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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.11.2019, RV/7400194/2017

Abweisung; Geltendmachung der Geschäftsführerhaftung erfolgte zu Recht

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. R. in der Beschwerdesache Bf., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Rechnungs- und Abgabenwesen, vom , MA 6/ARL - xxx betreffend Haftungsbescheid zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Mit Vorhalt vom teilte die belangte Behörde dem Bf. mit, dass dieser zur Zahlung von € 1.338,43 verpflichtet sei. Er sei seit im Firmenbuch als Geschäftsführer der  A. (fortan Primärschuldnerin) eingetragen und somit als deren Vertreter anzusehen. Gemäß. § 80 Abs. 1 der BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, insbesondere sei dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden. Hinsichtlich der Kommunalsteuer würden nach § 6a Abs. 1 des Kommunalsteuergesetzes, BGBl. Nr. 819/1993, die in §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Dienstgeberabgabe insoweit haften, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden können, insbesondere im Falle der Insolvenzeröffnung. § 9 Abs. 1 BAO gelte sinngemäß.

Im gegenständlichen Fall seien Abgabenbeträge im Gesamtbetrag von € 1.338,43 nicht entrichtet worden. Die Rückstände umfassen die Kommunalsteuer lt. GPLA Prüfung für 2008 idHv. € 144,31, die Kommunalsteuer lt. GPLA Prüfung für 2009 idHv. € 351,48 und den dazugehörigen Säumniszuschlag von € 7,02, die Kommunalsteuer lt. GPLA Prüfung für 2010 idHv. von €774,18 und den dazugehörigen Säumniszuschlag von € 15,48, die Kommunalsteuer lt. GPLA Prüfung für 2011 idHv. von 32,17 sowie die Pfändungsgebühren hiezu von € 13,25. Die gesetzliche Voraussetzung für die Haft- und Zahlungspflicht sei daher gegeben. Zudem wurde der Bf. unter Hinweis auf § 183 Abs 4 BAO zur Stellungnahme binnen zwei Wochen ab Zustellung aufgefordert, bzw. aufgefordert, innerhalb der genannten Frist, den aufgezeigten Rückstand zu begleichen.

Mit Schreiben vom erklärte der Bf. im Wesentlichen, seit 2013 Geschäftsführer der Primärschuldnerin zu sein. In vielen Vorgesprächen mit den zuständigen Mitarbeitern und Abteilungsleitern der belangten Behörde habe er die finanzielle Notlage der Primärschuldnerin dargestellt. Diese Notlage sei einzig und alleine  durch die übermäßig hohen Mietzahlungsforderungen gemäß den Verträgen am V., zurückzuführen, wo sämtliche Geschäftstätigkeiten bis Mai 2015 lukriert worden seien. Es sei mehrfach um Nachlass für die durch eine GPLA Prüfung im Jahr 2015 entstandene Vorschreibung ersucht worden. Er habe  mit umfassenden Unterlagen belegt, dass - um eine drohende Insolvenz abzuwenden - mit allen Lieferanten Abschläge und Vergleichszahlungen in durchschnittlicher Höhe von 31,25 % der Verbindlichkeiten abgeschlossen worden seien. Trotz des Anscheins Verständnis gefunden zu haben, sei das Ersuchen um Nachlass mit dem Hinweis abgelehnt worden, dass bis dato auch keine Vereinbarung mit dem Finanzamt getroffen worden sei. Das Finanzamt möchte das Ergebnis der bereits eingebrachten Bilanz für 2015 abwarten und erst danach über das Ansuchen entscheiden. Sein Vorgänger, als Geschäftsführer, habe seine gesamten Ersparnisse in die Firma investiert um Schadensminimierung zu betreiben, redlicher könne man doch nicht sein. Er ersuche die Entscheidung des Finanzamtes weiter abzuwarten, damit ein Nachlass gewährt werden könne. Er selbst habe bis Juni 2015 neben seiner Erwerbsunfähigkeitspension von etwa € 1.000 noch zu versteuernde € 405 für seine geringfügige Tätigkeit von der Gesellschaft erhalten, dafür habe er auf die Mietzinsbeihilfe verzichten müssen. Er verfüge über kein Vermögen. Da die Nachzahlungen den Zeitraum 2008 - 2011 betreffen, welcher weit von seiner Tätigkeit  als Geschäftsführer der Primärschuldnerin gelegen ist,  gelte es zu prüfen, ob für ihn überhaupt eine Haftungs- und Zahlungspflicht bestehe.

In der Folge erließ die belangte Behörde iSd § 224 Abs.1 BAO gegenüber dem Bf. den, im Spruch dieses Erkenntnisses, angeführten Haftungsbescheid  mit dem der Bf., als Geschäftsführer, für den o.a. Gesamtrückstand der Primärschuldnerin  an Kommunalsteuer und Nebengebühren für den Zeitraum 2008-2011  im Betrage von € 1.338,43 haftbar gemacht worden ist und aufgefordert worden ist, diesen Betrag gem. § 224 Abs. 1 BAO binnen Monatsfrist ab Zustellung zu entrichten. Unter Hinweis auf §§ 6a Abs.1 KommStG 1993, 80 Abs.1 BAO  führte sie begründend aus, dass laut Bericht des Erhebungs- und Vollstreckungsdienstes vom habe an der Firmenbuchadresse der Primärschuldnerin  keine Pfändung dieses Rückstandes durchgeführt werden konnte, da niemand angetroffen worden sei und die Gesellschaft laut Auskunft des  Vermieters verzogen sei. Die, vom Gesetzgeber als typischer Fall der erschwerten Einbringung angeführte, fehlende Pfändungsmöglichkeit sei jedenfalls gegeben. Der Bf. sei seit im Firmenbuch als Geschäftsführer der oben angeführten Gesellschaft eingetragen und habe weder die Bezahlung der genannten Rückstände veranlasst, noch irgendwelche Schritte zu deren Abdeckung unternommen. Durch die Entrichtung der Löhne und Gehälter bei gleichzeitig nicht vollständiger Entrichtung der Kommunalsteuer sei  der Magistrat der Stadt Wien als Gläubiger ungleich behandelt worden; durch diese Schlechterstellung habe der Bf. seine Pflicht zur Gleichbehandlung aller Gläubiger verletzt.Er habe somit die, ihm als Geschäftsführer auferlegten, Pflichten verletzt und sei daher für den Rückstand haftbar, da dieser bei der Gesellschaft nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könne. Die Geltendmachung entspräche auch den Ermessensrichtlinien der Zweckmäßigkeit und Billigkeit nach § 20 BAO, da nach der Aktenlage kein Hinweis darauf bestehe, dass der nunmehr aushaftende Betrag bei der Primärschuldnerin überhaupt noch eingebracht werden könne

In der Stellungnahme vom habe der Bf. im Wesentlichen vorgebracht, dass die Notlage, in welche die Primärschuldnerin unverschuldet geraten ist, durch übermäßig hohe Mietzinsforderungen entstanden sei, und dass er mehrfach um Nachlass der verfahrensgegenständlichen Vorschreibung ersucht  habe. Es seien mit allen Lieferanten Abschläge und Vergleichszahlungen abgeschlossen worden Die Bilanz für das vergangene Jahr solle abgewartet werden, um zu sehen, ob die Firma in eine Insolvenz gehen müsse. Ebenso solle das Finanzamtsgespräch abgewartet werden. Darüber hinaus sei noch zu prüfen, ob für Zeiträume weit vor seiner Tätigkeit überhaupt seine Haftungs- und Zahlungspflicht bestünde. Er sei ab Juni 2015 für seine Tätigkeit als Geschäftsführer nicht mehr bezahlt worden und verfüge über kein Vermögen.

Diesem Vorbringen sei entgegenzuhalten, dass ein Zuwarten bis zur Eröffnung oder den Abschluss des Konkursverfahrens zur Feststellung einer allfällig erzielten Konkursquote gesetzlich nicht vorgesehen sei und der Abgabenbehörde daher auch nicht abverlangt werden könne, dies gelte auch für etwaige Gespräche mit dem Finanzamt. Der Bf. sei aufgrund des Antrages auf außergerichtlichen Ausgleich aufgefordert worden, die bestehenden Verbindlichkeiten der Primärschuldnerin in einer Aufstellung zu übermitteln. Dazu seien zwar Vereinbarungen übermittelt worden, jedoch keine solche mit dem Finanzamt und der Wiener Gebietskrankenkasse. Da somit nicht wie behauptet, mit allen Gläubigern eine Vereinbarung abgeschlossen worden sei, die Vereinbarungen mit den einzelnen Gläubigern in unterschiedlicher Höhe erfolgt seien und auch kein Nachweis der Vermögenslosigkeit erbracht wurden sei, sei der Antrag auf außergerichtlichen Ausgleich abzulehnen gewesen. Es entspräche der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass ein Geschäftsführer auch für Abgabenrückstände, die vor seiner Geschäftstätigkeit fällig geworden seien, hafte. Der Verwaltungsgerichtshof habe damit zum Ausdruck gebracht, dass die Pflicht zur Entrichtung von Abgabenschuldigkeiten erst mit ihrer Abstattung ende und der Geschäftsführer einer GesmbH sich bei der Übernahme der Geschäftsführertätigkeit daher darüber unterrichten müsse, ob und in welchem Ausmaß die nunmehr von ihm vertretene Gesellschaft bisher ihren steuerlichen Verpflichtungen nachgekommen sei. Durch die Entrichtung der Löhne und Gehälter bei gleichzeitig nicht vollständiger Entrichtung der Kommunalsteuer wurde der Magistrat der Stadt Wien als Gläubiger ungleich behandelt, durch die Schlechterstellung habe der Bf. somit seine Pflicht zur Gleichbehandlung aller Gläubiger verletzt.

Gegen diesen Haftungsbescheid brachte der Bf. fristgerecht Beschwerde ein. In der Begründung dieses Bescheides seinen unrichtige Feststellungen getroffen worden. Es sei "sicher möglich" dass am Standort der Primärschuldnerin niemand angetroffen worden sei,  jedoch gäbe es eine aufrechte Niederlassung an diesem Ort und dem Vermieter sei eine Anfrage über Verzogenheit nicht bekannt. Die Feststellung, die Bilanz für das vergangene Jahr solle abgewartet werden, um zu sehen, ob die Firma in eine Insolvenz gehen müsse, ebenso solle das Finanzamtsgespräch abgewartet werden, sei unrichtig. Er habe in seiner Stellungnahme vom erklärt, dass die Bilanz vor Monaten beim Finanzamt zur Veranlagung eingebracht worden sei und man noch immer auf einen Gesprächstermin mit dem Finanzamt warte-um auf Basis der eingebrachten Bilanz-ein Vereinbarung zur außergerichtlichen Verhinderung des Insolvenzverfahrens, treffen zu können. 

Bei der Wiener Gebietskrankenkasse habe es zum Zeitpunkt der Rückstandsvorschreibung keine offenen oder neuen Forderungen mehr gegeben, da die Primärschuldnerin keine Dienstnehmer mehr beschäftigt hatte. Darüber hinaus sei es der belangten Behörde doch sicher bekannt, dass Krankenkassen keinerlei außergerichtlichen Nachlässen zustimmen sondern den vollständigen Betrag unter Androhung der Insolvenzantragstellung fordern. Die Forderung eines diesbezüglicher Vergleichsnachweises sei daher eine Farce. Manche Vereinbarungen seien zwar in geringfügig unterschiedlicher Höhe abgehandelt worden, dies liege jedoch in der Natur der Sache und ändere nichts an seiner Redlichkeit, größeren Schaden für alle beteiligten Gläubiger im Falle der Insolvenz abzuwenden. Der Vorwurf der Ungleichbehandlung zeige große Ignoranz, Kälte und Unverständnis.

Ein Insolvenzverfahren hätte den reibungslosen und verlustlosen Übergang aller Mitarbeiter und Buchhandlungen an die neuen Dienstgeber und Betreiber verhindert und einen großen Imageschaden ausgelöst. Um die Insolvenz zu vermeiden, habe sein Vorgänger, als Gesellschafter, auf alle seine Ersparnisse aus 50jähriger Berufstätigkeit verzichtet und diese Gelder, die bereits verpfändet für Investitionskredite seit Jahren und teils auch Jahrzehnten auf Banken vorlagen, für die Abdeckung von Forderungen eingesetzt. Er selbst bekomme für seinen Einsatz seit Juni 2015 keine Entschädigung mehr, bemühe sich aber dennoch um die sichere Abwicklung für alle Beteiligten.

Er habe sich selbstverständlich bei Übernahme der Geschäftsführung im Juli 2013 darüber unterrichtet, ob und in welchem Ausmaß die nunmehr von ihm Vertretene bisher ihrer steuerlichen Verpflichtung nachgekommen ist, und habe sich davon überzeugen können, dass diese Verpflichtungen pflichtgetreu erfüllt worden seien. Die nun gegenständlichen Abgabenrückstände seien jedoch erst aufgrund einer GPLA-Prüfung im Jahr 2015 entstanden. Diese Rückstände seien im historischen Vergleich mit bisher geleisteten Steuern lächerlich gering. Dahinter würden vermutlich Berechnungsunterschiede liegen, aus denen sich keinesfalls die Pflicht ergeben habe, die Löhne nicht zu begleichen. Er protestiere gegen den Vorwurf der Verletzung des Gleichbehandlungsgebots. Er habe nach Bekanntwerdung und Kenntnisnahme der Rückstände an Kommunalsteuern und Nebengebühren versucht, eine entsprechende Lösung zu finden. Eine Pflichtverletzung sei daher nicht vorstellbar.

Letztlich ersuchte der Bf. nochmals, die Finanzamtsgespräche abzuwarten, um danach dringend notwendige Ansuchen auf Zahlungserleichterungen einzubringen.

Die belangte Behörde wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung als unbegründet - im Wesentlichen mit folgender Begründung - ab. 

Die Nachforderungen aus der gemeinsamen Prüfung der lohnabhängigen Abgaben durch das Finanzamt beträfen GSVG-Beiträge, die nicht dem DB, DZ und der Kommunalsteuer unterzogen worden seien, sowie Geschäftsführerbezüge des vorhergehenden Geschäftsführers. Daher könne nicht von Berechnungsunterschieden gesprochen werden. Die Ungleichbehandlung des Gläubigers Magistrat der Stadt Wien sei evident, da die Löhne und Gehälter, aber auch die Abgaben an die Wiener Gebietskrankenkasse vollständig entrichtet worden seien, die gleichzeitig anfallende Kommunalsteuer jedoch nicht vollständig entrichtet worden sei. Der Bf. habe auch nicht nachweisen können, dass ihm die Erfüllung seiner Pflichten unmöglich gewesen wäre. Die Pflichtverletzung ergebe sich aus der Missachtung der abgabenrechtlichen Bestimmungen. Der Bf. habe Sorge tragen müssen, dass die Kommunalsteuer für den Haftungszeitraum entrichtet wird.

Die Anträge der Primärschuldnerin auf außergerichtlichen Ausgleich seien letztlich abgelehnt worden. Es sei in der Verantwortung der handelnden Personen gelegen, rechtzeitig entweder die Zahlung der offenen Rückstände einzuleiten oder mangels Zahlungsfähigkeit einen Konkursantrag beim Handelsgericht Wien einzubringen. Beides sei bis dato nicht erfolgt, daher könne zu Recht von einer schuldhaften Pflichtverletzung der handelsrechtlichen Geschäftsführer ausgegangen werden. Der Verweis auf ein Verfahren, betreffend außergerichtlichem Ausgleich mit dem Finanzamt sei für das gegenständliche Haftungsverfahren ohne Relevanz.

In der Folge brachte der Bf. fristgerecht einen Vorlageantrag gemäß § 264 BAO an das Bundesfinanzgericht, (BFG), ein. Der gegenständliche Abgabenrückstand sei erst aufgrund einer GPLA-Prüfung im Jahre 2015 entstanden. Nach dessen Kenntnisnahme habe er sich um eine Regelung bemüht. Die Vorschreibung dieses Abgabenrückstandes erfolgte erst Mitte 2015, also zu einem Zeitpunkt als die Primärschuldnerin keine Mitarbeiter mehr beschäftigte und eben alle bisherigen Abgaben an Kommunalsteuern und Beiträge der Gebietskrankenkasse bereits ausgeglichen waren. Das Prüfungsergebnis an zu wenig entrichteter Kommunalsteuern zeige nur minimale Differenzen zu der geleisteten Kommunalsteuer. Derartige Prüfungen würden durch geschulte Spezialisten durchgeführt werden. Eine derartige Überprüfung wäre für ihn dem Suchen einer Stecknadel im Heuhaufen gleichkommen. Er habe dieses Prüfungsergebnis aus den ihm übergebenen ordentlichen Unterlagen nicht erkennen können. Er habe sich zu Beginn seiner Geschäftsführertätigkeit sämtliche Bilanzen, Konten und Ergebnisse vorlegen lassen, sowie auch jene Ergebnisse bisheriger Prüfungen zur Durchsicht vorliegen lassen. Die Unterlagen seien von einer sehr renommierten Steuerberatungskanzlei gekommen. Es könne ihm somit nicht vorgeworfen werden, sich nicht ausreichend über die von ihm seit vertretene Primärschuldnerin unterrichtet zu haben.

Erschwerte Einbringlichkeit bedeute nicht Uneinbringlichkeit. Ziel der Primärschuldnerin sei es nach wie vor größere Schäden für alle Partner abzuwenden. Noch viel mehr erschwert finanzierbar seien die Forderungen, sollten diese über ihn und seinen Vorgänger eingebracht werden müssen.

Das Gericht hat dazu erwogen:

Rechtslage

Das Kommunalsteuergesetz 1993, (KommStG 1993), lautet auszugsweise:

§ 6. Steuerschuldner ist der Unternehmer, in dessen Unternehmen die Dienstnehmer beschäftigt werden. Werden Personen von einer inländischen Betriebsstätte eines Unternehmens zur Arbeitsleistung überlassen, ist der überlassende Unternehmer Steuerschuldner. Wird das Unternehmen für Rechnung mehrerer Personen betrieben, sind diese Personen und der Unternehmer Gesamtschuldner; dies gilt auch für Mitunternehmer im Sinne des Einkommensteuergesetzes 1988. Als Steuerschuldner des Unternehmens ÖBB-Gesellschaften (§ 3 Abs. 4) gilt die ÖBB-Holding AG.

§ 6a Abs. 1. Die in den §§ 80 ff der Bundesabgabenordnung bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. § 9 Abs. 2 Bundesabgabenordnung gilt sinngemäß.

§ 9 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO), lautet:" Die in den §§ 80 ff. bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können."

§ 80 Abs. 1 BAO lautet "Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden."

Gem. § 18 Abs. 1 GmbH-Gesetz wird die Gesellschaft durch die Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten.

§ 224 Abs. 1 BAO lautet "Die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen werden durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten."

Dem gegenständlichen Verfahren wird der nachstehende, entscheidungsrelevante Sachverhalt zu Grunde gelegt, der sich aus dem Inhalt des, dem BFG vorgelegten, Bezug habenden Verwaltungsaktes, dem Firmenbuchauszug, betreffend die Primärschuldnerin, sowie  den Einlassungen des Bf. ergibt:

Aufgrund einer gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben für die Zeiträume 2008-2011 bei der Primärschuldnerin, durch das zuständige Finanzamt, stand nach Beendigung dieser Prüfung am fest, dass folgende Beträge an Kommunalsteuer nicht entrichtet worden sind:

Kommunalsteuer lt. GPLA Prüfung für den Zeitraum 2008: € 144,31

Kommunalsteuer lt. GPLA Prüfung für den Zeitraum 2009: € 351,48,

Säumniszuschlag hiezu: € 7,02

Kommunalsteuer lt. GPLA Prüfung für den Zeitraum 2010: € 774,18

Säumniszuschlag hiezu: € 15,48

Kommunalsteuer lt. GPLA Prüfung für den Zeitraum 2011: € 32,71

Pfändungsgebühren hiezu: € 13,25

Summe: € 1.338,43-.

Diese Rückstände resultieren daraus, dass, von der Primärschuldnerin für G., ihren alleinigen Geschäftsführer vom bis , übernommene gewerbliche Sonderversicherungsbeträge (GSVG-Beträge) nicht der Kommunalsteuer unterzogen worden sind.

Der Bf. war ab alleiniger Geschäftsführer der Primärschuldnerin.

Nach Kenntnisnahme des o.a. Gesamtrückstandes brachte der Bf. am , namens der Primärschuldnerin, bei der belangten Behörde  einen Antrag auf außergerichtlichen Ausgleich ein, mit der Begründung die Primärschuldnerin sei insolvenzgefährdet. Diesem Antrag wurde nicht zugestimmt. Danach verabsäumte es der Bf. die Entrichtung des genannten Abgabenrückstandes aus den noch vorhandenen Mitteln der Primärschuldnerin zu veranlassen. Die zwangsweisen Einbringung dieses Rückstandes  an der firmenbuchmäßigen Geschäftsanschrift der Primärschuldnerin konnte am  nicht  durchgeführt werden, weil die Primärschuldnerin von ihrer firmenbuchmäßigen Geschäftsadresse verzogen war, ohne dass die belangten Behörde darüber informiert wurde.

Die Eröffnung des Konkurses der Primärschuldnerin erfolgte mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom XX.03.2018, Aktenzahl

Beweiswürdigung

Im vorliegenden Fall hatte das BFG alleine die Rechtmäßigkeit der Geltendmachung der Geschäftsführerhaftung gemäß § 9 Abs. 1 BAO gegenüber dem Bf. zu beurteilen

Dazu war zu erwägen:

Die Haftung nach § 9 BAO ist eine Ausfallshaftung. Voraussetzung ist die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden. Uneinbringlichkeit liegt vor, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären. (vgl. ; ,99/14/0218; , 2009/15/0013)

Für die Haftung nach § 9 BAO ist nur die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten von Bedeutung (vgl. )

Zu den abgabenrechtlichen Pflichten des Vertreters gehört insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben entrichtet werden.

Der Zeitpunkt für den zu beurteilen ist, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, bestimmt sich danach, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären. (Z.B. )

Bei Selbstbemessungsabgaben - so auch bei der Kommunalsteuer - ist maßgebend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären (z.B. ; ,2001/15/0108; ,2007/15/0277). Die Verschuldensprüfung hat von der objektiven Richtigkeit der Abgabenfestsetzung auszugehen. ( )

Ob dem Vertreter ein Verschulden am Eintritt der Zahlungsunfähigkeit trifft, ist für die Haftung nach § 9 ohne Bedeutung ( z.B.)

Nur schuldhafte Verletzungen abgabenrechtlicher Verpflichtungen berechtigen zur Haftungsinanspruchnahme. Eine bestimmte Schuldform ist nicht gefordert (auch leichte Fahrlässigkeit), z.B. ,0038; , 95/15/0137)

Unkenntnis vermag den Vertreter nicht zu exkulpieren. ()

Der Vertreter hat die Schulden der Vertretenen im gleichen Verhältnis zu befriedigen.(Gleichheitsgrundsatz) (; , 98/17/0038; , 99/14/0278)

Der Vertreter hat nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung iSd § 9 Abs 1 BAO annehmen darf. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war. Für die Haftung nach § 6a KommStG und nach § 6a des Wiener Landesgesetzes über die Dienstgeberabgabe gilt nichts anderes (vgl. , , , vgl. auch die in Ritz, Kommentar zur BAO5, unter Rz. 22 zu § 9 BAO wiedergegebene Rechtsprechung).

Dem Vertreter obliegt dabei kein negativer Beweis, sondern die konkrete (schlüssige) Darstellung der Gründe, die zB der gebotenen rechtzeitigen Abgabenentrichtung entgegenstanden ( ; , 2005/17/0259, 2006/17/0002; zumindest „qualifizierte Behauptungs- und Konkretisierungslast“ nach ; , 99/14/0120) (Ritz, BAO, 6. Aufl. 2017, § 9 Rz 22).

Bezogen auf den zu beurteilenden Fall bedeuten diese rechtlichen Ausführungen folgendes:

Für die Geltendmachung der Geschäftsführerhaftung genügt im Hinblick auf die Bestimmung des § 6a KommStG 1993 die objektive Voraussetzung der erschwerten Einbringlichkeit der Steuerrückstände. Diese zeigt sich im zu beurteilenden Fall dadurch, dass, aufgrund der nicht kommunizierten Verlegung der firmenbuchmäßigen Geschäftsadresse der Primärschuldnerin, Einbringungsmaßnahmen der belangten Behörde erfolglos gewesen sind.

Die, vom Bf. aufgezeigten Versuche, das Insolvenzverfahren der Primärschuldnerin zu verhindern, bedeuten nicht, dass ihm als Geschäftsführer keine schuldhaften Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten vorzuwerfen ist.

Für die Beurteilung, ob es der Gemeinschuldnerin überhaupt möglich war, die genannten Rückstände an Kommunalsteuer und Nebengebühren aus eigenen Mittel zu entrichten, ist nicht der Zeitraum maßgeblich, in welchem dem Bf. diese o.a. Rückstände bekannt geworden sind, sondern die Zeiträume in welchem die Kommunalsteuer, bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung, vollständig abzuführen gewesen wäre.

Bei der Kommunalsteuer handelt es sich um eine Selbstbemessungsabgabe, die für jeden Kalendermonat selbst zu berechnen und bis zum 15. des darauf folgenden Monats zu entrichten ist

Es liegt nicht der geringste Anhaltspunkt vor, dass es der Primärschuldnerin zu den Fälligkeitszeitpunkten nach § 11 Abs. 2 KommStG nicht möglich gewesen wäre, die rechtmäßig bemessene, Kommunalsteuer für die Zeiträume 2008-2011 vollständig zu entrichten. Nach den Einlassungen des Bf. waren die o.a. Steuerrückstände selbst zum Zeitpunkt der Erlassung des Haftungsbescheides nicht uneinbringlich.

Im Hinblick auf die vordringlichste abgabenrechtliche Pflicht des Bf., für die Entrichtung von Abgaben zu sorgen, war es sohin in seiner abgabenrechtlichen Verpflichtung als Geschäftsführer gelegen, für die Entrichtung der Rückstände an Kommunalsteuer und Nebenansprüchen für die Zeiträume 2008-2011 bereits nach deren Kenntnisnahme, spätestens jedoch nach Ablehnung eines außergerichtlichen Ausgleiches, aus den noch vorhandenen Mitteln der von ihm  Vertretenen, Sorge zu tragen; unbeschadet der Höhe und Ursache dieses Rückstandes.

Eine solche Vorgangsweise wäre auch - im Hinblick darauf, dass unter seiner Geschäftsführertätigkeit bis Mai 2015 Lohne und Gehälter vollständig ausbezahlt worden sind - im Sinne des zu beachtenden Gleichheitsgrundsatzes gewesen. 

Das, im Beschwerdeverfahren mehrfach ins Treffen geführte, Ansuchen, es mögen, vor der neuerlichen Beantragung von Zahlungserleichterungen, zunächst allfällige Vereinbarungen mit dem Finanzamt, im Hinblick auf einen außergerichtlichen Ausgleich im Zusammenhalt mit dortigen Steuerrückständen, abgewartet werden, kann nicht als Nachweis für die Erfüllung der o.a. abgabenrechtlichen Pflicht gegenüber der Gemeinde Wien, als Abgabengläubigerin und ein damit verbundenes fehlendes Verschulden an der erschwerten Einbringlichkeit des verfahrensgegenständlichen Gesamtrückstandes angesehen werden

Im Lichte der vorstehenden rechtlichen Ausführungen, war davon auszugehen, dass der Bf. seine Verpflichtung als Geschäftsführer, für die Entrichtung des verfahrensgegenständlichen Rückstandes  an Kommunalsteuer und Nebenansprüchen aus den noch vorhandenen Mitteln der Primärschuldnerin zu sorgen, schuldhaft verletzt hat, und dass diese Pflichtverletzung zur erschwerten Einbringlichkeit dieser Steuerrückstände, geführt hat.

Aus den aufgezeigten Gründen waren bereits die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Geschäftsführerhaftung (erschwerte Einbringlichkeit des verfahrensgegenständlichen Rückstandes, Verschulden des Bf. an dieser erschwerten Einbringlichkeit aufgrund seiner abgabenrechtlicher Pflichtverletzung) gegenüber dem Bf. gegeben. Daher erübrigte sich ein Eingehen darauf, ob der Bf. sich bei Übernahme der Vertretertätigkeit, im ausreichenden Maße  über die Erfüllung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen durch die Vertretene unterrichtet hat.

Nach Lehre und Rechtsprechung ist die Heranziehung zur Haftung in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt, wobei die Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen ist. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen. Von einer ermessenswidrigen Inanspruchnahme wird vor allem dann gesprochen, wenn die Abgabenschuld vom Hauptschuldner ohne Gefährdung und ohne Schwierigkeit rasch eingebracht werden kann.

Ist eine Einbringlichmachung beim Primärschuldner unzweifelhaft nicht gegeben, kann die Frage der Einbringlichkeit der Haftungsschuld beim Haftenden von der Abgabenbehörde bei ihren Zweckmäßigkeitsüberlegungen vernachlässigt werden ( ). Bezogen auf den zu beurteilenden Fall ist dazu festzustellen, dass mittlerweile Über die Primärschuldnerin mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom XX.03.2018, Aktenzahl, der Konkurs eröffnet worden ist und die Primärschuldnerin zeitgleich mit dieser Eröffnung aufgelöst worden ist.

Die Geltendmachung der Haftung entspricht verfahrensgegenständlich auch den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit und Billigkeit. Bei Abstandnahme von der Haftungsinanspruchnahme würde die Abgabengläubigerin ihres Anspruches verlustig gehen. Im Übrigen spricht nichts dafür, dass es unbillig ist, einen Geschäftsführer, der seine abgabenrechtlichen Pflichten verletzt, zur Haftung heranzuziehen, anderenfalls jene Abgabepflichtigen, die ihre Pflichten erfüllen, im wirtschaftlichen Wettbewerb benachteiligt würden. Im Hinblick auf den, vom Bf., unbewiesen ins Treffen geführten, Umstand für Verbindlichkeiten der Primärschuldnerin alleine aus seiner Pension aufkommen zu müssen, wird auf die Möglichkeit der Beantragung von Zahlungserleichterungen hingewiesen.

Die Ermessensentscheidung wurde daher von der belangten Behörde gesetzeskonform getroffen.

Letztlich ist mitzuteilen, dass hinsichtlich des gesamten Haftungsbetrages (€ 1.325,18) ein Gesamtschuldverhältnis mit G. besteht.

Aus den aufgezeigten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird

Das vorliegende Erkenntnis folgt der dargestellten ständigen Judikatur des VwGH, sodass keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 6 KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993
§ 6a Abs. 1 KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993
§ 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 224 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 18 Abs. 1 GmbHG, GmbH-Gesetz, RGBl. Nr. 58/1906
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7400194.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at