zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.10.2019, RV/7100968/2019

Nachsichtsansuchen; wobei eine internationale Doppelbesteuerung behauptet wird

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache Bf., AdresseBf., vertreten durch Writzmann & Partner Steuerberatungsgesellschaft m.b.H., Wassergasse 22-26, Tür 1, 2500 Baden, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Baden Mödling vom , betreffend Nachsicht gemäß § 236 BAO zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Schriftsatz vom beantragte der nunmehrige Beschwerdeführer Bf. (in der Folge kurz Bf. genannt) die Gewährung einer Nachsicht gemäß § 236 BAO und führte dazu wie folgt aus:

„Der derzeit aushaftende Rückstand unseres Mandanten beträgt laut Bescheid über die Abweisung eines Zahlungserleichterungsansuchens vom  € 108.291,90. Der derzeitige Rückstand resultiert aus den Einkommensteuerveranlagungen 2012-2016. Mit Post vom wurde noch ein Vorlageantrag zu den Einkommensteuerbescheiden 2012-2016 gegen die Ablehnung der außergewöhnlichen Belastung eingebracht. Dadurch könnte noch eine weitere Reduktion des Rückstandes erfolgen. Gem. § 236 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des (Un)falles unbillig wäre. Als Unbilligkeitstatbestände führt der Kommentar Ritz zur Unbilligkeit unter Tz 9 aus: Die Unbilligkeit der Einhebung einer Abgabe kann nach Lage des Falles eine persönliche oder sachliche sein. Grundsätzlich bedarf es keiner Existenzgefährdung. Es genügt, wenn die Abstattung der Abgabenschuld mit wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, die außergewöhnlich sind. Eine sachliche Unbilligkeit liegt vor, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt (Tz 11 zu § 236 BAO; Ritz).

Zum Sachverhalt unseres Mandanten:

Unser Mandant ist deutscher Staatsbürger und hat im Jahr 2000 eine Scheidungsvereinbarung am mit seiner ehemaligen Ehegattin, ebenfalls deutsche Staatsbürgerin in Deutschland, getroffen. Auf Grund dieser deutschen Scheidungsvereinbarung war zum Zeitpunkt der Scheidungsvereinbarung unser Mandant in Deutschland steuerlich ansässig und hat unter Berücksichtigung des deutschen Steuerrechtes und des deutschen anwendbaren Zivilrechts einen Scheidungsvergleich mit seiner Ehegattin, AdresseEhegattin, durchgeführt. Auf Grund des Scheidungsvergleiches hat er sich verpflichtet € 3.880,00 DM monatlich zu entrichten. Bei der Bemessung der Zahlungen an seine Gattin wurde berücksichtigt, dass die Unterhaltszahlungen in Deutschland Bruttozahlungen sind und daher in Deutschland von seiner geschiedenen Gattin als steuerpflichtige Einnahmen erfasst werden. In der Beilage befinden sich die Steuerbescheide von Ehegattin aus dem Zeitraum 2012-2016, AdresseEhegattin, wo unter Position ,,andere wiederkehrende Bezüge" der steuerpflichtige Betrag der Scheidungsvergleichsrente erfasst wird. Auf Grund der vorliegenden Unterlagen hat Herr Bf. jeweils € 2.000,00 pro Monat, das sind € 24.000.00 per anno entrichtet. Da Herr Bf. beim Scheidungsvergleich deutsches Recht anzuwenden hatte und im deutschen Recht zu berücksichtigen war, dass die Einkünfte in Deutschland brutto zu versteuern sind, ist keine Anpassung der Rente mehr möglich. Tatsächlich wird daher in Österreich die von unserem Mandanten an seine Ex-Gattin ausbezahlte Rente von € 24.000,00 in Folge Nichtabsetzbarkeit der Rente mit einer durchschnittlichen Einkommensteuer bei Herrn Bf. Durchschnittsteuersatz 34% besteuert. Daraus folgt, dass Herr Bf. zusätzlich € 8.160,00 in Österreich an Steuern aus seinem verbleibenden Einkommen zusätzlich zu entrichten hat, um die Bruttorente an seine Gattin auszahlen zu müssen. Zu berücksichtigen ist natürlich, dass weiterhin Ehegattin in Deutschland die Rente zu versteuern hat und daher eine Absenkung der deutschen Rente bei einem deutschen Gericht unter Berücksichtigung österreichischer Steuerpflicht nicht von Erfolg gekrönt ist, da Ehegattin ja die Rente weiterhin als voll steuerpflichtig nach deutschem Recht zu behandeln hat. In Folge dessen hier die Steuerrechte nicht übereinstimmen entsteht für unseren Mandanten eine Doppelbelastung, die dazu führt, dass sowohl eine persönliche als auch sachliche Unbilligkeit im konkreten Fall vorliegt. Es tritt nämlich eine vom Gesetz nicht gewollte Doppelbesteuerung, vergleichbar mit dem VwGH-Erkenntnis vom Zahl 90/50/0118 ein. Die anormale Belastungswirkung muss, verglichen mit ähnlichen Fällen, einen atypischen Vermögenseingriff vornehmen, der einen offenkundigen Widerspruch der Rechtsanwendung zu dem vom Gesetzgeber beabsichtigtem Ergebnis von der Wurzel aus haben muss. Dazu sei der Vergleich mit österreichischer Rechtslage dargestellt. In Österreich ist bei einem Scheidungsvergleich darauf Rücksicht zu nehmen, dass in Österreich, anders als in Deutschland, der geschiedene Ehegatte und somit Unterhaltsrentenempfänger aus dem Scheidungsvergleich nur eine Nettorente auf Grund eines Sachverständigengutachtens erhält. In Deutschland ist die Gesetzeslage, wie gesagt, anders. Hier hat der rentenzahlende Ehegatte zu berücksichtigen, dass der rentenempfangende Ehegatte eine Einkommensteuer für die Rente zu entrichten hat und daher entsprechend eine Bruttorente aus seinem Einkommen zu leisten, natürlich unter dem Gesichtspunkt, dass Steuerpflicht auf der einen Seite und Abzugsfähigkeit auf der anderen Seite vorliegen. Auf Grund dessen unser Mandant nach Beendigung seiner aktiven Tätigkeit seinen Ansässigkeitswohnsitz in Österreich lt. DBA innehat, ist ihm nun in voller Härte der Unterschied zwischen deutscher und österreichischer Rechtslage als persönliche und sachliche Unbilligkeit entstanden. Daraus folgt, dass eine Steuervorschreibung iHv € 8.160,00 für die Jahre 2012-2016 als Unbilligkeit entstanden ist. Das sind € 40.800,00 für die veranlagten fünf Jahre. Diese beantragt unser Mandant im Wege des Nachsichtsweges abzuschreiben. Unser Mandant verweist im Hinblick auf die vorliegende Zweckmäßigkeit, die bei der Ermessensregelung zu berücksichtigen wäre, dass falls keine Regelung im Nachsichtswege möglich ist, er wieder gezwungen ist seinen persönlichen Ansässigkeitswohnsitz nach Deutschland zu verlagern. Ihm ist dann nicht mehr möglich seinen österreichischen Ansässigkeitswohnsitz für die Zukunft aufrecht zu erhalten, da die derzeit vorgeschriebene Besteuerung und die weiter aufrecht zu erhaltene Besteuerung auf Grund der Gesetzeslage dazu führt, dass er in Österreich € 8.160,00 per anno mehr Steuern zahlen müsste als in Deutschland, woraus de facto eine unbillige Situation entsteht, die unser Mandant auf Grund der unterschiedlichen Rechtslagen in Deutschland, wie in Österreich auch nicht an der Wurzel, sprich eine Änderung des Scheidungsvergleiches, beseitigen kann. In der Beilage befindet sich der Scheidungsvergleich und die Zahlungen an seine geschiedene Ehegattin Zeitraum 2012-2016 bzw. auch an seine Tochter und die in Deutschland ergangenen Steuerbescheide. Wir weisen auf die § 3 Z1 und 2 der Verordnung zu § 236 BAO hin, wo im zugehörigen Erlass AÖF 2006/1263 eine sachliche Unbilligkeit insbesondere dann vorliegt, wenn die Geltendmachung des Abgabenanspruches zu einer internationalen Doppelbesteuerung führt, deren Beseitigung ungeachtet einer Einigung in einem Verständigungsverfahren die Verjährung oder das Fehlen eines Verfahrenstitels entgegensteht.

Bis zur Erledigung des Ansuchens um Gewährung einer Nachsicht bzw. auch bis zur Erledigung des Vorlageantrages, andererseits beantragen wir, da wir davon ausgehen, dass von den derzeitigen € 108.291,90 zumindest ca. € 50.000,00 an Außenständen verbleiben die Gewährung von sechs Monatsraten zur Abstattung des Rückstandes iHv € 50.000,00, das sind € 8.133,133 per Monat zuzüglich der jeweils fällig werdenden Einkommensteuervorauszahlungen. Wir beantragen den Differenzbetrag vorläufig der von der Nachsicht bzw. der Beschwerdeverfahren umfasst ist zu stunden, um der derzeitigen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit unseres Mandanten gerecht zu werden, insbesondere da unser Mandant im Hinblick auf das fortschreitende Verfahren nachdenken muss, ob er seinen Ansässigkeitswohnsitz in Österreich beibehält oder nicht. Dies wird wohl von den laufenden weiteren Entscheidungen und deren Ergebnissen abhängen. Wir beantragen entsprechende positive Erledigung unserer Anträge.“

Mit Bescheid vom wies die Abgabenbehörde den Antrag des Bf.  vom um Bewilligung einer Nachsicht in Höhe von € 40.800,00 ab.

Zur Begründung wurde ausgeführt, die Unbilligkeit im Sinn des § 236 BAO könne persönlicher oder sachlicher Natur sein.

In der vom Bf. vorgebrachten Begründung könne weder eine persönliche noch eine sachliche Unbilligkeit erkannt werden.
Im konkreten Fall sei die Abgabeneinhebung Auswirkung der allgemeinen Rechtslage, die jeden Steuerpflichtigen gleich treffe und somit bloß Folge des ordnungsgemäßen Vollzuges genereller Abgabennormen. Eine sachliche Unbilligkeit sei nicht gegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die frist- und formgerechte Beschwerde des Bf. vom , mit welcher der Bf. wie folgt ausführt:

Wie schon in unserem Schreiben vom ausgeführt, resultiert aus der Steuervorschreibung 2012 bis 2016 eine Gesamtbelastung unseres Mandanten in Höhe von € 40.800,00 für die veranlagten fünf Jahre und zwar im Betrag von € 8.180 pro Kalenderjahr. Wir hatten diesbezüglich auf das VwGH Erkenntnis vom , 90/50/0118, hingewiesen, wobei die persönliche und sachliche Unbilligkeit im konkreten Fall aufgrund des vergleichbaren Rechtsfalles bei unserem Mandanten vorliegt. Das resultiert daraus, dass die Steuerrechte aus Deutschtand und Österreich nicht übereinstimmen und somit für unseren Mandanten eine Doppelbelastung wie aufgezeigt, resultiert. Unser Mandant hat, wie in den Unterlagen vorgelegt, € 24.000 per anno an seine Exgattin entrichtet. Lt. deutschem Steuerrecht konnte er diese Beträge absetzen. Das Finanzamt hat für 2017 unserem Mandanten € 21.215 an Vorauszahlungen vorgeschrieben. Unser Mandant bezieht nach Abzug seiner Alimentationszahlungen an seine Ehegattin in Deutschland ein verbleibendes österreichisches Einkommen von € 28.000. Nach Abzug der Vorauszahlungen an Einkommensteuer von € 21.215 für das Jahr 2017 verbleibt ihm ein Nettoeinkommen von € 6.785 für das gesamte Jahr. Daraus verbleibt ihm monatlich ein Betrag von € 565,42, der weit unter dem in Österreich ausgewiesenen Existenzminimum von € 900 pro Monat liegt. Aus dieser offenkundigen Unbilligkeit und zwar sowohl sachlich als auch persönlich, zeigt sich eindeutig, dass die derzeitigen Auswirkungen des Gesetzes für unseren Mandanten ruinös sind und dazu führen, dass er bei Weiteranwendung der vollen Härte des Gesetzes und bei Nichtbeachtung der vorliegenden deutlichen Unbilligkeit gezwungen ist, seinen österreichischen Wohnsitz aufzugeben. Das kann aber nicht der Wille des Gesetzgebers und somit der Wille der Rechtsordnung sein. In unserem Schreiben vom haben wir sowohl die Steuerbescheide von Ehegattin vorgelegt, als auch die entsprechenden Zahlungen von der Bank Austria, die jeweils von Herrn Bf. geleistet worden sind. Ebenso wurde der Scheidungsvergleich unseres Mandanten dem Finanzamt übermittelt. Wir weisen ausdrücklich auf die §§ 3 Zi 1 und 2 der Verordnung zu § 236 BAO hin, wo im zugehörigen Erlass, AÖF 2006/126 eine sachliche Unbilligkeit insbesondere dann vorliegt, wenn die Geltendmachung des Abgabenanspruches zu einer internationalen Doppelbesteuerung führt, deren Beseitigung ungeachtet einer Einigung in einem Verständigungsverfahren die Verjährung oder das Fehlen eines Verfahrenstitels entgegensteht. Insbesondere wird diesbezüglich hingewiesen, dass hier das Fehlen eines Verfahrenstitels vorliegt und daher die Unbilligkeit in sachlicher Hinsicht vorliegt. In persönlicher Hinsicht liegt sie insbesondere darin vor, da unserem Mandanten lediglich € 565,42 netto per Monat unter Berücksichtigung der notwendigen österreichischen Steuerzahlungen in den 12 Monaten schon unter Berücksichtigung des 13. und 14. Bezuges verbleiben. Somit ist sowohl die sachliche als auch persönliche Unbilligkeit unseres Erachtens nach gegeben und wir beantragen daher, im Hinblick auf Kommentar Ritz zur Unbilligkeit Tz 9, dass eine persönliche oder sachliche Unbilligkeit unseres Erachtens nach vorliegt. Unter Aufzeigen der wirtschaftlichen Auswirkungen (lediglich verbleiben unserem Mandanten € 565,42/Monat), liegen außergewöhnliche Umstände vor, die als persönliche Unbilligkeit anzusehen sind. Die sachliche Unbilligkeit zeigt sich, dass bei Anwendung des Gesetzes ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis bezüglich des ihm verbleibenden Nettoeinkommens (vgl. Tz 11 § 236 BAO Ritz) unserem Mandanten verbleibt.

Das infolgedessen die steuerlichen Abschreibemöglichkeiten in Deutschland und in Österreich bei der Berechnung des steuerpflichtigen Einkommens unterschiedlich bei der Berücksichtigung des Unterhalts an die geschiedene Ehegattin sind.“

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die Abgabenbehörde die Beschwerde des Bf. vom als unbegründet ab.

Zur Begründung wurde ausgeführt, eine persönliche Unbilligkeit ergebe sich aus der wirtschaftlichen Situation des Antragstellers (bzw. aller Gesamtschuldner). Sie bestehe bei einem wirtschaftlichen Missverhältnis zwischen der Einhebung der Abgabe und den im Bereich des (der) Abgabepflichtigen entstehenden Nachteilen. (; )

Eine sachliche Unbilligkeit sei anzunehmen, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes aus anderen als aus persönlichen Gründen ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintrete, sodass es zu einer anormalen Belastungswirkung und, verglichen mit anderen Fällen, zu einem atypischen Vermögenseingriff komme ().

In der gegenständlichen Beschwerde würden sowohl die persönliche als auch die sachliche Unbilligkeit der Einhebung geltend gemacht. Persönliche Unbilligkeit sei laut den Ausführungen des Bf. deswegen gegeben, da ihm aufgrund der steuerlichen Belastung und der Unterhaltszahlungen an die ehemalige Ehegattin jeden Monat weniger als das gesetzliche Existenzminimum zur Bestreitung seines Lebensunterhalts verbleibe.

Sachliche Unbilligkeit sei aufgrund der unterschiedlichen Rechtslagen in Österreich und in Deutschland gegeben. Die Höhe der zu leistenden Unterhaltszahlungen wurde auf der Prämisse, dass diese beim Unterhaltsleister steuerlich abzugsfähig und beim Empfänger zu versteuern seien, bemessen. In Osterreich stellten Unterhaltsleistungen Einkommensverwendung dar und seien beim Unterhaltsberechtigten nicht zu versteuern. Aufgrund dieser Ungleichheiten ergäbe sich ein steuerlicher Nachteil für den Bf.

Diesbezüglich sei Folgendes festzuhalten:
Entgegen der Darstellung der Beschwerde stehe dem Bf. ein monatlicher Betrag, der weit über dem Existenzminimum liege, zur Verfügung. Im Rahmen der Veranlagung 2017 ergebe sich eine Abgabengutschrift, da die tatsächlich zu entrichtende Steuer geringer als die zuvor festgesetzten Vorauszahlungen ausfalle. Des Weiteren sei das Einkommen aus der gesetzlichen deutschen Pension, mit einem Auszahlungsbetrag von knapp über € 1.000 pro Monat, außer Ansatz gelassen worden. Der angegebene Betrag des monatlich zur Verfügung stehenden Einkommens von € 565,42 sei jedenfalls unrichtig. Es sei festzuhalten, dass der Rückstand, für den um Nachsicht ersucht werde, aus den Veranlagungen 2012-2016 resultiere. Der Bf. habe es über viele Jahre hinweg, bis zur Aufforderung durch die Behörde aufgrund einer Kontrollmitteilung, vollständig unterlassen steuerpflichtiges Einkommen aus einer deutschen Betriebsrente in Österreich zu erklären. Aufgrund des feststehenden Sachverhaltes könne der vorgebrachten Argumentation nicht gefolgt werden. Das Vorliegen einer persönlichen Unbilligkeit sei zu verneinen.

Aus dem zitierten Erkenntnis des Zl 90/50/0018, lasse sich für den gegenständlichen Fall nichts gewinnen, der Sachverhalt nicht vergleichbar sei. Eine echte internationale Doppelbesteuerung liege im Beschwerdefall nicht vor. Darunter sei nämlich die Erhebung gleicher oder gleichartiger Steuern von demselben Steuerpflichtigen für denselben Steuergegenstand und denselben Zeitraum zu verstehen (). Ob und in welchem Ausmaß die Zahlungen beim Empfänger bzw. einem anderen Steuersubjekt im Ausland besteuert werden, sei für die Abgabeneinhebung in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung.

Die ertragssteuerliche Beurteilung von Unterhaltsleistungen als Einkommensverwendung sei aufgrund der bestehenden höchstgerichtlichen Judikatur unstrittig. Aus dem alleinigen Umstand, dass dem Bf. aufgrund der unterschiedlichen Rechtslagen in Österreich und Deutschland ein Nachteil entstehe, lasse sich im konkreten Fall kein Grund für eine Nachsicht ableiten. In diesem Zusammenhang sei ohnehin auf Art. 18 Abs. 5 des DBA Österreich - Deutschland zu verweisen. Demnach sind Unterhaltszahlungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person an eine im anderen Vertragsstaat ansässige Person zahle, von der Steuer befreit.

Die Bezifferung des Nachteils in Höhe von € 8.160 pro Kalenderjahr entspräche zudem nicht den tatsächlichen Gegebenheiten, dieser falle deutlich geringer aus. Der angegebene Wert sei ermittelt worden, indem die geleisteten Unterhaltszahlungen mit einem Durchschnittssteuersatz von ungefähr 34 % multipliziert worden seien. Unter der hypothetischen Annahme, dass ein reiner Inlandssachverhalt vorliege und aufgrund eines österreichischen Scheidungsvergleichs Unterhaltszahlungen an eine im Inland lebende Ex-Gattin zu entrichten wären, wären die Unterhaltszahlungen lediglich niedriger bemessen worden.

Eine steuerliche Abzugsfähigkeit hierfür wäre aufgrund der Qualifizierung der Zahlungen als Einkommensverwendung ebenso nicht gegeben und auch keiner Nachsicht zugänglich. Der behauptete Nachteil kann höchstens in dem Unterschiedsbetrag zwischen Brutto- und Nettorente bestehen.

Eine Unbilligkeit des Einzelfalls sei nicht gegeben, wenn lediglich eine Auswirkung der allgemeinen Rechtslage vorliege, also die vermeintliche Unbilligkeit für die davon Betroffenen aus dem Gesetz selbst erfolge (; ). Die Versagung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Unterhaltszahlungen und Qualifizierung als Einkommensverwendung resultiere unmittelbar aus dem Gesetz und sei durch die ständige Rechtsprechung des VwGH bestätigt. Dem in der Beschwerde vorgebrachten Verweis auf § 3 Z 1 und Z 2 der VO zu § 236 BAO könne daher nicht gefolgt werden. Die Geltendmachung des Abgabenanspruchs weiche nicht von der Rsp. des VwGH/des VfGH ab und stehe auch nicht im Widerspruch zu nicht offensichtlich unrichtigen Rechtsauslegungen der zuständigen Abgabenbehörde oder des BMF.

Mit Schriftsatz vom beantragte der Bf. durch seinen steuerlichen Vertreter die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und führte wie folgt aus:

"Sachverhalt:
Unser Mandant ist deutscher Staatsbürger und hat am eine Scheidungsvereinbarung mit seiner ehemaligen Ehegattin, ebenfalls deutsche Staatsbürgerin, in Deutschland getroffen. Zum Zeitpunkt dieser deutschen Scheidungsvereinbarung war unser Mandant in Deutschland steuerlich ansässig und hat unter Berücksichtigung des deutschen Steuerrechtes und des anwendbaren deutschen Zivilrechts einen Scheidungsvergleich mit seiner Ehegattin durchgeführt. Aufgrund des Scheidungsvergleiches hat er sich verpflichtet, DM 3.880 zu entrichten. Bei der Ermessung der Zahlung an seine Gattin wurde berücksichtigt, dass die Unterhaltszahlungen in Deutschland Bruttozahlungen sind und daher von seiner geschiedenen Gattin in Deutschland als steuerpflichtige Einnahmen erfasst werden. Vorgelegt wurden im Verfahren die Steuerbescheide von Ehegattin aus dem Zeitraum 2012-2016, AdresseEhegattin, wo unter Pension andere wiederkehrende Bezüge der steuerpflichtige Betrag der Scheidungsvergleichsrente erfasst wird. Aufgrund der vorgelegten Unterlagen hat Herr Bf. jeweils € 2.000/Monat, das sind € 24.000/Jahr entrichtet. Da Herr Bf. beim Scheidungsvergleich deutsches Recht anzuwenden hatte und im deutschen Recht zu berücksichtigen war, dass die Einkünfte in Deutschland brutto zu versteuern sind, ist keine Anpassung der Rente mehr möglich und die Angelegenheit daher verfahrensrechtlich unabänderlich. Tatsächlich wird daher in Österreich die von unserem Mandanten an seine Ex-Gattin ausbezahlte Rente von € 24.000 in Folge Nichtabsetzbarkeit der Rente mit einer durchschnittlichen Einkommensteuer bei Herrn Bf. (Durchschnittssteuersatz 34%) besteuert. Daraus folgt, dass Herr Bf. zusätzlich € 8.160 in Österreich an Steuern aus seinem verbleibenden Einkommen zu entrichten hat, um die Bruttorente an seine Gattin auszahlen zu können. Zu berücksichtigen ist natürlich, dass weiterhin Ehegattin die Rente in Deutschland zu versteuern hat und daher die Absenkung der deutschen Rente bei den deutschen Gerichten unter Berücksichtigung österreichischer Steuerpflicht nicht von Erfolg gekrönt ist, da Ehegattin die Rente weiterhin als voll steuerpflichtig nach deutschem Recht zu behandeln hat. Der Hinweis in der Entscheidung vom , dass Ehegattin Art. 18 Abs. 5 des DBA Österreich/Deutschland anwenden könnte, ist richtig, doch haben Ehegattin und ihr Steuerberater diese Bestimmung bis dato nicht angewendet und ist daher auch kein Verfahrenstitel möglich, um die alten Jahre aufrollen zu können. Somit tritt eine nicht gewollte Doppelbesteuerung, vergleichbar mit dem VwGH Erkenntnis vom , Zl 90/15/0118, ein. Die anormale Belastungswirkung muss verglichen mit ähnlichen Fällen einen atypischen Vermögenseingriff vornehmen, der in einem offenkundigen Widerspruch der Rechtsanwendung zu dem vom Gesetzgeber beabsichtigten Willen von der Wurzel aus haben muss. Dazu sei der Vergleich mit der österreichischen Rechtslage dargestellt. In Österreich ist bei einem Scheidungsvergleich darauf Rücksicht zu nehmen, dass in Österreich anders als in Deutschland der geschiedene Ehegatte und somit Unterhaltsrentenempfänger aus dem Scheidungsvergleich nur eine Nettorente aufgrund eines Sachverständigengutachtens erhält. In Deutschland ist die Gesetzeslage wie gesagt anders. Hervorzuheben ist nicht, dass die unterschiedliche Gesetzeslage die Unbilligkeit hervorruft, sondern dass aufgrund der schon erfolgten Versteuerung in Deutschland und aufgrund der bestehenden Verpflichtung der Unterhaltsleistung für den Zeitraum 2012 bis 2016 die sachliche Unbilligkeit mangels Verfahrenstitel für die alten Jahre entstanden ist. Daraus folgt, dass eine Steuervorschreibung von € 40.800 für die Jahre 2012-2018 als Unbilligkeit vorliegt.

Die persönliche Unbilligkeit ist richtig, reduziert sich insoweit, als Herr Bf. eine deutsche Rente bezieht, die im Jahr 2017 € 13.977 abzüglich deutscher Einkommensteuer inkl. Solidaritätszuschlag von € 1.670 zum vorläufigen Auszahlungsbetrag von € 12.307, somit € 1.025,58 monatlich, führt. Unter Berücksichtigung der schon in der Beschwerde gegen die Abweisung der Nachsicht dargestellten sonstigen österreichischen Minimum von € 565,42 ergibt sich für unseren Klienten ein Nettoeinkommen von € 1.591 12 Mal, das schon unter Berücksichtigung des 13. und 14. Bezuges in Österreich. Persönliche Unbilligkeiten sind immer dann anzunehmen, wenn die Einhebung der Abgaben, also die Einziehung, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, insbesondere das Vermögen und/oder Einkommen des Abgabenschuldners in besonderer Weise unverhältnismäßig beeinträchtigen würde, sh. Zl. 89/15/88. Persönliche Unbilligkeit bedeutet allerdings nicht nur die Gefährdung der Existenz, sondern es genügt, dass die Abstattung der Abgabenschuldigkeiten mit wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden ist, die außergewöhnlich sind (vgl. Zl 90/15/15), in ihren wirtschaftlichen Folgen atypisch und schwerwiegend sind oder die Leistungskraft in unverhältnismäßiger Weise beeinträchtigen und damit geradezu die Lebensfähigkeit der Person des Abgabepflichtigen gefährden. Durch die unterschiedliche österreichische/deutsche Rechtslage verliert unser Klient € 680 netto monatlich.

Rechtliche Begründung:
Sachliche Unbilligkeit ist unter Berücksichtigung von Stoll BAO Kommentar Band 3 zu § 236 vor allem dann gegeben; wenn in den verfahrensmäßigen Besonderheiten des Zustandekommens unter Durchsetzung des Abgabenanspruches entsprechende sachliche Nachsichtgründe, nämlich sachliche Unbilligkeit, auftauchen. Die nachsichtsbegründete sachliche Unbilligkeit müsste so gesehen letztlich auf die besondere verfahrensmäßige Entstehung der ausstehenden Abgabenschuld zurückzuführen sein. Sie dürfte hingegen nicht im legistischen Bereich, somit im schuldbegründenden materiellen Recht ihre Ursache haben. Das hat sie, da wir gegenständlicherweise Jahre der Steuervorschreibung 2012-2016 im Fokus haben und daraus resultierend die jeweils € 8.160 pro Jahr an zusätzlicher Steuerbelastung unseres Mandanten für ihn verfahrensrechtlich irreversibel sind, da weder eine verfahrensrechtliche Möglichkeit besteht, seine Unterhaltszahlung gegenüber seiner geschiedenen Gattin, Ehegattin zu reduzieren, noch die Möglichkeit besteht, ihren Steuerberater darauf hinzuweisen, bzw. zu bestimmen, dass im Steuerverfahren seiner Gattin die Einkünfte in Deutschland, sprich Unterhaltszahlungen. gem. Art 18 Abs. 5 DBA Österreich/Deutschland, steuerfrei gestellt werden. Das deswegen, da das Finanzamt richtigerweise darauf hinweist, dass diese Jahre auf einmal, mittels entsprechender Bescheide 2012-2016 vorgeschrieben worden sind. Die zugrundeliegenden österreichischen Steuerbescheide sind inzwischen auch endgültig rechtskräftig geworden im Hinblick auf die BFG Entscheidung GZ. RV 7102943/2018 vom , in der über die Jahre 2012-2016 entsprechend abgesprochen worden ist. Wir weisen ausdrücklich auf den § 3 Zi 1 und 2 der Verordnung zum § 236 BAO hin, wo im zugehörigen Erlass AÖF 2006/126 eine sachliche Unbilligkeit insbesondere dann vorliegt, wenn die Geltendmachung des Abgabenanspruches zur internationalen Doppelbesteuerung führt, deren Beseitigung, ungeachtet einer Einigung in einem Verständigungsverfahren, die Verjährung oder das Fehlen eines Verfahrenstitels entgegensteht. Insbesondere wird diesbezüglich hingewiesen, dass hier das Fehlen eines Verfahrenstitels vorliegt und daher die Unbilligkeit in sachlicher Hinsicht vorliegt und zwar auch in Verbindung mit Stoll BAO Band 3 zu § 236 BAO.

Zur persönlichen Unbilligkeit wäre darauf hinzuweisen, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen insoweit außergewöhnlich sind, als unser Mandant für den Zeitraum 2012-2016 monatlich € 680 an Nettoeinkommen verliert, somit insgesamt € 40.800 und zwar durch die unterschiedlichen verfahrensmäßigen Behandlungen zwischen Österreich und Deutschland. Daraus resultiert eine persönliche Unbilligkeit und das Nettoeinkommen unseres Mandanten wird unter Berücksichtigung der deutschen Rente auf § 1.591 netto 12 Mal, unter Berücksichtigung des 13. und 14. Gehaltes, eingeschränkt. Dies stellt eine erhebliche Einschränkung dar.

Wir beantragen die Gewährung einer Nachsicht für € 40.800, das ist die Steuer von € 8.160 für die aliquote Steuerbelastung 2012-2016 für die brutto an seine Ex-Gattin in Deutschland entrichtete Unterhaltsleistung, insbesondere in Hinblick auf die sachliche Unbilligkeit nämlich die besondere verfahrensmäßige Entstehung der ausstehenden Abgabenschuldigkeit. Da für die Beseitigung einer internationalen Doppelbesteuerung die Verjährung bzw. Fehlen eines Verfahrenstitels, wie schon oben dargestellt, entgegensteht."

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 236 Abs. 1 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.
(2) Abs. 1 findet auf bereits entrichtete Abgabenschuldigkeiten sinngemäß Anwendung.
(3) Die Bestimmungen des § 235 Abs. 2 und 3 gelten auch für die Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten.

Gemäß Art. 18 Abs. 5 des Doppelbesteuerungsabkommens Österreich/Deutschland (Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, BGBl. III Nr. 182/2002) sind Unterhaltszahlungen, einschließlich derjenigen für Kinder, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person an eine im anderen Vertragsstaat ansässige Person zahlt, in dem anderen Staat von der Steuer befreit. Das gilt nicht, soweit die Unterhaltszahlungen im erstgenannten Staat bei der Berechnung des steuerpflichtigen Einkommens des Zahlungsverpflichteten abzugsfähig sind; Steuerfreibeträge zur Milderung der sozialen Lasten gelten nicht als Abzug im Sinne dieser Bestimmung.

Die Unbilligkeit der Einhebung einer Abgabe kann nach der Lage des Falles eine persönliche oder sachliche sein. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes muss eine Unbilligkeit "im Einzelfall" vorliegen.

Persönliche Unbilligkeit

Die persönliche Unbilligkeit ergibt sich aus den wirtschaftlichen Verhältnissen des Abgabenschuldners (bzw. aller Gesamtschuldner). Sie ist jedenfalls dann gegeben, wenn durch die Einhebung der Abgaben die Existenz des Abgabepflichtigen oder seiner Familie gefährdet ist. Auch bei einem wirtschaftlichen Missverhältnis zwischen der Einhebung der Abgabe und dem im Bereich des (der) Abgabepflichtigen entstehenden Nachteile kann persönliche Unbilligkeit gegeben sein.

Das Vorliegen einer Existenzgefährdung ist jedoch nicht Tatbestandsmerkmal des § 236 BAO. Für das Vorliegen einer persönlichen Unbilligkeit spricht auch der Umstand, dass die Abstattung der Abgabenschulden mit derartigen wirtschaftlichen Nachteilen verbunden wäre, die außergewöhnlich sind, insbesondere dann, wenn die Abgabenschuld nur unter Verschleuderung von Vermögenswerten entrichtet werden könnte. Die Notwendigkeit, Vermögenswerte zu veräußern, um die Abgabenentrichtung zu gewährleisten, lässt für sich allein die Abgabeneinhebung nicht unbillig erscheinen. Eine Unbilligkeit liegt auch nicht vor, wenn z. Bsp. durch Bewilligung von Zahlungserleichterungen der Härte in der Abgabeneinhebung abgeholfen werden könnte ().

Dabei sind nicht die Vermögens- und Einkommensverhältnisse zum Zeitpunkt des Entstehens der Abgabenschuld maßgebend, sondern jene zum Zeitpunkt der Entscheidung über das Ansuchen (vgl. ; , sowie die bei Ritz, BAO4, Tz 10 zu § 236).

Den Antragsteller trifft im Nachsichtsverfahren eine erhöhte Mitwirkungspflicht, er hat einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf die die Nachsicht gestützt werden kann (). Das Schwergewicht der Behauptungs-  und Beweislast liegt daher beim Nachsichtswerber, die Behörde ist jedoch nicht von ihrer Ermittlungspflicht befreit ().

Bei der Entscheidung über ein Nachsichtsansuchen ist stets die Sachlage im Zeitpunkt der Bescheiderlassung zu berücksichtigen ().

Nach § 236 Abs. 2 BAO können auch bereits entrichtete Abgaben nachgesehen werden. Sind die Abgaben bereits entrichtet, so ist bei der Beurteilung eines Nachsichtsansuchens kein strengerer Maßstab anzulegen, als bei nicht entrichteten Abgabenschuldigkeiten (). Aufgabe des Antragstellers auf Erteilung der Nachsicht im Sinne des § 236 Abs. 2 BAO ist es, in nachvollziehbarer Weise darzulegen, dass die für eine Unbilligkeit der Einhebung der Abgaben, wären sie noch nicht entrichtet, sprechenden Umstände durch die Tilgung der Abgabenschuldigkeit nicht beseitigt worden sind ().

Mit der gegenständlichen Beschwerde begehrt der Bf. die Gewährung einer Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten an Einkommensteuer 2012-2016 in Höhe von jeweils jährlich € 8.160,00, also in Höhe von insgesamt € 40.800,00 für diese veranlagten fünf Jahre, mit dem Vorbringen, er hätte um diesen Betrag zu viel an Einkommensteuern in Österreich bezahlt, weil seine Unterhaltszahlungen an die in Deutschland lebende geschiedene Ehegattin in Höhe von € 2.000,00 monatlich in Österreich bei ihm steuerlich nicht abzugsfähig seien, in Deutschland bei seiner ehemaligen Gattin jedoch der Steuerpflicht unterliegen würden.

Die wirtschaftlichen Auswirkungen daraus seien, wie er im Vorlageantrag ausführt, insoweit außergewöhnlich, als der Bf. für den Zeitraum 2012-2016 durch die Nichtabzugsfähigkeit der Unterhaltszahlungen monatlich € 680,00 an Nettoeinkommen verliere, somit insgesamt € 40.800 für die genannten Jahre, und zwar durch die unterschiedlichen verfahrensmäßigen Behandlungen zwischen Österreich und Deutschland. Daraus resultiere eine persönliche Unbilligkeit und das Nettoeinkommen des letztveranlagten Jahres 2017 des Bf. werde auf € 1.591,00 netto 12 Mal, unter Berücksichtigung des 13. und 14. Gehaltes, eingeschränkt. Dies stelle eine erhebliche Einschränkung dar.

Mit diesem Vorbringen macht der Bf. das Vorliegen einer persönlichen Unbilligkeit der Einhebung nicht glaubhaft, weil er selbst von einem monatlich verfügbaren Einkommen von ca. € 1.600,00 ausgeht, welches nach Abzug der in Österreich und Deutschland zu entrichtenden Einkommensteuern und Leistung der Unterhaltszahlungen an die geschiedene deutsche Ehegattin zur Verfügung steht. Die von der Nachsicht umfassten Beträge an Einkommensteuer 2012-2016 haften am Abgabenkonto des Bf. nicht mehr aus, was zeigt, dass eine ratenweise Entrichtung dieser Abgaben - ohne atypischen Vermögenseingriff - jedenfalls möglich war. Der Bf. hat im gegenständlichen Verfahren nicht dargelegt, dass die Entrichtung der gegenständlichen Einkommensteuer 2012-2016 zu einer Existenzgefährdung geführt hätte bzw. mit derartigen wirtschaftlichen Nachteilen verbunden gewesen wäre, die außergewöhnlich gewesen seien, insbesonders dass die Abgabenschuld nur unter Verschleuderung von Vermögenswerten entrichtet hätte werden können.

Bedenkt man, dass die in- und ausländischen Einkünfte des Bf. im letztveranlagten Jahr 2017 insgesamt € 62.911,19 betrugen, so konnten aus diesen Einkünften, die Unterhaltsleistungen an die deutsche geschiedene Gattin (€ 24.000,00) und die in Deutschland und Österreich anfallenden Einkommensteuern in Höhe von ca. € 17.500,00 ohne Einschränkung des Lebensunterhaltes des Bf. geleistet werden. Dass sich zwischenzeitig an der Einkommenssituation des Bf. Wesentliches geändert hätte, wurde nicht vorgebracht.

Sachliche Unbilligkeit

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine sachliche Unbilligkeit der Abgabeneinhebung vor, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt. Jedenfalls muss es, verglichen mit anderen Fällen, zu einer atypischen Belastungswirkung kommen.

Durch eine Nachsicht können nur solche Auswirkungen der Abgabenvorschriften gemildert werden, die der Gesetzgeber nicht selbst vorhergesehen hat (). Eine tatbestandsmäßige Unbilligkeit im Einzelfall ist dann nicht gegeben, wenn lediglich eine Auswirkung der allgemeinen Rechtslage festzustellen ist, die alle von dem betreffenden Gesetz erfassten Abgabepflichtigen in gleicher Weise trifft (vgl. , , 0148; ).

Der in der anormalen Belastungswirkung und, verglichen mit ähnlichen Fällen, im atypischen Vermögenseingriff gelegene offenbare Widerspruch der Rechtsanwendung zu den vom Gesetzgeber beabsichtigten Ergebnissen muss seine Wurzel in einem außergewöhnlichen Geschehensablauf haben, der auf eine vom Steuerpflichtigen nicht beeinflussbare Weise eine vom Steuerpflichtigen nach dem gewöhnlichen Verlauf nicht zu erwartende Abgabenschuld ausgelöst hat, die zudem auch in ihrer Höhe nach unproportional zum auslösenden Sachverhalt ist. Ein solcher Geschehensablauf liegt nicht vor, wenn es in der Einflussmöglichkeit des Steuerpflichtigen gelegen ist, das Entstehen der Abgabenschuld (des SZ) zu verhindern ().

Eine sachliche Unbilligkeit des Einzelfalles liegt jedenfalls nicht vor, wenn die Abgabennachforderung ganz allgemein die Auswirkung einer generellen Rechtsnorm ist, die alle Wirtschaftstreibenden in ähnlicher Lage trifft (), oder Geschäftsvorfälle vorliegen, die den Bereich des allgemeinen Unternehmerwagnisses zuzuordnen sind (z.B treuwidriges Verhalten eines Geschäftsführers, ).

Auch kann die Abgabennachsicht nicht dazu dienen, im Festsetzungsverfahren unterlassene Einwendungen nachzuholen.

Der Bf. sieht eine sachliche Unbilligkeit der Einhebung darin, er hätte in den Jahren 2012-2018 um € 40.800,00 zu viel an Einkommensteuern in Österreich bezahlt, weil seine Unterhaltszahlungen an die in Deutschland lebende geschiedene Ehegattin in Höhe von € 2.000,00 monatlich in Österreich bei ihm steuerlich nicht abzugsfähig seien, in Deutschland bei seiner ehemaligen Gattin jedoch der Steuerpflicht unterliegen würden. Die Geltendmachung des Abgabenanspruches an Einkommensteuer 2012-2016 würde zur internationalen Doppelbesteuerung führen, deren Beseitigung, ungeachtet einer Einigung in einem Verständigungsverfahren, die Verjährung oder das Fehlen eines Verfahrenstitels entgegenstehe.

Dem ist zu entgegnen, dass nach österreichsicher Rechtslage Unterhaltszahlungen an die geschiedene Gattin steuerlich nicht abzugsfähig sind (Verweis auf § 20 EStG und § 34 Abs. 7 EStG). Dies stellt eine Auswirkung der allgemeinen Rechtslage dar, die alle Abgabenpflichtigen in gleicher Lage gleich trifft. Die Besteuerung des Bf. in Österreich ist rechtsrichtig erfolgt. Eine sachliche Unbilligkeit des Einzelfalles liegt insoweit keinesfalls vor. Auf das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV7102943/2018, in der zugrundeliegenden Abgabensache wird insoweit verwiesen.

Die vom in Österreich ansässigen Bf. an seine geschiedene deutsche Gattin geleisteten Unterhaltszahlungen in Höhe von € 24.000,00 pro Jahr sind bzw. wären in den Jahren 2012-2016 bei richtiger Anwendung der Gesetze in Österreich beim Bf. als ertragsteuerlich nicht abzugsfähig und bei seiner geschieden deutschen Ehefrau in Deutschland gemäß Art. 18 Abs. 5 des Doppelbesteuerungsabkommens Österreich/Deutschland (BGBl. III Nr. 182/2002) als steuerfrei einzuordnen gewesen. Bei korrekter Anwendung der Gesetze wäre kein vom Gesetzgeber unbeabsichtigtes Ergebnis eingetreten. Die steuerlich unrichtige Behandlung erfolgte in den hier relevanten Jahren 2012-2016 durch die Versteuerung der Unterhaltszahlungen bei der Gattin, welche – wie ausgeführt – ab Verlegung des Wohnsitzes des Bf. von Deutschland nach Österreich bei seiner geschiedenen Gattin steuerfrei gewesen wären.

Eine vom Bf. eingewendete internationale Doppelbesteuerung liegt somit keinesfalls vor. Somit liegt – bei klarer Rechtslage und Nichtvorliegen einer Doppelbesteuerungsproblematik - auch kein Fall eines Verständigungsverfahrens vor. Der Umstand, dass eventuell Verjährungsbestimmungen oder das Fehlen eines Verfahrenstitels einer Richtigstellung der Besteuerung der Unterhaltszahlungen bei der Ex-Gattin in Deutschland entgegenstehen, kann keine sachliche Unbilligkeit der Einhebung der in Österreich beim Bf. korrekt bemessenen Einkommensteuern 2012-2016 darstellen. Offenkundig haben es der Bf. und seine geschiedene Gattin, die ursprünglich beide in Deutschland ihren Wohnsitz hatten und die im Zuge der Scheidung - aufgrund der Steuerwirksamkeit der Unterhaltszahlungen in Deutschland bei Beiden - eine Bruttounterhaltsvereinbarung trafen, es nach Verlegung des Wohnsitzes des Bf. nach Österreich unterlassen, sich hinsichtlich der steuerlichen Auswirkungen dieser Wohnsitzverlegung zu erkundigen und die entsprechenden Schritte zu setzten (steuerfreie Behandlung der Unterhaltszahlungen bei Abgaben der Steuererklärungen der Gattin in Deutschland und eventuelle Anpassung der Unterhaltsvereinbarung auf Zahlungen eines „Nettounterhaltes“ aufgrund geänderter rechtlicher Rahmenbedingungen).

Nach der oben zitierten ständigen Judikatur des VwGH liegt eine sachliche Unbilligkeit der Einhebung vor, wenn die anormale Belastungswirkung und das vom Gesetzgeber beabsichtigte steuerliche Ergebnis seine Wurzel in einem außergewöhnlichen Geschehensablauf hat, der auf eine vom Steuerpflichtigen nicht beeinflussbare Weise eine vom Steuerpflichtigen nach dem gewöhnlichen Verlauf nicht zu erwartende Abgabenschuld ausgelöst hat, die zudem auch in ihrer Höhe nach unproportional zum auslösenden Sachverhalt ist. Die vom Bf. ins Treffen geführte wirtschaftliche Doppelbesteuerung der Unterhaltszahlungen (nicht abzugsfähig beim Bf. in Österreich, aber steuerpflichtig bei der Ex-Gattin in Deutschland) hat ihren Grund in der unrichtigen steuerlichen Behandlung der Unterhaltszahlungen bei der geschiedenen Gattin als steuerpflichtig in Deutschland, welche offenkundig auf einem Unterlassen von Erkundigungen und von Einwendungen in deren Abgabenverfahren beruht. Nicht zu beurteilen ist im gegenständlichen Verfahren, ob eine Unbilligkeit der Einhebung der zu Unrecht bei der Ex-Gattin vorgeschrieben deutschen Einkommensteuer vorliegt.

Wie bereits ausgeführt, erfolgte in Österreich eine rechtsrichtige Besteuerung des Bf., im Rahmen der die Unterhaltszahlungen an die Gattin als ertragsteuerlich nicht abzugsfähig behandelt wurden. Eine sachliche Unbilligkeit der Einhebung der Einkommensteuern 2012-2016 liegt beim Bf. keinesfalls vor. Würde man ein solche bejahen, so würde dies zum - keinesfalls vom Gesetzgeber beabsichtigten - Ergebnis führen, dass in Deutschland bei der unterhaltsberichtigten Ex-Gattin zu Unrecht vorgeschriebene Steuern in Österreich beim unterhaltsverpflichteten Bf. nachgesehen würden.

Da beim Bf. weder eine persönliche noch eine sachliche Unbilligkeit der Einhebung der Einkommensteuern 2012 – 2016 vorliegt, blieb für eine Ermessensentscheidung keine Raum.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 236 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 18 Abs. 5 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7100968.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at