TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.12.2019, RV/5101952/2017

Schätzung von Bemessungsgrundlagen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin RR

in der Beschwerdesache

B F, Adr1, vertreten durch RA, Adr2, über die Beschwerde gegen die Bescheide der belangten Behörde FA vom , Steuernummer, betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 2015

zu Recht erkannt: 

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den am Ende der Entscheidungsgründe als Beilagen angeschlossenen Berechnungsblättern, die einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses bilden, zu entnehmen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensablauf:

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge kurz Bf) gab trotz Aufforderung durch das Finanzamt und Androhung einer Zwangsstrafe für das Jahr 2015 keine Steuererklärungen ab. Daher wurde er für diesen Zeitraum im Schätzungswege zur Umsatz- und Einkommensteuer veranlagt.
Dementsprechend ergingen der Umsatz- und der Einkommensteuerbescheid 2015 vom , wobei die Umsätze schätzungsweise mit 40.000,00 € (Vorsteuer 0,00 €) und die Einkünfte aus Gewerbebetrieb schätzungsweise mit 20.000,00 € in Anschlag gebracht wurden.

2. Dagegen erhob der Bf durch seine steuerliche Vertretung mit Schriftsatz vom Beschwerde.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass er im Jahr 2015 in Österreich weder umsatz- noch einkommensteuerpflichtige Einkünfte erzielt habe. Bis 2013 habe er Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für eine Liegenschaft in Ort1 erklärt. Im Jahr 2013 habe er Privatkonkurs angemeldet. Weiters sei die GmbH, deren Geschäftsführer der Bf vom 15. bis gewesen, im Juli 2015 mangels kostendeckenden Vermögens und Zahlungsunfähigkeit aufgelöst worden. Im Konkursverfahren sei auch die Liegenschaft in Ort1 versteigert worden. Da nach deren Verkauf die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung weggefallen seien, seien diese korrekterweise 2015 nicht erklärt worden.
Im Jahr 2015 seien auch keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb bezogen worden. Der Bf habe 2015 lediglich ein Angestelltenverhältnis in Deutschland und somit keine steuerlich relevanten Einkünfte in Österreich gehabt. Ungeachtet der Nichtabgabe der Steuererklärungen entsprächen die geschätzten Bemessungsgrundlagen nicht den tatsächlichen Gegebenheiten. Da im Jahr 2015 in Österreich weder steuerlich relevante Umsätze getätigt noch einkommensteuerrelevante Einkünfte bezogen worden seien, seien Umsatz- und Einkommensteuer mit 0,00 € festzusetzen.

3.a. Mit Ergänzungsersuchen vom wurde der Bf aufgefordert, ausländische Steuerbescheide des Jahres 2015 vorzulegen. Außerdem wurde er um Darlegung gebeten, wovon er seinen Lebensunterhalt in diesem Jahr bestritten habe. In diesem Zusammenhang wurde um Vorlage von Bankbelegen und ähnlichen Unterlagen ersucht, aus denen hervorgehe, wie er seinen Lebensunterhalt 2015 finanziert habe.

3.b. Im Antwortschreiben vom teilte die steuerliche Vertretung des Bf’s mit, dass keine ausländischen Bescheide für das Jahr 2015 vorlägen. Der Bf sei seit 2013 in Privatkonkurs. In dieser Zeit sei er finanziell sehr stark von seinem Vater unterstützt worden und habe seinen Lebensunterhalt auf diesem Wege bestritten. Bankbelege könnten insofern nicht vorgelegt werden, als die finanzielle Stützung aus der Familie in bar erfolgt sei.
Anlässlich eines Telefonates mit der steuerlichen Vertreterin wurde vereinbart, dass Unterlagen über das Dienstverhältnis bis spätestens nachgereicht würden.

4. Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wurde die gegenständliche Beschwerde betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 2015 vom Finanzamt zurückgewiesen, da – so die Begründung – die für die Erledigung notwendigen Unterlagen trotz mehrmaliger Fristverlängerung nicht beigebracht worden seien.

5. Mit Schriftsatz vom beantragte der Bf die Vorlage seiner Beschwerde zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag).
Bekräftigt wurde darin abermals, dass der Bf im Jahr 2015 in Österreich weder umsatz- noch einkommensteuerrelevante Sachverhalte verwirklicht habe. Auch die belangte Behörde habe keine entsprechenden Anknüpfungspunkte darlegen können.
Entgegen der Darstellung in den Beschwerdevorentscheidungen sei der im Ergänzungsersuchen angefragte Sachverhalt sowohl mit Beantwortung vom als auch telefonisch hinreichend dargelegt worden. Die darüber hinausgehende Anforderung von weiteren Unterlagen, insbesonders Kontoauszügen der den Bf unterstützenden Familienmitglieder in Verbindung mit dem geforderten Nachweis, in Österreich keine umsatz- und einkommensteuerrelevanten Sachverhalte verwirklicht zu haben, stelle eine unzulässige bzw. unzumutbare Verschiebung der Beweislast dar. Die belangte Behörde habe die Bemessungsgrundlagen für die Umsatz- und Einkommensteuer 2015 pauschal geschätzt, ohne Anhaltspunkte für das tatsächliche Vorliegen eines umsatz- sowie einkommensteuerverhangenen Sachverhalts in Österreich vorbringen zu können. Auf das Vorliegen eines umsatz- sowie einkommensteuerlich relevanten Sachverhalts lasse sich zudem auch aus den Steuerbescheiden der Vorjahre nichts erschließen.

Es wurden die Entscheidung durch den Senat sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

6. In der Folge wurden vom Finanzamt noch folgende Ermittungen durchgeführt:

6.1. Auskunftsersuchen/Exgattin des Bf’s:

Über Auskunftsersuchen vom des Finanzamtes gab die Exgattin des Bf's mit E-Mail bzw. in ihrem Telefonat vom  bekannt, dass der Bf im Jahr 2015 bis zu seinem Auszug am die Räumlichkeiten des Hauses „Ort2“ genutzt habe. Die ursprünglich vereinbarte Miete sei aufgrund des nicht unterzeichneten Mietvertrages im Zuge der Scheidung nicht nachgefordert worden. Die Räumlichkeiten seien ihm somit kostenfrei zur Verfügung gestanden.
Im Jahr 2015 habe er keine Geldleistungen empfangen, 2016 habe er im Zuge der Scheidung 4.000,00 € erhalten. Weitere Angaben zu den Fragen könne die befragte Auskunftsperson nicht machen, da seit der Scheidung kein Kontakt zum Exgatten mehr bestehe.

6.2. Einsichtnahme in die Akten des Landesgerichtes LG zum Strafverfahren gegen den Bf, GZ:

In Reaktion auf ein Amtshilfeersuchen des Finanzamtes vom  wurden die Strafakten des Landesgerichtes LG zur Einsichtnahme übermittelt.

Aus den darin befindlichen Hauptverhandlungsprotokollen über die Einvernahme des Bf’s als Beschuldigten ergaben sich folgende Informationen:

6.2.1. Anlässlich seiner Einvernahme am sagte der Bf im Zusammenhang mit seine persönlichen Verhältnissen Folgendes aus:
Er wohne in Ort2, Ort1 sei sein Zweitwohnsitz. Als Angestellter bei der Fa. GmbH verdiene er monatlich EUR 1.200,00 netto, 14 x jährlich. Er sei vollbeschäftigt, das sei sein Angestelltengehalt. Er sei nicht Geschäftsführer der Gesellschaft, da er aufgrund seiner Verurteilungen die Geschäftsführertätigkeit offiziell nicht ausüben könne.

6.2.2. Anlässlich seiner Einvernahme am sagte der Bf Folgendes aus:
„Ich bin ab nächster Woche als Handelsvertreter tätig, und zwar nicht mehr auf selbständiger Basis, sondern als Angestellter. Derzeit bin ich noch ohne Beschäftigung. Ich bin auch nicht beim AMS gemeldet. Die Firma GmbH1 ist in Liquidation. Konkursantrag gibt es keinen. Das Insolvenzverfahren ist gerichtlich eingeleitet.
Ab nächster Woche bin ich als Handelsvertreter für Werkzeug tätig. Da werde ich um die EUR 1.200,00 monatlich verdienen. Es ist ein Vollzeitjob. Der Verdienst richtet sich nach den Verkäufen. Bis Ende des Jahres ist das gestaffelt mit EUR 1.200,00. Das ist ein Fixum.“

Über Vorhalt, dass der Handelsvertreter ja üblicherweise auf Provisionsbasis bezahlt werde: „Aber indem ich das Geschäft noch nicht so kenne, ist das erst einmal ein Fixum. Die erste Zeit werde ich noch im Innendienst tätig sein und ab nächstes Jahr dann im Außendienst. Das ist aber fix.“
Auf die Frage, bei welcher Firma er dann ab nächster Woche arbeite: „In Deutschland, in OrtDeutschland. Die Firma heißt PH. Diese Firma macht ein Geschäft mit Werkzeug für die Fleischindustrie, also für Werkzeug1 und für Werkzeug2.“

6.2.3. Anlässlich seiner Einvernahme am  sagte der Bf Folgendes aus:
„Ich bin zwischenzeitig geschieden. Von Beruf bin ich selbständiger als Handelsvertreter. Am 1. Februar bin ich aber auf nicht mehr selbständiger Basis tätig. Das hätte zuerst mit 1. Jänner sein sollen, ist aber jetzt erst mit 1. Februar der Fall. Ab da bin ich dann Angestellter.
Auf die Frage, warum er jetzt noch selbständig sei und dann nicht mehr: „Wegen der Versicherung, weil die Firma mich erst am 1. Februar einstellt. Derzeit verdiene ich EUR 1.500,00 monatlich netto und ab Februar verdiene ich EUR 2.000,00 brutto monatlich. Dies werden auch so EUR 1.500,00 netto sein, und zwar 14 Mal jährlich. Sorgepflichtig bin ich für drei Kinder. Für meine geschiedene Gattin bin ich nicht sorgepflichtig.“

6.2.4. Anlässlich seiner Einvernahme am  sagte der Bf Folgendes aus:
„Ich bin jetzt Angestellter mit einem monatlichen Nettoeinkommen von EUR 1.500,00, 14mal jährlich, und zwar bin ich für die Sortierung von Halbfertigwaren zuständig. Es ist das eine Firma in Italien; wohnen tue ich immer noch in Ort1. Ansonsten ist alles gleich geblieben. … Ich bin jetzt unselbständig beschäftigt und werde auch nie wieder in meinem Leben selbständig sein. Ich bin derzeit angestellt, aber nicht im kaufmännischen Bereich, sondern mache ich Warenkontrolle und Sortieren und so. Ich mache aber nichts mit Buchhaltung oder sonst was. Das ist besser so.“

6.3. Mitteilung des Insolvenzgerichtes:

Laut Mitteilung des Insolvenzgerichtes samt Beschluss vom Datum2 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH laut Beschluss vom Datum2 mangels Kostendeckung nicht eröffnet. Es wurde die Zahlungsunfähigkeit festgestellt.
Aus dem Beschluss des Landesgerichtes LG vom Datum2 geht hervor, dass die Gesellschaft schon seit mehreren Monaten keinerlei Einkünfte mehr hatte und über kein Vermögen verfügt.
Laut Firmenbuchauszug wurde die Auflösung der Gesellschaft infolge rechtskräftiger Nichteröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens und Zahlungsunfähigkeit am Datum eingetragen.

6.4. Einsichtnahme in den Meldezettel:

Laut Melderegisterauskunft war der Bf vom bis in Ort2, ab in Ort1, Ortschaft (Unterkunftgeber Karl F = Vater) mit Hauptwohnsitz gemeldet.

6.5. Auskunftsverfahren/Sozialversicherung:

Laut Sozialversicherungsauskunft vom war der Bf bis bei der GmbH als Angestellter beschäftigt (BG 2.940,00 €; Summe SZ 490,00 €).

6.6. Mit Ergänzungsersuchen vom  wurden dem Bf seine Aussagen zu seinen Einkommensverhältnissen bei Gericht vorgehalten und wurde er zur Vorlage von Lohnsteuerbescheinigung aufgefordert.

7. Mit Vorlagebericht vom  wurde die gegenständliche Beschwerde vom Finanzamt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Zum Sachverhalt wurde Folgendes ausgeführt:
Der Bf sei in den Vorjahren Gesellschafter und Geschäftsführer von diversen Firmen gewesen, die sämtliche insolvent geworden seien. Ab bis sei er persönlich in ein Schuldenregulierungsverfahren involviert gewesen. Im Jahr 2015 sei er Angestellter der GmbH gewesen, die ebenfalls insolvent geworden sei (Konkursabweisung mangels Vermöges am Datum). Das Angestelltenverhältnis habe laut Versicherungsdatenauszug bis gedauert. Laut eigener Aussage beim Landesgericht LG am habe der Bf 1.200,00 € netto verdient. Von der GmbH, deren faktischer Machthaber der Bf gewesen sei, sei für 2015 kein Lohnzettel übermittelt worden. In der Verhandlung vom habe der Bf angegeben, dass er ab Mitte Oktober als Handelsvertreter für eine Firma in Deutschland tätig sein und 1.200,00 € netto monatlich verdienen werde. Seine Ex-Gattin habe angegeben, dass der Bf 2015 keinerlei Unterstützung von ihr erhalten habe. Er habe allerdings gratis wohnen können. Für 2015 seien trotz Erinnerung und Androhung von Zwangsstrafen keine Steuererklärungen abgegeben worden. Die Bemessungsgrundlagen seien daher geschätzt worden. Auch im Beschwerdeverfahren seien keinerlei Nachweise über seine Einkünfte beigebracht worden.
In ihrer Stellungnahme hielt die Vertreterin der belangten Behörde fest, dass der Bf im Gegensatz zum Gerichtsverfahren im Abgabenverfahren keinerlei Angaben zu seinen Einkünfte gemacht habe. Daher müsse eine Schätzung der Umsätze und Einkünfte erfolgen. Es werde beantragt, die Beschwerde in Anlehnung an die im Vorlageverfahren durchgeführten Erhebungen zu erledigen.

8. Nach Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht wurde eine Eingabe der steuerlichen Vertretung des Bf’s vom nachgereicht, wonach mangels Vollmacht das Ergänzungsersuchen vom nicht beantwortet habe werden können. Es werde daher gebeten, sich direkt an den Bf zu wenden.

9. Mit Ergänzungsersuchen vom  wurde der Bf auch vom Bundesfinanzgericht unter Vorhalt seiner Aussagen beim Landesgericht LG zu seinen Einkünften befragt. Eine Antwort langte trotz Erinnerung vom nicht ein.

10. In der Folge wurden den Parteien des Beschwerdeverfahrens im Zuge des Parteiengehörs die aus den vorliegenden Beweisen ableitbaren Bemessungsgrundlagen mit der Bitte um Stellungnahme zur Kenntnis gebracht.
Das diesbezügliche Rsa-Schreiben an den Bf vom wurde nicht behoben.
Seitens der belangten Behörde wurden die im BFG-Schreiben vom , in der E-Mail-Nachricht vom und im Telefonat vom dargestellten Grundlagen zustimmend zur Kenntnis genommen.
Nach Ladung zur mündlichen Senatsverhandlung und Übermittlung der Bemessungsgrundlagen an den nunmehr vom Bf bevollmächtigten Vertreter wurden von diesem die Anträge auf Entscheidung durch den Senat und Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Faxschreiben vom zurückgezogen.

Der Senat hat über die Beschwerde erwogen:

I. Sachverhalt:

Der Bf war in den Jahren vor 2015 Gesellschafter und Geschäftsführer diverser Firmen, die sämtliche insolvent wurden. Von 2012 bis Mitte 2015 war er Angestellter und faktischer Machthaber der GmbH, die sich mit dem Handel und der Bearbeitung von X und Y beschäftigte. Auch diese GmbH wurde insolvent und der Konkurs im Juli 2015 mangels Vermögens abgewiesen. Die Gesellschaft hatte bereits seit mehreren Monaten über keine Einkünfte mehr verfügt und war seit zwei Quartalen nicht mehr operativ tätig gewesen. Ursprünglich hatte der Bf ein Gehalt von monatlich netto cirka 1.200,00 € bezogen. Im Jahr 2015 erhielt er tatsächlich aber nur noch einen Bruchteil hiervon, nämlich 2.940,00 € an laufenden Bezügen und 490,00 € als Sonderzahlungen. Die steuerpflichtigen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit hatten in den Jahren zuvor (2013 und 2014) durchschnittlich 12.000,00 € pro Jahr betragen. Ein Lohnzettel wurde für 2015 nicht mehr übermittelt.
Bis 2013 waren dem Bf auch noch Einkünfte aus der Vermietung einer Liegenschaft zugeflossen. Diese war allerdings in seinem Privatkonkurs 2013 versteigert worden und flossen ihm demnach ab diesem Zeitpunkt keine Einkünfte aus deren Vermietung mehr zu. Andere Einkünfte hatte er seit Jahren nicht mehr bezogen (Einkünfte aus Gewerbebetrieb zuletzt 2002, Einkünfte aus selbständiger Arbeit zuletzt 2006).
Ab Mitte Oktober 2015 war der Bf für eine deutsche Firma als selbständiger Handelsvertreter tätig, wobei er im Rahmen dieser Tätigkeit monatlich cirka 1.500,00 € an Einnahmen erhielt. Im Zeitraum Mitte Oktober bis Dezember 2015 bezog er somit insgesamt 3.750,00 €. Nach Abzug von damit zusammenhängenden Ausgaben von 450,00 € beliefen sich die aus dieser Tätigkeit resultierenden Einkünfte aus Gewerbebetrieb auf 3.300,00 €.
Seinen Lebensunterhalt bestritt der Bf im Jahr 2015 aus den dargestellten Einkünften sowie mit Hilfe von Barzuwendungen seines pensionierten Vaters, bei dem er ab April 2016 nach seiner Scheidung auch wieder wohnte. Im Jahr 2015 hatte er noch kostenlos im 1. Stock des Hauses seiner nunmehr geschiedenen Gattin gewohnt.
Trotz Aufforderung durch das Finanzamt und Androhung einer Zwangsstrafe gab der Bf für das Jahr 2015 keine Steuererklärungen ab. Er wurde daher im Schätzungswege zur Umsatz- und Einkommensteuer 2015 veranlagt (geschätzte Umsätze 40.000,00 €; geschätzte Einkünfte aus Gewerbebetrieb 20.000,00 €). Dagegen war das Beschwerdebegehren gerichtet. Begründet wurde es damit, dass der Bf im Jahr 2015 keine umsatz- und einkommensteuerrelevanten Sachverhalte verwirklicht habe. 

II. Beweiswürdigung:

1. Der oben festgestellte Sachverhalt ergibt sich vor allem aus den vom Finanzamt auf elektronischem Wege übermittelten Akten.
Neben dem Beschwerdeschriftsatz sowie dem Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht fanden sich darunter vor allem auch folgende Protokolle über Aussagen des Bf's als Beschuldigter bei den Hauptverhandlungen vor dem Landesgericht LG im gegen ihn unter anderem wegen betrügerischer Krida und Betruges eingeleiteten Strafverfahren (GZ. GZ). Diese gaben auch Aufschluss über seine finanzielle Situation im Jahr 2015:
- Protokoll vom
- Protokoll vom
- Protokoll vom
- Protokoll vom
Weiters wurde eine E-Mail der Exgattin des Bf's vom übermittelt, in der sie über Ersuchen des Finanzamtes vom Auskunft über die Lebenshaltungskosten des Bf's und allfällige Unterstützungsleistungen im Jahr 2015 erteilte.
Die Mitteilung des Insolvenzgerichtes (Landesgericht LG) samt Beschluss vom Datum2 gab über die Vermögensverhältnisse und die Auflösung der GmbH, der Arbeitgeberin des Bf's im Jahr 2015, Aufschluss.
Schließlich wurden auch eine Melderegisterauskunft betreffend den Bf und eine Sozialversicherungsauskunft vom vorgelegt.
Übermittelt wurden außerdem ein Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom , das von der steuerlichen Vertretung mit Schriftsatz vom beantwortet wurde. Danach waren keine ausländischen Steuerbescheide vorhanden und war der Bf nach seinem Privatkonkurs 2013 von seinem pensionierten Vater durch Barzuwendungen unterstützt worden.
Das Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom , mit dem der Bf um Stellungnahme zu seinen im Akt des Landesgerichtes aufliegenden Aussagen gebeten wurde, blieb ebenso unbeantwortet wie ein Ergänzungsersuchen des Bundesfinanzgerichtes vom .

2. Die oben angeführten Beweismittel wurden im Hinblick auf die möglichen Umsätze und Einkünfte des Bf's folgendermaßen gewürdigt:

2.1. Zu den Einkünften von der GmbH (nichtselbständige Einkünfte):
Laut vom Finanzamt übermittelter Sozialversicherungsabfrage vom war der Bf vom bis bei der GmbH in Liqu. angestellt. Danach beliefen sich die gemeldeten Beitragsgrundlagen im Zeitraum 01.01. bis auf 2.940,00 € (laufend) bzw. 490,00 € (Sonderzahlungen).
Anlässlich der Einvernahme beim Landesgericht LG im Zuge der Hauptverhandlung (siehe vom do. Finanzamt übermittelte Protokolle laut Gerichtsakt) gab der Bf am an, dass er bei der GmbH monatlich 1.200,00 € netto als Angestellter verdiene, dies 14x jährlich.
Laut Mitteilung des Insolvenzgerichtes wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH laut Beschluss vom Datum2 mangels Kostendeckung nicht eröffnet und die Zahlungsunfähigkeit festgestellt (Eintragung im Firmenbuch am Datum). Aus dem Beschluss des Landesgerichtes LG vom Datum2 ergibt sich, dass die Gesellschaft schon seit mehreren Monaten keinerlei Einkünfte mehr hatte, über kein Vermögen mehr verfügte und in den letzten beiden Quartalen nicht mehr operativ tätig gewesen war.
Ein Lohnzettel für das Jahr 2015 wurde nicht mehr erstellt. In den Vorjahren (2013 und 2014) hatte der Bf laut dem Finanzamt übermittelten Lohnzetteln durchschnittlich 12.000,00 €/Jahr an steuerpflichtigen Bezügen von der GmbH bezogen.
Angesichts des Umstandes, dass die Arbeitgeberin des Bf's laut Erhebungen des Insolvenzgerichtes mangels operativer Tätigkeit schon seit mehreren Monaten über keine Einkünfte mehr verfügte, konnte als wahrscheinlich angenommen werden, dass Bezüge an den Bf nur mehr in den ersten Monaten ausgezahlt wurden. In Anlehnung an die steuerpflichtigen Bezüge der Vorjahre von 12.000,00 € ergäbe sich ein aliquoter Betrag von 4.000,00 € bis April 2015. Dass auch die Bezüge bis April nicht mehr in voller Höhe ausbezahlt werden konnten, ist anzunehmen. Es kann daher nach ho. Ansicht davon ausgegangen werden, dass die dem Bf in den ersten Monaten des Jahres 2015 noch zugeflossenen steuerpflichtigen Bezüge tatsächlich nicht mehr höher als der in der Sozialversicherungsauskunft als Beitragsgrundlage ausgewiesene Betrag von 2.940,00 € war. Die Höhe der Sozialversicherungsbeiträge wurde entsprechend dem für 2015 geltenden Satz mit 16% geschätzt (allgemeiner Satz 18% abzüglich 2 %ige Verringerung für Arbeitslosenversicherung wegen geringerer Einkünfte).

2.2. Zur Handelsvertretertätigkeit ab Oktober 2015 (Einkünfte aus Gewerbebetrieb):
Im Zuge einer weiteren Einvernahme im Verfahren vor dem Landesgericht LG sagte der Bf am  aus, dass er derzeit noch ohne Beschäftigung sei, aber ab nächster Woche als angestellter Handelsvertreter für eine Firma für Werkzeug tätig sein werde. Bei diesem Vollzeitjob werde er monatlich um die 1.200,00 € verdienen. Der Verdienst richte sich nach den Verkäufen. Bis Ende des Jahres seien die 1.200,00 € monatlich erst einmal ein Fixum, da er anfangs noch im Innendienst tätig sein werde. Bei der Firma handle es sich um die Firma „PH“ in OrtDeutschland, Deutschland (laut Google-Recherchen offensichtlich „PX“). Die Firma mache ein Geschäft mit Werkzeug für die Fleischindustrie, also für Werkzeug1 und Werkzeug2.
In einer weiteren Einvernahme am  vor dem Landesgericht gab der Bf an, dass er zwischenzeitig geschieden und selbständigals Handelsvertreter tätig sei. Entgegen der Absicht, dass er schon ab angestellt werden hätte sollen, werde er nunmehr ab angestellt werden. Derzeit verdiene er monatlich 1.500,00 € netto, ab Februar 2.000,00 € brutto (entspräche auch rund 1.500,00 € netto).
Bei seiner Einvernahme am  gab er an, dass er nunmehr als Angestellter bei einer italienischen Firma für die Sortierung von Halbfertigwaren 1.500,00 € netto 14x jährlich beziehe.
Offensichtlich entsprang seine Aussage am , dass er nunmehr als Handelsvertreter angestellt werde, dem Wunschdenken des Bf's, stellte aber noch keine gesicherte Information dar. Dass die jüngere und zeitnähere Aussage, dass er als Handelsvertreter vorerst nur selbständig tätig war, eher der Realität entsprach, erscheint naheliegend. Wesentlich ist vor allem jedoch, dass der Bf seine monatlichen Einnahmen immer etwa im selben Rahmen zwischen 1.200,00 € und 1.500,00 € bezifferte.
In Würdigung obiger Aussagen bzw. Ermittlungsergebnisse erscheint es nach ho. Ansicht wahrscheinlich, dass der Bf im Zuge seiner neuen Beschäftigung bei der deutschen Firma als selbständiger Handelsvertreter ab Mitte Oktober maximal cirka 1.500,00 € monatlich erhalten hat, das sind 2,5 x 1.500,00 € = 3.750,00 € im Jahr 2015. Zieht man hiervon in Anlehnung an das Betriebsausgabenpauschale für Handelsvertreter 12% als Betriebsausgaben ab, so ergeben sich im Jahr 2015 cirka 3.300,00 € als Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

2.3. Zu allfälligen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung:
In seiner Beschwerde wendete der Bf ein, dass die Liegenschaft in Ort1 im Zuge seines Privatkonkursverfahrens im Jahr 2013 versteigert worden sei, weshalb er hieraus auch keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mehr bezogen habe. Damit korrespondiert auch der Umstand, dass er vom Finanzamt für die Jahre 2013 und 2014 nicht mehr zur Einkommensteuer veranlagt wurde.
Es ist daher davon auszugehen, dass der Bf im Jahr 2015 tatsächlich keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mehr bezog. Solche wurden auch im angefochtenen Einkommensteuerbescheid nicht in Ansatz gebracht.

2.4. Hinweise auf weitere Einkünfte konnten nicht festgestellt werden. Auch in den Jahren zuvor hatte der Bf keine anderen Einkünfte bezogen (Einkünfte aus Gewerbebetrieb zuletzt 2005, Einkünfte aus selbständiger Arbeit zuletzt 2006).

2.5.  Zur Bestreitung der Lebenshaltungskosten:
Wie anlässlich der Vorbereitung der Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht noch vom Finanzamt ermittelt wurde, konnte der Bf laut Auskunftseiner geschiedenen Gattin (siehe telefonische Auskunft vom in Reaktion auf das Auskunftsersuchen vom ) die Räumlichkeiten im 1. Stock des Hauses Ort2 bis zu seinem Auszug am ohne Verrechnung einer Miete, also kostenlos benützen.
Im Schreiben vom legte die steuerliche Vertretung dar, dass der Bf seit seinem Privatkonkurs finanziell von seinem Vater unterstützt worden sei. Bei diesem hatte er nach dem Auszug aus dem Haus der geschiedenen Gattin auch seinen Hauptwohnsitz. Wenn hierfür auch keine Nachweise vorliegen (die Unterstützung erfolgte in bar), so können teilweise finanzielle Zuschüsse durch den Vater nicht ausgeschlossen werden, zumal dieser über eigene Pensionseinkünfte verfügte und es nicht unüblich erscheint, dass Personen im Falle des Konkurses ihres Arbeitgebers bis zur Wiederaufnahme einer anderen Tätigkeit von Familienangehörigen unterstützt werden.
Angesichts des Umstandes, dass der Bf über eine kostenlose Wohnmöglichkeit und über die oben errechneten eigenen Einkünfte verfügte, war auch davon auszugehen, dass die finanzielle Hilfe durch den Vater nicht allzu umfangreich sein musste. Dieser Einwand kann also nicht als unglaubhaft abgetan werden, sodass auch eine Zuschätzung aus diesem Grund nicht gerechtfertigt erscheint.

2.6. Zu den Umsätzen als selbständiger Handelsvertreter:

Wie sich aus obigen Ausführungen zur Einkommensteuer ergibt, erzielte der Bf (Punkt 2.2.) im Jahr 2015 geringfügige Erlöse als selbständiger Handelsvertreter in Höhe von cirka 3.750,00 €.
Der Bf vertrieb die Produkte der deutschen Firma "PX" in OrtDeutschland, Deutschland, die sich mit dem Vertrieb von Werkzeug in der Fleischindustrie beschäftigt (siehe auch oben unter Punkt 2.2.). Es ist daher davon auszugehen, dass er seine Tätigkeit von Österreich aus (Wohnsitz in Ort1 Betriebsstätte) betrieb, Kunden im unternehmerischen Bereich aber zum Teil in Österreich und zum Teil in Deutschland akquirierte. Die deutsche Auftraggeberin betreibt ihr Unternehmen in Deutschland (siehe Homepage Internetadresse), eine österreichische Betriebsstätte war nicht feststellbar.

3. Zum Parteiengehör:
Eine beim Postamt hinterlegte Rsa-Sendung, mit der dem Bf ein Schätzungsvorschlag des Bundesfinanzgerichtes übermittelt wurde, wurde von ihm zunächst nicht behoben.
Die ermittelten Schätzungsgrundlagen wurden mit der Vertreterin der belangten Behörde übereinstimmend festgestellt (BFG-Schreiben vom , Mailverkehr vom , 15. und sowie ). Nach Übermittlung der Grundlagen an den nunmehrigen steuerlichen Vertreter des Bf's zog dieser als Zeichen seiner Zustimmung die Anträge auf Entscheidung durch den Senat und Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurück.

III. Rechtliche Beurteilung:

A. Rechtsgrundlagen:

§ 184 BAO lautet folgendermaßen:

"(1) Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.
(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind.
(3) Zu schätzen ist ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.“

B. Erwägungen:

Wie sich aus § 184 BAO ergibt, beruht die Befugnis (Verpflichtung) zur Schätzung allein auf der objektiven Voraussetzung der Unmöglichkeit, die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln oder zu berechnen. § 184 Abs. 2 und 3 nennen keine eigenständigen Gründe, sondern Beispiele, woraus sich eine solche Unmöglichkeit ergeben kann (Ritz, BAO6, § 184 Tz 6 mwN).

Eine Schätzungsberechtigung kann nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes unter anderem dann bestehen, wenn der Abgabepflichtige seiner Verpflichtung zur Einreichung von Abgabenerklärungen nicht nachkommt (siehe zB ).

Auch im gegenständlichen Fall kam der Bf trotz mehrfacher Aufforderung und Androhung einer Zwangsstrafe durch die Abgabenbehörde seiner Verpflichtung zur Abgabe von Steuererklärungen nicht nach, sodass eine Schätzungsberechtigung grundsätzlich gegeben war.

Was die Wahl der Schätzungsmethode anlangt, so ist auf das Ziel einer Schätzung Bedacht zu nehmen. Dieses besteht darin, den wahren Besteuerungsgrundlagen (den tatsächlichen Gegebenheiten) möglichst nahe zu kommen, somit die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, welche die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben (Ritz, BAO6, § 184 Tz 3).

Die Schätzung darf nicht den Charakter einer Strafbesteuerung haben (Ritz, BAO6, § 184 Tz 3), weshalb auch bei mangelnder Mitwirkung des Bf's bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlagen wie im gegenständlichen Fall danach zu trachten ist, diese aufgrund mittelbarer Beweise möglichst realitätsnahe zu ergründen.

Jeder Schätzung ist eine gewisse Ungenauigkeit immanent. Wer zur Schätzung Anlass gibt, muss die mit jeder Schätzung verbundene Ungewissheit hinnehmen.          

Die Wahl der Schätzungsmethode steht der Abgabenbehörde grundsätzlich frei. Angesichtes des Zieles der Schätzung, jene Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, die der Wahrscheinlichkeit am nächsten kommen, wird jene Methode zu wählen sein, von der angenommen werden kann, dass sie das tatsächliche Bild der Einkünfte am besten wiedergibt.

Die Schätzung ist ein Akt der tatsächlichen Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen mit Hilfe von Wahrscheinlichkeitsüberlegungen und ihrem Wesen nach ein Beweisverfahren, in dem der Sachverhalt unter Zuhilfenahme mittelbarer Beweise ermittelt wird. Der Schätzungsvorgang ist eine Art der Feststellung tatsächlicher Gegebenheiten und Verhältnisse ( mwN).
Da bei einer Schätzung die tatsächlichen Gegebenheiten nicht anhand unmittelbarer Beweise nachvollzogen werden können, müssen dabei mittelbare Beweise erforscht werden, aus denen sich Anhaltspunkte über Art und Höhe der Besteuerungsgrundlagen ergeben. Grundlage für jede Schätzung ist aber - darin ist den Ausführungen der steuerlichen Vertretung des Bf's im Vorlageantrag beizupflichten -, dass überhaupt Anhaltspunkte für das Vorliegen eines umsatz- bzw. einkommensteuerverhangenen Sachverhaltes gegeben sind.

Im gegenständlichen Fall wurden seitens der Abgabenbehörde noch vor Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht höchst aufschlussreiche Beweise erhoben, die als taugliche Basis für eine Schätzung der Bemessungsgrundlagen herangezogen werden konnten. Einerseits wurden Ermittlungen zu den Aufwendungen des Bf's für Lebenshaltung getätigt (siehe Auskunftsersuchen an die ehemalige Gattin des Bf's). Andererseits waren aus dem Akt des Landesgerichtes LG betreffend ein gegen den Bf durchgeführtes Strafverfahren Angaben des Bf's zu seinen Einkommensverhältnissen im Jahr 2015 zu entnehmen. Bei verschiedenen Hauptverhandlungsterminen hatte er dort Auskunft über seine 2015 aktuellen Einkünfte gegeben. Schließlich rundete eine von der Gebietskrankenkasse angeforderte Auskunft über die Beitragsgrundlagen 2015 und die Einsichtnahme in den Meldezettel des Bf's das Bild ab. Der Beschluss des Landesgerichtes LG vom Datum2, mit dem die Einleitung eines Insolvenzverfahrens mangels kostendeckendem Vermögens abgewiesen wurde, bestätigte, dass die Gesellschaft bereits Mitte des Jahres 2015 vermögenslos war und seit mehreren Monaten schon über keinerlei Einkünfte mehr verfügte. 

Eine Würdigung der vorliegenden mittelbaren Beweise erlaubte Rückschlüsse auf das Vorliegen der tatsächlichen Gegebenheiten im Hinblick auf die Ermittlung von Besteuerungsgrundlagen, wie sie nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes der Realität am ehesten entsprachen. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen zur "Beweiswürdigung" unter Punkt II dieses Erkenntnisses verwiesen.

Demnach wurden die Bemessungsgrundlagen in folgender Weise geschätzt:

A) Einkünfte:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einkünfte aus Gewerbebetrieb
3.750,00 € abzüglich 12% Betriebsausgaben = 3.300,00 € und
abzüglich 13% Gewinnfreibetrag iHv 429,00 €
2.871,00 €
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
2.940,00 € abzüglich Sozialversicherungsbeiträge (16% = 470,40 €) und Werbungskostenpauschale (132,00 €)
2.337,60 €
Summe
5.208,60 €

Anmerkungen:

Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb:
Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb resultieren aus der selbständigen Handelsvertretertätigkeit für die deutsche Auftraggeberin in OrtDeutschland. Angesichts der Entfernung des Unternehmens vom Wohnsitz des Bf's in Ort1, Österreich, war davon auszugehen, dass sich die Betriebsstätte des Bf's bezüglich seiner Vertretertätigkeit an dessen Wohnsitz in Österreich befand. Das Besteuerungsrecht stand somit gemäß Art. 7 des Doppelbesteuerungsabkommens der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland, BGBl III 182/2002, dem Ansässigkeitsstaat Österreich zu.
Die Betriebsausgaben wurden in Anlehnung an das 12%ige Betriebsausgabenpauschale für Handelsvertreter geschätzt. Von den so errechneten Einkünften aus Gewerbebetrieb war gemäß § 10 EStG 1988 ein Gewinnfreibetrag (Grundfreibetrag) in Höhe von 13% von 3.300,00 € = 429,00 € in Abzug zu bringen, sodass diese mit 2.871,00 € in Ansatz zu bringen waren.

Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit:
Die auf die nichtselbständigen Einkünfte des Bf's noch abgezogenen Pflichtbeiträge an Sozialversicherung wurden übereinstimmend mit 16% geschätzt (Beitragssatz 2015 18% abzüglich 2% Reduzierung des Satzes für Arbeitslosenversicherung wegen niedrigerer Bemessungsgrundlagen). Die daraus resultierenden Werbungskosten betrugen daher 470,40 €. Dieser Betrag war zugleich auch Basis für die gemäß § 33 Abs. 8 iVm § 124b Z 292 lit. b EStG 1988 anzusetzende Negativsteuer in Höhe von 20% = 94,08 €.

Zu den Einkünften insgesamt:
Wie aus dieser Aufstellung ersichtlich, liegen die Einkünfte des Bf's unter dem sich aus § 33 Abs. 1 EStG 1988 ergebenden Sockelbetrag von 11.000,00 €, bis zu dem der Einkommensteuersatz 0% beträgt.
Angemerkt wird, dass selbst bei einem Sicherheitszuschlag von 100% diese Besteuerungsgrenze noch nicht erreicht würde.

B) Umsätze:

Gemäß § 3a Abs. 6 UStG 1994 wird eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 1 und 2 ausgeführt wird, vorbehaltlich der Abs. 8 bis 16 und Art. 3a an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung an der Betriebsstätte des Unternehmers ausgeführt, ist stattdessen der Ort der Betriebsstätte maßgebend.

Gemäß § 3a Abs. 8 UStG 1994 wird eine Vermittlungsleistung an einen Nichtunternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 3 an dem Ort erbracht, an dem der vermittelte Umsatz ausgeführt wird.

Durch Handelsvertreter werden Vermittlungsleistungen erbracht. Der Bf war als Handelsvertreter für ein deutsches Unternehmen mit Sitz in OrtDeutschland tätig, welches Werkzeug für die Fleischindustrie vertreibt. Eine Betriebsstätte dieses Unternehmens in Österreich konnte nicht festgestellt werden. Aufgrund seines Wohnsitzes bzw. seiner Betriebsstätte nahe der Grenze war davon auszugehen, dass der Bf zwar Kunden in Österreich und Deutschland akquirierte. Allerdings musste unterstellt werden, dass Auftraggeberin für die Vermittlungsleistungen des Bf's jeweils die Fa. PX in OrtDeutschland war. Sie war daher gemäß der Bestimmung des § 3a Abs. 6 UStG 1994 als Empfängerin zu betrachten. Da sie ihr Unternehmen von Deutschland aus betreibt, musste der Ort der Vermittlungsleistungen des Bf's gemäß § 3a Abs. 6 UStG 1994 generell als in Deutschland gelegen angesehen werden. Da die Umsätze somit nicht im Inland getätigt wurden, waren sie gemäß § 1 Abs. 1 UStG 1994 in Österreich nicht der Umsatzsteuer zu unterziehen. Ein Hinweis auf andere Umsätze im Inland ergab sich im gesamten Verfahren nicht, sodass keine Umsatzsteuer festzusetzen war.

IV. Zum Abspruch über die Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).

Bei der Schätzung von Besteuerungsgrundlagen handelt es sich um ein Beweisverfahren, bei dem der Sachverhalt bezogen auf das im Einzelfall konkret vorliegende sachliche Geschehen unter Zuhilfenahme mittelbarer Beweise ermittelt wird (). Solcherart war das gegenständliche Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängig.

Linz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.5101952.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at