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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.10.2019, RV/3100584/2019

strittig ist, ob ein Familienwohnsitz in Spanien gegeben ist

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter_A in der Beschwerdesache Beschwerdeführerin, vertreten durch Steuerberater, über die Beschwerden vom bzw. gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt_A vom 27./ bzw. betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für die Jahre 2016 und 2017 zu Recht erkannt: 

a) Die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2016 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind der Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2016 (mit Ausfertigungsdatum ) zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

b) Die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2017 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

c) Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

1.) Verfahrensgang:
1.a) Mit der am beim Finanzamt_A eingereichten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2016 beantragte die Beschwerdeführerin ua. Kosten für Dienstreisen (Betrag_1 €), Familienheimfahrten (3.672,00 €) und für Doppelte Haushaltsführung (Betrag_3 €) als Werbungskosten. Über Vorhalt der Abgabenbehörde vom führte die Abgabepflichtige in ihrem Schreiben vom unter Beilage ua. einer Aufstellung der Reisekosten und der Doppelten Haushaltsführung ergänzend aus, ihre Anschrift in Staat_A sei aus dem Personalausweis zu entnehmen. Die "Dauerhafte" doppelte Haushaltsführung ergebe sich aus dem vom Familienwohnsitz über 80 km entfernten Beschäftigungsort (Fahrtzeit über einer Stunde) sowie aus der Annahme im Vorhinein, dass die auswärtige Tätigkeit mit vier bis fünf Jahre befristet sei. Die Mietkosten für das Zimmer in Ort_A würden Betrag_3 € sowie die monatlichen Heimfahrten von Ort_A nach Ort_B Betrag_4 € (Kilometergeld Zahl_1 km x 2 x 12 Monate, davon würde das höchste Pendlerpauschale im Betrag von 3.672,00 € geltend gemacht werden) betragen. Daneben legte die Beschwerdeführerin Reisespesenchecklisten für drei Flugreisen nach Ort_B/Staat_A (Zeiträume vom 13. bis , vom 14. bis sowie vom bis ) sowie Überweisungsbelege für Zahlungen nach Staat_A vor.

Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2016 (mit Ausfertigungsdatum ) gewährte das Finanzamt_A keine Werbungskosten, da trotz Aufforderung keine Unterlagen vorgelegt worden wären. Nach Urgenz durch die Abgabepflichtige erlies das Finanzamt_A mit Einkommensteuerbescheid 2016 (mit Ausfertigungsdatum ) eine Berichtigung gemäß § 293 BAO zum Einkommensteuerbescheid 2016 vom , erkannte hierin die geltend gemachten Aufwendungen für Dienstreisen und Familienheimfahrten als Werbungskosten an, versagte jedoch den begehrten Aufwendungen für Doppelte Haushaltsführung die steuerliche Anerkennung, da "nicht alle Unterlagen (Mietvertrag, beigelegte Zahlungsbelege sind nicht zuordenbar)" nachgereicht worden wären.

Die hiergegen fristgerecht eingereichte Beschwerde vom begründete die Beschwerdeführerin ua. damit, sie habe mit Eingabe vom das Ergänzungsersuchen des Finanzamtes inklusive Kontoauszug der Unternehmen_1 über die geleisteten Zahlungen für die Zimmerbenützung im Jahr 2016 beantwortet. Um die laut Bescheid nicht zuordenbaren Zahlungsbelege noch weiter zu konkretisieren, würden dieser Beschwerde die einzelnen monatlichen Kontoabbuchungen an die Unternehmen_1, nochmals der Auszug der Zahlungseingänge der Unternehmen_1 sowie zusätzlich die Bestätigung der Unternehmen_1 über ihren Aufenthalt beiliegen.

Über Vorhalt des Finanzamtes_A vom reichte die Beschwerdeführerin zwei Dienstverträge nach und gab im Antwortschreiben vom an, der im Eigentum der Eltern befindliche Familienwohnsitz werde von der Beschwerdeführerin sowie ihren Eltern bewohnt. Das Finanzamt_A wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ab und änderte den bekämpften Bescheid dahingehend, dass nunmehr die Aufwendungen für die Familienheimfahrten nicht mehr als Werbungskosten steuerliche Anerkennung fanden. Begründend führte die Abgabenbehörde aus, "die Grundvoraussetzung für die Absetzbarkeit von Aufwendungen im Zusammenhang mit einer doppelten Haushaltsführung sowie Familienheimfahrten sind das grundsätzliche Zusammentreffen von Aufwendungen für einen Familienwohnsitz und einem Wohnsitz am Beschäftigungsort. Als Familienwohnsitz gilt dabei jener Ort, an dem ein alleinstehender Steuerpflichtiger seine engsten persönlichen Beziehungen und einen eigenen Hausstand hat. Ein eigener Hausstand liegt dann vor, wenn eine Wohnung besessen wird, deren Ausstattung den Lebensbedürfnissen des Steuerpflichtigen entspricht. Kein eigener Hausstand liegt vor, wenn Räumlichkeiten innerhalb eines Wohnungsverbandes mitbewohnt werden. Da sich die Wohnung in Staat_A im Besitz ihrer Eltern befindet, kann von keinem eigenen Hausstand ausgegangen werden. Somit liegt keine doppelte Haushaltsführung im steuerlichen Sinn vor. Die geltend gemachten Aufwendungen bezüglich der Unterbringungskosten in Österreich und die Kosten für die Familienheimfahrten waren daher steuerlich nicht zu berücksichtigen."

Die Beschwerdeführerin stellte mit Schreiben vom fristgerecht den Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und führte hierin ergänzend an: "Nachdem wir in unserer Beschwerde vom darauf hingewiesen hatten, dass die Pflicht der Abgabenbehörde zur vollumfänglichen Abklärung des Sachverhaltes besteht, haben wir mit Schreiben vom das 3. Ergänzungsersuchen der Abgabenbehörde betreffend der Feststellung des Einkommensteuerbescheides 2016 erhalten. Ohne jegliche Würdigung unserer eingebrachten Unterlagen wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Dem in der Begründung vorgebrachten Einwand, dass es sich um keinen eigenen Hausstand handeln kann, da die Räumlichkeiten im Eigentum der Eltern stehen, kann nicht zugestimmt werden. Für den Ansatz der doppelten Haushaltsführung ist lt. VwGH Urteil 96/15/0259 vom ein eigener Hausstand bzw. das Vorliegen von Mehrkosten Voraussetzung. Lt. Urteil vom BFH VI R 60/05 vom wird ein eigener Hausstand unterhalten, wenn der Steuerpflichtige die Haushaltführung zumindest mitbestimmt. Da im vorliegenden Fall von" der Beschwerdeführerin "sehr wohl eine Mitbestimmung ausgeübt wird, sowie auch Mehrkosten durch die Beteiligung an der Rückzahlung des Kredites sowie den monatlich laufenden Kosten vorliegen, kann keine Ablehnung des steuerlichen Ansatzes auf Grund eines fehlenden Hausstandes bzw. fehlender Mehrkosten erfolgen. Die Tatsache, dass sich das mehrstöckige Haus im Besitz der Eltern befindet, darf kein ausschließender Grund für das Unterhalten eines Hausstandes sein, da im Falle eines Mietverhältnisses ebenfalls nicht auf die Eigentumssituation abgestellt wird. Wie in der Beantwortung des Ergänzungsersuchens vom sowie in der Beantwortung des Ergänzungsersuchens vom bereits erörtert und belegt, trägt" die Beschwerdeführerin "einen Teil der gesamten Kosten für das Haus am Familienwohnsitz. Weiters weisen wir darauf hin, dass lt. VwGH 2009/13/0012 vom bzw. BFH VI R 60/05 vom selbst dann von einer doppelten Haushaltsführung auszugehen wäre und die Kosten am Berufssitz steuerlich anzuerkennen sind, wenn am Familienwohnsitz gar keine Kosten anfallen würden. Zusätzlich bestand mit dem Arbeitgeber_1, vertreten durch die Arbeitgeberbezeichnung_1, wie bereits mit Beantwortung des Ergänzungsersuchen vom erörtert, ein befristeter Dienstvertrag bis zum bzw. ein nachfolgender Dienstvertrag vom befristet mit . Die Verlegung des Familienwohnsitzes ist unzumutbar, wenn von vornherein mit Gewissheit anzunehmen ist, dass die auswärtige Tätigkeit mit vier bis fünf Jahren befristet ist (vgl. ). Somit ist auch der Tatbestand einer unzumutbaren Verlegung des Familienwohnsitzes erfüllt. Zusammenfassend geht aus der einschlägigen Judikatur unmissverständlich hervor, dass die Berücksichtigung der Kosten für die doppelte Haushaltsführung nicht an einer "Eingliederung" in den elterlichen Haushalt per se scheitern könne. Ausschlaggebend ist viel mehr die Unzumutbarkeit der Verlegung des (Familien)Wohnsitzes bzw. die Eignung der Wohnmöglichkeit am Beschäftigungsort zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses. Letzteres ist bei einem Zimmer im Studentenwohnheim wohl nicht der Fall, womit klar erkennbar ist, dass die am Beschäftigungsort angemietete Schlafstelle den Wohnbedürfnissen eindeutig weniger entspricht als das Wohnhaus im Heimatort. Wir sind daher der Meinung dass die Behörde die Rechtslage verkannt hat, da sie es nicht für erforderlich hielt, auf die Frage der Zumutbarkeit der Wohnsitzverlegung einzugehen. Aus den oben genannten Gründen beantragen wir daher, den Einkommensteuerbescheid 2016 vom abzuändern und die Kosten für die doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten in Höhe von Betrag_3 € bzw. 3.672,00 € als Werbungskosten zu berücksichtigen."

1.b) Mit der am beim Finanzamt_A eingereichten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2017 beantragte die Beschwerdeführerin wiederum ua. die Kosten für Familienheimfahrten (3.672,00 €) und für Doppelte Haushaltsführung (Betrag_5 €) als Werbungskosten. Das Finanzamt_A versagte im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2017 (mit Ausfertigungsdatum ) diesen geltend gemachten Aufwendungen unter Verweis auf die abweisende Begründung zur Beschwerde gegen die Arbeitnehmerveranlagung 2016 die steuerliche Anerkennung als Werbungskosten.

Die Beschwerdeführerin beantragte mit Schreiben vom die direkte Vorlage der Beschwerde (ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung) gemäß § 262 Abs. 2 lit. a BAO an das Bundesfinanzgericht. Begründend führte die Beschwerdeführerin aus, es sei im Beschwerdeverfahren betreffend Einkommensteuer 2016 gleichzeitig mit diesem Antrag ebenfalls ein Vorlageantrag gestellt worden. Auf Grund des zusammenhängenden Sachverhaltes werde die gemeinsame Behandlung der beiden Sachverhalte beantragt. Etwaige Begründungen und Ausführung zur Doppelten Haushaltsführung sowie den Familienheimfahrten seien dort ausgeführt. Da der abweichende Einkommensteuerbescheid 2017 vom ohne vorherige Ergänzung oder Nachfrage vom Finanzamt erlassen worden wäre, seien bisher auch keine Nachweise über die angefallenen Kosten erbracht worden. Aus den oben genannten Gründen werde um Abänderung des Einkommensteuerbescheides 2017 und die Berücksichtigung der Kosten für die doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten beantragt.

1.c) Die Beschwerdeführerin bzw. der steuerliche Vertreter kam dem Ergänzungsersuchen des Finanzamtes_A vom ("betreffend Einkommensteuer 2016 und 2017") auf Bekanntgabe der "genauen Wohnsituation" in Staat_A ("Bewohnen Sie dort ein Zimmer im Haus Ihrer Eltern oder eine gesamt Etage inklusive eigener Küche und eigenem Bad?") unter Beilage von Fotos und einem Grundriss des Wohnsitzes nicht nach, sondern teilte im Telefonat vom lediglich mit, dass ihrer Meinung nach die angeforderte Information für den vorliegenden Fall von keiner Bedeutung sei.

2.) Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin ist Staat-A Staatsbürgerin (siehe Personalausweis), ledig und kinderlos (siehe ua. EDV-Grunddaten der Finanzverwaltung). Sie bewohnt in Anschrift_1, Staat_A (siehe Personalausweis), gemeinsam mit ihren Eltern ein – im Eigentum der Eltern stehendes – Wohnhaus (siehe Schreiben vom und ). Die Abgabepflichtige verfügt in diesem Wohnhaus über keine eigene, nur von ihr bewohnte Wohnung, sondern teilt sich dieses mit ihren Eltern.

Die Beschwerdeführerin bewohnte im strittigen Zeitraum 2016 und 2017 gegen einen monatlichen Mietzins von Betrag_6 € bzw. ab von Betrag_7 € bzw. ab von Betrag_8 € ein (Studenten)Zimmer in Anschrift_2 (siehe ua. Bestätigung der Unternehmen_1 vom samt Zahlungsaufstellung und Überweisungsbelege der Bank_1).

Die Beschwerdeführerin war im strittigen Zeitraum bei der Arbeitgeberbezeichnung_1 als Berufsbezeichnung_1 "auf bestimmte Zeit" nichtselbständig beschäftigt (siehe Dienstverträge vom , Zeitraum ab "für die Dauer der Bewilligung zur beruflichen_1 Tätigkeit in unselbständiger Stellung zu Studienzwecken, längstens bis Ablauf ", und vom , Zeitraum ab "für die Dauer der Basisausbildung und anschießend beginnender Ausbildung zum Berufsbezeichnung_2, somit bis Ablauf ").

3.) Beweiswürdigung:
Der streitgegenständliche Sachverhalt ergibt sich im Wesentlichen aus der vorliegenden Aktenlage, insbesondere aus dem von der Abgabenbehörde unwidersprochenen Vorbringen der Beschwerdeführerin sowie den oben näher angeführten Unterlagen.

Die Beschwerdeführerin hat dem ausdrücklichen Ersuchen des Finanzamtes_A vom auf Schilderung der Wohnsituation am Wohnsitz in Staat_A nicht entsprochen, sondern im Telefonat vom eine weitere Mitwirkung an Sachverhaltsermittlungen verweigert. Aus der vorliegenden Aktenlage ergibt sich lediglich die – nur zum Teil (in Form eines Personalausweises und der Überweisungsbelege nach Staat_A) belegte – Behauptung der Beschwerdeführerin, sie bewohne gemeinsam mit ihren Eltern das – im Eigentum der Eltern stehende – Wohnhaus in Anschrift_1, Staat_A, über welches sie eine Mitbestimmung ausübe und (Mehr)Kosten an der Kreditrückzahlung sowie an den monatlich laufenden Kosten trage.

Die Abgabepflichtige hat weder ein entsprechendes Vorbringen erstattet noch ergibt sich aus der Aktenlage, dass die Beschwerdeführerin im gegenständlichen Wohnhaus nicht gemeinsam mit ihren Eltern, sondern alleine in einer hierin befindlichen abgeschlossenen Wohneinheit wohnen würde. Der Umstand, dass sie in dem Gebäude über keinen eigenen Haushalt verfügt, ergibt sich insbesondere auch hieraus, dass ihr - laut eigenem Vorbringen im Schreiben vom - lediglich eine Mitbestimmung über die Haushaltsführung zukommt; eine Alleinbestimmung über einen eigenen Haushalt wurde nicht behauptet.

4.) Rechtliche Würdigung:
4.a) Über Bescheidbeschwerden ist nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid abzusprechen (§ 262 Abs. 1 BAO).
Die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung hat zu unterbleiben,
a) wenn dies in der Bescheidbeschwerde beantragt wird und
b) wenn die Abgabenbehörde die Bescheidbeschwerde innerhalb von drei Monaten ab ihrem Einlangen dem Verwaltungsgericht vorlegt (§ 262 Abs. 2 BAO).

4.b) Gemäß § 115 BAO haben die Abgabenbehörden die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind. Diese Verpflichtung wird durch eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen wie beispielsweise bei Auslandssachverhalten eingeschränkt (Abs. 1).
Den Parteien ist Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben (Abs. 2).
Die Abgabenbehörden haben Angaben der Abgabepflichtigen und amtsbekannte Umstände auch zugunsten der Abgabepflichtigen zu prüfen und zu würdigen (Abs. 3).

Gemäß § 119 BAO sind die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offen zu legen. Die Offenlegung muss vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen (Abs. 1).
Der Offenlegung dienen insbesondere die Abgabenerklärungen, Anmeldungen, Anzeigen, Abrechnungen und sonstige Anbringen des Abgabepflichtigen, welche die Grundlage für abgabenrechtliche Feststellungen, für die Festsetzung der Abgaben, für die Freistellung von diesen oder für Begünstigungen bilden oder die Berechnungsgrundlagen der nach einer Selbstberechnung des Abgabepflichtigen zu entrichtenden Abgaben bekannt geben (Abs. 2).

Gemäß § 138 Abs. 1 BAO haben die Abgabepflichtigen und die diesen in § 140 BAO gleichgestellten Personen in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht (§ 119 BAO) auf Verlangen der Abgabenbehörde zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen sowie dessen Richtigkeit zu beweisen. Kann ihnen ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden, so genügt die Glaubhaftmachung.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Beweiswürdigung der Abgabenbehörde daraufhin zu prüfen, ob der Denkvorgang zu einem den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechenden Ergebnis geführt hat bzw. daraufhin, ob der Sachverhalt, der im Denkvorgang gewürdigt worden ist, in einem ordnungs­ge­mäßen Verfahren ermittelt worden ist. Die Abgabenbehörde trägt die Feststellungslast für alle Tatsachen, die vorliegen müssen, um einen Abgabenanspruch geltend machen zu kön­nen, doch befreit dies die Partei nicht von der Verpflichtung, ihrerseits zur Klärung des Sach­ver­haltes beizutragen und die für den Bestand und den Umfang der Abgabenpflicht bedeut­samen Umstände vollständig und wahrheitsgemäß im Sinne des § 119 Abs. 1 BAO offen zu le­gen. Nach weiterer ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes findet die amts­we­gige Ermittlungspflicht dort ihre Grenzen, wo der Abgabenbehörde weitere Nach­for­schun­gen nicht mehr zugemutet werden können, wie dies insbesondere dann der Fall ist, wenn ein Sachverhalt nur im Zusammenwirken mit der Partei geklärt werden kann, die Partei aber zur Mitwirkung an der Wahrheitsfindung nicht bereit ist bzw. eine solche unterlässt. Die Pflicht zur amtswegigen Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes findet dort ihre Gren­ze, wo nach der Lage des Falles nur die Partei Angaben zum Sachverhalt machen kann (; ). Erhöhte Mitwir­kungs­pflichten bestehen nach der Judikatur bei Auslandsbeziehungen (), bei Be­günstigungsbestimmungen () sowie bei Behauptung von un­gewöhnlichen und unwahrschein­lichen Sachverhalten (; Ja­kom/Lenneis, EStG, 2019, § 4, Rz 279).

Im Abgabenverfahren gibt es keine verfahrensförmliche subjektive Beweislastregel. Als allgemein anerkannte verfahrensvernünftige Handlungsmaxime gilt aber, dass die Abgabenbehörde ergebnishaft letzten Endes die Behauptungs- und Feststellungsbürde für die Tatsachen trägt, die vorliegen müssen, um den Abgabenanspruch geltend machen zu können, der Abgabepflichtige hingegen für jene, die den Anspruch aufheben oder einschränken (Stoll, BAO-Kommentar, S. 1561). In Verfahren, die ausschließlich auf die Erwirkung abgabenrechtlicher Begünstigungen gerichtet sind, tritt der Grundsatz der strikten Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung insofern in den Hintergrund, als der eine Begünstigung in Anspruch nehmende Abgabenpflichte selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen hat, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (; ). Die Erwirkung abgabenrechtlicher Begünstigungen begründet die erhöhte Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen (vgl. ).

4.c) Werbungskosten sind nach § 16 Abs. 1 EStG die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.
Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden.

Von einer doppelten Haushaltsführung wird gesprochen, wenn aus beruflichen Gründen zwei Wohnsitze geführt werden, und zwar einer am Familienwohnort (Familienwohnsitz) und einer am Beschäftigungsort (Berufswohnsitz; Jakom/Lenneis, EStG, 2019, § 16 Rz 56 Stichwort "Doppelte Haushaltsführung").

Der Familienwohnsitz ist jener Ort, an dem der Steuerpflichtige mit seinem Ehegatten bzw. Lebensgefährten einen gemeinsamen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen bildet (; ). Auch ein alleinstehender Steuerpflichtiger kann einen "Familienwohnsitz" haben. Dies ist jener Ort, an dem er seine engsten persönlichen Beziehungen (zB Eltern, Freunde) hat. Begründet ein alleinstehender Steuerpflichtiger am Beschäftigungsort einen Wohnsitz, ist besonders zu prüfen, ob nicht entweder von einer erstmaligen Hausstandsgründung oder von einer Wohnsitzverlegung auszugehen ist. Ein Zimmer bei den Eltern ist nicht als Haushalt anzusehen (; Jakom/Lenneis, EStG, 2019, § 16 Rz 56 Stichwort "Doppelte Haushaltsführung").
Ab 2014 definiert § 4 der Verordnung der Bundesministerin für Finanzen über die Kriterien zur Ermittlung des Pendlerpauschales und des Pendlereuros, zur Einrichtung eines Pendlerrechners und zum Vorliegen eines Familienwohnsitzes (PendlerVO; BGBl II 276/2013) den Begriff des Familienwohnsitzes. Demzufolge liegt ein Familienwohnsitz dort, wo ein Steuerpflichtiger seine engsten persönlichen Beziehungen (zB Familie, Freundeskreis) und einen eigenen Hausstand hat. Der Steuerpflichtige hat einen eigenen Hausstand, wenn er eine Wohnung besitzt, deren Einrichtung seinen Lebensbedürfnissen entspricht. Ein eigener Hausstand liegt jedenfalls nicht vor, wenn der Steuerpflichtige Räumlichkeiten innerhalb eines Wohnverbandes einer oder mehrerer Person(en), die nicht (Ehe)Partner sind oder mit denen eine Lebensgemeinschaft besteht, mitbewohnt. Die Definition entspricht somit im Wesentlichen den von der Verwaltungspraxis und der Judikatur entwickelten Kriterien (Jakom/Lenneis, EStG, 2019, § 16 Rz 56 Stichwort "Doppelte Haushaltsführung").

Unterhält der Steuerpflichtige neben seinem Familienwohnsitz einen zweiten Wohnsitz am Ort der Erwerbstätigkeit, dann sind die Aufwendungen für den zweiten Wohnsitz als Betriebsausgabe abzugsfähig, wenn der zweite Wohnsitz (Doppelwohnsitz) beruflich bedingt ist (). Liegt der Familienwohnsitz des Steuerpflichtigen außerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort, dann können die (Mehr-)Aufwendungen für eine "doppelte Haushaltsführung" (wie zB für die Wohnung am Beschäftigungsort und die Kosten der Familienheimfahrten) nur steuerlich berücksichtigt werden, wenn die doppelte Haushaltsführung beruflich bedingt ist bzw. eine Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann (). Ist die Wahl oder die Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort hingegen auf der privaten Sphäre zuzuordnende Gründe zurückzuführen, sind die daraus entstandenen Aufwendungen nicht abzugsfähig ().

Bei einem alleinstehenden Arbeitnehmer mit eigenem Hausstand können "für eine gewisse Übergangszeit" Aufwendungen für ein möbliertes Zimmer am Beschäftigungsort als Werbungskosten anerkannt werden (). Für diese Übergangszeit können bei einem alleinstehenden Arbeitnehmer mit einer Wohnung im Heimatort auch Aufwendungen für Heimfahrten Berücksichtigung finden, weil diesem Arbeitnehmer zuzubilligen ist, in gewissen Zeitabständen, etwa monatlich in seiner Wohnung nach dem Rechten zu sehen (). Anderes gilt allerdings, wenn es bereits zu einer Verlegung des (Familien)Wohnsitzes an den Arbeitsort gekommen ist (; ; ; ; ).

5.) Erwägungen:
5.a) Das Finanzamt_A hat mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht binnen gesetzlicher Frist die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2017 vom , eingegangen bei der Abgabenbehörde am , vorgelegt, wodurch gemäß § 262 Abs. 2 BAO die Zuständigkeit des Bundesfinanzgerichtes zur Erlassung der gegenständlichen Entscheidung (betreffend Einkommensteuer 2017) begründet wurde.

5.b) Einleitend wird festgestellt, dass die Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall der ihr zukommenden erhöhten Mitwirkungspflicht bei Auslandsbeziehungen bzw. bei einer Begünstigungsbestimmung zur Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes nicht vollständig nachgekommen ist. Mangels entsprechender Vorhaltsbeantwortungen (ua. Vorhalt des Finanzamtes_A vom ) sind daher die tatsächlichen Wohngegebenheiten der Beschwerdeführerin an ihrem Wohnsitz in Staat_A nur rudimentär amtsbekannt.

Aufgrund des Beschwerdevorbringens ist lediglich aktenkundig, dass die Beschwerdeführerin gemeinsam mit ihren Eltern ein – im Eigentum der Eltern stehendes – Wohnhaus in Anschrift_1, Staat_A, bewohnt. Die Abgabepflichtige verfügt in diesem Wohnhaus über keinen eigenen Hausstand.

Nachdem ein Familienwohnsitz nur dort gelegen sein kann, wo ein (lediger) Steuerpflichtiger einen eigenen Hausstand führt, ein solcher jedoch nicht vorliegt, wenn Räumlichkeiten innerhalb eines Wohnverbandes mit Personen, die nicht (Ehe)Partner sind oder mit denen eine Lebensgemeinschaft besteht, mitbewohnt wird, stellt für die Beschwerdeführerin ihr Wohnsitz in Staat_A keinen Familienwohnsitz dar. Das gemeinsame Bewohnen des Wohnhauses mit den Eltern (ohne getrennte Wohneinheiten für die Beschwerdeführerin und ihre Eltern) kann für die Beschwerdeführerin weder einen eigenen Hausstand noch somit einen Familienwohnsitz begründen.

Hieran vermag auch das Beschwerdevorbringen, die Beschwerdeführerin würde an diesem Wohnsitz eine Mitbestimmung ausüben und Kosten tragen, nichts zu ändern, bewirken diese Umstände nach obigen rechtlichen Ausführungen keinen Familienwohnsitz. Der diesbezügliche Verweis der Beschwerdeführerin auf die deutsche Judikatur zur doppelten Haushaltsführung ist wegen der ausdrücklich positiv­rechtlichen Regelung in § 9 Abs. 1 S 3 Nr 5 dEStG nicht erfolgswirksam (Jakom/Lenneis, EStG, 2019, § 16 Rz 56 Stichwort "Doppelte Haushaltsführung"). Die vorgebrachte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes () erging vor Erlassung der PendlerVO (in Kraft getreten am ) und damit zu einer abweichenden Rechtslage.

Die streitgegenständlichen Aufwendungen für Doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten setzen einen außerhalb des Beschäftigungsortes gelegenen Familienwohnsitz voraus.
Nachdem der Beschwerdeführerin in Staat_A kein Familienwohnsitz zukommt und lediglich ein weiterer Wohnsitz, nämlich jener in Ort_A aktenkundig ist, stellt die in den strittigen Jahren gegebene Unterkunft am Beschäftigungsort Ort_A den Wohnsitz bzw. den entscheidungswesentlichen Haushalt der Abgabepflichtigen dar. Für den eigenen Haushalt aufgewendete Beträge führen jedoch nach § 20 Abs. 1 EStG zu nichtabzugsfähige Ausgaben.
Mangels Familienwohnsitzes in Staat_A können zudem die geltend gemachten Kosten für Familienheimfahrten (von Ort_A nach Staat_A) keine steuerliche Anerkennung finden.

Das Finanzamt_A hat in der Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2016 sowie in dem bekämpften Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2017 den begehrten Werbungskostenabzug zutreffend versagt, weshalb die diesbezüglichen Rechtsmittel als unbegründet abzuweisen sind.

Die Berechnungen der Einkommensteuer für das Jahr 2016 ergeben sich aus der Beschwerdevorentscheidung (betreffend Einkommensteuer 2016) vom , die als Teil des Spruches Bestandteil dieser Entscheidung sind.

6.) Zulässigkeit einer Revision:
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Beschwerdefall wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Das Bundesfinanzgericht orientierte sich bei den zu lösenden Rechtsfragen an der zitierten einheitlichen höchstgerichtlichen Judikatur, darüber hinaus hing die Entscheidung im Wesentlichen von den Umständen des Einzelfalles ab. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher unzulässig.

Innsbruck, am

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