Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.11.2019, RV/7102142/2017

Sachbezugswert eines fallweise durch den Arbeitnehmer privat genutzten Firmenfahrzeuges

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Anna Radschek in der Beschwerdesache Bf., [Adresse], vertreten durch Dr. Johann Buchinger, Anzengruberstraße 89, 1140 Wien, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart vom betreffend Haftung für Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2012 bis 2014 zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO im eingeschränkten Umfang Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die beschwerdeführende Gesellschaft wird gemäß § 82 Einkommensteuergesetz 1988 als Arbeitgeber für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn zu entrichtenden Lohnsteuer in folgender Höhe in Anspruch genommen:


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Jahr
2012
2013
2014
Lohnsteuer
328,50 Euro
273,75 Euro
273,75 Euro

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben -Dienstgeberbeitrag (DB) und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (DZ) - betragen:


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Jahr
Bemessungsgrundlage
DB
DZ
2012
180.554,86 Euro
8.124,97 Euro
794,44 Euro
2013
134.131,59 Euro
6.035,92 Euro
590,18 Euro
2014
154.655,03 Euro
6.959,48 Euro
680,48 Euro

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Im Rahmen einer bei der beschwerdeführenden Gesellschaft mit beschränkter Haftung durchgeführten gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben (GPLA) wurde u.a. die Feststellung getroffen, dass in den Jahren 2012 bis 2014 kein Sachbezug für die Privatnutzung eines Firmenfahrzeuges durch den als Arbeitnehmer beschäftigten Sohn des wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers (wobei der Sohn im Jahr 2014 als nicht wesentlich beteiligter Gesellschafter die Geschäftsführung des Unternehmens übernahm) angesetzt worden sei. Für das Fahrzeug sei kein Fahrtenbuch geführt worden und hätten die mit dem Pkw zurückgelegten Fahrtstrecken im Zuge der Prüfung nicht glaubhaft gemacht werden können. Auf den Arbeitnehmer und nunmehrigen Geschäftsführer der Firma sei zwar ab ein Privatfahrzeug angemeldet gewesen. Im Hinblick darauf, dass dessen Gattin bis in Karenz und danach in der Firma beschäftigt gewesen sei, sei jedoch ein Sachbezugswert in nachfolgend angeführter Höhe anzusetzen:


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Jahr
Sachbezugswert
2012
3.597,36 Euro
2013
3.077,74 Euro
2014
2.927,85 Euro

Die dafür einzubehaltende Lohnsteuer wurde mit 36,5% des jeweiligen Sachbezugswertes bemessen.

Das Finanzamt folgte in den nunmehr vor dem Bundesfinanzgericht bekämpften Bescheiden betreffend Haftung für Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2012 bis 2014 den Feststellungen der GPLA.

In der fristgerecht eingebrachten Beschwerde wandte sich die beschwerdeführende Gesellschaft gegen die Feststellung, der genannte Arbeitnehmer sei mit dem 20 Jahre alten Fahrzeug gefahren. Mit diesem sei ausschließlich dessen Vater, der wesentlich beteiligte Gesellschafter-Geschäftsführer, unterwegs gewesen. Weshalb der Prüfer zur gegenteiligen Annahme gekommen sei und die Aussagen von Vater und Sohn negiert habe, habe er nicht dargelegt.

Die beschwerdeführende Gesellschaft ersuche daher um ersatzlose Aufhebung der bekämpften Bescheide.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und in der Begründung darauf hingewiesen, dass ein Sachbezug stets festzusetzen sei, wenn für den Arbeitnehmer die Möglichkeit bestehe, ein firmeneigenes Kraftfahrzeug für Privatfahrten kostenlos zu benutzen. Da im gegenständlichen Fall keine Fahrtenbücher geführt worden seien und der genannte Arbeitnehmer erklärt habe, dass er schon gelegentlich Privatfahrten unternommen habe, halte das Finanzamt die Festsetzung eines Sachbezugswertes für die Benutzung des Firmenwagens für gerechtfertigt, zumal keine Unterlagen vorgelegt worden seien, die den vom Prüfer getroffenen Feststellungen widersprechen würden. 

Dagegen wurde fristgerecht ein Vorlageantrag eingebracht.

In der antragsgemäß durchgeführten mündlichen Verhandlung kamen der Vertreter der beschwerdeführenden Gesellschaft und die Finanzamtsvertreterin nach Darstellung des Sachverhaltes durch die Richterin und einer ausführlichen Erörterung der Sach- und Rechtslage übereinstimmend zu folgender Ansicht:

Aufgrund des Umstandes, dass ein Anschaffungspreis anlässlich der Erstanschaffung des PKW nicht mehr eruiert werden könne, werde von einem Listenpreis von ca. 10.000,00 Euro anlässlich der Erstzulassung ausgegangen.

Im Hinblick darauf, dass es sich im Streitzeitraum um ein sehr altes Auto gehandelt habe, das überdies als "Baufahrzeug" benutzt worden sei, werde davon ausgegangen, dass der genannte Arbeitnehmer das Firmenfahrzeug nur fallweise benutzt habe, weshalb nur der halbe Sachbezugswert in Ansatz gebracht werden dürfe. Das Auto sei im Jahr 2012 12 Monate, 2013 10 Monate und 2014 10 Monate fallweise privat benutzt worden.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zu Grunde gelegt:

Der als Arbeitnehmer im Unternehmen der beschwerdeführenden Gesellschaft tätige Sohn des wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers und später nicht wesentlich beteiligte Geschäftsführer (in der Folge: Arbeitnehmer) nutzte fallweise das Firmenfahrzeug für Privatfahrten, wobei er in den einzelnen Monaten insgesamt keine 500 km übersteigenden Fahrtstrecken zurücklegte. Er war in den Jahren 2012 und 2014 ganzjährig, im Jahr 2013 nur zehn Monate bei der beschwerdeführenden Gesellschaft beschäftigt. Sein von der beschwerdeführenden Gesellschaft an ihn ausbezahltes, zu versteuerndes Gehalt betrug in den einzelnen Jahren zwischen 20.000,00 Euro und 25.000,00 Euro.

Das am erstzugelassene Fahrzeug wurde von der beschwerdeführenden Gesellschaft gebraucht erworben und am angemeldet. Es wird davon ausgegangen, dass der Listenpreis des genannten Fahrzeuges zum Zeitpunkt der Erstzulassung rund 10.000 € betragen hat. Das Fahrzeug wurde am von der beschwerdeführenden Gesellschaft abgemeldet.

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Vorbringen und den vorgelegten Unterlagen der beiden Parteien und folgender Beweiswürdigung:

Der steuerliche Vertreter der beschwerdeführenden Gesellschaft konnte durchaus glaubhaft darlegen, dass der Arbeitnehmer das Fahrzeug lediglich für Fahrten zwischen Wohnung und der 1 km entfernten Arbeitsstätte fallweise verwendete. Im Hinblick auf das Alter des Fahrzeuges und den Umstand, dass dieses im Unternehmen der beschwerdeführenden Gesellschaft zum Transport von Baumaterialien verwendet wurde, erscheint es durchaus plausibel, dass mit diesem Fahrzeug lediglich kurze Privatfahrten in der vom steuerlichen Vertreter angegebenen Weise durchgeführt wurden.

Da nicht mehr eruierbar ist, zu welchem Preis das Fahrzeug ursprünglich angeschafft wurde, und die im Internet abgefragten Listenpreise 1994 bei rund 10.000 € liegen, erscheint es als durchaus angemessen, diesen Wert für die Bemessung des Sachbezugswertes heranzuziehen.

Der festgestellte Sachverhalt ist folgendermaßen rechtlich zu würdigen:

In § 4 der zu § 15 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl. Nr. 400, ergangenen Sachbezugswerteverordnung BGBl. II Nr. 467/2004, BGBl. II Nr. 29/2014,  wird - soweit hier maßgeblich - verordnet:

"(1) Besteht für den Arbeitnehmer die Möglichkeit, ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug für nicht beruflich veranlasste Fahrten einschließlich Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu benützen, dann ist ein Sachbezug von 1,5% der tatsächlichen Anschaffungskosten des Kraftfahrzeuges (einschließlich Umsatzsteuer und Normverbrauchsabgabe), maximal 600 Euro monatlich, anzusetzen. Die Anschaffungskosten umfassen auch Kosten für Sonderausstattungen. Selbständig bewertbare Sonderausstattungen gehören nicht zu den Anschaffungskosten.

(2) Beträgt die monatliche Fahrtstrecke für Fahrten im Sinne des Abs. 1 im Jahr nachweislich nicht mehr als 500 km, ist ein Sachbezugswert im halben Betrag (0,75% der tatsächlichen Anschaffungskosten, maximal 300 Euro monatlich) anzusetzen. Unterschiedliche Fahrtstrecken in den einzelnen Lohnzahlungszeiträumen sind unbeachtlich.

(3) ...

(4) Bei Gebrauchtfahrzeugen ist für die Sachbezugsbewertung der Listenpreis im Zeitpunkt der erstmaligen Zulassung des Fahrzeuges maßgebend. Sonderausstattungen bleiben dabei unberücksichtigt. Anstelle dieses Betrages können die nachgewiesenen tatsächlichen Anschaffungskosten (einschließlich allfälliger Sonderausstattungen und Rabatte) im Sinne des Abs. 1 des ersten Erwerbes des Kraftfahrzeuges zu Grunde gelegt werden.

…"

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Sachbezugs­wert immer dann zuzurechnen, wenn nach der Lebenserfahrung auf Grund des Gesamtbildes der Verhältnisse anzunehmen ist, dass der Arbeitnehmer die eingeräumte Möglichkeit, das arbeitgebereigene Kraftfahrzeug privat zu verwenden – wenn auch nur fallweise – nützt (vgl. bspw. mwN). Für Kalendermonate, für die das Kfz nicht zur Verfügung steht (auch nicht für dienstliche Fahrten), ist kein Sachbezugswert hinzuzurechnen. Vom Ansatz eines Sachbezugswertes für die private Benutzung eines Firmenfahrzeuges kann daher nur dann abgesehen werden, wenn ein tatsächlich ernst gemeintes Verbot des Arbeitgebers hinsichtlich der privaten Fahrten vorliegt, was allerdings nur dann der Fall ist, wenn der Arbeitgeber auch für die Wirksamkeit seines Verbotes vorsorgt (vgl. Jakom/Lenneis EStG 2019, § 15 Rz 20, sowie ). 

Im Hinblick darauf, dass für den Arbeitnehmer die Möglichkeit der Privatnutzung des Firmenfahrzeuges bestand und dieser davon auch gelegentlich Gebrauch machte, erfolgte der Ansatz eines Sachbezugswertes grundsätzlich zu Recht. Da aber nachweislich keine größeren - 500 km im Monat insgesamt übersteigenden - Fahrtstrecken privat zurückgelegt wurden, ist lediglich ein Sachbezugswert von 0,75 % des Listenpreises des Pkw für jene Monate, in denen das Fahrzeug dem Arbeitnehmer zur Verfügung stand, zu berechnen. Weil dieser 2013 nur zehn Monate von der beschwerdeführenden Gesellschaft beschäftigt wurde und das Fahrzeug im Jahr 2014 bereits Ende Oktober abgemeldet wurde, stand das Fahrzeug in diesen Jahren dem Arbeitnehmer jeweils nur 10 Monte für eine Privatnutzung zur Verfügung.

Der mit monatlich 75 € zu berechnende Sachbezugswert betrug daher 2012 900 € und in den Jahren 2013 und 2014 jeweils 750 €. Die darauf entfallende Lohnsteuer beträgt unter Heranziehung des im Streitzeitraum geltenden Einkommensteuertarifes für Jahreseinkommen von 11.000 € bis 25.000 € 36,5%. Die einzubehaltende Lohnsteuer ist daher folgendermaßen zu berechnen:


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Jahr
Sachbezugswert
Lohnsteuer
2012
900 Euro
328,50 Euro
2013
750 Euro
273,75 Euro
2014
750 Euro
273,75 Euro

Die Berechnung der Bemessungsgrundlagen für den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag hat folgendermaßen zu erfolgen (Beträge in Euro):


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Jahr
2012
2013
2014
Bemessungsgrundlage lt. Erklärung
179.654,86
133.381,59
153.905,03
Sachbezugswert
900,00
750,00
750,00
Bemessungsgrundlage
180.554,86
134.131,59
154.655,03

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da über die im gegenständlichen Fall zu beurteilende Rechtsfrage, ob und in welcher Höhe ein Sachbezugswert für die Privatnutzung des arbeitgebereigenen Fahrzeuges durch den Arbeitnehmer in Ansatz zu bringen ist, im Sinne der oben wiedergegebenen ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entschieden wurde, war die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision auszusprechen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Sachbezugswerteverordnung, BGBl. II Nr. 416/2001
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7102142.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at