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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.11.2019, RV/1100308/2014

Vertreterpauschale für Nutzfahrzeugverkäufer

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Maga. NG in der Beschwerdesache HR, Straße, Ort, vertreten durch die Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung GmbH & Co KG Mag. STB, Straße1, Ort, gegen den Bescheid des Finanzamtes AC vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2011 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Mit Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) des Finanzamtes vom wurde der in der Veranlagung beantragte Berücksichtigung des Vertreterpauschales nicht entsprochen. Begründend führte das Finanzamt aus, der Beschwerdeführer, in der Folge Bf. bezeichnet, habe die vom Finanzamt in den Ersuchen um Ergänzung vom und vom aufgeforderten Unterlagen nicht beigebracht. Darin ersuchte das Finanzamt den Bf. um Vorlage des Arbeitsvertrages, einer Dienstgeberbestätigung aus welcher die verschiedenen Tätigkeitsbereiche und der dafür benötigte Zeitaufwand im Verhältnis zur Gesamtarbeitszeit prozentuell (pauschal) hervorgeht, aller Reisekostenabrechnungen 2011, sowie eines detaillierten Zeiterfassungsprotokolls 2011.

2. Gegen den Einkommensteuerbescheid 2011 hat der steuerliche Vertreter des Bf. mit Schreiben vom  fristgerecht Beschwerde erhoben und im Wesentlichen ausgeführt, die Vertretungspauschale sei vom Finanzamt nicht berücksichtigt worden, da das Ergänzungsansuchen nicht rechtzeitig eingelangt sei. In der Zwischenzeit müsse es eingelangt sein. Der Bf. übe ausschließlich Vertretertätigkeiten aus und sei überwiegend im Außendienst tätig.

3. Die Beantwortung der Ergänzungsersuchen des Finanzamtes erfolgte mit Schreiben vom (eingelangt beim Finanzamt am ). Zusammengefasst teilte der steuerliche Vertreter des Bf. mit, dass die Tätigkeit des Bf. bei der Firma in Ort1 überwiegend (zu 60 %) im Außendienst stattfinde und folgende Aufgaben beinhalte: Betreuung von Kunden - Kundenbesuche zur reinen Kontaktpflege sowie Kundenbesuche mit Ziel der Vorbereitung eines Verkaufsabschlusses, Kundenberatung (Auslieferungszeitpunkt, Fahrzeugübergabe), Kundennachbearbeitung, Finanzierungsabsprachen, Zusammenarbeit mit dem Filialbetrieb, etc.. Einen Arbeitsvertrag könne der Bf. nicht vorlegen. Mangels Aufbewahrung könne der Bf. keine Belege zu den Auslagen für Einladungen von Kunden, Geschenke und Repräsentationen vorlegen. Der Aufforderung zur Angabe einer Außendienstzeit könne der Bf. ebenfalls nicht nachkommen, da er manche der angegebenen Tätigkeiten sowohl im Innendienst als auch im Außendienst tätige. Eine detaillierte Stellenbeschreibung werde dem Schreiben beigelegt.

4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom  hat das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. In der gesonderten Bescheidbegründung führte das Finanzamt im Wesentlichen aus, vorrangiges Ziel einer Vertretertätigkeit sei die Akquisition (Erlangung und Abschluss) von Aufträgen. Zur Vertretertätigkeit gehöre sowohl die Tätigkeit im Außendienst als auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst. Von der Gesamtarbeitszeit müsse dabei mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden. Für die Anerkennung pauschaler Werbungskosten sei es zwar nicht schädlich, wenn neben der Vertretertätigkeit geringfügig andere Tätigkeiten ausgeübt worden seien. Jedoch gingen auszuführende Tätigkeiten im Aufgabenbereich eines "Neufahrzeugverkäufers" weit über diese Grenzen hinaus. Dies sei auch aus der Tätigkeitsbeschreibung des Bf. ersichtlich. Aus dieser gehe eindeutig hervor, dass die durch die Vielzahl der von dem Bf. zu bearbeiteten Aufgabengebiete geforderte ausschließliche Tätigkeit nicht erfüllt worden sei.

5. Im Vorlageantrag vom  beschrieb der steuerliche Vertreter nochmals umfangreich die Aufgabengebiete des Bf. Weiters beantragte er die Durchführung einer mündliche Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht sowie die Einvernahme eines Autosachverständigen. Dieser solle zu den genannten Tätigkeiten befragt werden.

6. Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. In der Stellungnahme führte das Finanzamt im Wesentlichen aus, dass der Bf. nicht nachgewiesen habe, dass er mehr als die Hälfte der Arbeitszeit im Außendienst sei. Zudem weise die Stellenbeschreibung des Bf. eine Vielzahl von Aufgabengebiete auf und daher könne eine ausschließliche Vertretertätigkeit ausgeschlossen werden. Trotz Aufforderung habe der Bf. keine Reisekostenabrechnungen und kein Arbeitszeiterfassungsprotokoll nachgereicht.

7. Mit Vorhalt vom ersuchte das Bundesfinanzgericht den Bf. nochmals um Vorlage der Reisekostenabrechnung 2011, eines detaillierten Zeiterfassungsprotokolls, des Arbeitsvertrages und einer Auflistung der nicht vom Arbeitergeber ersetzten und im Zusammenhang der Tätigkeit des Bf. anfallenden Aufwendungen samt Vorlage eines Nachweises mittels geeigneter Unterlagen und Belege.

8. Mit Schreiben vom beantwortete der Vertreter des Bf. den Vorhalt mit dem Hinweis, dass schon im Vorverfahren bekannt gegeben worden sei, dass die angeforderten Unterlagen nicht mehr bzw. nicht vorgelegt werden können. Der Bf. habe auch bezüglich der vom Arbeitgeber nicht ersetzten Aufwendungen keine Belege der Kundenbewirtung aufbewahrt und daher ersuche der Bf. um Anerkennung im Wege der Glaubhaftmachung. Durch das Pauschale solle gerade dieses Belegesammeln vermieden werden.

9. Auf Antrag des steuerlichen Vertreters des Bf. wurde am  die mündlichen Verhandlung abgehalten. Nach Vortrag des Sachverhaltes durch die Richterin und Erörterung der Tätigkeitsfelder des Bf. legte der steuerliche Vertreter dem Gericht folgende Unterlagen vor:

  • Eine Dienstgeberbestätigung vom in welcher bestätigt wurde, dass der Bf. seit hauptsächlich im Außendienst auf Provisionsbasis für die Bezirkshauptmannschaft AC und D beschäftigt gewesen sei.  

  • Einen Lohnzettel des Bf. vom August 2019, welcher nach Aussage des steuerlichen Vertreters jenen des Jahres 2012 gleiche. Die überwiegende Vertretertätigkeit sei am Lohnzettel erkennbar, da das Fixum nur ein Viertel des Gehalts des Bf. ausmache, die restlichen drei Viertel würden auf Provisionszahlungen beruhen.

  • Die Jahreslohnzettel der Jahre 2010 bis 2013 sowie die daraus durch den steuerlichen Vertreter abgeleiteten Berechnungen der überwiegenden Außendiensttätigkeit.

Zur Berechnung führte der steuerliche Vertreter zusammengefasst aus, dass auf den Lohnzetteln die erfassten steuerfreien Diäten abzulesen seien. Diese ausbezahlten Beträgen würden die überwiegende Außendiensttätigkeit des Bf. belegen. Diese Schlussfolgerung leite er aus folgender Berechnung ab:

Aus dem Tagsatz von € 26,40 sei ein Stundensatz von € 2,20 errechnet worden.

Bezüglich der betrieblichen Anwesenheit sei eine Jahresarbeitszeit von 1.617 Stunden errechnet worden. Hierbei sei wie folgt vorgegangen worden:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
   52 Wochen
Jahresarbeitszeit
-   5 Wochen
Urlaub
-   2 Wochen
Feiertag
-    3 Wochen
durchschnittliche Fehlzeiten aus Krankenstand, Dienstfreistellungen (Familie, Hochzeit, etc.)
= 43 Wochen
Anwesenheit

Diese 43 Wochen Anwesenheitszeit seien schließlich mit der Normalarbeitszeit von 38,50 Stunden multipliziert worden. Daraus ergebe sich ein Jahresstundenanzahl von 1.617.

2010: € 2.017,40 steuerfreie Diäten durch € 2,20 würden somit 917 Stunden oder 56 % Außendiensttätigkeit ergeben.

2011: € 2.391,50 steuerfreie Diäten durch € 2,20 würden somit 1.087 Stunden  oder 67 % Außendiensttätigkeit ergeben.

2012: € 2.145,00 steuerfreie Diäten durch € 2,20 würden somit 1.617 Stunden oder 60 % Außendiensttätigkeit ergeben.

Abschließend brachte der steuerliche Vertreter vor, für ihn sei die überwiegende Außendiensttätigkeit nie strittig gewesen. Er habe die Auffassung vertreten, dass die Tätigkeit als Vertreter und nicht der Nachweis der Zeiten im Außendienst für das Finanzamt strittig sei. Aus diesem Grund möchte er auch nochmals darauf hinweisen, dass auch die Führung von Kundenkarteien eine typischen Vertretertätigkeit im Sinne der  PVerordnungdarstelle.

Der Vertreter des Finanzamtes entgegnete darauf, dass der Bf. mehrmals vom Finanzamt aufgefordert worden sei, eine Dienstgeberbestätigung oder ähnliches vorzulegen. Der Bf. habe bislang keine Unterlagen vorgelegt aus denen die überwiegende Außendiensttätigkeit als erwiesen anzunehmen sei.

Der steuerliche Vertreter des Bf. beantragte daraufhin der Beschwerde stattzugeben und der Vertreter des Finanzamtes beantragte die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II. Sachverhalt

Das Bundesfinanzgericht legt seinem Erkenntnis nachstehenden Sachverhalt als feststehend zugrunde:

Der Bf. trat am  in die Firma Firma1, Straße2, Ort1 ein und war im Streitjahr 2011 nach wie vor dort als Nutzfahrzeugverkäufer beschäftigt.

Als Nutzfahrzeugverkäufer (Verkauf NFZ) war der Bf. für den Bereich "LKW und Transporter Verkauf" zuständig. Der Bereich "LKW Verkauf" beinhaltete den Verkauf aller möglichen Arten von Nutzfahrzeugen, wie z.B. Kipper, LKWs mit Kranaufbau oder Feuerwehrautos etc.. Hierbei handelte es sich um Fahrzeuge, für welche lediglich das Grundgestell geliefert wurde. Der Aufbau der LKWs erfolgte dann nach den jeweiligen Kundenbedürfnissen. Dieser Verkaufsteilbereich erforderte regelmäßige Kundenbesuche und wurde überwiegend im Außendienst durchgeführt. Auch Probefahrten dieser LKWs erfolgten in der Art, dass der Kunde ein ähnliches Fahrzeug bei einem anderen Kunden besichtigte und testete. Dies wurde ebenfalls durch den Verkäufer organisiert. Der Bereich "Transporter Verkauf" beinhaltet die Automodelle wie F, G oder H, etc.. Der Verkauf dieser Fahrzeuge ist dem Verkauf herkömmlicher PkWs ähnlich und erfolgte hauptsächlich im Autohaus. Der Verkaufsbereich "LKW und Transporter Verkauf" wurde im Streitjahr zwischen dem Bf. und Herrn MM aufgeteilt. Wie die Aufteilung zwischen den Verkäufern erfolgte und ob ein Verkäufer auf den Verkauf von LKWs und der andere auf den Verkauf von Transportern spezialisiert war, konnte nicht festgestellt werden.

Der Bf. war im Streitjahr für das Verkaufsgebiet der Bezirkshauptmannschaft AC und D zuständig. Ob sich das Verkaufsgebiet auf ganz J erstreckte, konnte vom Bundesfinanzgericht nicht festgestellt werden.

Mit Schriftsatz vom brachte der steuerliche Vertreter des Bf. folgende auszugsweise dargestellte Stellenbeschreibung ein:

"…

Organisatorische Einbindung:

  • Unternehmensbereich bzw. Abteilung/Gruppe: Verkauf NFZ

  • Welche Befugnisse und Kompetenzen besitzt der Stelleninhaber formal? Verkaufsabschlüsse im Rahmen der vorgegebenen Richtlinien (Verkaufsordnung, Provisionsregelung), Vergabe von Probefahrten bwz. Leihfahrzeugen, Durchführung von GW-Ankaufstests

  • Mit wem arbeitet der Stelleninhaber intern zusammen? Geschäftsführung, Verkaufsleitung, Werkstätte, Filialen

  • Mit wem arbeitet der Stelleninhaber extern zusammen? Kunden, Leasing-Gesellschaften, Versicherungen, Aufbaufirmen

Stellenziele:

  •  Verkaufsgebiet systematisch mittels Verwendung der Kunden- und Interessentenkartei bearbeiten

  • Akquisitionsaufgaben wahrnehmen

  • Kundenberatung und - betreuung wahrnehmen (Auslieferungszeitpunkt, Fahrzeugübergabe, Kunden mit KDB bekanntmachen etc. )

  • Schulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen wahrnehmen

  • Kundennachbearbeitung ( - nach Interessenten fragen, - gegen Wettbewerb abschirmen, - über Neuheiten bei MB auf dem Laufenden halten, - Vorbereitung des Anschlussauftrages) wahrnehmen

  • Zusammenarbeit mit dem Filialbetrieb wahrnehmen und abteilungsübergreifende Probleme gemeinsam mit dem Filialleiter lösen

  •  Beratung und Unterstützung des Kunden bei Aufbau von NFZ ( Berechnungen, Kontakte, etc.)

  • Zugeteilte Fahrzeuge erfolgreich verkaufen

Stellenaufgaben/Fachaufgaben:

  • Karteibearbeitung nach den vorgegebenen Richtlinien

  • Routenplanung und Planung der Kontaktkapazität aufgrund der Karteieintragungen

  •  Sammlung und Aktualisierung von Basisinform. über Interessenten / Kunden

  •  Fahrzeugvorführung , Probefahrten

  •  Vorbereitung Kaufvertrag (Ausstattung, Preis, Eintausch, Zahlungsmod., Lieferzeit)

  • Gebrauchtfahrzeug—Wertermittlg. veranlassen

  • Verkaufsabschlüsse tätigen

  • an Verkäuferbesprechungen teilnehmen

  • Kundenreklamationen aufgreifen u. weiterleiten

  • bei Sonderveranstaltungen (Präsentationen usw.) mitwirken

  • Verkaufsunterlagen auf dem Laufenden halten"

Der Bf. war im Streitjahr im Außendienst tätig. Eine Angabe der Außendienstzeit zu jeder in der Stellenbeschreibung ausgewiesenen Tätigkeit konnte vom Bf. nicht erbracht werden. Diesbezüglich konnte auch keine Bestätigung des Dienstgebers beigebracht werden. Das Ausmaß bzw. ob von der Gesamtarbeitszeit mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht wurde, konnte somit nicht festgestellt werden.

Ob der Bf. Auslagen für Einladungen von Kunden, Geschenke und Repräsentationen tatsächlich aus seinem versteuerten Einkommen zu tragen hatte, konnte ebenfalls mangels Vorlage eines Nachweises in Form von Belegen, Abrechnungen, Aufzeichnungen nicht festgestellt werden.

Im streitgegenständlichen Jahr bezog der Bf. von der Firma2 nicht selbständige Einkünfte in Höhe von € 95.223,57 (Kennzahl 245). Vom Bf. wurden keine Reisekostenabrechnungen für das Jahr 2011 vorgelegt, obwohl der Jahreslohnzettel steuerfreie Diäten in Höhe von € 2.017,40 enthielt.  

Ein Zeiterfassungsprotokoll für das Jahr 2011 wurde nicht geführt. Die Regelarbeitszeit des Bf. betrug 38,50 Wochenstunden. Die Anzahl der geleisteten Überstunden konnte vom Gericht nicht festgestellt werden.

Unter den steuerfreien Diäten in Höhe von € 2.017,40 waren auch Ersätze für Schulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen inkludiert. Um welche Art von Schulungsmaßnahmen es sich dabei handelte und in welcher Höhe die Ersätze diese Maßnahmen betroffen haben, konnte mangels Aufstellungen, etc. nicht festgestellt werden.

Der Bf. hat sowohl ein Dienstfahrzeug als auch ein Diensthandy vom Dienstgeber zur Verfügung gestellt bekommen.

Ein Fahrtenbuch wurde nicht geführt.

Ein schriftlicher Arbeitsvertrag wurde nicht abgeschlossen.

Für die Sachverhaltsfeststellungen stützt sich das BFG auf die Akten des Verwaltungsverfahrens sowie dem Vorbringen des Bf. im Abgaben- und Beschwerdeverfahren.

Beweiswürdigung

Hinsichtlich der Feststellung, dass der Bf. für den Bereich "LKW und Transporter Verkauf" zuständig war und sich diesen mit dem Verkaufskollegen Herrn MM aufteilte, stützt sich das Bundesfinanzgericht auf eine Internetabfrage der Homepage der Firma4, einer Aktennotiz des Finanzamtes sowie auf die Aussage des steuerlichen Vertreters in der mündlichen Verhandlung. Wie die interne Aufteilung zwischen den Verkäufern aussah, ob der Bf. den Teilbereich "Verkauf LKW" und sein Verkaufskollege den Teilbereich "Verkauf Transporter" übernahm,  konnte mangels Nachweis durch entsprechende Unterlagen nicht festgestellt werden. In der Dienstgeberbestätigung vom wurde lediglich bestätigt, dass der Bf. örtlich für den Raum der Bezirkshauptmannschaft D und AC zuständig ist. Für das Bundesfinanzgericht ist es unglaubhaft, dass ein Verkäufer, welcher in einem begrenzten örtlichen Raum zuständig ist, nur für Kunden im Bereich "Verkauf LKW"  zuständig ist. Dagegen spricht auch sein steuerpflichtiges Jahreseinkommen in Höhe  von € 95.223,57 (Kennzahl 245).  Die Behauptung des steuerlichen Vertreter in der mündlichen Verhandlung, dass der Bf. zu 95 % für den LKW-Verkauf und damit verbunden mit dem Verkauf von Spezialfahrzeugen zuständig sei, wertete das Bundesfinanzgericht viel mehr als reine Schutzbehauptung des Bf..

Weiters wurde in der oben erwähnten Dienstgeberbestätigung vom   bestätigt, dass der Bf. seit hauptsächlich im Außendienst auf Provisionsbasis beschäftigt sei. Auffallend ist, dass diese Bestätigung schon 10 Jahre vor dem streitgegenständlichen Jahr 2011 ausgestellt wurde und zudem nur sehr allgemein gehalten ist.  Für das Bundesfinanzgericht ist nicht erklärbar, warum es neben dieser Bestätigung aus dem Jahr 2001 lediglich bei den Behauptungen durch den steuerlichen Vertreter geblieben und ein Nachweis durch eine aktuellere Dienstgeberbestätigung unterblieben ist. Bereits im Ersuchen um Ergänzung vom  ersuchte das Finanzamt den Bf. um Vorlage einer Dienstgeberbestätigung, aus welcher die verschiedenen Tätigkeitsbereiche und der dafür benötigter Zeitaufwand im Verhältnis zur Gesamtarbeitszeit prozentuell (pauschal) hervorgeht. Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes wäre es dem Bf. leicht zumutbar gewesen sich eine Bestätigung vom Dienstgeber ausstellen zu lassen, die eben den obengenannten Kriterien entsprochen hätte, steht er doch nach wie vor in einem Arbeitsverhältnis mit diesem. Daran ändert auch die oben angeführte Berechnung der Außendienstzeit anhand der Jahreslohnzettel 2010 bis 2013 nichts. Zur Berechnung führte der steuerliche Vertreter in der mündlichen Verhandlung zusammengefasst aus, dass auf den Lohnzetteln die erfassten steuerfreien Diäten abzulesen seien. Diese ausbezahlten Beträgen würden die überwiegende Außendiensttätigkeit des Bf. belegen.

Nach Meinung des Bundesfinanzgerichtes vermag zwar der Lohnzettel 2011 durch die Auszahlung der steuerfreien Diäten in Höhe von € 2.391,50 darauf hinzuweisen, dass eine Außendiensttätigkeit bestanden hat. Doch kann diese Berechnung keinen Nachweis durch eine Dienstgeberbestätigung, Reisekostenabrechnungen, Zeiterfassungsprotokolle etc. ersetzen. Damit die Berechnung überhaupt eine Beweiskraft entfallten hätte können, wäre die Ermittlung der durchschnittlich geleisteten Istarbeitsstunden pro Woche notwendig gewesen. Eine Annahme einer Normalarbeitszeit von 38,5 Stunden pro Woche als Berechungsgrundlage entspricht nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes nicht der allgemeinen Lebenserfahrung. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass Personen mit einem steuerpflichtigen Jahreseinkommen in Höhe von € 95.223,57 (Kennzahl 245), welche zudem im Außendienst auf Provisionsbasis beschäftigt sind,  regelmäßig Mehrarbeitsstunden (Überstunden) zu verrichten haben. Weiters ist darauf hinzuweisen, dass unter den steuerfreien Diäten auch Ersätze für Schulungsmaßnahmen inkludiert sind. Auch hier fehlt jegliche Angabe zur Art der Schulungsmaßnahmen (Vertretertätigkeit oder innerbetriebliche Organisation betreffend) und zur Höhe der ersetzten Schulungsmaßnahmen betroffen haben.

Hinsichtlich der Nichtvorlage der Reisekostenabrechnung für das Jahr 2011 ist festzuhalten, dass sie erstmalig bereits am vom Finanzamt angefordert und schon damals vom Bf. nicht vorgelegt wurde. Nach Vorhalt durch das Bundesfinanzgericht erklärte der steuerliche Vertreter, dass keine Reisekostenabrechnungen des Jahres 2011 mehr vorlägen, da der Bf. diese bereits zur Spesenauszahlung bei der Firma abgegeben habe. Das Bundesfinanzgericht hat zwar Verständnis, dass diese Abrechnungen aus dem Jahr 2011 im Jahr 2019 nur mehr erschwert beim Dienstgeber erhoben werden können, doch war die erste Aufforderung durch das Finanzamt bereits im Jahr 2012 und damals wäre dies zweifellos zumutbar gewesen.

Bezüglich des Einwandes, der Bf. habe Kosten für Einladungen von Kunden, Geschenke und Repräsentationen aus seinem versteuerten Einkommen getragen und nicht vom Dienstgeber bzw. nicht zur Gänze ersetzt bekommen, ist zu entgegen, dass der Bf. keinen Nachweis durch Belege, Abrechnungen, Aufzeichnungen etc. erbracht hat; seine diesbezügliche Argumentation erschöpft sich im Wesentlichen darin, zu behaupten, er habe aufgrund seines guten Gehaltes dies Kosten beim Dienstgeber nicht einfordern wollen. Hinsichtlich der Kundengeschenke ist weiters anzumerken, dass es der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht, dass "gute Kunden" Weihnachtsgeschenke bzw. Geschenke nach einem Vertragsabschluss erhalten. Doch werden diese Kosten im Allgemeinen vom Unternehmen und somit vom Arbeitgeber getragen. Das gleiche gilt auch für "Geschäftsessen".

Dem Antrag auf Einvernahme eines Autosachverständigen wurde nicht entsprochen, da eine solche zur Lösung der Sach- und Rechtsfrage irrelevant ist und der Sachverständige zur Lösung der Beweisfrage, ob der Bf. überwiegend im Außendienst tätig war nicht beitragen kann.

Rechtslage

Strittig ist, ob die Voraussetzungen für die Gewährung eines Vertreterpauschales vorliegen bzw. ob dem Bf. der Nachweis gelungen ist, dass er überwiegend im Außendienst tätig war.

Gemäß § 16 Abs 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

§ 16 Abs. 3 Satz 1 EStG 1988 bestimmt: „Für Werbungskosten, die bei nichtselbständigen Einkünften erwachsen, ist ohne besonderen Nachweis ein Pauschbetrag von 132 Euro jährlich abzusetzen.“

§ 17 Abs. 6 EStG 1988 bestimmt: „Zur Ermittlung von Werbungskosten können vom Bundesminister für Finanzen Durchschnittssätze für Werbungskosten im Verordnungswege für bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis festgelegt werden.“

Die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen, BGBl. II 382/2001, lautet auszugsweise:

" Auf Grund des § 17 Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl. Nr. 400/1988, wird verordnet:

§ 1 Für nachstehend genannte Gruppen von Steuerpflichtigen werden nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis anstelle des Werbungskostenpauschbetrages gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 folgende Werbungskosten auf die Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses festgelegt:

...

Z 9 Vertreter

5 % der Bemessungsgrundlage, höchstens 2.190 Euro jährlich.

Der Arbeitnehmer muss ausschließlich Vertretertätigkeit ausüben. Zur Vertretertätigkeit gehört sowohl die Tätigkeit im Außendienst als auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst. Von der Gesamtarbeitszeit muss dabei mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden."

Gemäß § 138 BAO Abs 1 haben auf Verlangen der Abgabenbehörde die Abgabenpflichtigen und die diesen in § 140 gleichgestellten Personen in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht (§ 119) zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen sowie dessen Richtigkeit zu beweisen. Kann ihnen ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden, so genügt die Glaubhaftmachung.

§ 119 BAO weist folgenden Wortlaut auf:

„§ 119. (1) Die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände sind vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offenzulegen. Die Offenlegung muss vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen.

(2) Der Offenlegung dienen insbesondere die Abgabenerklärungen, Anmeldungen, Anzeigen, Abrechnungen und sonstige Anbringen des Abgabepflichtigen, welche die Grundlage für abgabenrechtliche Feststellungen, für die Festsetzung der Abgaben, für die Freistellung von diesen oder für Begünstigungen bilden oder die Berechnungsgrundlagen der nach einer Selbstberechnung des Abgabepflichtigen zu entrichtenden Abgaben bekanntgeben.“

Der Offenlegung dient vor allem auch die Beantwortung von Vorhalten (vgl. Ritz, BAO6, § 119 Tz 5, mit Verweis auf -0263).

Rechtliche Würdigung:

Somit können Vertreter nach der obengenannten Verordnung anstelle des Werbungskostenpauschbetragen gemäß § 16 Abs 3 EStG 1988 von 132,00 € jährlich 5 % der Bemessungsgrundlage, höchstens € 2.190,00 jährlich, als pauschale Werbungskosten in Anspruch nehmen.

Werbungskosten müssen wie Betriebsausgaben nachgewiesen oder glaubhaft gemacht werden. Gemäß § 138 Abs 1 BAO haben die Steuerpflichtigen auf Verlangen der Abgabenbehörde in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht (§ 119 BAO) zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen sowie deren Richtigkeit zu beweisen; kann ihnen ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden, so genügt die Glaubhaftmachung (Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Kommentar zum EStG20 zu § 16 Tz 55). Nachweisen bedeutet, von der Richtigkeit eines Vorbringens zu überzeugen. Bei einer Glaubhaftmachung ist das Vorbringen hinreichend wahrscheinlich zu machen. Ist eine Nachweisführung unmöglich oder untunlich, genügt für den steuerwirksamen Abzug von Aufwendungen grundsätzlich eine Glaubhaftmachung. Die Anwendung der VO ist dann möglich, wenn der Steuerpflichtige als Werbungskosten abzugsfähige Ausgaben aus versteuertem Einkommen zu tragen hatund einen entsprechenden Nachweis (durch Belege, Abrechnungen, Aufzeichnungen etc.) erbringt (vgl. Blasl, Kein Werbungskostenpauschale ohne tatsächlich angefallene Werbungskosten, BFGjournal 2017, S 52, und Jakom/Peyerl, EStG12 (2019), § 17 Rz 132, ; ; RV/7102822/2018).  

Nach den Verordnungswortlaut muss der Arbeitnehmer ausschließlich Vertretertätigkeit ausüben. Die anzuwendende Verordnung enthält keine gesetzliche Definition des Begriffes "Vertreter". Sie legt lediglich fest, dass zur Vertretertätigkeit sowohl die Tätigkeit im Außendienst als auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst gehört und dass von der Gesamtarbeitszeit mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden muss. Der Außendienst muss daher den Innendienst zeitlich überwiegen.

Der Begriff "Vertreter" ist nach den Erfahrungen des täglichen Lebens und nach der Verkehrsauffassung auszulegen. Vertreter sind nach Lehre (Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, § 17 Tz 71) und Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (; ) Personen, die im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und zur Kundenbetreuung tätig sind. Eine andere Außendiensttätigkeit, deren vorrangiges Ziel nicht die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen ist, zählt nicht als Vertretertätigkeit, zB eine Kontroll- oder Inkassotätigkeit, beratende Tätigkeit (vgl. ).

Fest steht im gegenständlichen Fall, dass der Bf. insgesamt dreimal - mit Ergänzungsersuchen vom , in den Begründung des angefochtenen Einkommensteuerbescheides vom , mit Vorlagebericht vom (kommt Vorhaltscharakter zu) vom Finanzamt und einmal (mit Schreiben vom ) vom Bundesfinanzgericht dazu aufgefordert wurde, die von ihm tatsächlich getragenen Aufwendungen aus seiner beruflichen Tätigkeit nachzuweisen.

Diesen Nachweis (durch Belege, Abrechnungen, Aufzeichnungen etc., siehe oben) der von ihm tatsächlich aus versteuertem Einkommen getragenen, vom Dienstgeber nicht bzw. nicht zur Gänze ersetzten beruflichen Aufwendungen hat der Bf. nicht erbracht; seine diesbezügliche Argumentation erschöpft sich im Wesentlichen darin, zu behaupten, dass er vom Dienstgeber nicht alle Diäten ersetzt bekommen habe, da er ihm nicht alle vorgelegt habe.

Damit ist aber das Schicksal der Beschwerde bereits entschieden, ist doch Voraussetzung für den Abzug von Werbungskosten (auch in pauschaler Höhe), dass der Steuerpflichtige als Werbungskosten abzugsfähige Aufwendungen oder Ausgaben aus versteuertem Einkommen zu tragen hat, was einen entsprechenden Nachweis durch den Steuerpflichtigen erfordert (vgl. ). Diesen Nachweis hat der Bf., wie oben ausgeführt, nicht erbracht, weshalb die Beschwerde wie im Spruch ersichtlich abzuweisen war.

Zudem kann zusammenfassend festgehalten werden, dass keine zuverlässigen Feststellungen über das Verhältnis der Tätigkeit des Bf. Innendienst und Außendienst bzw. der Teilbereiche "Verkauf LKW" oder "Verkauf Transporter" und dem Ausmaß, getroffen werden konnten. Das BFG sieht es mangels Vorlage von Unterlagen nicht als erwiesen an, dass der Bf. mehr als die Hälfte seiner Gesamtarbeitszeit im Außendienst verbracht hat, weshalb das Werbungskostenpauschale für Vertreter auch hier nicht anzuerkennen wäre.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen war, sondern der vorliegende Sachverhalt in freier Beweiswürdigung zu beurteilen war, ist eine Revision nicht zulässig.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 17 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 1 Z 9 Durchschnittssätze für Werbungskosten, BGBl. II Nr. 382/2001
§ 138 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Vertreter
Werbungskosten
Werbungskostenpauschale
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.1100308.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at