Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.11.2019, RV/7104345/2014

Nachträgliche Betriebsausgaben eines ehemaligen Gesellschafter-Geschäftsführers

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Dr. Adebiola Bayer in der Beschwerdesache Bf., Adresse, vertreten durch Mag. Dietmar Pfeiler, Tilakstraße 5, 1210 Wien, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Hollabrunn Korneuburg Tulln vom betreffend Einkommensteuer 2010 und Einkommensteuer 2011 zu Recht:

1. Der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2010 wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

2. Der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2011 wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

3. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (im Folgenden "Bf."), ein ehemaliger Gesellschafter-Geschäftsführer der im Bereich der Finanzdienstleistungen tätigen A GmbH, machte in seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2010 sonstige Werbungskosten iHv EUR 53.778,88,-- sowie als Sonderausgaben EUR 1.896,89,-- für eine Personenversicherung und EUR 100,00,-- für Kirchenbeiträge geltend. Für das Jahr 2011 machte er sonstige Werbungskosten iHv EUR 12.134,00,-- sowie als Sonderausgaben EUR 862,56,-- für eine Personenversicherung und EUR 100,00,-- für Kirchenbeiträge geltend.

In Folge erließ die belangte Behörde am einen Vorhalt und ersuchte den Bf., die geltend gemachten Aufwendungen für Werbungskosten und Sonderausgaben belegmäßig nachzuweisen.

Der Bf. übermittelte für das Jahr 2010 die folgende Aufstellung:


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Werbungskosten
 
Nachträgliche Betriebsausgaben
 
Forderungsverlust aus Forderung gegenüber A GmbH
50.000,00,--
Beiträge zur gewerblichen Sozialversicherung
1.000,00,--
Diverse Beratungskosten
2.778,88,--
Summe
53.778,88,--
Sonderausgaben
 
Versicherungsbeiträge
1.896,89,--
Rückzahlung Darlehen Wohnraumschaffung
9.050,47,--
Summe
10.947,36,--

Als Nachweise für den Forderungsverlust gegenüber der A GmbH übermittelte der Bf. Auszüge aus dem Verrechnungskonto, wonach der Bf. am der A GmbH das Darlehen gewährt habe, sowie aus der Insolvenzdatei, aus welcher die Eröffnung des Konkurses über die A GmbH am XX. Jänner 2010 hervorgeht. Darüber hinaus übermittelte er mehrere Honorarnoten, eine Bestätigung der SVA über geleistete Versicherungsbeiträge iHv EUR 633,60,-- betreffend die Erhöhung zur Krankenversicherung gemäß § 85a GSVG (Option) zur Geltendmachung von Sonderausgaben und Bestätigungen seiner Hausbank über die erfolgten Darlehenszahlungen.

Für das Jahr 2011 übermittelte der Bf. die folgende Aufstellung:


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Werbungskosten
 
Nachträgliche Betriebsausgaben
 
Beiträge zur gewerblichen Sozialversicherung
2.500,00,--
Diverse Beratungskosten
4.634,00,--
Summe
7.134,00,--
Sonstige
5.000,00,--
Summe Werbungskosten
12.134,00,--
Sonderausgaben
 
Versicherungsbeiträge
862,56,--
Rückzahlung Darlehen Wohnraumschaffung
9.057,59,--
Summe
9.920,15,--

Als Nachweise übermittelte der Bf. Rechnungen über Beratungsleistungen, eine Bestätigung der SVA über im Jahr 2011 geleistete Versicherungsbeiträge iHv EUR 862,56,-- betreffend die Erhöhung zur Krankenversicherung gemäß § 85a GSVG (Option) zur Geltendmachung von Sonderausgaben und Bestätigungen seiner Hausbank über die erfolgten Darlehenszahlungen.

Da die Vorhaltsbeantwortung des Bf. verspätet erfolgte, konnte sie bei den angefochtenen Bescheiden nicht mehr berücksichtigt werden.

Mit der Beschwerdevorentscheidung vom für das Jahr 2010 berücksichtigte die belangten Behörde zwar EUR 730,00,-- als sog. "Topf-Sonderausgaben", nicht jedoch den Forderungsverlust iHv EUR 50.000,00,--, die Beratungskosten iHv EUR 2.778,88,--, die Beiträge zur gewerblichen Sozialversicherung iHv EUR 1.000,00,-- sowie die Kirchenbeiträge iHv EUR 100,00,--. In ihrer Begründung führte sie aus, dass es der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns widerspreche, einer insolventen Firma ein Darlehen zu gewähren, weshalb der Forderungsausfall iHv EUR 50.000,00,-- nicht als nachträgliche Betriebsausgabe berücksichtigt werden könne. Die Beratungskosten iHv EUR 2.778,88,-- seien nicht beim Bf. als Betriebsausgabe zu berücksichtigen, sondern stellten Ausgaben der GmbH dar. Auch die Beiträge zur gewerblichen Sozialversicherung iHv EUR 1.000,00,-- sowie die Kirchensteuer iHv EUR 100,00,-- blieben weiterhin außer Ansatz, da diese Ausgaben nicht nachgewiesen seien.

Mit der Beschwerdevorentscheidung vom selben Tag für das Jahr 2011 wurden ebenfalls ausschließlich EUR 730,00,-- als sog. "Topf-Sonderausgaben" berücksichtigt. In der Begründung wurde auf diejenige zur Beschwerdevorentscheidung für das Jahr 2010 verwiesen.

In Folge stellte der Bf. Vorlageanträge. Betreffend die Einkommensteuer für das Jahr 2010 führte er zum Forderungsausfall aus, dass das Darlehen, d.h. die effektive Auszahlung der Darlehensvaluta, bereits Mitte Oktober erfolgt und fälschlicherweise auf einem falschen Konto erfolgt sei. Zu diesem Zeitpunkt sei intensiv an Weiterführungsszenarien der A GmbH gearbeitet worden. Die Darlehensgewährung sei erfolgt, um die Aufrechterhaltung der Liquidität bis zum Eintritt einer dieser Weiterführungs- und Neupositionierungsszenarien zu gewährleisten, was zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung sehr wahrscheinlich gewesen sei. Es habe vielversprechende Projekte gegeben und seit Mitte August seien Gespräche mit potenziellen Investoren geführt worden. Zusätzlich sei an einer Vielzahl an Projekten gearbeitet worden. Zu sämtlichen Projekten stehe eine Vielzahl von Dokumentationen und Materialien bereit. Aus diesen Projekten sei die klare Absicht und hohe Wahrscheinlichkeit der Weiterführung der A GmbH erfolgt, d.h. es sei zu diesem Zeitpunkt in keinster Weise davon auszugehen gewesen, dass es zu einem Ausfall des gewährten Darlehens kommen werde. Die Beratungskosten hätten sich ausschließlich auf Beratungen des Bf. zur Abwehr von diversen persönlichen Haftungen aus seiner Geschäftsführertätigkeit bezogen, welche daher auch als nachträgliche Betriebsausgaben anzuerkennen seien. Betreffend die Einkommensteuer für das Jahr 2011 machte der Bf. ebenfalls geltend, die Beratungskosten bezögen sich ausschließlich auf Beratungen des Bf. zur Abwehr von diversen persönlichen Haftungen aus seiner Geschäftsführertätigkeit. Betreffend Kirchensteuer 2011 räumte der Bf. ein, keine entsprechende Einzahlungsbestätigung finden zu können und daher die Nichtabsetzbarkeit der Kirchensteuer für dieses Jahr zu akzeptieren.

Dem Vorlageantrag für das Jahr 2010 legte der Bf. den Jahresabschuss zum mitsamt Anhang bei. Diesem sei zu entnehmen, dass manche Banken in Folge der Finanzkrise die Kooperationsverträge mit der A GmbH gekündigt hätten und ein Großteil des Marktes für Devisenmanagement weggefallen sei. Daher habe die Geschäftsführung eine sehr weitgehende Neuorientierung der Geschäftstätigkeit vornehmen und die Kosten straffen müssen. Nach Überzeugung der Geschäftsführung hätten die neuen in Aussicht genommenen Projekte spätestens bis Ende August zu einem ausreichenden Cash-Flow geführt. Des Weiteren legte der Bf. einen Business Plan der A GmbH, eine Zahlungsbestätigung der SVA für das Jahr 2010 über Zahlungen iHv EUR 1.550,44,-- sowie einen Kontoauszug über die Zahlung der Kirchensteuer iHv EUR 1.102,00,-- am bei. Dem Vorlageantrag für das Jahr 2011 legte der Bf. eine Zahlungsbestätigung der SVA vom für das Jahr 2011 über Zahlungen iHv EUR 69,26,-- bei.

In einem weiteren Vorhalt der belangten Behörde forderte diese den Bf. auf, den Darlehensvertrag zwischen ihm und der A GmbH sowie einen belegmäßigen Nachweis über den Zeitpunkt der Auszahlung des Darlehensvertrags vorzulegen. Darüber hinaus ersuchte sie um eine Stellungnahme des Bf., da dieser am bekanntgegeben habe, seine berufliche Tätigkeit im Rahmen der A GmbH eingestellt zu haben, in seinem späteren Vorbringen im Vorlageantrag jedoch ausgeführt habe, im Oktober 2010 intensiv an Weiterführungsszenarien der A GmbH gearbeitet zu haben.

In seiner Antwort führte der Bf. aus, dass nur eine mündliche Darlehensvereinbarung abgeschlossen worden sei. Auf Grund einer dringend erforderlichen Notoperation an den Augen Anfang Dezember 2009 und den hektischen Rettungsmaßnahmen bei der A GmbH sei diese Vereinbarung nicht mehr - wie in der Vergangenheit üblich - in Schriftform umgesetzt worden. Der Zahlungsnachweis befinde sich beim Masseverwalter und werde bis spätestens zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus klärte der Bf. darüber auf, dass im Zeitraum des 3. und 4. Quartals 2009 intensiv an Weiterführungsszenarien der A GmbH gearbeitet worden sei. Auf Grund des Nichteintretens der dargestellten Projekte habe die Konzession allerdings Ende 2009/Anfang 2010 zurückgelegt werden müssen, was anschließend das Insolvenzverfahren zur Folge gehabt habe.

Die belangte Behörde legte den Beschwerdeakt dem Bundesfinanzgericht vor. In ihrer Stellungnahme nahm sie in Bezug auf das Darlehen, das der Bf. der A GmbH gewährt habe, auf die Angehörigenjudikatur Bezug und hob insbesondere die Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2000/13/0179 und 2000/13/0180, hervor, wonach das Fehlen jeglicher (eindeutiger und klarer) Vereinbarungen über Sicherheiten jedenfalls als fremdunüblich zu bezeichnen sei. Im vorliegenden Fall gehe sie davon aus, dass die Geldzuwendung an die A GmbH aus der Stellung des Bf. als Gesellschafter heraus geschehen sei. Daher könne bereits aus diesem Grund das nicht einbringliche Darlehen nicht bei den Einkünften aus der Geschäftsführertätigkeit anerkannt werden.

Im Zuge des Verfahrens vor dem Bundesfinanzgericht wurde der Bf. aufgefordert, diesem sämtliche verfügbare Unterlagen (zB Nachweis über den Zeitpunkt der Auszahlung) und weitere Informationen im Zusammenhang mit dem Abschluss des Darlehensvertrags zukommen zu lassen. Darüber hinaus wurde er aufgefordert, dem Bundesfinanzgericht sämtliche Unterlagen zukommen zu lassen, die im Zusammenhang mit der Geltendmachung diverser Haftungen gegenüber dem Bf. aus seiner ehemaligen Geschäftsführertätigkeit stünden, und zu beantworten, wer dem Bf. gegenüber persönliche Haftungen geltend gemacht habe, um welche Verfahren es sich hierbei genau gehandelt habe (Zivilprozesse, Strafprozesse oder Verwaltungsverfahren), was das Ergebnis der Verfahren (zB Freispruch, Schuldspruch) gewesen sei, ob auch in Bezug auf die Honorarnoten der öffentlichen Notare Dr. B C und Mag. D E vom (Honorare "für die Abhaltung der außerordentlichen Generalversammlung der [A] GmbH am , Ausfertigung der Urkunde GZ. 4465, Herstellung von Firmenbuchauszügen, einschließlich sämtlicher Nebenarbeiten") sowie von Dr. F G geltend gemacht werde, dass diese im Zusammenhang mit Beratungen zur Abwehr von diversen persönlichen Haftungen aus der ehemaligen Geschäftsführertätigkeit des Bf. stünden, und wofür bzw. für wen die als nachträgliche Betriebsausgaben geltend gemachten Zahlungen an die SVA iHv EUR 1.550,44,-- im Jahr 2010 und iHv EUR 69,26,-- im Jahr 2011 erfolgt seien.

Bezüglich des Darlehens legte der Bf. in seinem Schriftsatz vom dar, dass er privat eine Haftung gegenüber dem Darlehensgeber iHv EUR 25.000,00,-- übernommen habe, da es nicht möglich gewesen sei, einen Darlehensgeber zu finden, welcher sofort eine Zahlung auf das Geschäftskonto habe machen können. Die ursprüngliche Einzahlung der EUR 50.000,00,-- im Oktober 2009 sei nicht richtig in der Buchhaltung erfasst worden, womit es am Jahresende zu einer Umbuchung auf das Verrechnungskonto des Bf. gekommen sei. Nach der Eröffnung des Konkurses habe der Bf. aus seiner persönlichen Haftung dem Darlehensgeber Dr. H am im Vergleichswege EUR 25.000,00,-- überwiesen, andernfalls wäre es zu einer Klage gekommen. Somit würden nunmehr EUR 25.000,00,-- (statt bisher EUR 50.000,00,--) als nachträgliche Betriebsausgaben für das Jahr 2010 im Zusammenhang mit dem an die A GmbH gewährten Darlehen geltend gemacht werden. Als Nachweis legte der Bf. dem Schriftsatz einen Kontoauszug bei, aus dem dessen Überweisung iHv EUR 25.000,00,-- an Dr. H am ersichtlich ist. Darüber hinaus machte der Bf. in seinem Schriftsatz vom geltend, dass er die Beitragszahlungen an die SVA für das Jahr 2010 iHv EUR 1.550,00,-- als Geschäftsführer habe leisten müssen.

Für das Jahr 2011 machte der Bf. in seinem Schriftsatz vom nunmehr die folgenden Kosten im Zusammenhang mit persönlichen Haftungen als Geschäftsführer der A GmbH geltend:


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Behörde
Persönliche Haftung
Ergebnis
Geltend gemachte Beträge
Magistrat der Stadt Wien, MA 6 (Rechnungs- und Abgabenwesen)
Als Geschäftsführer der A GmbH durch Haftungsbescheid
Verwaltungsverfahren, Schuldspruch von EUR 11.111,50,--, davon Zahlung der Hälfte durch Bf.
EUR 5.555,75,--
FMA, Abt. Verfahren und Recht
Als Geschäftsführer der A GmbH durch Haftungsbescheid
Verwaltungsverfahren, Schuldspruch von EUR 5.200,00,--
EUR 5.200,00,-- plus Rechtsanwaltskosten iHv EUR 1.800,00,--
Öffentlicher Notar Dr. B C
Als Geschäftsführer der A GmbH
Zivilprozess, BG für Handelssachen, Beendigung durch Vergleich
EUR 546,00,-- plus Rechtsanwaltskosten iHv EUR 1.560,00,--

In Bezug auf die Honorare von Dr. F G führte der Bf. aus, dass dieser auf Grund des Konkurses der A GmbH noch offene Honorarforderungen gegenüber den Geschäftsführern geltend gemacht habe. Leider könnten keine Unterlagen mehr aufgefunden werden, welche die Zahlung durch den Bf. nachwiesen.

Als Nachweise legte der Bf. dem Schriftsatz vom einen Haftungsbescheid des Magistrats der Stadt Wien vom betreffend Kommunalsteuer der A GmbH für die Zeiträume Jänner 2006 bis Dezember 2007 und Jänner 2009 bis November 2009, ein Informationsschreiben des Rechtsanwalts vom über die Verringerung des Haftungsbetrags für die Kommunalsteuer und der Nennung des geforderten Honorars iHv EUR 1.560,00,--, einen Kontoauszug über die Überweisung dieses Betrags durch den Bf. an den Rechtsanwalt am mit dem Betreff "Kommunalsteuer", eine Honorarnote der Rechtsanwälte vom  iHv EUR 1.800,00,-- im Zusammenhang mit einem "Strafverfahren Vor-Ort-Prüfung", einen Kontoauszug über die Überweisung dieses Betrags durch den Bf. am , eine Kopie der Berufung vom gegen das Straferkenntnis der FMA vom sowie ein Informationsschreiben des Rechtsanwalts vom über das Ergebnis des erzielten Vergleichs mit dem Notar Dr. C vor.

Die belangte Behörde, welcher der Schriftsatz des Bf. vom übermittelt wurde, hielt in ihrer Stellungnahme zur privaten Haftung iHv EUR 25.000,00,-- fest, dass als Nachweis lediglich ein Bankkontoauszug des Gemeinschaftskontos des Bf. und seiner Gattin vorgelegt worden sei. Davon abgesehen gelte, dass die Übernahme von Schulden der GmbH durch den Gesellschafter-Geschäftsführer ebenso wenig wie das Eingehen einer Verpflichtung (zB Bürgschaft) zu Gunsten der GmbH mit anschließender persönlicher Haftung durch den Gesellschafter-Geschäftsführer zu Werbungskosten bei diesem führe, denn zu den beruflichen Obliegenheiten eines solchen gehöre nicht die Verpflichtung, Haftungen bzw. Zahlungsverpflichtungen für die Gesellschaft zu übernehmen. Die Zahlung des Bf. iHv EUR 5.555,75,-- an den Magistrat der Stadt Wien sei hingegen als Betriebsausgaben (Werbungskosten) zu berücksichtigen, wenn die Zahlung nachweislich erfolgt sei. Ein solcher Zahlungsnachweis sei aus den Unterlagen des Bf. nicht ersichtlich. Das gleiche gelte für die Zahlungen an die SVA iHv EUR 1.550,44,--, die als Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einem Abzug als nachträgliche Betriebsausgaben (Werbungskosten) zugänglich seien. Kosten eines gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens, das in engem Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit stehe, seien nicht abzugsfähig, wenn es zu einem Schuldspruch komme. Daher könnten die Zahlung iHv EUR 5.200,00,--, welche im Übrigen nicht nachgewiesen worden sei, sowie die die Rechtsanwaltskosten nicht als nachträgliche Betriebsausgaben (Werbungskosten) berücksichtigt werden. Bezüglich der Kosten für den Vergleich samt Rechtsanwaltshonorar sei für die Abgabenbehörde der Zusammenhang mit der Geschäftsführertätigkeit der A GmbH nicht ersichtlich. Was die Honorarforderungen von Dr. F G betreffe, machten die Unterlassung der Anmeldung im Insolvenzverfahren eine direkte Inanspruchnahme des Geschäftsführers nicht möglich.

In Folge forderte das Bundesfinanzgericht den Magistrat der Stadt Wien auf, diesem mitzuteilen, ob der Bf. im Jahr 2011 einen Betrag iHv EUR 5.555,75,-- gezahlt habe, welcher im Zusammenhang mit der Haftung des Bf. für die Kommunalsteuer der A GmbH stehe. Dieser teilte dem Bundesfinanzgericht mit Schriftsatz vom mit, dass der Bf. von dem angeführten Betrag lediglich EUR 160,00,-- im Jahr 2011 geleistet habe. In Folge wurde der Bf. aufgefordert, dazu Stellung zu nehmen. Der Bf. bat in seinem Schriftsatz darum, im Hinblick auf die bereits rechtskräftige Veranlagung der Folgejahre den gesamten Betrag iHv EUR 5.555,75,-- als Betriebsausgabe anzuerkennen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Festgestellter Sachverhalt

Der Bf. war Geschäftsführer und Gesellschafter der A GmbH. Die Konzession, die dieser Gesellschaft von der Finanzmarktaufsicht ausgestellt wurde, erlosch mit Wirkung vom . Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom XX. Jänner 2010 wurde der Konkurs über diese Gesellschaft eröffnet und diese infolge Eröffnung des Konkursverfahrens im selben Monat aufgelöst.

Der Bf. überwies am einen Betrag iHv EUR 25.000,00,-- an Dr. H, leistete im Jahr 2010 Beitragszahlungen an die SVA iHv EUR 1.550,44,--, einen Beitrag zur Erhöhung der Krankenversicherung gemäß § 85a GSVG iHv EUR 633,60,-- und trug Kosten im Zusammenhang mit der Rückzahlung eines Darlehens zur Wohnraumschaffung iHv EUR 9.050,47,--. Darüber hinaus zahlte er einen Betrag iHv EUR 1.102,00,-- an Kirchensteuer.

Im Jahr 2011 wurde der Bf. zur Haftung für die Kommunalsteuer der A GmbH für die Zeiträume Jänner 2006 bis Dezember 2007 und Jänner 2009 bis November 2009 iHv EUR 5.555,75,-- herangezogen. Davon leistete der Bf. im Jahr 2011 einen Betrag iHv EUR 160,00,--. Im Zusammenhang mit dem entsprechenden Abgabenverfahren trug der Bf. Rechtsanwaltskosten iHv EUR 1.560,00,--. Darüber hinaus trug er Rechtsanwaltskosten iHv EUR 1.800,00,-- im Zusammenhang mit einem Verwaltungsstrafverfahren der FMA, das in einen Schuldspruch mündete. Gegenstand dieses Verfahrens war ein Verstoß des Bf. sowie des zweiten ehemaligen Geschäftsführers der A GmbH gegen § 44 Abs. 1 WAG aF als ehemalige Verantwortliche der A GmbH. Darüber hinaus erzielte er im Zusammenhang mit einem Zivilverfahren einen Vergleich mit dem Notar Dr. C, wonach der Bf. EUR 546,00,-- zu leisten hatte. Im Jahr 2011 leistete der Bf. Beitragszahlungen an die SVA iHv EUR 69,26,--, einen Beitrag zur Erhöhung der Krankenversicherung gemäß § 85a GSVG iHv EUR 862,56,-- und trug Kosten im Zusammenhang mit der Rückzahlung eines Darlehens zur Wohnraumschaffung iHv EUR 9.057,59,--.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem historischen Firmenbuchauszug der A GmbH, dem vom Bf. übermittelten Auszug aus der Insolvenzdatei sowie aus den aktenkundigen Rechnungen und Zahlungsnachweisen.

Nachdem sich der Bf. in seinem Schriftsatz vom nicht mehr darauf bezog, der A GmbH selbst ein Darlehen iHv EUR 50.000,00,-- gewährt zu haben, konnte dies auch seitens des Bundesfinanzgerichts nicht festgestellt werden. In diesem Schriftsatz wurde nunmehr darauf Bezug genommen, dass ein - nicht näher bezeichneter - Dr. H der Gesellschaft dieses Darlehen gewährt und der Bf. privat dafür gehaftet habe. Es konnten diesbezüglich keinerlei schriftlichen Unterlagen vorgelegt werden. Als Beleg wurde lediglich ein Kontoauszug vorgelegt, aus dem eine Überweisung des Bf. an Dr. H iHv EUR 25.000,00,-- per hervorgeht. Daher konnte seitens des Bundesfinanzgericht lediglich diese Überweisung festgestellt werden. Dass der Bf. an die SVA im Jahr 2010 Beitragszahlungen iHv EUR 1.550,44,-- und in diesem Jahr zudem einen Beitrag zur Erhöhung der Krankenversicherung gemäß § 85a GSVG iHv EUR 633,60,-- leistete, geht aus den von ihm vorgelegten Zahlungsbestätigungen der SVA hervor. Die Rückzahlung des Darlehens zur Wohnraumschaffung geht aus Bestätigungen seiner Hausbank hervor. Dass der Bf. im Jahr 2010 eine Kirchensteuer iHv EUR 1.102,00,--leistete, geht aus dem von ihm übermittelten Kontoauszug vom hervor.

Dass der Bf. im Jahr 2011 zur Haftung für die Kommunalsteuer der A GmbH für die Zeiträume Jänner 2006 bis Dezember 2007 und Jänner 2009 bis November 2009 herangezogen wurde und davon im selben Jahr einen Betrag iHv EUR 160,00,-- zahlte, geht sowohl aus dem Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom als auch aus dem Schriftsatz des Magistrats vom  hervor. Dass der Bf. im Zusammenhang mit diesem Abgabenverfahren Rechtsanwaltskosten iHv EUR 1.560,00,-- trug, geht sowohl aus dem Informationsschreiben des Rechtsanwalts vom über die Verringerung des Haftungsbetrags für die Kommunalsteuer unter Nennung des geforderten Honorars iHv EUR 1.560,00,-- als auch aus dem Kontoauszug über die Überweisung dieses Betrags am durch den Bf. an den Rechtsanwalt mit dem Betreff "Kommunalsteuer" hervor. Auf Grund dieser Unterlagen kommt das Bundesfinanzgericht entgegen dem Vorbringen des Bf. zu dem Schluss, dass die Rechtsanwaltskosten iHv EUR 1.560,00,-- nicht im Zusammenhang mit dem vom Bf. genannten Zivilprozess, sondern mit dem Abgabenverfahren betreffend Kommunalsteuer standen.

Dass der Bf. Rechtsanwaltskosten iHv EUR 1.800,00,-- im Zusammenhang mit einem Verwaltungsstrafverfahren der FMA trug, geht aus einer Honorarnote der Rechtsanwälte vom  iHv EUR 1.800,00,-- im Zusammenhang mit einem "Strafverfahren Vor-Ort-Prüfung" und einem Kontoauszug über die Überweisung dieses Betrags durch den Bf. am hervor. Dass der Bf. im Zusammenhang mit diesem Verfahren tatsächlich - wie von ihm behauptet - eine Strafe iHv EUR 5.200,00,-- leistete, konnte er hingegen nicht belegen, da er dem Bundesfinanzgericht weder das Straferkenntnis der FMA noch einen Zahlungsbeleg vorlegte. Die Kopie der Berufung gegen das Straferkenntnis, aus der der Strafbetrag nicht hervorgeht, reicht nicht als Nachweis aus.

Dass der Bf. im Zusammenhang mit einem Zivilverfahren einen Vergleich mit dem Notar Dr. C, wonach der Bf. EUR 546,00,-- zu leisten hatte, erzielte, geht aus dem entsprechenden Informationsschreiben des Rechtsanwalts vom hervor. Dieses Schreiben alleine gibt jedoch keinen Aufschluss darüber, ob dieses Zivilverfahren im Zusammenhang mit der Funktion des Bf. als Geschäftsführer der A GmbH stand, weshalb nicht als erwiesen angenommen werden kann, dass er im Zusammenhang mit diesem Verfahren zu einer Haftung als Geschäftsführer dieser Gesellschaft herangezogen wurde.

Was die offenen Honorarforderungen von Dr. F G betrifft, wies der Bf. selbst darauf hin, dass diesbezüglich keine Unterlagen mehr gefunden werden könnten, welche die Zahlung durch den Bf. nachwiesen. Daher wird seitens des Bundesfinanzgerichts nicht als erwiesen angenommen, dass diese Zahlung tatsächlich erfolgt ist.

Dass der Bf. im Jahr 2011 an die SVA Beitragszahlungen iHv EUR 69,26,-- und zudem einen Beitrag zur Erhöhung der Krankenversicherung gemäß § 85a GSVG iHv EUR 862,56,-- leistete, geht aus den von ihm vorgelegten Bestätigungen der SVA hervor. Die Rückzahlung des Darlehens zur Wohnraumschaffung geht aus Bestätigungen seiner Hausbank hervor.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt 1: Einkommensteuer 2010

Der Bf. machte zuletzt eine Zahlung iHv EUR 25.000,00,-- an Dr. H als nachträgliche Betriebsausgaben geltend, die auf Grund einer persönlichen Haftung im Zusammenhang mit einem an die A GmbH gewährten Darlehen geleistet worden sein soll. Da, wie bereits oben ausgeführt, lediglich die Überweisung dieses Betrags an Dr. H festgestellt werden konnte, nicht jedoch, dass es sich dabei um eine betrieblich veranlasste Zahlung handelte, kann der geltend gemachte Betrag nicht als nachträgliche Betriebsausgabe gemäß § 4 Abs. 4 EStG 1988 anerkannt werden. F gilt hingegen für die an die SVA geleisteten Sozialversicherungsbeiträge iHv EUR 1.550,00,--, welche als Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 anzuerkennen sind.

Die als Sonderausgaben für das Jahr 2010 geltend gemachten Darlehensrückzahlungen zur Wohnraumschaffung iHv EUR 9.050,47,-- sowie der Beitrag zur Erhöhung der Krankenversicherung gemäß § 85a GSVG iHv EUR 633,60,-- wurden bereits von der belangten Behörde im Zuge der von ihr erlassenen Beschwerdevorentscheidung für das Jahr 2010 berücksichtigt. Diesbezüglich folgt das Bundesfinanzgericht der belangten Behörde. Bislang nicht berücksichtigt hingegen wurde von der belangten Behörde die vom Bf. im Jahr 2010 geleistete Kirchensteuer iHv EUR 1.102,00,--, weshalb diese in Folge des vom Bf. erbrachten Nachweises als Sonderausgabe nach § 18 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 idF vor BGBl I 76/2011 und somit bis zu einem Höchstbetrag von EUR 200,00,-- anerkannt wird.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt 2: Einkommensteuer 2011

Der Bf. machte für das Jahr 2011 einen Betrag iHv EUR 5.555,75,-- als Betriebsausgabe geltend, den er leistete, da er zur Haftung für die Kommunalsteuer der A GmbH für die Zeiträume Jänner 2006 bis Dezember 2007 und Jänner 2009 bis November 2009 herangezogen wurde. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa ) stellen Zahlungen eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH auf Grund einer Inanspruchnahme als Haftender für Abgabenschulden und Sozialversicherungsbeiträge Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten dar, sofern nicht eine private (außersteuerliche) Verhaltenskomponente das Band zur beruflichen Veranlassung durchschneidet. Anhaltspunkte für eine derartige private Verhaltenskomponente sind für das Bundesfinanzgericht nicht erkennbar. Da der Bf. vom im Haftungsbescheid angeführten Betrag im Jahr 2011 lediglich EUR 160,00,-- leistete, wird dieser Betrag als Betriebsausgabe anerkannt. Ebenso sind die Rechtsanwaltskosten iHv EUR 1.560,00,--, die im Zusammenhang mit dem entsprechenden Abgabenverfahren stehen, als Betriebsausgaben anzuerkennen, da betriebliche Interessen betroffen waren (vgl. etwa Hirschler/Luka in Hofstätter/Reichel, EStG Kommentar, 65. Lfg., § 4 Abs. 4 Rz 37.192).

Anders verhält es sich mit den Rechtsanwaltskosten iHv EUR 1.800,00,--, die im Zusammenhang mit einem Verwaltungsstrafverfahren der FMA stehen, das in einen Schuldspruch mündete. Da Strafen und Geldbußen - wie diejenige der FMA - die von Gerichten, Verwaltungsbehörden oder den Organen der Europäischen Union verhängt werden, gemäß § 20 Abs. 1 Z 5 lit. b EStG 1988 nicht abzugsfähig sind, sind auch die damit im Zusammenhang stehenden Prozesskosten von der Abzugsfähigkeit ausgeschlossen (Jakom/Lenneis EStG, 2019, § 4 Rz 330).

In Bezug auf das Zivilverfahren, das mit einem Vergleich mit dem Notar Dr. C abgeschlossen wurde, konnte der Bf. keine Nachweise vorlegen, aus denen die betriebliche Veranlassung hervorginge. Daher können die in diesem Zusammenhang geltend gemachten Kosten nicht als Betriebsausgaben anerkannt werden.

Bislang wurden von der belangten Behörde die vom Bf. im Jahr 2011 geleisteten Beitragszahlungen an die SVA iHv EUR 69,26,-- nicht berücksichtigt, weshalb diese als Betriebsausgabe nach § 4 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 anerkannt werden.

Die als Sonderausgaben für das Jahr 2011 geltend gemachten Darlehensrückzahlungen zur Wohnraumschaffung iHv EUR 9.057,59,-- sowie der Beitrag zur Erhöhung der Krankenversicherung gemäß § 85a GSVG iHv EUR 862,56,-- wurden bereits von der belangten Behörde im Zuge der von ihr erlassenen Beschwerdevorentscheidung für das Jahr 2011 berücksichtigt. Diesbezüglich folgt das Bundesfinanzgericht der belangten Behörde.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

3.3. Zu Spruchpunkt 3: Unzulässigkeit einer Revision

Gemäß § 25a Abs. 2 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichts ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wurde. Da der Wortlaut der maßgeblichen Bestimmungen eindeutig ist oder eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt, war die Revision nicht zuzulassen.

Wien, am

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