Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.11.2019, RV/3101074/2017

Kuraufenthalt als außergewöhnliche Belastung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache des Bf., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt F vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2016 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Mit der am beim Finanzamt eingereichten Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung für das Jahr 2016 machte der Abgabepflichtige Kurkosten (nach Abzug einer anteiligen Haushaltsersparnis für Verpflegung in Höhe von 5,23 € täglich) von 2.042,78 € als außergewöhnliche Belastung geltend (KZ 734 der Beilage L 1ab). Aufgrund eines Ergänzungsersuchens des Finanzamtes legte der Abgabepflichtige diesbezüglich zwei an ihn und seine Ehegattin gerichtete Rechnungen eines Hotels in Montegrotto Terme betreffend „Kuranwendungen“ vor.

2. Das Finanzamt erließ am einen Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2016, mit dem die geltend gemachten Kurkosten nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt wurden. Eine Kur müsse, um steuerlich berücksichtigt werden zu können, vor dem Kurantritt verschrieben werden. Da dies beim Abgabepflichtigen nicht zutreffe, könnten diese Kosten nicht in Ansatz gebracht werden.

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Abgabepflichtige am fristgerecht Beschwerde, die sich gegen die Nichtberücksichtigung der Kurkosten als außergewöhnliche Belastung richtete. Es sei auf beiden Kurrechnungen von ArztA, einem Facharzt für Innere Medizin, bestätigt worden, dass die angeführten Kuranwendungen durch diesen verordnet worden seien. Die Verordnung einer Kur mit ihren Behandlungen könne logischerweise nur vor deren Antritt erfolgen. Es sei daher völlig unverständlich, dass dies nach Ansicht des Finanzamtes beim Abgabepflichtigen nicht zutreffe. Wenn aber eine Bestätigung über den Zeitpunkt der Verordnung der Kur () und den Zeitpunkt der ersten Kuranwendung () benötigt werde, so werde er sich darum bemühen.

Der Abgabepflichtige und seine Ehegattin würden seit vielen Jahren an Rückenschmerzen leiden, er selbst sei nach völliger Lähmung des rechten Beins vor mehreren Jahren an den Bandscheiben operiert worden. Da die Tiroler Gebietskrankenkasse (TGKK) ihm als Pensionist (88 Jahre) und seiner mitversicherten Ehegattin (85 Jahre) keine Kur bewillige, seien sie gezwungen, diese sehr nötige Behandlung seit Jahren selbst zu bezahlen, was vom Finanzamt bisher auch steuerlich anerkannt worden sei.

4. Nach einem Ergänzungsersuchen übermittelte der Abgabepflichtige dem Finanzamt mit Schreiben vom eine nähere Darstellung zu seinen und seiner Ehegattin Rückenproblemen, deren Verlauf bzw. Behandlung. Er teilte dem Finanzamt auch die Beweggründe für den Aufenthalt in Montegrotto Terme mit. Der Abgabepflichtige gab auch zu verstehen, dass die TGKK den beiden Ehegatten Kuren wegen deren Rückenschmerzen abgelehnt habe. Aufgrund der „gegebenen und erwiesenen Unwilligkeit der TGKK“, den Ehegatten eine Kur zuzugestehen, könne das Finanzamt nicht erwarten, dass sich der Abgabepflichtige jährlich „eine Abfuhr dieses Unternehmens“ einhandle, zumal die Ehegatten wüssten, dass der direkte Kontakt mit Fango, wie er in Montegrotto Terme praktiziert werde, wenigstens für einige Monate jeweils eine Schmerzlinderung verschaffe.

In seinem Schreiben vom stellte der Abgabepflichtige überdies das Kurprogramm in Montegrotto Terme (Montag bis Samstag) dar. Abschließend hielt er fest, dass sich die Ehegatten durch diese von ihnen bezahlten Kuren bemühten, trotz ihres Alters kein dem Staat zur Last fallender Pflegefall zu werden.

5. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2016 vom Finanzamt als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Reise nach ihrem Gesamtcharakter ein Kuraufenthalt mit einer nachweislich kurgemäß geregelten Tages- und Freizeitgestaltung sein müsse und nicht bloß ein Erholungsaufenthalt, welcher der Gesundheit letztlich auch förderlich sei. Im gegenständlichen Fall sprächen folgende Punkte gegen einen „Kuraufenthalt“:

- Vor Antritt der Kurreise sei keine ärztliche Verordnung erfolgt, es seien keine Ersätze geleistet worden

- Laut vorgelegter Rechnung sei der Abgabepflichtige in einem Hotel und nicht in einer Kuranstalt untergebracht gewesen

- Trotz unterschiedlicher Krankheiten seien dem Abgabepflichtigen und seiner Ehegattin exakt dieselben Behandlungen vor Ort verschrieben worden

- Die ärztliche Betreuung sei nur in sehr geringem Ausmaß erfolgt (Arztkosten von je 27,00 € für die gesamte Aufenthaltsdauer laut Rechnung)

- Die kurze Dauer von einer Woche (in österreichischen Kuranstalten dauere die Behandlung durchschnittlich drei Wochen).

Der Aufenthalt in Montegrotto Terme sei sicher geeignet gewesen, der Gesundheit des Abgabepflichtigen und seiner Ehegattin förderlich zu sein. Da die Abgrenzung zu Erholungsreisen sehr streng auszulegen sei, seien die Aufwendungen aus den dargestellten Gründen nicht anzuerkennen.

6.Am stellte der Abgabepflichtige fristgerecht den Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht. Zum Einwand des Finanzamtes, dass keine ärztliche Verordnung vorliege, wurde festgehalten, dass die Fangokuren vom Finanzamt seit dem Jahr 2005 mit den stets gleichen Unterlagen gebilligt worden seien. Der Abgabepflichtige berufe sich daher auf den Vertrauensgrundsatz. Er wisse seit mehr als 15 Jahren, dass ein Kuransuchen an die TGKK für beide Ehegatten sinnlos sei. Er habe daher keinen Anlass sehen können, einen solchen ärztlichen Kurantrag nun plötzlich ausstellen zu lassen. Da die TGKK seit Jahren keine Kur genehmigt habe, seien logischerweise auch keine Kurkosten ersetzt worden.

Im größten europäischen Fangobehandlungszentrum Abano Montegrotto werde eine Fangobehandlung in Dutzenden von Hotels (mit eigener sechsmonatiger Regenerierungsanlage) angeboten. Der Abgabepflichtige habe nie von einer „Kuranstalt“ dort, wie in Österreich üblich, gehört. Jedes dieser Hotels gelte als „Kuranstalt“, die von der Universität G bezüglich Fango kontrolliert werde. Es könne auch nicht - wie vom Finanzamt festgehalten - von unterschiedlichen Krankheiten beim Abgabepflichtigen und seiner Ehegattin ausgegangen werden; beide würden seit vielen Jahren an Rückenschmerzen leiden. Beide Personen hätten die Fangobehandlungen immer im Hinblick auf diese Rückenschmerzen erhalten, aufgrund unterschiedlicher Fangoaufträge könne jedoch nicht von „exakt“ denselben Behandlungen gesprochen werden, was vom Abgabepflichtigen auch nie behauptet worden sei.

Zum Einwand des Finanzamtes, dass die ärztliche Betreuung in Montegrotto Terme nur in sehr geringem Ausmaß erfolgt sei, stellte der Abgabepflichtige fest, dass der angeführte Wert (Arztkosten von je 27,00 € für die gesamte Aufenthaltsdauer) nicht den tatsächlichen ärztlichen Aufwand darstelle. Es müsse wohl einer Kuranstalt überlassen bleiben, wie sie ihre Kosten dem Kunden gegenüber aufgeschlüsselt verrechne. Der Arzt sei nicht direkt von den Ehegatten bezahlt worden, dieser habe vielmehr unmittelbar mit dem Kuranbieter aufgrund eines gesonderten Vertragsverhältnisses abgerechnet.

Zur kurzen Aufenthaltsdauer in Montegrotto Terme stellte der Abgabepflichtige klar, dass ihm von seinen früheren österreichischen Kuraufenthalten in A und B eine Dauer von drei Wochen sehr wohl bekannt sei; allerdings habe er dort keine Fangobehandlungen erhalten. In Österreich bekomme man lediglich Wärmepackungen unter dem Titel „Fango“, die aber nicht an die Effizienz von direkten Fangobehandlungen heranreichten. Die heißen Fangobehandlungen in Montegrotto Terme (36° bis 38° Celsius) seien für den Kreislauf sehr belastend; zusammen mit der Effizienz dieser Behandlungen stelle eine Aufenthaltsdauer von einer Woche einen vernünftigen Kompromiss dar.

7. Das Finanzamt legte die gegenständliche Beschwerde vom mit Vorlagebericht vom zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht vor.

II. Sachverhalt

1. Der Beschwerdeführer (Bf.), geb. am TagX, erzielt als Pensionist Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Er und seine Ehegattin, geb. am TagY, leiden seit vielen Jahren an Rückenschmerzen. Dem Schreiben des Bf. vom an das Finanzamt ist dazu Folgendes zu entnehmen: Der Bf. hat vor seiner im Jahr 1989 erfolgten Pensionierung von der TGKK dreimal eine Kur wegen seiner Rückenprobleme zuerkannt erhalten (zweimal in A, einmal in B). Die Kuranträge seiner Ehegattin wurden demgegenüber abgelehnt, da sie nur Mitversicherte sei; es wurden ihr lediglich Massagen und Fangopackungen zugestanden.

Nach seiner Pensionierung sind auch dem Bf. von der TGKK Kuren wegen seiner Rückenschmerzen abgelehnt und - wie seiner Ehegattin - nur Massagen und Fangopackungen vor Ort (in Tirol) zugestanden worden; das bewirkte jedoch keine wesentliche Besserung der Rückenschmerzen beider Personen. Trotz intensiver Bemühungen des Hausarztes war es nicht möglich, für die beiden Ehegatten eine Kur durch die TGKK bewilligt zu bekommen, um die Rückenschmerzen zu lindern, die schließlich beim Bf. vor mehreren Jahren zu einer Bandscheibenoperation nach völliger Lähmung des rechten Beins führten.

Der Hausarzt empfahl in der Folge, selbst eine effektivere Fangobehandlung anzugehen. Da die TGKK den beiden Ehegatten keine Kur bewilligte, waren sie gezwungen, die nötigen Behandlungen seit Jahren selbst zu bezahlen. Aus finanziellen Gründen wurde zunächst im Jahr 2004 Ort1 als Aufenthaltsort gewählt. Die Ehegatten waren dort aber im Hinblick auf die Hygiene und das Essen nicht zufrieden, weshalb sie ab dem Jahr 2005 in Abstimmung mit dem Hausarzt jährlich eine Fangobehandlung und Massagen in Montegrotto Terme machen ließen.

2. Die beiden Ehegatten absolvierten auch im Streitjahr 2016 (vom 21. bis ) einen einwöchigen Aufenthalt in Montegrotto Terme. Sie hielten sich dabei im Hotel „OP“ auf, wo sie - wie auch in den Vorjahren - vom täglich anwesenden Arzt ArztA betreut wurden. Der Tagesablauf wurde vom Bf. wie folgt dargestellt:

07:45 Uhr bis 08:30 Uhr: Fango (anschließend Thermalbad mit Ozon sowie 10 Minuten Reaktionsmassage) für beide Ehegatten

10:30 Uhr bis 11:00 Uhr: eingehende Massage für den Bf.

11:00 Uhr bis 11:30 Uhr: eingehende Massage für die Ehegattin

3. Für den einwöchigen Aufenthalt in Montegrotto Terme sind für den Bf. Kosten von 1.058,00 € pro Person angefallen. Vom Hotel „OP“ wurden dazu zwei - gleichlautende - Rechnungen ausgestellt (eine ausgestellt auf den Bf., eine auf die Ehegattin; jeweils ohne Rechnungsdatum), mit denen die „Kuranwendungen“ wie folgt abgerechnet wurden:


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Anzahl
Art der Leistung
Preis
Betrag
6
Natur Fangopackung
28,00 €
168,00 €
6
Reaktionsmassage
12,00 €
72,00 €
6
Therapeutische Massage
28,00 €
168,00 €
6
Ozonbad
7,00 €
42,00 €
7
Vollpension Doppelzimmer
83,00 €
581,00 €
 
 
Zwischensumme
1.031,00 €
 
 
Arztkosten
27,00 €
 
 
Gesamtbetrag
1.058,00 €

Von ArztA, Facharzt für Innere Medizin, wurde auf beiden Hotelrechnungen bestätigt, dass die angeführten „Kuranwendungen“ durch ihn verordnet worden sind.

4. Der vorstehende Sachverhalt ergibt sich aus dem gesamten Akteninhalt, insbesondere aus dem Vorbringen des Bf. Streit besteht darüber, ob die Aufwendungen für den Aufenthalt in Montegrotto Terme im Ausmaß von 1.021,39 € pro Person (1.058,00 € abzüglich Haushaltsersparnis für Verpflegung in Höhe von 7 x 5,23 €), insgesamt somit 2.042,78 €, als außergewöhnliche Belastung (Kurkosten) Berücksichtigung finden können.

III. Rechtslage

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2 EStG 1988) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss außergewöhnlich sein, sie muss zwangsläufig erwachsen und sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen. Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

Gemäß § 34 Abs. 2 EStG 1988 ist die Belastung außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

Gemäß § 34 Abs. 3 EStG 1988 erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

IV. Erwägungen

1. Nicht jeder auf ärztliches Anraten und aus medizinischen Gründen durchgeführte Kuraufenthalt führt zu einer außergewöhnlichen Belastung iSd § 34 EStG 1988. Der Begriff „Kur“ erfordert ein bestimmtes, unter ärztlicher Aufsicht und Betreuung durchgeführtes Heilverfahren. Die Aufwen­dungen für den Kuraufenthalt müssen zwangsläufig erwachsen, womit es erforderlich ist, dass die der Behandlung dienende Reise zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig ist. An den - vom Steuerpflichtigen zu führenden - Nachweis dieser Voraussetzun­gen müssen wegen der im Allgemeinen schwierigen Abgrenzung solcher Reisen von den ebenfalls der Gesundheit dienenden Erholungsreisen strenge Anforderungen gestellt werden.

Zum Nachweis der Zwangsläufigkeit eines Kuraufenthaltes ist die Vorlage eines vor Antritt der Kur ausgestellten ärztlichen Zeugnisses erforderlich, aus dem sich die Notwendigkeit und Dauer der Reise sowie das Reiseziel ergeben. Einem ärztlichen Zeugnis kann es gleich gehalten werden, wenn zu einem Kuraufent­halt von einem Träger der gesetzlichen Sozialver­sicherung oder auf Grund beihilfenrechtlicher Bestimmungen Zuschüsse geleistet werden, da zur Erlangung dieser Zuschüsse ebenfalls in der Regel ein ärztliches Gutachten vorgelegt werden muss (vgl. ; ; ; ; ; ).

Wesentlich ist weiters, dass die Reise nach ihrem Gesamtcharakter ein Kuraufenthalt, dh. mit einer nachweislich kurgemäß geregelten Tages- und Freizeitgestaltung, ist und nicht bloß ein Erholungsaufenthalt, welcher der Gesundheit letztlich auch förderlich ist, aber nicht zu zwangsläufigen und außergewöhnlichen Aufwendungen iSd § 34 EStG 1988 führt (vgl. nochmals ; ; ; ; ; ).

2. Auf ein vor Antritt des Kuraufenthaltes ausgestelltes ärztliches Zeugnis, aus dem sich die Notwendigkeit und Dauer der Reise sowie das Reiseziel (diesfalls Montegrotto Terme) ergeben hätten, kann sich der Bf. nicht berufen.

Für das Bundesfinanzgericht steht fest, dass es trotz intensiver Bemühungen des Hausarztes nicht möglich war, für den Bf. (nach dessen im Jahr 1989 erfolgter Pensionierung) und seine Ehegattin eine Kur durch die TGKK bewilligt zu bekommen, um deren Rückenschmerzen zu lindern. Die lediglich vor Ort zugestandenen Massagen und Fangopackungen (Auflegen von Wärmekissen) konnten offensichtlich keine wesentliche Besserung der Rückenschmerzen der beiden Ehegatten bewirken, weshalb sie in der Folge über Empfehlung des Hausarztes und in Abstimmung mit diesem jährlich selbst und auf eigene Kosten eine effektivere Fangobehandlung im Rahmen von Kuraufenthalten im Ausland (im Jahr 2004 in Ort1, ab dem Jahr 2005 in Montegrotto Terme) angegangen sind. Das bloße ärztliche Anraten durch den Hausarzt stellt keinen Nachweis für die Zwangsläufigkeit des - aus medizinischen Gründen durchaus nachvollziehbaren und sinnvollen - Aufenthaltes in Montegrotto Terme dar; dazu hätte es der Vorlage eines vor Antritt der Kur ausgestellten ärztlichen Zeugnisses bedurft.

Dazu ist festzuhalten, dass eine solche ärztliche „Verordnung“, in der vorab wegen der vorhandenen Rückenschmerzen die Notwendigkeit eines Kuraufenthaltes in einem Kurort wie Montegrotto Terme definitiv ausgesprochen worden wäre, nicht vorgelegt wurde und für das Streitjahr auch gar nicht erstellt wurde. Damit können aber bereits wegen des fehlenden Nachweises der Zwangsläufigkeit eines Kuraufenthaltes die geltend gemachten Aufwendungen für den Aufenthalt in Montegrotto Terme nicht als außergewöhnliche Belastung Berücksichtigung finden. Der Aufenthalt in Montegrotto Terme wurde vom Bf. und seiner Ehegattin (über bloßes Anraten des Hausarztes) frei gewählt und ist somit nicht zwangsläufig erwachsen, dem Auslandsaufenthalt liegt keine ärztliche „Verordnung“ (Verschreibung) zugrunde.

3. Zum Nachweis der Notwendigkeit des Kuraufenthaltes verwies der Bf. auf die den vorgelegten Hotelrechnungen beigefügte Bestätigung des medizinischen Direktors ArztA, Facharzt für Innere Medizin, wonach die angeführten „Kuranwendungen“ durch diesen verordnet worden sind. Diese Bestätigung (im Übrigen ohne Datumsvermerk) vermag den notwendigen Nachweis für die Zwangsläufigkeit des Kuraufenthaltes ebenfalls nicht zu erbringen, da ein ärztliches Attest vor Antritt der Reise (und nicht vor Ort, wenngleich vor Antritt der Behandlungen) erforderlich ist. In der - sehr allgemein gehaltenen - ärztlichen Bestätigung des medizinischen Direktors kommt nicht einmal zum Ausdruck, dass im vorliegenden Fall wegen der chronischen Rückenschmerzen der Ehegatten die Verabreichung von Therapien zweckmäßig und daher zu verordnen gewesen wäre.

Mit der vorliegenden Bestätigung des im Hotel „OP“ tätigen medizinischen Direktors, wonach vom Bf. und seiner Ehegattin die angeführten „Kuranwendungen“ (Fangobehandlungen, Massagen, Ozonbäder) in Anspruch genommen wurden, wurde zudem noch kein Nachweis über eine insgesamt kurgemäß geregelte Tages- und Freizeitgestaltung erbracht (vgl. diesbezüglich auch ).

4. Von Bedeutung ist für das Bundesfinanzgericht auch, dass dem Bf. (n ach seiner im Jahr 1989 erfolgten Pensionierung) und seiner Ehegattin von der TGKK trotz intensiver Bemühungen seitens des Hausarztes keine Kuren wegen deren Rückenschmerzen bewilligt wurden. Das führte in den folgenden Jahren (so auch im Streitjahr) dazu, dass der Bf. für sich und seine Ehegattin erst gar keine Anträge auf Bewilligung eines Kuraufenthaltes mehr stellte. Diesbezüglich gab er zu verstehen, dass er sich aufgrund der „gegebenen und erwiesenen Unwilligkeit der TGKK“, den Ehegatten eine Kur zuzugestehen, nicht jährlich „eine Abfuhr dieses Unternehmens“ einhandeln wollte. Mangels Beantragung bzw. Bewilligung von Kuren wurden - naturgemäß - zu den Kuraufent­halten des Bf. und seiner Ehegattin von einem Träger der gesetzlichen Sozialver­sicherung auch keine Zuschüsse geleistet. Dass seitens der TGKK keine Zuschüsse zum gegenständlichen Aufenthalt des Bf. und seiner Ehegattin in Montegrotto Terme geleistet wurden, ist unbestritten.

5. Die Reise des Bf. und seiner Ehegattin nach Montegrotto Terme ist daher als bloßer Erholungsaufenthalt, der der Gesundheit der beiden Ehegatten auch förderlich sein konnte, anzusehen. Diese Beurteilung wird noch durch die Tatsache gestützt, dass die Reise nur eine Woche dauerte, während eine von einem Träger der gesetzlichen Sozialversicherung bewilligte Kur nie kürzer als drei Wochen dauert mit der Begründung, dass andernfalls eine (nachhaltige) Wirkung der Behandlungen auf den Gesundheitszustand nicht gewährleistet ist (vgl. -G/02; -I/10; vgl. auch , zu einem vergleichbaren Aufenthalt in Abano Montegrotto).

Dass der Aufenthalt in Montegrotto Terme der Gesundheit der beiden Ehegatten förderlich gewesen ist, reicht für die steuerliche Anerkennung als Kurreise im vorhin dargestellten Sinn nicht aus. Die geltend gemachten Aufwendungen für die Reise nach Montegrotto Terme können daher nicht als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 EStG 1988 behandelt werden.

6. Vom Bf. wurde eingewendet, dass die Fangobehandlungen und Massagen in Montegrotto Terme vom Finanzamt seit dem Jahr 2005 mit den stets gleichen Unterlagen (demnach ohne ärztliche Verordnung, da ein Kuransuchen an die TGKK für beide Ehegatten ohnehin sinnlos sei) gebilligt worden seien. Er berufe sich daher auf den Vertrauensgrundsatz.

Gemäß § 114 Abs. 1 BAO haben die Abgabenbehörden darauf zu achten, dass alle Abgabepflichtigen nach den Abgabenvorschriften erfasst und gleichmäßig behandelt werden, sowie darüber zu wachen, dass Abgabeneinnahmen nicht zu Unrecht verkürzt werden. Sie haben alles, was für die Bemessung der Abgaben wichtig ist, sorgfältig zu erheben und die Nachrichten darüber zu sammeln, fortlaufend zu ergänzen und auszutauschen. Der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung erfordert, Fehler bei der Steuerbemessung mit allen vom Gesetz vorgesehenen Mitteln zu vermeiden oder zu beseitigen ().

Unter dem Grundsatz von Treu und Glauben versteht man, dass jeder, der am Rechtsleben teilnimmt, zu seinem Wort und zu seinem Verhalten zu stehen hat und sich nicht ohne triftigen Grund in Widerspruch zu dem setzen darf, was er früher vertreten hat und worauf andere vertraut haben (; ; ; vgl. auch Ritz, BAO6, § 114 Tz 6, mwN). Dieser Grundsatz ist auch im Abgabenrecht zu beachten (zB ; , 0209).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (zB ; ; ; ) schützt der Grundsatz von Treu und Glauben nicht ganz allgemein das Vertrauen des Abgabepflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit einer unrichtigen abgabenrechtlichen Beurteilung für die Vergangenheit; die Abgabenbehörde ist verpflichtet, von einer als gesetzwidrig erkannten Verwaltungsübung abzugehen. Nach der Judikatur müssten besondere Umstände vorliegen, die ein Abgehen von der bisherigen Rechtsauffassung durch die Finanzverwaltung unbillig erscheinen lassen (zB ; ), wie dies zB der Fall sein kann, wenn ein Abgabepflichtiger von der Abgabenbehörde ausdrücklich zu einer bestimmten Vorgangsweise aufgefordert wird und sich nachträglich die Unrichtigkeit dieser Vorgangsweise herausstellt (zB ; ; ; ).

Der Umstand, dass die Abgabenbehörde eine bestimmte Vorgangsweise des Abgabepflichtigen unbeanstandet gelassen hat (hier: Anerkennung der Aufenthalte in Montegrotto Terme als außergewöhnliche Belastung), hindert die Behörde nicht, diese Vorgangsweise für spätere Zeiträume als rechtswidrig zu beurteilen (zB ; , 0180; ; ). Auf den Grundsatz von Treu und Glauben kann sich der Bf. somit im Streitfall nicht stützen.

7. Es kann somit im Ergebnis dem Finanzamt nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn es die Aufwendungen für den Aufenthalt in Montegrotto Terme nicht als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 EStG 1988 behandelt hat. Die Beschwerde vom gegen den Bescheid vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2016 ist als unbegründet abzuweisen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

V. Zulässigkeit einer Revision

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Beschwerdefall wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die im Beschwerdefall zu lösende Rechtsfrage der Absetzbarkeit von Kurkosten als außergewöhnliche Belastung ist durch die dargelegte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinlänglich geklärt. Es kommt ihr keine über den Einzelfall hinausgehende, grundsätzliche Bedeutung zu. Feststellungen auf Sachverhaltsebene betreffen keine Rechtsfragen und sind einer Revision nicht zugänglich. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.

Innsbruck, am

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