Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.11.2019, RV/7103144/2018

Vertreterentschädigung (eines Hausbesorgers an seine Ehefrau) als abzugsfähige Werbungskosten?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Helga Hochrieser in der Beschwerdesache des Bf., Adr., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 2/20/21/22 vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2016 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Über Vorhalt vom wurde der Beschwerdeführer (Bf.) u.a. aufgefordert, eine detaillierte Aufstellung der sonstigen Werbungskosten nachzureichen. Falls es sich dabei um Hausbesorger-Vertreterentschädigungen handle, müssten die Bestätigungen folgendes beinhalten:

"1) Name und Anschrift sowie Versicherungsnummer des Vertreters

2) Zeitraum der Vertretung

3) Höhe des übernommenen Betrages

4) mittels Kontoauszügen nachgewiesener Geldfluss"

Im Zuge der Vorhaltsbeantwortung wurde diesbezüglich lediglich eine Empfangsbestätigung vom der Ehefrau des Bf. mit dem Gesamtbetrag von Euro 5.918,82 vorgelegt, eine weitere Empfangsbestätigung von C.D. sowie ein Kontoauszug vom  von einem gemeinsamem Konto des Bf. mit seiner Ehefrau, wo unter den allgemeinen Angaben zum Konto (BIC, IBAN etc.) nur Folgendes lesbar ist: "08.02.   6.000,00".

Mit Bescheid vom wurde die Einkommensteuer für das Jahr 2016 in Höhe von -€ 1.353,00 ( Gutschrift)  festgesetzt. Erhöhte Werbungskosten betreffend die Tätigkeit als Hausbesorger wurden nicht zum Abzug zugelassen. Begründend wurde diesbezüglich ausgeführt, dass aufgrund der familiären Beistandspflicht und des nicht nachgewiesenen Zahlungsflusses die Vertreterentschädigungen an Familienmitglieder nicht steuermindernd als Werbungskosten geltend gemacht werden könnten. Unter Wahrung des Parteiengehörs seien die vom Bf. geltend gemachten Aufwendungen hinterfragt worden. Da trotzdem die benötigten Unterlagen (zum Teil) nicht beigebracht worden seien, hätten die Aufwendungen in freier Beweiswürdigung nur in Höhe der nachgewiesenen, bzw. glaubhaft gemachten Aufwendungen berücksichtigt werden können.

In der dagegen erhobenen Beschwerde vom wurde als Begründung Folgendes angegeben: "Anerkennung des Geldflusses an meine Vertretung Fr. Ehefrau. Bei der Berechnung der Arbeitnahmerveranlaung wurden erhöhte Werbungskosten nicht berücksichtigt. Ich beantrage daher die Berücksichtigung von € 5.918,82". Beigelegt war diesbezüglich ein Kontoauszug vom vom gemeinsamen Konto des Bf. und Ehefrau (Ehefrau). Darauf ist eine Überweisung vom in Höhe von Euro 6.000,00 auf ein anderes Konto lesbar zu erkennen. Weiters war ein Kontoauszug dieses gemeinsamen Kontos vom beigelegt, wo unter der Gutschrift des Arbeitgebers des Bf. eine Barauszahlung in der Bankfiliale (7.10.) in Höhe von € 2.100,00 aufscheint.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen, wobei die Begründung lautete wie folgt:

"Vertretungsgelder sind steuerlich nur zu berücksichtigen, wenn die Vertretungsarbeiten tatsächlich durchgeführt worden sind und die Übergabe der Entlohnung mittels belegtem Zahlungsfluss nachgewiesen werden kann. Die Nutzung eines gemeinsamen Kontos stellt keinen geeigneten Nachweis von Geldbewegungen zwischen Ehepartner dar."

Der mit datierte Vorlageantrag (persönlich eingebracht am )wurde folgendermaßen begründet: "Ich beantrage die Vertretungsgelder steuerlich zu berücksichtigen und einen neuen Bescheid zu erlassen".

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften freiwillige Zuwendungen und Zuwendungen an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen, auch wenn die Zuwendungen auf einer verpflichtenden Vereinbarung beruhen, nicht abgezogen werden.

Bei der Beurteilung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen (im vorliegenden Fall: Arbeitsvertrag des Bf mit seiner Ehegattin) ist in besonderem Maße die Frage zu prüfen, ob die Zahlungen beruflich oder betrieblich veranlasst sind (§§ 16 Abs. 1 und 4 Abs. 4 EStG 1988) oder ob sie sich (dem Grunde und der Höhe nach) nur aus dem Naheverhältnis ergeben und  daher als freiwillige Zuwendung (§ 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988) zu qualifizieren sind. Dabei ist zu untersuchen, ob die Steuerpflichtigen durch eine Art "Splitting" ihre Steuerbemessungsgrundlage dadurch zu vermindern versuchen, dass sie nahen Angehörigen Teile ihres Einkommens zukommen lassen, wobei diese mit dem Zufluss in der Regel entweder gar keiner oder einer niedrigeren Progression unterliegen. Hintergrund ist das Fehlen des zwischen fremden Vertragspartnern üblicherweise bestehenden Interessensgegensatzes, der aus dem Bestreben der jeweiligen Vorteilsmaximierung resultiert, und der dazu führt, dass steuerliche Folgen abweichend von den tatsächlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten herbeigeführt werden. Für die Anerkennung der beabsichtigten steuerlichen Folgen müssen jedenfalls eindeutige Vereinbarungen vorliegen, die eine klare Abgrenzung zwischen Einkommenserzielung und -verwendung zulassen [vgl. Doralt/Toifl, Einkommensteuergesetz, Kommentar, Band I, § 2, Tz 158 () und die dort zitierte Judikatur des VwGH].

Verträge zwischen nahen Angehörigen werden nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - selbst bei zivilrechtlicher Gültigkeit - für den Bereich des Steuerrechts nur dann anerkannt, wenn sie

- nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen (Publizitätswirkung),

- einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben, und

- zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären (Fremdvergleich).

Die Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Im Übrigen müssen nicht nur die vertraglichen Vereinbarungen selbst, sondern auch deren Erfüllung und somit deren tatsächliche Durchführung diesen Anforderungen genügen  [vgl. Doralt/Toifl, Einkommensteuergesetz, Kommentar, Band I, § 2, Tz 160 () und die dort zitierte umfangreiche Judikatur des VwGH].

Im Rahmen des Fremdvergleiches ist die im allgemeinen Wirtschaftsleben geübte Praxis maßgeblich. Es ist zu hinterfragen, ob der Vereinbarung ein angemessener Leistungsaustausch oder das Naheverhältnis zugrunde liegt; im letzten Fall ist die Ernsthaftigkeit der Leistungsbeziehung zweifelhaft. Es ist ein Vergleich mit dem üblichen Verhalten einander fremd gegenüber stehenden Personen bei vergleichbaren Leistungsbeziehungen anzustellen. Dabei ist eine zweifache Prüfung dahingehend vorzunehmen, ob zunächst der Vertrag im äußeren Erscheinungsbild in dieser Form abgeschlossen worden wäre, sodann hat sich die Prüfung am Vertragsinhalt zu orientieren ()  [vgl. Doralt/Toifl, Einkommensteuergesetz, Kommentar, Band I, § 2, Tz 165 () und die dort zitierte Judikatur des VwGH].

Bei "Leistungen im Familienverband" sind aktuelle Entgeltserwartungen die Ausnahme; maßgeblich sind regelmäßig andere Beweggründe, wie zB die Erbringung eines Beitrages zur Befriedigung der Familienbedürfnisse. Die zivilrechtlich "eheliche Beistandspflicht" ist eine besondere Form der familienhaften Mitarbeit. Nach § 90 ABGB hat ein Ehegatte im Erwerb des anderen im Rahmen der Zumutbarkeit und Üblichkeit mitzuwirken, wofür er gemäß § 98 ABGB Anspruch auf angemessene Vergütung hat. Liegt bei einer derartigen Mitwirkung kein über diese Verpflichtungen hinausgehendes Vertragsverhältnis vor, sind geleistete Abgeltungsbeträge iSd § 98 ABGB familienhaft bedingt und somit nicht als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten abzugsfähig, sondern als Zuwendungen an unterhaltsberechtigte Personen iSd § 20 EStG anzusehen.

Ob eine Leistung in Erfüllung einer rechtlich oder sittlich gebotenen Beistandspflicht/Mitwirkungspflicht erbracht wird, ist eine auf der Sachverhaltsebene zu lösende Tatfrage. Das Vorliegen eines behaupteten Dienst- oder Werkvertrages ist aber jedenfalls anhand der Kriterien für die Anerkennung vertraglicher Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen zu prüfen ()  [vgl. Doralt/Toifl, Einkommensteuergesetz, Kommentar, Band I, § 2, Tz 167-167/4 () und die dort zitierte Judikatur des VwGH].

Gesetzlich unterhaltsberechtigt ist eine Person dann, wenn sie im Bedarfsfall gegenüber dem Zuwendenden einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch nach bürgerlichem Recht geltend machen könnte. Als Zuwendungen an unterhaltsberechtigte Personen gelten etwa Abgeltungsbeträge an den Ehegatten im Erwerb des anderen Ehegatten nach § 98 ABGB sowie Abgeltungsbeträge an Kinder für die Mitwirkung im Erwerb der Eltern [vgl. Doralt/Kofler, Einkommensteuergesetz, Kommentar, Band II, § 20, Tz 116 und 117 sowie 163, Stichwort: Taschengeld ()].

Unter Bedachtnahme auf die vorhin dargestellte Rechtslage konnte dem Streitpunkt auf steuerliche Anerkennung des Dienstverhältnisses mit der Ehegattin aus nachstehenden Erwägungen kein Erfolg beschieden sein:

Der Bf. hat im Verfahren nicht vorgebracht, dass er (als Arbeitgeber) mit seiner Ehegattin als Arbeitnehmerin einen Arbeitsvertrag abgeschlossen habe und auch keinen schriftlichen Arbeitsvertrag vorgelegt.

Bei Teilzeitarbeit sind gemäß § 19d Abs. 2 Arbeitszeitgesetz, BGBl. Nr. 461/1969 idF BGBl. I Nr. 61/2007, Ausmaß und Lage der Arbeitszeit und ihre Änderung zu vereinbaren, sofern sie nicht durch Normen der kollektiven Rechtsgestaltung festgesetzt werden.

Darum hält das behauptete "Dienstverhältnis" einem Fremdvergleich nicht stand. Eine fremde Arbeitnehmerin wäre keinesfalls bereit eine geringfügige Beschäftigung ohne vorherige Festlegung der Lage der Arbeitszeit einzugehen, da gerade Frauen auf Grund ihrer vielfach bestehenden Mehrfachbelastung durch Kinderbetreuung und Haushaltsführung ohne zeitliche Strukturierung nicht jederzeit einem Arbeitgeber zur Verfügung stehen können. Überdies entspricht die fehlende Festlegung der Arbeitszeit (mit einer genauen Angabe der erbrachten Arbeitsstunden) nicht der vorhin zitierten Bestimmung des Arbeitszeitgesetzes, das im Interesse des Arbeitnehmers eine exakte Festlegung der Arbeitszeit verlangt. Auch für den Arbeitgeber erweisen sich die mangelnde Festlegung einer definitiven Arbeitszeit und die fehlende Vereinbarung der Lage der Arbeitszeit infolge der dadurch bestehenden Rechtsunsicherheit als nicht praktikabel bezüglich der Einforderung der Dienstpflicht auf Einhaltung der Arbeitszeit.

Darüber hinaus hält auch die in diesem Verfahren vorgelegte Empfangsbestätigung ("ich habe für die Zeit vom bis , vom bis € 5.918,82 als Vertreterentschädiung vom Hauswart Bf. wohnhaft in Adr. erhalten") dem Fremdvergleich nicht stand. Es bedarf wohl keiner näheren Erläuterung, dass eine fremde Dienstnehmerin wohl darauf gedrungen hätte, ihre geleisteten Arbeitsstunden ziffernmäßig exakt festzuhalten, um zukünftige Streitigkeiten  zu vermeiden.

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes hält sowohl die fehlende vertragliche Vereinbarung über das Vertretungsverhältnis und die fehlende Aufzeichnung der geleisteten Arbeitsstunden als auch der fehlende Nachweis des Zahlungsflusses einem Fremdvergleich nicht stand. Selbst wenn die Ehegattin des Bf. ihn in den auf der Empfangsbestätigung genannten Zeiten vertreten hat und aus dem gemeinsamen Konto Barbehebungen getätigt bzw. Überweisungen vorgenommen worden sind, kann daraus  nichts für den Bf. gewonnen werden, da der Zahlungsfluss nicht nachgewiesen wurde und die vorhin genannten Umstände entscheidungswesentlich sind. 

Aus den angeführten Gründen sind die in Rede stehenden Leistungen als im Rahmen der ehelichen Beistandspflicht erbracht zu qualifizieren. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass das Vertretungsverhältnis - wenn die Vertretungsgelder  steuerliche Anerkennung als Werbungskosten finden sollen - so gestaltet sein muss, dass es den Umfang übersteigt, der im Rahmen der ehelichen Beistandspflicht als üblich und zumutbar angesehen werden kann (vgl. ).

Der strittige, vom Bf. als Vertreterentschädigung für seine Ehegattin geltend gemachte Betrag ist iSd § 98 ABGB als familienhaft bedingt anzusehen und somit als Zuwendung an unterhaltsberechtigte Personen iSd § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 zu qualifizieren. Daher kann dieser Betrag nicht als Werbungskosten (im Rahmen der nichtselbständigen Einkünfte des Bf. als Hauswart bzw. Hausbesorger) anerkannt werden.

Informativ wird in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass - wenn die Vertreterentschädigung zukünftig steuerliche Anerkennung als Werbungskosten finden soll - das Vertretungsverhältnis so gestaltet sein muss, dass es fremdüblich ist und den Umfang übersteigt, der im Rahmen der ehelichen Beistandspflicht als üblich und zumutbar angesehen werden kann (vgl. ). Außerdem müsste auch der Zahlungsfluss eindeutig nachgewiesen werden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Derartige Revisionsgründe liegen im gegenständlichen Fall nicht vor, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7103144.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at