages ist befugt
a) der Beschwerdeführer, ferner
b) jeder, dem gegenüber die Beschwerdevorentscheidung wirkt.
(3) Wird ein Vorlageantrag rechtzeitig eingebracht, so gilt die Bescheidbeschwerde von der Einbringung des Antrages an wiederum als unerledigt. Die Wirksamkeit der Beschwerdevorentscheidung wird durch den Vorlageantrag nicht berührt. Bei Zurücknahme des Antrages gilt die Bescheidbeschwerde wieder als durch die Beschwerdevorentscheidung erledigt; dies gilt, wenn solche Anträge von mehreren hiezu Befugten gestellt wurden, nur für den Fall der Zurücknahme aller dieser Anträge.
(4) Für Vorlageanträge sind sinngemäß anzuwenden:
a) § 93 Abs. 4 und 5 sowie § 245 Abs. 1 zweiter Satz und Abs. 2 bis 5 (Frist),
b) § 93 Abs. 6 und § 249 Abs. 1 (Einbringung),
c) § 255 (Verzicht),
d) § 256 (Zurücknahme),
e) § 260 Abs. 1 (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung),
f) § 274 Abs. 3 Z 1 und 2 sowie Abs. 5 (Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung).
(5) Die Zurückweisung nicht zulässiger oder nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge obliegt dem Verwaltungsgericht.
(6) Erfolgt die Vorlage der Bescheidbeschwerde an das Verwaltungsgericht nicht innerhalb von zwei Monaten ab Einbringung des Vorlageantrages bzw. in den Fällen des § 262 Abs. 3 und 4 (Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung) ab Einbringung der Bescheidbeschwerde, so kann die Partei (§ 78) beim Verwaltungsgericht eine Vorlageerinnerung einbringen. Diese wirkt wie eine Vorlage der Beschwerde. Sie hat die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der Beschwerdevorentscheidung und des Vorlageantrages zu enthalten.
(7) Durch die Aufhebung einer Beschwerdevorentscheidung scheidet der Vorlageantrag aus dem Rechtsbestand aus.

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 werden die Fahrtkosten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte grundsätzlich mit dem Verkehrsabsetzbetrag abgegolten. Beträgt allerdings die Entfernung mehr als 20 Kilometer steht zusätzlich ein Pendlerpauschale sowie nach Maßgabe des § 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 ein Pendlereuro zu. Bei mehr als 60 Kilometer beträgt das Pendlerpauschale EUR 2.016,- jährlich.
Dieser Betrag vermindert als Werbungskosten die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer.

Gemäß § 3 der Pendlerverordnung, BGBl II 276/2013, ist für die Ermittlung der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte der vom BMF im Internet zur Verfügung gestellte Pendlerrechner zu verwenden. Das Ergebnis ist grundsätzlich verpflichtend heranzuziehen; ausnahmsweise kann aber nachgewiesen werden, dass es nicht den maßgebenden tatsächlichen Verhältnissen entspricht.

Gemäß § 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 steht bei Einkünften aus einem bestehenden Dienstverhältnis ein Pendlereuro iHv jährlich zwei Euro pro Kilometer der einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu, wenn der Arbeitnehmer Anspruch auf ein Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 hat. Der Pendlereuro vermindert als Absetzbetrag die Einkommensteuer.

Gemäß § 33 Abs. 8 EStG 1988 sind bei Steuerpflichtigen, die Anspruch auf den Verkehrsabsetzbetrag haben und bei denen sich eine Einkommensteuer unter null ergibt, 50% der Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 4 und 5 EStG 1988 (Sozialversicherungsbeiträge) rückzuerstatten. Bei Steuerpflichtigen, die Anspruch auf ein Pendlerpauschale haben, sind höchstens 500 Euro rückzuerstatten ("Negativsteuer"). Der Pendlereuro führt per se zu keiner Negativsteuer, kann allerdings den Negativbetrag der Einkommensteuer erhöhen. 

IV. Rechtliche Erwägungen

A. Verfahrensrechtlich
Gemäß § 264 Abs 1 zweiter Satz Bundesabgabenordnung idF BGBl I 2014/13 (BAO) hat der Vorlage­antrag die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten. Fehlt eine solche Bezeichnung, so liegt ein inhaltlicher Mangel iSd § 85 Abs 2 BAO vor, daher ist mit Mängelbehebungsauftrag vorzugehen.

Das Mängelbehebungs­verfahren obliegt dem Verwaltungs­gericht. Daher ist das Gericht sowohl für die Erlassung des Mängelbehebungsauftrages als auch für die Zurücknahmeerklärung (durch Beschluss) zuständig.
Diese Zuständigkeit des Verwaltungs­gerichts steht der Verpflichtung der Abgabenbehörde, bei unklaren Eingaben ihren Inhalt zu ermitteln, nicht entgegen. Diese Pflicht ergibt sich auch aus der Wortfolge „nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen“ in § 265 Abs 1 (ErlRV, 360 BlgNR 25. GP, 23).

Als Bezeichnung der Beschwerdevor­entscheidung genügt es, dass aus dem gesamten Inhalt der Antragsbeschreibung hervorgeht, wogegen er sich richtet und das Verwaltungs­gericht aufgrund des Antragsvorbringens nicht zweifeln kann, welche Beschwerdevorentscheidung angefochten ist (Rauscher, SWK 2015, 357).

Aufgrund des Antragsvorbringens vom kann nicht daran gezweifelt werden, dass der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde gegen die Beschwerdevorentscheidung vom zur Einkommensteuer 2018 gestellt wurde.
Damit ist der Formalvorschrift des § 264 Abs. 1 BAO genüge getan und das Bundesfinanzgericht hatte daher in der Sache zu entscheiden.

B. Materiellrechtlich
Die BF hat gemäß den oben zitierten Gesetzen Anspruch auf ein Pendlerpauschale iHv EUR 2.016,-. Das Pendlerpauschale stellt Werbungskosten dar. Diese vermindern nur die Steuerbemessungsgrundlage und werden nicht iHv EUR 2.016,- an die steuerpflichtige Person ausbezahlt.
Die BF hat die Auskunft des Finanzamtes insofern falsch verstanden, wenn sie im Vorlageantrag die Auszahlung von EUR 2.016,- beantragt.
Im Gegensatz dazu vermindert der Pendlereuro iHv EUR 124,- (2 Euro pro Kilometer der einfachen Fahrtstrecke) zwar die Einkommensteuer, allerdings vermittelt er keine Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge und hat im gegenständlichen Fall keine steuerlichen Auswirkungen.
Die BF erhält somit die gesetzlich maximale Steuerrückerstattung, weitere Ansprüche bestehen nicht.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

V. Unzulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist nach Art. 133 Abs. 4 B-VG iVm Art 133 Abs. 9 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision nicht zulässig, da sich die Abweisung der Beschwerde direkt aus dem Gesetz ergibt. Es liegt somit keine Rechtsfrage vor, die einer Lösung durch den Verwaltungsgerichtshof bedarf.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 3 Pendlerverordnung, BGBl. II Nr. 276/2013
§ 85 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 33 Abs. 8 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.5101276.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at