Verfahrenshilfe – Einzel – Beschluss, BFG vom 11.12.2019, VH/2100001/2019

Keine Gewährung der Verfahrenshilfe bei auf Sachverhaltsebene zu lösender Fragen

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R über die Anträge der Ast., vom auf Gewährung der Verfahrenshilfe im Beschwerdeverfahren gegen die Bescheide des Finanzamtes Judenburg Liezen vom betreffend Einkommensteuer 2015 und 2016 beschlossen:

Der Antrag wird abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

(1) Mit ihren Eingaben vom ersuchte die Antragstellerin (Ast.) um Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Beschwerdeverfahren betreffend Einkommensteuer 2015 sowie 2016.

In ihren Anträgen auf Verfahrenshilfe begründet die Ast. die Rechtswidrigkeit der bekämpften Bescheide mit der „Unterlassung der Heranziehung von Beweisen zur Berechnung des Sanierungsgewinnes bzw. der ESt zum Nachteil des Schuldners“.

In ihrem Vermögensbekenntnis gibt die Ast. an, als selbständig Erwerbstätige jährlich einen Verlust zu erzielen. An sonstigem Einkommen verfüge sie über monatlich ca. € 700,-- (Vermietung eines Ferienapartments).

(2) Die angefochtenen Bescheide ergingen am im Anschluss an eine bei der ASt. durchgeführte Außenprüfung.

Laut Bericht des Prüfers war die Ast. im Jahr 2014 als selbständige Immobilienmaklerin tätig (Bericht S. 9, erster Absatz). Ihren eigenen Angaben zufolge übte die Ast. 2015 keine wirtschaftliche Tätigkeit aus, es wurde aber ein Insolvenzverfahren eröffnet. In der Zeit von Mai 2016 bis Anfang November 2016 war die Ast. Pächterin einer Gaststätte im Clubhaus eines örtlichen Golfclubs sowie einer Schutzhütte.

In seinem Bericht führt der Prüfer auszugsweise wörtlich wieder gegeben aus:  

„Tz 2 Mängel:

Nachfolgend wird ein kurzer Überblick über die Tätigkeiten der Abgabepflichtigen gegeben: (…)

4. Im Jahr 2015 wurde laut Auskunft der Abgabepflichtigen keine wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt bzw. wurde ein Insolvenzverfahren über sie eröffnet.

5. Im Zeitraum vom bis zum war die Abgabepflichtige laut Pachtvertrag mit der Golfplatz A-GmbH Pächterin der Gaststätte im Clubhaus des Golfclubs A sowie Pächterinder Schutzhütte am *See. Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich ausschließlich auf diesen Betrieb.

6. Unterlagen zu den Steuererklärungen

Für alle Prüfungsjahre wurden keine Einnahmen-Ausgabenrechnungen erstellt bzw. übergeben.

Auch die Aufforderung des Prüfers im E-Mail vom , die Unterlagen (…) geordnet zu übergeben, wurde negiert.

Aus Sicht des Prüfers ist aus den vorhandenen Unterlagen und Belegen nicht ableitbar, wie sich die Zahlen in den Beilagen zu den Einkommensteuererklärungen zusammensetzen bzw. wie und wo die Grundlagen für die Zahlen in den Beilagen zu den Einkommensteuererklärungen ermittelt wurden. (…)

8. Ermittlung der Tageslosung

Übergeben wurde für den Prüfungszeitraum ein Konvolut aus insgesamt sieben Ordnern, inklusive der Ordner, die von Herrn Mag. H dem Finanzamt per Post übermittelt wurden, in denen Einzelbelege und Kontoauszüge abgelegt sind und wo auf Zetteln einnahmenseitig tageweise Zahlen (Umsätze?) aufgeschrieben sind. Eine Darstellung der Ermittlung der Tageslosung bzw. wie diese ermittelt wurde, konnte nicht festgestellt werden, wie zB. mittels täglicher Aufstellung von

Kassenendbestand
abzüglich Kassenanfangsbestand
abzüglich Bareinlagen
zuzüglich Barentnahmen. (…)

8. Aufzeichnungs- und Belegerteilungsverpflichtungen

Zu den Einnahmen sind in den Ordnern z.T. Bierblockzettel abgelegt, die keinen Rückschluss auf Geschäftsfälle zulassen, weder auf die Art der Konsumation, noch auf einen Tischumsatz oder die Art der Zahlung, und die im Widerspruch zu den in Gesetzen und Verordnungen getroffenen Anordnungen stehen.

Weiters wurde dem Prüfer am ein Kuvert mit Bierblockzetteln übermittelt, welche Grundlage für die Ermittlung der Tageslosung sein sollen. Auf diesen stehen Beträge, die die jeweilige auf dem Beleg vermerkte Gesamtsumme ergeben sollen. Und noch einmal, was konsumiert wurde, was die Artikel zu den einzelnen Beträgen waren, wenn man davon ausgeht, dass zB. am , bei einer notierten Tageslosung von € 219,30, die festgehaltenen Beträge von z.B.€ 18.10, € 13,- , €10,60, € 10,10, € 15,80, € 15,70, € 18,50 etc. nicht nur einen Artikel umfassen können. Und weiter, wie aufgrund der vorgelegten Aufzeichnungen die Erlöstrennung gem. § 18 UStG vorgenommen wurde.

Der gesetzlichen Verpflichtung der §§ 131, 132a BAO, wonach ab die Einzelaufzeichnungspflicht und Belegerteilungspflicht gesetzlich vorgeschrieben ist, wurde nicht entsprochen bzw. konnte die Einhaltung dieser Vorschriften anhand der vorgelegten Unterlagen nicht festgestellt werden.

Wie in den gesetzlichen Verpflichtungen festgehalten ist, sind alle Bargeschäfte unabhängig von der Umsatzhöhe einzeln festzuhalten und aufzuzeichnen, sowie im § 132a die generelle Belegerteilungspflicht auch bei Nichtbestehen einer Registrierkassenpflicht, z.B. wegen Nichtüberschreitens der Grenzen.

Die Mindestangaben auf diesen Belegen sind

- Unternehmensbezeichnung
- fortlaufende Nummer
- Belegausstellungsdatum
- Menge und handeIsübliche Bezeichnung
- Betrag.

Einträge in den Aufzeichnungen sind zum Teil schwer bis überhaupt nicht leserlich, weil sie überschrieben wurden (siehe dazu ua. ”Journal” Juli 2016 S1 etc). (…)

Die Belege und Eintragungen weisen keine fortlaufende Nummerierung auf, weshalb keine rasche Verbindung zwischen Beleg und Eintragung hergestellt werden kann und dadurch Prüfungshandlungen durch langes Suchen unnötig verzögert werden. (…)

Additionsstreifen zu den Vorsteueraufzeichnungen existieren nicht. Es mussten im Zuge der Prüfung die Vorsteuerbeträge in jedem Monat aufaddiert werden und abschließend mit den in den Aufzeichnungen angegebenen Beträgen abgeglichen werden.

So ergibt sich, wenn man die Aufzeichnungen hinsichtlich Vorsteuer für Juni 2016 hernimmt, bei einem Bruttobetrag iHv € 5.281,86 und einem Nettobetrag iHv € 5.281,86 eine abziehbare Vorsteuer iHv € 619,65, wenn man die Seitensummen der Vorsteuern aus den Aufzeichnungen hernimmt eine Vorsteuer iHv € 719,55, was einer Differenz iHv € 99,90 zu Ungunsten des Fiskus ergibt. Was tatsächlich in den Erklärungen geltend gemacht wurde, kann mangels prüfbarer Aufzeichnungen nicht eruiert werden.

Die täglichen Bareinnahmen wurden in einer Summe auf losen Kalenderwochenblättern festgehalten. Aufzeichnungen zur Trennung der Entgelte nach Steuersätzen im Sinne des § 18 UStG wurden nicht vorgelegt bzw. geführt. Laut Aussage der Abgabepflichtigen erfolgte die Aufteilung der Entgelte hinsichtlich 10% und 20% USt im Schätzungsweg.

9. Ein Wareneingangsbuch iS. der §§ 127 und 128 BAO wurde nicht geführt bzw. vorgelegt. (…)

Tz 8 Sicherheitszuschlag 2016

Aufgrund der in Tz 2 festgestellten Mängel und der durchgeführten Verprobungen wird für 2016 ein Sicherheitszuschlag iHv € 16.000,00 netto den erklärten Ergebnissen hinzugerechnet, ds. ca. 40% der erklärten Umsätze. Die Aufteilung der ust-pflichtigen Umsätze auf 10% und 20% USt

wird im Verhältnis der bisher erklärten Umsätze (Umsätze zu 20% = 32% = 5.100,00 USt-BMG zu Umsätze 10% = 68% = 10.900,00 USt-BMG) vorgenommen.

Hinsichtlich der durchgeführten Verprobungen wird festgehalten, dass von einem erklärten Wareneinsatz It. Beilage, Kennzahl 9100, iHv € 35.80920 ausgegangen wurde.

Wie von der Abgabepflichtigen im Rahmen der Besprechung/Niederschrift vom in G angegeben, wurden im Jahr 2016 umfangreiche Wareneinkäufe getätigt, welche dann, aufgrund der Entwicklung bzw. Sperre des *Sees durch den Grundeigentümer, nicht mehr verkauft werden konnten.

Dem wird von Seiten des Prüfers entgegengehalten, dass die Sperre des *Sees erst zu Beginn der Badesaison 2017 erfolgte, und im Jahr 2016, anhand des regelmäßigen Einkaufs bei Firma K, BrauUnion etc. noch keine Beeinträchtigung des Schutzhüttenbetriebes feststellbar war. (…)

Es wird aber nicht in Abrede gestellt, dass möglicherweise noch teilweise TK-Waren aus den in den letzten Monaten getätigten Wareneinkäufen auf Lager gewesen sein könnten. Eine genaue Aussage dazu kann aufgrund fehlender Bestandsverrechnungen (Inventuren) nicht getroffen werden.

Es werden die Einwendungen der Abgabepflichtigen insofern berücksichtigt, als an Schwund 20% vom Wareneinkauf berücksichtigt wurden, ds.51 € 7.161,84 (normal bei a la carte Betrieb 1-2%.).

Weiters wurden an Eigenverbrauch und Personalverbrauch, aufgrund der Angaben der Abgabepflichtigen € 4.237,92 berücksichtigt. Da über den genauen Verbrauch keine Aufzeichnungen geführt wurden, wurden vom Prüfer für die Berechnung die Sachbezugswerte iHv. € 196,20 und davon 9/10 d.s. € 176,58 herangezogen und zwar für
4 Monate x 1 Person = 706,32
4 Monate x 2 Personen = 1.412,64
4 Monate x 3 Personen = 2.118,96.

An Werbung wurden noch 2% des Wareneinkaufs d.s. € 716,18 beim Wareneinsatz in Abzug gebracht.

Aus den vorangeführten Ausführungen ergibt sich ein kalkulatorischer Wareneinsatz iHv € 23.693,26.

Mangels Führung eines Wareneingangsbuches kann keine genaue Zuordnung des Wareneinkaufs vorgenommen werden.

Eine Hochrechnung des kalkulatorischen Wareneinsatzes mit einem durchschnittlichen Rohaufschlag von 200% würde einen gerundeten Erlös iHv € 71.000,00 ergeben.

Auf Grund der Buchungsregeln in einer Gewinnermittlung gem. § 4 Abs. 3 EStG 1988 (keine Inventuren, keine Periodenreinheit) und der vorgelegten Unterlagen, die zweifelsfrei formale Mängel aufweisen, scheint aber eine Totalschätzung nicht gerechtfertigt. Die massiven formellen Mängel werden mit einem 40%-igen Sicherheitszuschlag der erklärten Erlöse abgegolten.

Die sich daraus ergebende Differenz iHv € 16.000,00 wird im auf € 100 gerundeten Verhältnis der erklärten 10%-igen (68%) und 20%-igen (32%) Erlöse den Umsätzen und Ergebnissen zugerechnet. (…)

Tz 10 Sanierungsgewinn 2015 und 2016:

Am wurde über die Abgabepflichtige ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet und mit aufgehoben bzw. mit bestätigtem Sanierungsplan abgeschlossen:

Anerkannte Forderungen: € 366.357,96
Gläubiger erhalten 20% wie folgt: € 73.271,59
Quoten: 5% am , , , je € 18.317,90

Sanierungsgewinn damit: € 293.086,37 (2015: € 73.271,69; 2016: € 146.543,41; …)

Bezahlte Quoten im BP-Zeitraum: 57% (€ 10.494,93); 47% (€ 17.391,91) …

Sanierungsgewinn tatsächl. bez. Quote € 41.997,39 (2015) bzw. € 69.567,64 (2016)

Darauf entfallende Steuer = Nichtfestsetzung: € 23.047,47 (…)“

(3) In der dagegen erhobenen Beschwerde führt die Ast. im Wesentlichen aus:

Das Finanzamt gehe von einer nicht richtig festgestellten Summe im Sanierungsverfahren aus. Die Summe betrage richtig € 315.327,76 , sodass sich die anteilige Sanierungsquote dementsprechend reduziere.

Zudem würden die Sicherheitszuschläge nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen. Dazu bringt die Ast. in ihrer Beschwerde vor:

„(…) Die Waren bei Ankauf hatten eine bestimmte Mengenabnahme und unter Berücksichtigung von Ankauf von Ware in Aktionszeiten hat sich hier eine ,,Reserve” aufgebaut, sodass ständig drei Tiefkühltruhen gefüllt waren.

Der Hauptumsatz wurde von täglichen 2 Menüs erwirtschaftet, wobei diese immer unter € 10,-- gelegen sind, um Familien auch die Möglichkeit auf leistbares Essen zu geben. Des Weiteren gab es am Nachmittag das Angebot von Kaffee mit Kuchen/Torte um € 5,80. Zusätzlich macht einen Teil auch das Eskimo Eis aus, welches sehr großen Anklang fand.

Im Winter konnte außerdem keine Zulieferung stattfinden, sodass dies auch ein Grund war Reserven anzulegen.

(…) Zulieferungen waren nur mehr möglich vom Zeitpunkt der Schneeschmelze bis zum Zeitpunkt der Totalsperre der Zufahrt durch Herrn W.

Es wurden 2017 Waren boniert, welche nur auf den Rechnungen von 2016 zu finden sind und der Rest an Lebensmittel, welche 2017 nicht abgesetzt werden konnte, musste nach und nach entsorgt werden bis im April 2018 die komplette Restentsorgung stattfand, da unter anderem keine Verkäuflichkeit durch zu lange Tiefkühlung mehr gegeben und fast ein Jahr keine Müllentsorgung mehr möglich war.

Getränke wurden zurückgegeben, da vieles abgelaufen war konnte nur mehr das Leergut verrechnet werden, wie aus der Gutschrift 2018 ersichtlich ist.

Mitgenommen konnte werden: Weine, Schnäpse, Sekt, Jägermeister, Glühwein, Glühmost, Tee, Kaffee, Zotter Kakaoschokoladen usw.  Diese Ware wird bis dato noch immer verkauft.

Es ist nicht einzusehen, aufgrund des erlittenen Schadens einerseits den Sicherheitszuschlag zu bekommen, dann eine Strafe, Zinsen und Ware dann quasi nochmals zu versteuern, welche dann 2017,2018,2019 verkauft/boniert wird. Es findet hier eine ,,Bestrafung” auf mehreren Ebenen statt, (…).“

(4) In ihrem infolge der abweisenden Beschwerdevorentscheidung eingebrachten Vorlageantrag führt die Ast. aus:

„Sicherheitszuschlag:

Das Finanzamt gibt an, dass die Unterlagen unvollständig waren und daher ein Sicherheitszuschlag angemessen sei. Es ist richtig, dass es kein Wareneingangsbuch im Jahre 2016 (erstmalige Führung eines Gastronomiebetriebes) geführt wurde (die vorgelegten Ordner/Belege waren chronologisch geordnet). Im Jahre 2016 wurde eine anteilige Provision anhand einer Zahlungsvereinbarung vereinnahmt. In Zusammenschau mit den betrieblichen Zahlungen und erlegten Sanierungsquoten 2017 sowie der nicht mehr im Vollbetrieb stehenden Gastronomie am *See 2017 kann kaum angenommen werden, dass hier Einnahmen getätigt und dem Finanzamt vorenthalten wurden. Vom Eingang der Provision im Oktober 2016 und diversen Darlehen konnten in weiterer Folge die Zahlungen durchgeführt und ein eventueller Konkurs abgewendet werden. Es ist schon aus rein rechnerischer Sicht unmöglich Einnahmen/Ausgaben, Warenretouren bei Aufgabe des Betriebes usw. (weicher nur mit einer einsteiligen gerichtlichen Verfügung möglich war) hieraus Ungereimtheiten zu erkennen.

Sanierungsgewinn:

lm Jahre 2015 wurde ein Sanierungsverfahren beantragt und die Insolvenzgläubigerliste mit den offenen Forderungen trotz Änderung von Gläubigern zu Gunsten der Schuldnerin weder vom Gericht noch vom Sanierungsverwalter abgeändert (lt. richterlicher Auskunft eine gängige Vorgangsweise). Jedoch die Quoten nach den tatsächlichen vereinbarten Beträgen erlegt und dies ist aufgrund von den vorgelegten Belegen (Überweisungsbelege) und Beweisen (z. B. Email Bank) ersichtlich, jedoch weigert sich das Finanzamt dies anzuerkennen und zieht den ursprünglich höheren Betrag als Berechnungsgrundlage heran, wodurch der Sanierungsgewinn erhöht wurde und dies sich zum Nachteil der Steuerschuldnerin auswirkt.“

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Nach § 292 Abs. 1 BAO ist auf Antrag einer Partei, wenn zu entscheidende Rechtsfragen besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art aufweisen, für das Beschwerdeverfahren Verfahrenshilfe zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten und die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Nach § 292 Abs. 1 BAO setzt die Bewilligung von Verfahrenshilfe jedenfalls voraus, dass die im jeweiligen Beschwerde­verfahren strittigen Rechtsfragen besondere Schwierigkeiten  rechtlicher Art aufweisen. Der Begriff der besonderen Schwierigkeiten rechtlicher Art geht auf § 282 Abs. 1 idF vor dem FVwGG 2012 zurück und soll nach den Gesetzesmaterialien sicherstellen, dass Verfahrenshilfe nur für überdurchschnittlich schwierige, durch ständige Judikatur noch nicht geklärte Rechtsfragen gewährt wird (ErlRV 1352 BlgNR 25. GP, 18).

Nach , sind besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art anzunehmen, wenn eine besondere Komplexität der Rechtslage gegeben ist. Das sei insbesondere dann der Fall, wenn eine Rechtsfrage zur Beurteilung ansteht, die bislang uneinheitlich entschieden wurde bzw. in der ein Abgehen von der bisherigen Rechtsprechung erwogen wird oder der grundsätzliche Bedeutung zukommt (s. auch Ritz, BAO 7. Auflage, § 292 Tz 4).

„Besondere Schwierigkeiten“ liegen vor, wenn die Bearbeitung eines Rechtsstreites Anforderungen stellt, die weit über das übliche Maß hinausgehen. Die Schwierigkeiten müssen erheblich über dem durchschnittlichen Grad liegen. Der Streitwert ist nicht maßgebend, ebenso wenig der bei der Sachaufklärung zu leistende Umfang der Arbeit.

Die Bewilligung von Verfahrenshilfe in Abgabenverfahren erfordert demnach, dass die Beigebung eines Verfahrenshelfers auf Grund der Komplexität der strittigen Rechtsfragen zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung der Partei notwendig ist weil es der unvertretenen Partei ansonsten nicht zumutbar ist, ihren Rechtsstandpunkt schriftlich bzw. mündlich zu artikulieren (vgl. Unger, Verfahrenshilfe in Abgabensachen, Teil I, taxlex 2017, 161 bzw. ).

Sofern Feststellungen angefochten sind, die auf der Sachverhaltsebene zu lösen sind (zB Vereinnahmung von Geldern, Zufluss beim Antragsteller oä.), kann nicht von den im Gesetz geforderten „besonderen Schwierigkeiten rechtlicher Art“ ausgegangen werden, für deren Beurteilung ein rechtskundiger Vertreter notwendig wäre (vgl. zB ; sowie , VH/2100002/2018) .

Auf Grund der dargestellten Rechtslage konnte dem Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe nicht Folge geleistet werden:

Strittig ist Zum Einen die Ermittlung des Schulderlasses der Höhe nach. Zum Anderen wendet sich die Ast. gegen die Höhe der vom Finanzamt im Zuge der Schätzung zur Anwendung gebrachten Sicherheitszuschläge.

§ 36 EStG erfasst nur Schulderlässe im Insolvenzverfahren. Nicht erfasst sind etwa Gewinne aus Schulderlässen auf Grund eines außergerichtlichen Ausgleichs (Jakom/Kanduth-Kristen EStG, 2019, § 36 Rz 7f., und die dort zitierten Nachweise).

Die Höhe des Gewinnes aus einem Schulderlass ergibt sich aus der Summe der Schuldnachlässe abzüglich allfälliger mit den Nachlässen wirtschaftlich in Zusammenhang stehenden Kosten. Bei ratenweiser Abstattung tritt der Schulderlass nach der VwGH-Judikatur nach Maßgabe der Ratenzahlungen sukzessive ein (s. zB Jakom/Kanduth-Kristen, aaO, § 36 Rz 16 und 18, mwN).

Wie der Gewinn aus Schulderlässen rechnerisch zu ermitteln ist, stellt keine Rechtsfrage der oben dargestellten Komplexität dar. Ob nun einzelne Nachlässe an Hand der vorgelegten Unterlagen hinreichend nachgewiesen werden konnten (oder nicht) und folglich der Gewinn aus den Schulderlässen der Höhe nach richtig ermittelt wurde, ist vielmehr eine auf Sachverhaltsebene zu lösende Frage (und keine Rechtsfrage).

Dasselbe gilt für die Frage der Angemessenheit des verhängten Sicherheitszuschlages. Die Ast. bringt in ihrer Beschwerde Umstände vor, die ihrer Ansicht nach zu einer Reduktion des Sicherheitszuschlages führen müssten. Die Frage der angemessenen Höhe eines zur Anwendung gebrachten Sicherheitszuschlages ist ebenfalls mit keinen besonderen Schwierigkeiten rechtlicher Natur verbunden. In Zweifel steht allein, ob gewisse – in der Beschwerde vorgetragene - Umstände tatsächlicher Natur zutreffend und dazu geeignet sind, das Schätzungsergebnis der Abgabenbehörde der Höhe nach zu reduzieren.

Da sohin keine ausgefallenen oder komplizierten, in Rechtsprechung und Schrifttum wenig oder gar widersprüchlich erörterte Rechtsfragen vorliegen, war spruchgemäß zu entscheiden und der Antrag schon mangels Vorliegens besonderer Schwierigkeiten rechtlicher Art abzuweisen.

Ergänzend sei angemerkt, dass die Einkommensteuer 2015 mit dem angefochtenen Bescheid mit einer Gutschrift von € -669,-- festgesetzt wurde. Selbst wenn dem Beschwerdebegehren in diesem Punkt vollinhaltlich stattgegeben würde (ja selbst wenn der „Sanierungsgewinn“ zur Gänze außer Ansatz gelassen würde), ergäbe sich eine Festsetzung in genau derselben Höhe und sohin kein für die Ast. günstigeres Ergebnis als im angefochtenen Bescheid. Eine erkennbarer Nachteil liegt daher auf Seiten der Ast. auf Grund der Veranlagung mit dem bekämpften Bescheid für 2015 nicht vor.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da der Beschwerdefall, für welchen die Bewilligung der Verfahrenshilfe beantragt wurde, primär auf Sachverhaltsebene zu lösende Umstände und keine Fragen betrifft, die besondere rechtliche Schwierigkeiten (im Sinne des § 292 BAO) aufweisen, konnte das BFG auf Grund der oben dargestellten Rechtslage entscheiden; es liegt daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd. Art. 133 Abs. 4 B-VG vor.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 292 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Schätzung
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:VH.2100001.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at