Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.12.2019, RV/7103599/2019

GrESt: Begriff der Gegenleistung ist im wirtschaftlichen Sinn zu verstehen

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2020/16/0018. Zurückweisung mit Beschluss vom .


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/7103599/2019-RS1
Nach Rsp des VwGH ist der Begriff der Gegenleistung im Grunderwerbsteuerrecht im wirtschaftlichen Sinn zu verstehen (vgl ). Es kommt nicht auf die äußere Form der Verträge an, sondern auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt, der nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu ermitteln ist. Letztendlich gilt all das als Gegenleistung, das der Erwerber einzusetzen hat, um die Liegenschaft zu erhalten. Insbesondere sind alle in knappem zeitlichem Zusammenhang mit dem Kaufvertrag eingegangenen Verpflichtungen des Erwerbes zur Gegenleistung hinzuzuzählen (). Steht eine Leistung des Erwerbers in einem unmittelbaren tatsächlichen und wirtschaftlichen oder inneren Zusammenhang mit dem Erwerb der Liegenschaft, dann ist sie somit als Teil der Gegenleistung anzusehen. Auch Leistungen an einen Dritten sind in die Gegenleistung einzubeziehen, insbesondere dann, wenn sie den Veräußerer von einer ihn treffenden Verpflichtung befreien (). Es ist letztendlich ausschlaggebend, ob der Käufer die Liegenschaft (wirtschaftlich betrachtet) belastet oder lastenfrei erwerben will; im letzteren Fall ist die bezahlte Entschädigung der Gegenleistung hinzuzurechnen (vgl ).

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter MMag. Gerald Erwin Ehgartner in der Beschwerdesache **BF**, vertreten durch Oehner & Partner Rechtsanwälte GmbH, Donau-City-Straße 7, 1220 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , ERFNR ****/2018, betreffend Grunderwerbsteuer (Abweisung des Herabsetzungs- und Rückerstattungsantrages), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Zugrundeliegender Sachverhalt und Verfahrensgang

Strittig war im gegenständlichen Fall, ob im Zusammenhang mit der Veräußerung der Liegenschaft ****, in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer bloß der im Liegenschaftskaufvertrag ausgewiesene Kaufpreis der Liegenschaft oder aber auch eine im Zuge des Liegenschaftserwerbs weitere geleistete Zahlung der Beschwerdeführerin (als Käuferin der Liegenschaft) zur Auflösung des zuvor bestandenen Immobilienleasingvertrages miteinzubeziehen war.

Die ehemalige Liegenschaftseigentümerin, **Verkäuferin** (in der Folge "Verkäuferin"), errichtete (länger zurückliegend) auf der Liegenschaft ein Bauwerk und überließ dieses im Rahmen eines Leasingverhältnisses der "**LN-GmbH**" (in der Folge "Leasingnehmerin").

Liegenschaftskaufvertrag

Mit dem vorliegenden Liegenschaftskaufvertrag, unterfertigt von den Vertragsparteien am bzw , veräußerte die Verkäuferin die gegenständliche Liegenschaft an die Beschwerdeführerin als Käuferin. Die Verkäuferin wurde dabei von Mag. **M** vertreten, die Beschwerdeführerin von Rechtsanwalt Mag. **K**.

Vertraglich findet sich ein Kaufpreis für den Kaufgegenstand (vgl Punkt 1. des Liegenschaftskaufvertrages: Liegenschaft samt dem darauf errichteten Hotel) von netto EUR 10.057.322,36 festgeschrieben. Das im Kaufgegenstand befindliche Mobiliar ist ausdrücklich davon nicht mitumfasst. Auf die umsatzsteuerliche Optionsmöglichkeit nach § 6 Abs 2 UStG wurde ausdrücklich verzichtet.

Im Kaufvertrag finden sich in verfahrensgegenständlich relevanter Hinsicht folgende Punkte festgehalten:

  • Präambel (C): Der Beschwerdeführerin sei bekannt, dass die Liegenschaft von der Verkäuferin an eine Leasingnehmerin verleast sei (ein Immobilienleasingvertrag sowie drei Nachträge und Nebenvereinbarungen seien über die Liegenschaft abgeschlossen worden). Dieser Immobilienleasingvertrag werde zu einem konkreten Stichtag einvernehmlich beendet.

  • Betreffend den Beendigungsstichtag findet sich ein Verweis auf Punkt I.4. des Kaufvertrages und von dort weiter zu "Punkt IX. Aufschiebende Bedingung":

Bis spätestens haben demnach eine oder mehrere Bestätigungen vorzuliegen, mit denen der Treuhänder das Vorliegen sämtlicher Urkunden (verbücherungsfähige Ausfertigung des Kaufvertrages, Rangordnungsbeschluss für die beabsichtigte Veräußerung der Liegenschaft und verbücherungsfähige Pfandurkunde) und das Einlangen sämtlicher zu leistender Beträge bestätigt. Der Tag des Eintritts dieser aufschiebenden Bedingung sei der Stichtag.

  • Präambel (G): Die Beschwerdeführerin nehme zur Kenntnis, dass die Verkäuferin die Immobilie auf Wunsch der Leasingnehmerin direkt an die Beschwerdeführerin verkaufe.

Der Verkäuferin sei bekannt, dass die Beschwerdeführerin und die Leasingnehmerin iZm dem Kaufvertrag weitere Vereinbarungen abschließen würden.

Die Vertragsparteien hätten sich auf eine treuhändige Abwicklung nicht nur dieses Kaufvertrages, sondern auch der sonstigen iZm diesem Kaufvertrag abgeschlossenen Verträge und Vereinbarungen geeinigt.

  • Punkt II. und III.: Der Kaufpreis von EUR 10.057.322,36 sei zum fällig.

  • Punkt V.2.: Die eingetragenen und bestehenden Lasten Dritter würden von der Beschwerdeführerin ohne Anrechnung auf den Kaufpreis übernommen.

  • Punkt V.5.: Die Verkäuferin erkläre, spätestens mit Abschluss des vorliegenden Kaufvertrages mit der Leasingnehmerin eine Vereinbarung über die einvernehmliche Beendigung des Leasingvertrages abzuschließen, mit der sich die Leasingnehmerin verpflichte, den Kaufgegenstand zum Stichtag zu übergeben.

Die Vertragsdurchführung bzw die Unterfertigung des Vertrages erfolgte vor dem öffentlichen Notar MMag. Dr. **A**.

Auflösungsvereinbarung

Zeitgleich, datiert mit , wurde ein "Termination Agreement and Movables Purchase Agreement" (in der Folge "Auflösungsvereinbarung"; dem Bundesfinanzgericht auch in der deutschen Übersetzung vorgelegt) abgeschlossen. Vertragspartner der Auflösungsvereinbarung waren

  • die Beschwerdeführerin,

  • die Leasingnehmerin,

  • zwei weitere Gesellschaften aus der Gruppe der Leasingnehmerin.

Von Seiten der Beschwerdeführerin wurde die Auflösungsvereinbarung wieder von Rechtsanwalt Mag. **K** unterfertigt.

Die Liegenschaftsverkäuferin war nicht expliziter Vertragspartner der Auflösungsvereinbarung. Dennoch findet sich die Verkäuferin mehrfach in der Auflösungsvereinbarung ausdrücklich bezeichnet. Als "Transaktionsdokumente" finden sich in der Auflösungsvereinbarung folgende Dokumente (mehrfach) aufgezählt bzw erwähnt:

  • Der Treuhandvertrag,

  • der Asset-Kaufvertrag (= der hier beschwerdegegenständliche Liegenschaftskaufvertrag),

  • die Auflösungsvereinbarung

  • und der Hotelpachtvertrag.

In verfahrensgegenständlich relevanter Hinsicht finden sich insbesondere folgende Punkte festgeschrieben:

  • Punkt 1.4: Die Beschwerdeführerin beabsichtige, das volle, unbelastete, unbefristete und uneingeschränkte Eigentum an der Liegenschaft und am Hotel zu erwerben. Dafür bezahle die Beschwerdeführerin einen Transaktionspreis von EUR 19.428.000,00, "aufzuteilen gemäß den Bedingungen eines jeden einzelnen Transaktionsdokuments". (Der sich davon der Auflösungszahlung zuzurechnende Betrag von EUR 9.305.538,65 zzgl 20% USt, somit gesamt EUR 11.166.646,38, ergibt sich aus der unten dargestellten Vorhaltsbeantwortung der Beschwerdeführerin.)

  • Punkt 1.6: Das Datum der Wirksamkeit der Auflösungsvereinbarung ("Closing") sowie "aller damit zusammenhängenden Vereinbarungen" sei jenes Datum, an welchem der Treuhänder die entsprechenden Erklärungen aus den Vertragsklauseln herausgebe.

  • Punkt 2.1: Die Parteien beendeten mit Wirkung ab dem Closing sämtliche Leasingvereinbarungen sowie alle sonstigen Vereinbarungen.

  • Punkt 3. ff: Mit demselben Vertragsdokument (der Auflösungsvereinbarung) würden auch sämtliche Vermögenswerte und Mobilien auf die Beschwerdeführerin (um einen vertraglich ausgewiesenen Betrag) übertragen.

  • Punkt 6.1: Die Verpflichtung der Parteien, das Closing sowie die Transaktionen zu bewirken, unterliege der aufschiebenden Bedingung der rechtsgültigen Unterfertigung des Liegenschaftskaufvertrages.

Schließlich wird hinsichtlich der Wirksamkeit der Auflösungsvereinbarung auf alle damit zusammenhängenden Vereinbarungen, konkret auch auf den hier gegenständlichen Liegenschaftskaufvertrag verwiesen und explizit auch ein gemeinsames Wirksamkeitsdatum ("Closing") aller Verträge vereinbart.

Die Vertragsdurchführung bzw die Unterfertigung des Vertrages erfolgte ebenfalls vor demselben Notar wie beim Liegenschaftskaufvertrag und am selben Tag.

Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer

Der in der Folge gemäß § 11 GrEStG vorgenommenen Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer wurde als Bemessungsgrundlage der Nettokaufpreis IHv EUR 10.057.322,36 zuzüglich des Wertes der Auflösungszahlung von brutto EUR 11.166.646,38, somit gesamt der EUR 21.223.968,74, zugrunde gelegt. Der sich unter Heranziehung des Steuersatzes von 3,5% ergebende Steuerbetrag von EUR 742.838,91 wurde abgeführt.

Antrag auf Herabsetzung und Erstattung der Grunderwerbsteuer

Mit "Antrag auf Herabsetzung und Erstattung der Grunderwerbsteuer", datiert mit , beantragte die Beschwerdeführerin, der Grunderwerbsteuer bloß den Nettokaufpreis der Liegenschaft von EUR 10.057.322,36 zu Grunde zu legen und sie derart mit einem Betrag von nur EUR 352.006,28 festzusetzen. Der Differenzbetrag zur tatsächlich abgeführten Grunderwerbsteuer iHv EUR 390.832,63 solle rückerstattet bzw gutgeschrieben werden.

Begründend erfolgte im Wesentlichen das Vorbringen, die Miteinberechnung der Auflösungszahlung in die Bemessungsgrundlage sei bloß aus Gründen der Vorsicht erfolgt. Tatsächlich sei die Auflösungszahlung jedoch nicht als hinzuzurechnende Leistung nach § 5 Abs 3 GrEStG zu werten. Eine dementsprechende Gegenleistung sei nur das, was der Erwerber dem Veräußerer zu erbringen habe, sich also im Vermögen des Veräußerers auswirke. Leistungen an Dritte seien nur dann Gegenleistungen, wenn sie an Dritte erbracht würden, weil sich der Erwerber hierzu vertraglich verpflichtet habe und sie sich im Vermögen des Veräußerers auswirken bzw im Interesse des Veräußerers erfolgten. Derartige Leistungen seien eben nur in den Ausnahmefällen des § 5 Abs 3 Z 1 und Z 2 GrEStG der Gegenleistung hinzuzurechnen.

Gegenständlich habe es keine vertragliche Verpflichtung der Beschwerdeführerin gegenüber gegeben, das Entgelt an die Leasingnehmerin zu bezahlen und die Zahlung habe sich weder im Vermögen der Verkäuferin ausgewirkt, noch sei sie im Interesse der Verkäuferin erfolgt; § 5 Abs 2 Z 1 GrEStG scheide daher aus. Da auch kein Anspruch der Empfängerin des Entgelts auf Übereignung der Liegenschaft bestanden habe, scheide auch die Anwendung des § 5 Abs 3 Z 2 GrEStG aus. Das Entgelt sei somit keine Gegenleistung.

Angefochtener Bescheid

Mit Bescheid vom wurde der Herabsetzungs- bzw Rückerstattungsantrag von der belangten Behörde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich im vorliegenden Fall der Erwerber der Liegenschaft verpflichtet habe, zusätzlich zum Kaufpreis laut Kaufvertrag ein Entgelt für die Auflösungsvereinbarung an einen Dritten zu bezahlen. Der Erwerb der Liegenschaft stehe somit mit der Zahlungsverpflichtung in einem inneren Zusammenhang, weshalb das Entgelt für die Auflösungsvereinbarung als zusätzliche Gegenleistung gemäß § 5 Abs 3 GrEStG dem Kaufpreis hinzuzurechnen sei.

Beschwerde

Mit Beschwerde vom wurde der abweisende Bescheid angefochten und dabei von der Beschwerdeführerin im Wesentlichen nochmals beantragt, die Grunderwerbsteuer auf Basis des Nettokaufpreises von EUR 10.057.322,36 mit einem Betrag von EUR 352.006,28 festzusetzen.

Begründend wurde vorgebracht, die Beschwerdeführerin habe einerseits aufgrund des Liegenschaftskaufvertrages eine Kaufpreiszahlung von EUR 10.057.322,36 vorgenommen und andererseits, unabhängig vom Liegenschaftskaufvertrag, mit dritten Parteien eine Auflösungsvereinbarung abgeschlossen. In der Folge habe die Beschwerdeführerin an die Leasingnehmerin eine Zahlung iHv (brutto) EUR 11.166.646,38 geleistet. Ausschließlich aus Gründen der Vorsicht sei die Auflösungszahlung in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer einberechnet worden.

Der Sachverhalt sei von der belangten Behörde aktenwidrig festgestellt worden, zumal keine zwei miteinander verbundenen Vereinbarungen vorliegen würden. Es sei nicht festgestellt worden, welche Verpflichtungen von der Beschwerdeführerin aufgrund welcher Vereinbarung konkret übernommen wurden und aus welchen Gründen die Verpflichtungen in dem behaupteten inneren Zusammenhang stünden. Auch liege ein Begründungsmangel der belangten Behörde vor, da insbesondere nicht dargestellt worden sei, wie die Behörde zum festgestellten zeitlichen inneren Zusammenhang zwischen Kaufvertrag und Auflösungsvereinbarung gekommen sei. Die belangte Behörde habe jegliche Ermittlungstätigkeit in entscheidenden Punkten bzw überhaupt ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren unterlassen, Parteivorbringen ignoriert, sei vom Inhalt der Akten leichtfertig abgegangen und habe den konkreten Sachverhalt außer Acht gelassen und somit Willkür geübt.

In rechtlicher Hinsicht wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die Auflösungszahlung nach dem Gesetzeswortlaut nicht zur Gegenleistung gehöre, (1.) da sie kein Kaufpreis iSd § 5 Abs 1 Z 1 GrEStG sei, (2.) zwar schon vom Erwerber der Liegenschaft, jedoch nicht an die Verkäuferin iSd § 5 Abs 2 GrEStG bezahlt worden sei, (3.) die Auflösungszahlung an einen unbeteiligten Dritten gegangen, jedoch keine Gegenleistung dafür gewesen sei, dass der Dritte iSd § 5 Abs 3 Z 1 GrEStG auf den Erwerb der Liegenschaft verzichtet habe und (4.) die Auflösungszahlung vom Erwerber der Liegenschaft bezahlt worden und nicht iSd § 5 Abs 3 Z 2 GrEStG an den Veräußerer gegangen sei.

Weiter sei folgende Aussage in der Begründung der belangten Behörde, "der Erwerber des Grundstückes [habe sich] verpflichtet, zusätzlich zum Kaufpreis laut Kaufvertrag vom 28./ ein Entgelt für die Auflösungsvereinbarung an einen Dritten zu bezahlen" unvollständig und irreführend. Der Kaufvertrag enthalte keine Verpflichtung der Beschwerdeführerin gegenüber der Verkäuferin, (auch) die Auflösungszahlung an die Leasingnehmerin zu bezahlen. Vielmehr habe sich die Beschwerdeführerin aufgrund der Auflösungsvereinbarung ausschließlich gegenüber der Leasingnehmerin und anderen Parteien, nicht jedoch der Verkäuferin gegenüber, verpflichtet, nur die Auflösungszahlung zu bezahlen.

Auch sei die von der belangten Behörde vorgenommene Begründung nicht korrekt, dass es außerdem entscheidend sei, zu welcher Leistung sich der Erwerber im zeitlichen Umfeld des Kaufvertrages verpflichtet habe. Gegenleistung sei vielmehr nur das, was sich im Vermögen des Veräußerers auswirke und nur in den Ausnahmefällen des § 5 Abs 3 Z 1 und 2 GrEStG seien Leistungen des Erwerbers an Dritte auch der Gegenleistung hinzuzurechnen.

Schließlich sei die Auflösungszahlung auch insbesondere deshalb keine Gegenleistung, da die Beschwerdeführerin ausschließlich den Nettokaufpreis an die Verkäuferin bezahlt habe. Ein innerer Zusammenhang bestehe nicht bzw nicht in ausreichendem Umfang. Die Auflösungszahlung sei nicht für den Erwerb einer Liegenschaft, sondern aufgrund einer vollkommen anderen Vereinbarung mit einem anderen Vertragspartner iZm der Auflösung von schuldrechtlichen Verträgen bezahlt worden. Die Auflösungszahlung sei nicht erfolgt, um die Liegenschaft erwerben zu können und habe das Vermögen der Verkäuferin weder mittelbar noch unmittelbar vermehrt. Laut Kaufvertrag habe die Verkäuferin keine Gewähr geleistet, dass die Liegenschaft frei von Nutzungsrechten Dritter ist.

Die eingetragenen Lasten sowie bestehenden außerbücherlichen Lasten und Nutzungsrechte Dritter seien von der Beschwerdeführerin ohne Anrechnung auf den Kaufpreis übernommen worden und die Verkäuferin sei daher nicht verpflichtet gewesen, den freien Besitz an der Liegenschaft herzustellen. Aus diesem Grund sei die Auflösungszahlung auch nicht Teil der Gegenleistung. Die Beschwerdeführerin habe die Mietrechte selbst beseitigen wollen und dies auch müssen. Da die Liegenschaft vertraglich nicht lastenfrei übertragen worden sei, könne die Auflösungszahlung nicht Teil der Gegenleistung sein. Zuletzt sei die Auflösungszahlung auch direkt an die Leasingnehmerin bezahlt worden und die Verkäuferin an der Auflösungsvereinbarung in keiner Weise beteiligt gewesen, weshalb sie nicht dem Kaufpreis hinzugerechnet werden könne.

Bezugnehmend auf das Verhältnis von Kaufpreis und Grundstückswert, betrage der nach dem Pauschalwertmodell ermittelte gesamte Grundstückswert der Liegenschaft EUR 4.823.168,15. Es sei daher bereits der Nettokaufpreis von EUR 10.057.322,36 mehr als doppelt so hoch. Bei Anwendung der Bemessungsgrundlage von EUR 21.223.968,74 erwiese sich diese als mehr als viermal so hoch.

Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht

Die Beschwerde wurde dem Bundesfinanzgericht im Rahmen einer Direktvorlage mit Bericht vom vorgelegt.

In Beantwortung eines vom Bundesfinanzgericht ausgesendeten Vorhalts gab die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom im Wesentlichen noch folgende Umstände bekannt:

Es handle sich bei der Beschwerdeführerin um eine niederländische Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Geschäftsgegenstand im Erwerb, Halten und Verkauf von Immobilien liege. Es bestünden keine konzernmäßigen Verflechtungen zu den anderen gegenständlichen Vertragspartnern.

Betreffend den in der Auflösungsvereinbarung benannten Transaktionspreis von EUR 19.428.000,00 sei festzuhalten, dass es sich um eine rein rechnerische Gesamtsumme handle. Die Summe errechne sich aus dem Netto-Kaufpreis iHv EUR 10.057.322,36 (Empfänger: Verkäuferin), dem Mobilien-Kaufpreis iHv EUR 35.138,99 (Empfänger: Leasingnehmerin), einem weiteren Mobilien-Kaufpreis iHv EUR 30.000,00 (Empfänger: eine Gesellschaft aus der Gruppe der Leasingnehmerin) und einem Entschädigungsbetrag iHv EUR 9.305.538,65 (Empfänger: Leasingnehmerin).

Die Zahlungen seien im Rahmen einer Treuhandschaft abgewickelt worden, der als Treuhänder bestellte öffentliche Notar habe die Grunderwerbsteuer selbst berechnet und abgeführt. Es seien folgende Überweisungen auf das Treuhandkonto erfolgt:

  • EUR 1.900.000,00 von der Beschwerdeführerin an den Treuhänder (Überweisung durch **W-Rechtsanwälte** im Namen und auf Rechnung der Beschwerdeführerin)

  • EUR 15.161.008,00 von der Beschwerdeführerin an den Treuhänder

  • EUR 2.412.522,00 von der Beschwerdeführerin an den Treuhänder (Überweisung durch **S-B.V.**, Gesellschafterin der Beschwerdeführerin)

Gesamt seien EUR 19.473.530,00 treuhändig erlegt worden.

Nachweise für die Zahlungen (Kontoauszüge der Notartreuhandbank AG) wurden von Seiten der Beschwerdeführerin vorgelegt.

Die Differenz zwischen der dem benannten Transaktionspreis ("rechnerische Gesamtsumme von EUR 19.428.000,00") und dem Treuhanderlag von EUR 19.473.530,00 (Differenzbetrag EUR 45.530,00) stelle einen von der Beschwerdeführerin nachträglich übernommenen Kostenbeitrag in Zusammenhang mit Zahlungen aufgrund von Vorsteuerkorrekturen dar.

Im Rahmen der am am Bundesfinanzgericht stattgefundenen mündlichen Verhandlung gab Rechtsanwalt Mag. **K**, Vertreter der Beschwerdeführerin sowohl im Rahmen der gegenständlichen Liegenschaftstransaktion als auch im Rahmen des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens, in beschwerdegegenständlich relevanter Hinsicht nachstehende Umstände zu Protokoll:

Ihm sei vor dem Liegenschaftserwerb von Seiten der Beschwerdeführerin mitgeteilt worden, dass man gerne das gegenständliche Hotel von der F-Gruppe ("Gruppe der Leasingnehmerin") kaufen würde. Im Zuge der Recherchen habe er erfahren, dass die Gruppe der Leasingnehmerin jedoch nicht Eigentümerin des Hotels gewesen sei, sondern eben nur Leasingnehmerin. Er habe dann der Beschwerdeführerin gegenüber darauf hingewiesen, dass man, wenn man das gesamte Hotel erwerben wolle, auch mit der Liegenschaftseigentümerin einen Kaufvertrag abschließen müsse.

Als Vertreter der Beschwerdeführerin habe er sowohl den Liegenschaftskaufvertrag (mit der Verkäuferin) als auch die Auflösungsvereinbarung (mit der Leasingnehmerin) verhandelt. Er habe der Beschwerdeführerin empfohlen, die Verträge so zu formulieren, dass sie nicht unabhängig voneinander existieren könnten, dieser Empfehlung sei jedoch nicht gefolgt worden.

Die als Zeugin einvernommene Mag. **M**, Vertreterin der Verkäuferin im Rahmen des Liegenschaftsverkaufes, gab in beschwerdegegenständlich relevanter Hinsicht zu Protokoll, dass stets klar gewesen sei, dass das Leasingverhältnis im Rahmen der Liegenschaftsveräußerung beendet werden sollte, die Verkäuferin hätte die Liegenschaft ohne Beendigung des Leasingverhältnisses gar nicht verkaufen können.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen

1. Feststellungen & Beweiswürdigung

Die Beschwerdeführerin hat von der **Verkäuferin** ("Verkäuferin") eine bebaute Liegenschaft ("**Hotel-S**") erworben. Der vorliegende schriftliche Liegenschaftskaufvertrag wurde von der Verkäuferin am unterfertigt und von der Beschwerdeführerin (als Käuferin) am . Als Kaufpreis wurde der Betrag von EUR 10.057.322,36 (netto; auf Steuerpflicht wurde nicht optiert) vereinbart und dieser Betrag in der Folge von der Beschwerdeführerin an die Verkäuferin auch bezahlt.

Bis zur Veräußerung an die Beschwerdeführerin war die Liegenschaft von der Verkäuferin im Rahmen eines Immobilienleasings an die **LN-GmbH** ("Leasingnehmerin") überlassen worden.

Parallel zum Liegenschaftskaufvertrag wurde zwischen der Leasingnehmerin und weiteren Gesellschaften im Umfeld der Leasingnehmerin auf der einen Seite und der Beschwerdeführerin auf der anderen Seite eine (ebenfalls vorliegende) sogenannte "Auflösungsvereinbarung" abgeschlossen. Unter anderem wurde damit das bezeichnete Immobilienleasingverhältnis beendet. Die Auflösungsvereinbarung wurde, datiert mit , von den Vertragspartnern unterfertigt. Für die Beendigung des Leasingverhältnisses wurde von der Beschwerdeführerin an die Leasingnehmerin der Betrag von EUR 9.305.538,65 zzgl 20% USt, somit gesamt EUR 11.166.646,38, bezahlt.

Festzustellen ist, dass der Liegenschaftskaufvertrag und die Auflösungsvereinbarung in unmittelbarem innerem und zeitlichem Zusammenhang miteinander stehen: Formal handelt es sich zwar um getrennte Vereinbarungen und ist die Verkäuferin nicht Vertragspartei der Auflösungsvereinbarung, doch ergibt sich aus den vorliegenden Vertragsurkunden und den Ergebnissen aus der durchgeführten mündlichen Verhandlung, dass beide Vereinbarungen auf Seiten der Beschwerdeführerin vom selben berufsmäßigen Parteienvertreter ausgehandelt wurden, im Wesentlichen innerhalb desselben zeitlichen Umfelds, die Unterfertigung der Vereinbarungen am selben Tag und vor dem selben Notar erfolgte und beide Vereinbarungen mehrfach wechselseitig aufeinander verweisen. Explizit wird hinsichtlich der Wirksamkeit der Vereinbarungen auf ein gemeinsames Wirksamkeitsdatum ("Closing") abgestellt und es finden sich klare wechselseitig aufschiebende Bedingungen vereinbart. Beide Vereinbarungen wären unabhängig voneinander nicht abgeschlossen worden und würden unabhängig voneinander nicht wirksam werden.

Es ist weiter klar erkenntlich, dass das Interesse der Beschwerdeführerin im Erwerb der unbelasteten Liegenschaft (insbesondere ohne Belastung mit dem zuvor bestehenden Immobilienleasingverhältnis) lag und die Gesamtkonstruktion eindeutig auf die lastenfreie Übertragung der Liegenschaft zum Betrieb eines Hotels gerichtet war. Dies ergibt sich auch aus dem Umstand, dass die Liegenschaft von der Beschwerdeführerin genau deshalb erworben wurde, um dort ein Hotel zu betreiben. Wäre die Liegenschaft mit dem Leasingrecht belastet geblieben, wäre die Betreibung eines Hotels für sie (selbst) nicht möglich gewesen. Aus der Einvernahme des Vertreters der Beschwerdeführerin ergab sich zudem, dass man zunächst mit der Leasingnehmerin in Kontakt stand, um das Hotel zu erwerben und erst in der Folge, da man eben das gesamte Hotel erwerben wollte, auch mit der Liegenschaftseigentümerin in Kontakt trat um (auch) die Liegenschaft zu erwerben.

Gesamt verpflichtet sich die Beschwerdeführerin zur Bezahlung des Betrages von EUR 21.223.968,74 (EUR 10.057.322,36 an die Verkäuferin und brutto EUR 11.166.646,38 an die Leasingnehmerin); diese Beträge wurden tatsächlich auch bezahlt. Wirtschaftlich betrachtet hat die Beschwerdeführerin somit den Betrag von EUR 21.223.968,74 aufwenden müssen, um die Liegenschaft in einem entsprechend für sie nutzbaren Zustand zu erhalten.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1 Zu Spruchpunkt I. (Beschwerdeabweisung)

Gegenständlich liegt ein Kaufvertrag vor, der den Anspruch auf ein inländisches Grundstück begründet, es ist somit ein grunderwerbsteuerbarer Vorgang iSd § 1 Abs 1 des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 (GrEStG) gegeben. Gemäß § 4 Abs 1 GrEStG ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung, mindestens vom Grundstückswert zu berechnen. Nach § 5 Abs 1 Z 1 GrEStG ist die Gegenleistung bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen.

Nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Begriff der Gegenleistung im Grunderwerbsteuerrecht im wirtschaftlichen Sinn zu verstehen (vgl ). Es kommt nicht auf die äußere Form der Verträge an, sondern auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt, der nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu ermitteln ist. Letztendlich gilt all das als Gegenleistung, das der Erwerber einzusetzen hat, um die Liegenschaft zu erhalten. Insbesondere sind alle in knappem zeitlichem Zusammenhang mit dem Kaufvertrag eingegangenen Verpflichtungen des Erwerbes zur Gegenleistung hinzuzuzählen (). Steht eine Leistung des Erwerbers in einem unmittelbaren tatsächlichen und wirtschaftlichen oder inneren Zusammenhang mit dem Erwerb der Liegenschaft, dann ist sie somit als Teil der Gegenleistung im Sinne des Gesetzes anzusehen (vgl ).

Auch Leistungen an einen Dritten sind in die Gegenleistung einzubeziehen, insbesondere dann, wenn sie den Veräußerer von einer ihn treffenden Verpflichtung befreien (). Es ist letztendlich ausschlaggebend, ob der Käufer die Liegenschaft (wirtschaftlich betrachtet) belastet oder lastenfrei erwerben will; im letzteren Fall ist die (eben an einen Dritten bezahlte) Entschädigung der Gegenleistung hinzuzurechnen (vgl ).

Im gegenständlichen Fall lagen nach der äußeren Form zwar zwei separate Verträge vor (der Liegenschaftskaufvertrag und die Auflösungsvereinbarung), wirtschaftlich betrachtet standen die sich vertraglich ergebenden Leistungen jedoch in einem unmittelbaren tatsächlichen, wirtschaftlichen und inneren Zusammenhang mit dem Erwerb der Liegenschaft, da die Gesamtkonstruktion klar auf die lastenfreie Übertragung der Liegenschaft zum Betrieb eines Hotels gerichtet war. Von der Beschwerdeführerin wurden EUR 10.057.322,36 sowie EUR 11.166.646,38, gesamt somit EUR 21.223.968,74, eingesetzt, um die Liegenschaft in dem für sie brauchbaren Zustand zu erwerben.

Es ergibt sich daher, dass die belangte Behörde korrekterweise den Betrag von EUR 21.223.968,74 als Gegenleistung iSd § 5 GrEStG qualifiziert hat und den Antrag der Beschwerdeführerin, als Bemessungsgrundlage bloß den "reinen" Kaufpreis iHv EUR 10.057.322,36 heranzuziehen, als unbegründet abgewiesen hat.

Auch das schließlich von der Beschwerdeführerin noch vorgebrachte Argument, es sei auch der Grundstückswert iSd § 4 GrEStG zu beachten, bzw sei gegenständlich der nach dem Pauschalwertmodell ermittelte Grundstückswert wesentlich geringer als die Gegenleistung, kann zu keiner abweichenden Beurteilung führen. Gemäß § 4 Abs 1 GrEStG ist die Steuer grundsätzlich vom Wert der Gegenleistung zu berechnen, beim im Gesetzeswortlaut bezeichneten Grundstückswert handelt es sich leg cit nur um den mindestens anzusetzenden Wert.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

2.2 Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall entsprach die Lösung der Rechtsfrage der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl ; , 99/16/0204; , 2002/16/0123; , 83/16/0181), weshalb die Revision nicht zuzulassen war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
Zitiert/besprochen in
Endfellner in AFS 2020/1, 9
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7103599.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at