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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 04.12.2019, RV/6100647/2008

Einstellung des Beschwerdeverfahrens einer gelöschten vermögenslosen Kapitalgesellschaft

Beachte

Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2020/13/0026. Einstellung des Verfahrens mit Beschluss vom .


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Rechtssätze
Folgerechtssätze
RV/6100647/2008-RS1
wie RV/0464-S/11-RS1
Wenngleich die Löschung einer GmbH wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 40 Abs 1 FBG nur deklarative Wirkung hat, fällt damit die organschaftliche Vertretung weg und können an die gelöschte GmbH mangels Handlungsfähigkeit keine Bescheide mehr wirksam erlassen werden. Die Regelung des § 80 Abs. 3 BAO ist nur im Fall einer Liquidation iSd § 89 GmbHG anwendbar, nicht aber im Fall einer Löschung nach einem Konkursverfahren (siehe RV/2748-W/09-RS 1).
RV/6100647/2008-RS2
wie RV/0464-S/11-RS2
Die gelöschte GmbH kann mangels Organe nicht rechtswirksam Vollmacht zur steuerlichen Vertretung erteilen. Die von einem Steuerberater im Namen der gelöschten GmbH eingebrachte Berufung ist daher wegen fehlender Aktivlegitimation zurückzuweisen.

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter M in der Beschwerdesache der Bf., Adresse, vertreten durch Name, Adresse, gegen den Bescheid des Finanzamtes Z vom betreffend Haftungs- und Abgabenbescheid Kapitalertragsteuer für den Zeitraum bis beschlossen:

Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Abgabenbehörde erster Instanz zog im Anschluss an eine Außenprüfung, unter anderem das Jahr 2004 betreffend, die Beschwerdeführerin durch Erlassung eines Haftungs-und Abgabenbescheides vom für den Zeitraum 1. Jänner bis zur Haftung für die Kapitalertragsteuer diesen Zeitraum betreffend in Anspruch.

Gegen diesen Bescheid wurde von der Parteienvertreterin berufen und im Wesentlichen ausgeführt, dass ein Bilanzierungsfehler vorliege und daher die Bilanz zu berichtigen sei. Der als verdeckte Gewinnausschüttung herangezogene negative Saldo des Verrechnungskontos des Geschäftsführers wäre zu berichtigen, weil die auf diesem Konto gebuchten Verrechnungen im Zusammenhang mit der "Betriebsstätte in S" im Zusammenhang stünden und daher nicht dem Geschäftsführer zuzurechnen seien. Es werde daher beantragt der Berufung vollinhaltlich statt zu geben.

Die Berufung wurde durch Erlassung einer Berufungsvorentscheidung im Oktober 2008 abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, dass weder während des Prüfungsverfahrens noch dem Rechtsmittelverfahren keine Nachweise für die Behauptung von Verrechnungen mit der sw Tochtergesellschaft erbracht wurden. Außerdem habe der Geschäftsführer, der mit einer sw Staatsbürgerin verheiratet ist und dessen Tochter in S lebt, persönliche Beziehungen zu S und die zu Lasten des Verrechnungskontos gebuchten Gelder dürften daher im privaten Bereich in S geflossen sein.

Gegen diesen Bescheid wurde rechtzeitig (November 2008) ein Antrag auf Vorlage der Berufung an die zweite Instanz gestellt und im Wesentlichen die in der Berufung vorgebrachten Behauptungen wiederholt und ergänzende Ausführungen gemacht sowie die Stattgabe der Berufung beantragt.

Die Berufung wurde dem Unabhängigen Finanzsenat vorgelegt.

Übergangsbestimmung infolge Auflösung des Unabhängigen Finanzsenates:

Mit wurde der Unabhängige Finanzsenat (UFS) aufgelöst. Die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des 31. Dezembers 2013 bei dieser Behörde anhängigen Verfahren geht gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG auf das Bundesfinanzgericht (BFG) über. Dementsprechend normiert § 323 Abs. 38 BAO, dass die am beim UFS als Abgabebehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom BFG als Beschwerde im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen sind.

Verfahren vor dem Unabhängigen Finanzsenat bzw. dem Bundesfinanzgericht

Mit Beschluss des LG vom Datum wurde der gegen die Beschwerdeführerin gestellte Konkursantrag mangels Vermögen abgewiesen und die Gesellschaft infolge rechtskräftiger Abweisung des Konkursantrages mangels kostendeckenden Vermögens gemäß § 39 FBG aufgelöst.

Mit wurde der auf dem Abgabenkonto aus haftende und vollstreckbare Abgabenrückstand wegen Uneinbringlichkeit abgeschrieben.

Rechtliche Würdigung

Die Auflösung und Löschung einer im Firmenbuch eingetragenen juristischen Person hat bloß deklaratorischen Charakter (vgl. ) und beendet die Rechtsfähigkeit nicht, solange Vermögen vorhanden ist (vgl. ) und Rechtsverhältnisse zu Dritten nicht vollständig abgewickelt - also zB Abgaben noch festzusetzen - sind (vgl. Ritz, BAO³, § 79, Tz 10, 11; ; ).

Die Rechts- und Parteifähigkeit einer GmbH bleibt daher auch nach ihrer Löschung im Firmenbuch solange erhalten, als noch Abwicklungsbedarf besteht, was dann der Fall ist, wenn Abgabenverbindlichkeiten einer solchen Gesellschaft bescheidmäßig festzusetzen sind. An eine im Firmenbuch bereits gelöschte GmbH gerichtete Bescheide ergehen daher grundsätzlich rechtswirksam (vgl. ).

Bis zur Vollbeendigung braucht die aufgelöste Gesellschaft - so wie bisher - einen gesetzlichen oder gewillkürten Vertreter. In der Zeit zwischen Auflösung und Vollbeendigung (vollständige Abwicklung aller Rechtsverhältnisse) fungiert grundsätzlich der vormalige Geschäftsführer als "geborener Liquidator"(vgl. ; ; RV/0527-K/06; RV/0292-K/07). An ihn können an die Gesellschaft adressierte Erledigungen bis zur Bestellung eines Liquidators noch zugestellt werden.

Der Auflösung folgt i.d.R. die Liquidation oder Abwicklung (§ 89 GmbHG). Während dieser Zeit wird eine Kapitalgesellschaft durch die im Firmenbuch eingetragenen Liquidatoren oder Abwickler (§ 93 GmbHG) vertreten. Nach Beendigung der Liquidation und Entlastung der Liquidatoren erfolgt die Löschung im Firmenbuch (§ 157 UGB, § 93 GmbHG). Mit ihr endet auch das Liquidatorenamt.

Sollten in weiterer Folge noch Bescheide an die im Firmenbuch gelöschte Gesellschaft erlassen werden, so regelt § 80 Abs. 3 BAO die Vertretung einer aufgelösten GmbH. Diese Vertretungsregelung erfasst allerdings nur jene Fälle, in denen eine Liquidation stattgefunden hat. Nicht erfasst sind Fälle, in denen eine Kapitalgesellschaft gemäß § 40 Abs. 1 FBG wegen Vermögenslosigkeit durch das Gericht gelöscht wird oder eine Gesellschaft gemäß § 39 Abs. 1 FBG bei Konkursabweisung mangels eines zur Deckung der Verfahrenskosten ausreichenden Vermögens (§ 71b IO) als aufgelöst gilt und daher mangels Vermögens von Amts wegen zu löschen ist.

Die Löschung gemäß § 40 Abs. 1 FBG sowie die im Firmenbuch gemäß § 39 Abs. 2 FBG einzutragende Auflösung gelten zwar nur als deklarativ und führen grundsätzlich nicht zur Vollbeendigung der Gesellschaft (vgl. dazu auch ). Jedoch ist mit der nur deklarativ wirkenden Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch nach der Rechtsprechung des OGH konstitutiv auch der Wegfall der organschaftlichen Vertretung der Gesellschaft verbunden (vgl. ; ), sodass in diesem Fall an eine im Firmenbuch gelöschte juristische Person mangels Handlungsfähigkeit keine Bescheide mehr wirksam erlassen werden können. Eine Zustellung etwa an den früheren Geschäftsführer wäre unwirksam (vgl. ; siehe dazu auch ; , RV/2748-W/09).

Aufgrund des Wegfalls der organschaftlichen Vertretung infolge Vollbeendigung des gelöschten Rechtsträgers fehlt es im gegenständlichen Beschwerdeverfahren an der Möglichkeit, der beschwerdeführenden Gesellschaft eine Rechtsmittelerledigung zuzustellen. Eine solche konnte daher durch das Gericht nicht wirksam erlassen werden.

Das Beschwerdeverfahren war daher einzustellen.

Diese Einstellung durch das Bundesfinanzgericht hatte mittels Beschluss zu erfolgen ().

Der Beschluss ergeht mangels Zustellungsmöglichkeit an die Beschwerdeführerin nur an die Amtspartei ().

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Verfahren wurde vom BFG weder von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch des Obersten Gerichtshofes abgewichen, noch fehlte es für die zu lösende Rechtsfrage an einer Rechtsprechung der Gerichtshöfe und des Bundesfinanzgerichtes.

Eine Revision ist daher nicht zu lässig.

Salzburg-Aigen, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 39 Abs. 1 FBG, Firmenbuchgesetz, BGBl. Nr. 10/1991
§ 80 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Kapitalgesellschaft
gelöschte Gesellschaft
Uneinbringlichkeit
vermögenslos
Verweise
Zitiert/besprochen in
Fuchs in AFS 2020/1, 21
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.6100647.2008

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at