Gebührenbefreiung nach § 14 TP 6 Abs. 5 Z 20 GebG für Beschwerden von "Antragsgegnern" an das Bundesverwaltungsgericht in Verfahren betreffend Umweltverträglichkeitsprüfung
Rechtssätze
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Folgerechtssätze | |
RV/7100445/2016-RS1 | wie RV/7100447/2016-RS1 Nicht nur die Stellungnahmen der "Antragsgegner" in einem Verfahren nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVP-G 2000) sind gebührenfrei, sondern sind auch die weiteren im einem Verfahren zur Genehmigung von "Vorhaben der Errichtung oder Inbetriebnahme von Bauwerken und Anlagen aller Art" von den "Antragsgegnern" eingebrachten Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht nach § 14 TP 6 Abs. 5 Z. 20 GebG gebührenbefreit. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache BF, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , Erfassungsnummer, betreffend 1. Eingabengebühr und 2. Gebührenerhöhung zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden – ersatzlos – aufgehoben.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensablauf
1. Verfahren vor dem Finanzamt
1.1. Amtlicher Befund
Mit amtlichem Befund vom teilte das Amt der x Landesregierung dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (kurz FA) mit, dass für die Beschwerde des Herrn XY (den nunmehrigen Beschwerdeführer, kurz Bf.) vom gegen den Bescheid Zahl keine Gebühr entrichtet worden sei.
1.2. Gebührenbescheid und Bescheid über Gebührenerhöhung
In der Folge erließ das Finanzamt am gegenüber dem Bf. unter der Erfassungsnummer einen Gebührenbescheid und einen Bescheid über eine Gebührenerhöhung und setzte für die oben angeführte Beschwerde
1. eine Gebühr gemäß § 2 Abs. 1 BVwG-EGebV in Höhe von € 30,00 und
2. eine Gebührenerhöhung gemäß § 9 Abs. 1 GebG in Höhe von € 15,00 (50% der nicht entrichteten Gebühr) fest.
Die Bescheide enthalten folgende Begründungen:
1. Gebührenbescheid:
"Die Festsetzung erfolgt, weil die Gebühr nicht vorschriftsmäßig entrichtet wurde.
Da die Bestimmungen betreffend Gebührenentrichtung gem § 3 Abs. 1 BVwG-EGebV nicht eingehalten wurden, ergeht aufgrund der gemeldeten Verletzung der Gebührenentrichtung dieser Bescheid."
2. Bescheid über eine Gebührenerhöhung:
"Wird eine feste Gebühr, die nicht vorschriftsmäßig entrichtet wurde, mit Bescheid festgesetzt, so ist eine Gebührenerhöhung im Ausmaß von 50 vH der verkürzten Gebühr zu erheben."
1.3. Beschwerde
In der dagegen eingebrachten Beschwerde wurde ua. vorgebracht, dass Herr XY im eigenem Namen und im Namen seiner Ehefrau eine gemeinsame Bescheidbeschwerde gegen den Bescheid "Projekt" (Zahl) eingebracht habe. In der Rechtsmittelbelehrung stehe hinsichtlich der Vergebührung lediglich, dass die Gebühr für die Beschwerde € 30,00 betrage. Zuerst hätten die Beschwerdeführer angenommen, dass sie von der nächsthöheren Behörde nach Einbringung der Bescheidbeschwerde einen Erlagschein über € 30,00 zugeschickt bekommen würden. Als kein Erlagschein gekommen sei, habe der Bf. zuerst mit dem Land x Kontakt aufgenommen. Dieses habe ihn an das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesverwaltungsgericht an das FA GVG verwiesen. Das FA habe ihm dann mitgeteilt, dass die € 30,00 auf ein Konto des FA mit Angabe des Verwendungszweckes einzuzahlen seien, was er dann am auch gemacht habe (siehe kopierter Erlagschein). Für den Bf. sei damit nach besten Wissen und Gewissen alles erledigt gewesen.
Aus diesem Grund seien der Bf. und seine Ehefrau sehr verwundert gewesen, dass sie jetzt Anfang Mai 2015 zwei Gebührenbescheide bezüglich nicht vorschriftgemäß entrichteter Gebühren erhalten hätten (Anmerkung BFG: das Verfahren der Ehegattin des Bf. wurde beim FA unter der Erfassungsnummer geführt und ist die Beschwerde der Ehegattin beim BFG in der Gerichtsabteilung yyyy unter RV/7100445/2016 bereits entschieden worden).
Auf Grund der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides vom Land x sei nicht ersichtlich gewesen, dass der eingezahlte Betrag dem Land x als Erstbehörde mitgeteilt werden müsse und dass bei einer gemeinsam vorgebrachten Beschwerde (ein gemeinsames Schriftstück) beide Personen diese Gebühr bezahlen müssten. Herr XY hätte auch kein Problem gehabt, die Beschweidbeschwerde auch nur in seinem Namen mit den ihm und seiner Frau wichtigen Argumenten einzubringen.
Zum Beweis wurden die erste und die letzte Seite des Bescheides des Landes x vom und der Überweisungsbeleg (jeweils in Kopie) an das FA übermittelt.
1.4 Ermittlungen des Finanzamtes
Über Ersuchen des FA übermittelte das Land x dem FA mit Schreiben vom Kopien des Bescheides vom und der dagegen von Herrn XY und Frau YX eingebrachten Beschwerde.
Weiters teilte das Land x dem FA mit, dass ihres Erachtens kein Akzssorium zwischen den beiden Bezug habenden Beschwerden anzunehmen sei und verwies dazu darauf, dass auch das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom , Zahl offenkundig von unterschiedlichen Beschwerdeführern ausgegangen sei. Jeweils eigene Geschäftszahlen seien für die Beschwerden nicht vergeben worden.
Über telefonisches Ersuchen übersandte das Land x dem FA noch das Erkenntnis BVwG , Zahl.
1.5. Beschwerdevorentscheidung
In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom hielt das Finanzamt den Beschwerdeausführungen Folgendes entgegen:
"Unbestritten steht fest, dass die Beschwerde gegen den Bescheid Zahl vom eingebracht beim Amt der x Landesregierung, Abteilung Umwelt und Energierecht unter der Zahlder Gebühr gem. § 2 Abs. 1 BVwG-EGebV unterliegt.
Die Gebührenschuld entsteht gem. § 1 Abs. 2 BVwG-EGebV im Zeitpunkt der Einbringung der Eingabe. Die Gebühr wird in diesem Zeitpunkt fällig.
Gem. § 3 Abs. 1 BVwG-EGebV ist die Gebühr unter Angabe des Verwendungszweckes durch Überweisung auf ein entsprechendes Konto des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel zu entrichten. Die Entrichtung der Gebühr ist durch einen von einer Post-Geschäftsstelle oder einem Kreditinstitut bestätigten Zahlungsbeleg in Urschrift nachzuweisen. Dieser Beleg ist der Eingabe anzuschließen. Die Einlaufstelle der Administrativbehörde oder des Bundesverwaltungsgerichtes bei Beschwerden nach Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG hat den Beleg dem Beschwerdeführer (Antragsteller) auf Verlangen zurückzustellen, zuvor darauf einen deutlichen Sichtvermerk anzubringen und auf der im Akt verbleibenden Ausfertigung der Eingabe zu bestätigen, dass die Gebührenentrichtung durch Vorlage des Zahlungsbeleges nachgewiesen wurde. Für jede Eingabe ist die Vorlage eines gesonderten Beleges erforderlich.
Da die Entrichtung der Gebühr durch XY in Hohe von € 30,00 dem Amt der x Landesregierung nicht nachgewiesen wurde, handelt es sich um eine nicht vorschriftsmäßige Entrichtung nach § 203 BAO, sodass der angefochtene Gebührenbescheid zu erlassen war.
In der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides des Amtes der x Landesregierung wird zwar auf die Gebühr in Höhe von € 30,00 für die Beschwerde hingewiesen, nicht aber auf die Verpflichtung zum Nachweis der Entrichtung. Das Entstehen der Gebührenschuld gem. § 1 Abs.2 BVwG-EGebV und die Verpflichtung des Nachweises der Entrichtung gem. § 1 Abs.3 BVwG-EGebV wird dadurch jedoch nicht beeinflusst.
Zum Einwand der mangelnden bzw. schlechten Information hinsichtlich der Gebühr ist zu sagen, dass das Gebührengesetz nicht vorsieht, dass die Behörde den Gebührenschuldner zur Gebührenentrichtung auffordern muss.
Von einer Rechtsgemeinschaft iSd § 7 GebG kann im gegenständlichen Fall nicht gesprochen werden, da kein Akzessorium zwischen den beiden Beschwerden vorliegt - auch wenn für die Beschwerden nur eine Geschäftszahl vergeben wurde. Gleichartige Ansprüche, nämlich das gleiche Begehren sind nur als gleiche Interessen, nicht aber als Rechtsgemeinschaft anzusehen ().
Das GebG geht grundsätzlich davon aus, dass dort, wo mehrere Personen in der gleichen rechtlichen Eigenschaft an einem nach außen einheitlichen gebührenpflichtigen Vorgang beteiligt sind, die Gebühr so oft zu entrichten ist, als Personen an dem gebührenpflichtigen Vorgang in der gleichen rechtlichen Eigenschaft beteiligt sind ().
Bloß gleichartige Ansprüche oder gleiche Interessen haben keinen gemeinschaftlichen Rechtsgrund ().
Im Sinne des § 17 Abs.1 GebG ist für die Feststellung der Gebührenpflicht ausschließlich der Inhalt des Schriftstückes maßgeblich. Dass die Beschwerde auch nur im alleinigen Namen hätte eingebracht werden können, vermag nichts an der Gebührenschuld für die in der vorliegenden Form bestehenden Schrift zu ändern.
Wird eine feste Gebühr, die nicht vorschriftsmäßig entrichtet wurde, mit Bescheid festgesetzt, so ist gemäß § 9 Abs. 1 GebG eine Gebührenerhöhung im Ausmaß von 50% der verkürzten Gebühr zu erheben.
Die Gebührenerhöhung wird im § 9 Abs. 1 GebG als objektive Rechtsfolge einer nicht vorschriftsmäßigen Entrichtung von Gebühren in einer im § 3 Abs. 2 GebG vorgesehenen Weise zwingend angeordnet."
1.6. Vorlageantrag
Im - wiederum in einem gemeinsamen Schriftsatz - eingebrachten Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht wurde ergänzend vorgebracht, dass man von engagierten Laien nicht erwarten könne, eine umfassendere Kenntnis über die betreffenden Gesetze und deren Zusammenspiel als die in diesem Bereich tätigen Fachleute (X, x Landesregierung, zuständiges Finanzamt und zuständige Ansprechpartnerin im Bundesverwaltungsgericht, Sekretärin der Richterin) zu haben.
2. Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht
2.1. Vorlage der Beschwerden an das BFG
Mit Vorlagebricht vom - eine Ausfertigung davon wurde auch dem Bf. übermittelt - legte das Finanzamt die Beschwerden gegen den Gebührenbescheid und den Bescheid über eine Gebührenerhöhung dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
Darin führte das FA zum Sachverhalt noch ua aus, dass die entrichtete Gebühr auf die Steuernummer betreffend XY angerechnet worden sei.
2.2. Übergang der Zuständigkeit auf die Gerichtsabteilung xxxx
Mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde die gegenständliche Rechtssache wegen Verhinderung gemäß § 9 Abs. 9 BFGG der (unbesetzten) Gerichtsabteilung zzzz abgenommen und der Gerichtsabteilung xxxx zur Bearbeitung zugeteilt.
2.3 Beweisaufnahme durch das BFG
Vom Bundesfinanzgericht wurde Beweis erhoben durch Einsicht in die vom Finanzamt elektronisch vorgelegten Teile des Bemessungsaktes Erfassungsnummer.
II. entscheidungswesentlicher Sachverhalt
Am brachten Herr XY und Frau YX in einem gemeinsamen, von beiden unterschriebenen, Schriftsatz Beschwerde gegen einen (Zahlwort) Bescheid der x Landesregierung vom , Zahl, adressiert an die Z, betreffend "Projekt", Genehmigung gemäß § 17 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 – UVP-G 2000, ein.
Der Bescheid enthält am Ende nach der Rechtsmittelbelehrung folgende Hinweise:
"Die Gebühr für die Beschwerde beträgt € 30.
Ergeht an alle Verfahrensparteien mittels Zustellung durch Edikt gemäß den §§ 44a und 44 f AVG!"
Am hat Herr XY – nach dem er telefonisch beim Amt der x Landesregierung, beim Bundesverwaltungsgericht und beim Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel Erkundigungen über die Modalitäten der Gebührenentrichtung durchgeführt hatte, einen Betrag iHv € 30,00 auf ein Konto des Finanzamtes überwiesen und als Verwendungszweck angeführt:
"Bundesverwaltungsgericht; Bescheidbeschwerde v. Hr u Fr XY gegen Projekt ".
Gegen den Bescheid der x Landesregierung vom , Zahl haben nicht nur der Bf. und seine Ehegattin, sondern auch E und F (ebenfalls in einem gemeinsamen Schriftsatz) Beschwerde erhoben und hat das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom zur Gz. Zahl über über die Beschwerden der insgesamt 4 Beschwerdeführer entschieden. Im Spruchpunkt A) wurden die Beschwerden von E und F, XY und YX gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 17 UVP-G 2000 abgewiesen, im Spruchpunkt B wurde die Beschwerde von F gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG iVm § 44b AVG 1991 idgF als unzulässig zurückgewiesen.
Die Zahlung iHv € 30,00 wurde vom FA auf die Steuernummer betreffend XY angerechnet.
III. Beweiswürdigung
Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die Unterlagen im elektronisch vorgelegten Bemessungsakt Erfassungsnummer sowie das damit im Einklang befindliche Vorbringen des Bf. in seinen Schriftsätzen.
IV. Rechtslage und Erwägungen
Gemäß § 14 Tarifpost 6 (TP 6) des Gebührengesetzes 1957 (GebG) unterliegen Eingaben von Privatpersonen (natürlichen und juristischen Personen) an Organe der Gebietskörperschaften in Angelegenheiten ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises, die die Privatinteressen der Einschreiter betreffen, einer festen Gebühr.
Gemäß § 14 TP 6 Abs. 5 Z 1 GebG unterliegen der Eingabengebühr nicht die Eingaben an die Gerichte, wobei gemäß § 14 TP 6 Abs. 5 Z 1 leg. cit. die Eingaben an die Verwaltungsgerichte der Länder, das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesfinanzgericht von der Befreiung ausgenommen sind und der Bundesminister für Finanzen ermächtigt wird, für Eingaben einschließlich Beilagen u.a. an das Bundesverwaltungsgericht durch Verordnung Pauschalgebühren festzulegen, sowie den Zeitpunkt des Entstehens der Gebührenschuld und die Art der Entrichtung der Pauschalgebühren zu regeln.
Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend die Gebühr für Eingaben beim Bundesverwaltungsgericht sowie bei den Landesverwaltungsgerichten (BuLVwG-EGebV), BGBl. II Nr. 387/2014, sind Eingaben und Beilagen an das Bundesverwaltungsgericht oder ein Verwaltungsgericht eines Landes (u.a. Beschwerden) gebührenpflichtig, soweit nicht gesetzlich Gebührenfreiheit vorgesehen ist. Die Gebührenschuld für die Eingaben und Beilagen entsteht gemäß § 1 Abs. 2 der Verordnung im Zeitpunkt der Einbringung der Eingabe und mit dem Entstehen der Gebührenschuld wird die Gebühr fällig.
Gemäß § 2 Abs. 1 der Verordnung beträgt die Höhe der Pauschalgebühr für Beschwerden 30 EUR.
Gemäß § 7 GebG ist die Gebühr nur im einfachen Betrage zu entrichten, wenn zwischen zwei oder mehreren Personen eine solche Rechtsgemeinschaft besteht, dass sie in Bezug auf den Gegenstand der Gebühr als eine Person anzusehen sind oder wenn sie ihren Anspruch oder ihre Verpflichtung aus einem gemeinschaftlichen Rechtsgrund ableiten.
Werden in einer Eingabe mehrere Ansuchen gestellt, so ist gemäß § 12 Abs. 1 GebG für jedes Ansuchen die Eingabegebühr zu entrichten.
Zur Entrichtung von Stempelgebühren sind gemäß § 13 Abs.1 Z. 1 GebG verpflichtet:
bei Eingaben, deren Beilagen und die Eingaben vertretenden Protokollen sowie sonstigen gebührenpflichtigen Protokollen derjenige, in dessen Interesse die Eingabe eingebracht wird oder das Protokoll verfasst wird.
Trifft die Verpflichtung zur Entrichtung der Stempelgebühr zwei oder mehrere Personen, so sind sie gemäß § 13 Abs. 2 GebG zur ungeteilten Hand verpflichtet.
Gemäß § 13 Abs. 3 GebG ist mit den in Abs. 1 genannten Personen zur Entrichtung der Stempelgebühr zur ungeteilten Hand verpflichtet, wer im Namen eines anderen eine Eingabe oder Beilage überreicht oder eine gebührenpflichtige amtliche Ausfertigung oder ein Protokoll oder eine Amtshandlung veranlasst.
Wird eine feste Gebühr, die nicht vorschriftsmäßig entrichtet wurde, mit Bescheid festgesetzt, so ist gemäß § 9 Abs. 2 GebG eine Gebührenerhöhung im Ausmaß von 50 vH der verkürzten Gebühr zu erheben.
Im gegenständlichen Fall ist unstrittig, dass in einem gemeinsamen Schriftsatz durch zwei Beschwerdeführer ein Bescheid bekämpft wurde.
Die Bestimmung des § 7 GebG enthält zwei alternative Voraussetzungen für die Anwendung der hier normierten Begünstigung, nämlich den Bestand einer einheitlichen Rechtsgemeinschaft einerseits und die Ableitung eines Anspruchs oder einer Verpflichtung aus einem gemeinschaftlichen Rechtsgrund andererseits ( 12/70).
Im Wege des Umkehrschlusses ergibt sich aus § 7 GebG, dass bei Unanwendbarkeit dieser Gesetzesstelle die Gebühr bei einer Personenmehrheit, die einen gebührenpflichtigen Tatbestand setzt, die Gebühr grundsätzlich so oft zu entrichten ist, als Personen an der Verwirklichung des Tatbestandes beteiligt sind (vgl , , und 125/76; ).
Eine gemeinschaftliche Eingabe kann unter den Voraussetzungen des § 7 GebG zu der Begünstigung führen und stellt diese Bestimmung eine Ausnahme dar, weil im Regelfall die Gebühr grundsätzlich so oft zu entrichten ist, als Personen an der Verwirklichung des gebührenpflichtigen Tatbestandes beteiligt sind ( 125/76).
Der Begriff einer solchen Rechtsgemeinschaft iS des § 7 GebG ist nicht auf Gemeinschaften an dinglichen Rechten beschränkt, sondern erstreckt sich auch auf Schuld- und Forderungsgemeinschaften. Ein gemeinschaftlicher Rechtsgrund iSd § 7 GebG liegt vor, wenn mehrere Personen gemeinsam berechtigt oder gemeinsam verpflichtet sind (vgl. ; und ).
Unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen der §§ 825ff, 888ff ABGB besteht aus bürgerlich- rechtlicher Sicht eine Rechtsgemeinschaft, wenn sich mehrere Personen zur gemeinsamen Ausübung oder zur gemeinschaftlichen Verfolgung von Rechten einerseits oder zur gemeinschaftlichen Abwicklung von Verpflichtungen andererseits derart verbinden, dass sie nur gemeinsam handeln können. Die Rechtsgemeinschaft unterscheidet sich von der Interessensgemeinschaft dadurch, dass letztere nur gleichartige oder gleichgerichtete Interessen verfolgt, ohne dabei bis zu einer gemeinschaftlichen Rechtsausübung zu gehen. Bei einer Gleichheit von Interessen besteht noch keine Rechtsgemeinschaft ( Slg 1147/11)
Gleichartige Ansprüche, nämlich das gleiche Begehren sind nur als gleiche Interessen, nicht aber als Rechtsgemeinschaft anzusehen ().
Ein gemeinschaftlicher Rechtsgrund im Sinne des § 7 GebG liegt dann vor, wenn mehrere Personen gemeinsam berechtigt oder gemeinsam verpflichtet werden (vgl. ,0002)
Von einer Rechtsgemeinschaft in Bezug auf den Gebührengegenstand kann nur gesprochen werden, wenn jeder der verschiedenen Einschreiter dasselbe begehrt und jeder klaglosgestellt erscheint, sobald auch nur einer befriedigt wird. Davon kann ungeachtet des Umstandes, dass die 18 verschiedenen Bescheide ein und dieselbe Aktenzahl tragen, mit Rücksicht auf den jeweils verschiedenen Verfahrensgegenstand und die sich daraus ergebende Verschiedenheit der jeweiligen Sache des Berufungsverfahrens sowie der (abstrakt betrachtet) sowohl aus materiellrechtlichen als auch aus verfahrensrechtlichen Gründen durchaus gegebenen Möglichkeit eines jeweils unterschiedlichen Ausganges des Berufungsverfahrens von vornherein nicht gesprochen werden ().
Wie sich aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom zur Gz. Zahl deutlich ergibt, prüfte das Bundesverwaltungsgericht für jeden der 4 Beschwerdeführer gesondert, ob eine Parteistellung nach § 44b AVG 1991 und damit eine Legitimation zur Beschwerdeerhebung besteht.
Nach § 1 Abs. 1 des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes 2000, BGBl. Nr.679/1993 idF BGBl. I Nr. 14/2014 (UVP-G 2000) ist es Aufgabe der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) unter Beteiligung der Öffentlichkeit auf fachlicher Grundlage
"1. die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen festzustellen, zu beschreiben und zu bewerten, die ein Vorhaben
a) auf Menschen, Tiere, Pflanzen und deren Lebensräume,
b) auf Boden, Wasser, Luft und Klima,
c) auf die Landschaft und
d) auf Sach- und Kulturgüter
hat oder haben kann, wobei Wechselwirkungen mehrerer Auswirkungen untereinander miteinzubeziehen sind,
2. Maßnahmen zu prüfen, durch die schädliche, belästigende oder belastende Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt verhindert oder verringert oder günstige Auswirkungen des Vorhabens vergrößert werden,
3. die Vor- und Nachteile der vom Projektwerber/von der Projektwerberin geprüfte Alternativen sowie die umweltrelevanten Vor- und Nachteile des Unterbleibens des Vorhabens darzulegen und
4. bei Vorhaben, für die gesetzlich die Möglichkeit einer Enteignung oder eines Eingriffs in private Rechte vorgesehen ist, die umweltrelevanten Vor- und Nachteile der vom Projektwerber/von der Projektwerberin geprüften Standort- oder Trassenvarianten darzulegen."
Gemäß § 9 Abs. 1 UVP-G 2000 hat die Behörde der Standortgemeinde eine Ausfertigung des Genehmigungsantrages, der im § 5 Abs. 1 genannten Unterlagen und der Umweltverträglichkeitserklärung zu übermitteln. Diese sind bei der Behörde und bei der Gemeinde mindestens sechs Wochen lang zur öffentlichen Einsicht aufzulegen. § 44b Abs. 2 zweiter bis vierter Satz AVG sind anzuwenden.
Nach § 9 Abs. 5 UVP-G 2000 kann Jedermann innerhalb der Auflagefrist gemäß Abs. 1 zum Vorhaben und zur Umweltverträglichkeitserklärung eine schriftliche Stellungnahme an die Behörde abgeben.
§ 44b Abs. 1 AVG 1991 lautet wie folgt:
"Wurde ein Antrag durch Edikt kundgemacht, so hat dies zur Folge, dass Personen ihre Stellung als Partei verlieren, soweit sie nicht rechtzeitig bei der Behörde schriftlich Einwendungen erheben."
Der Bf. und seine Ehegattin haben beide (ebenso wie Frau E) von ihrem "Jedermann" zustehenden Recht iSd § 9 Abs. 5 UVP-G 2000 Gebrauch gemacht und fristgerecht schriftlich bei der Umweltbehörde Einwendungen gegen die Genehmigung des Vorhabens "Projekt" erhoben. Damit haben sowohl der Bf. als auch seine Ehegattin ihre Parteistellung gewahrt und waren daher auch beide (jeder für sich) legitimiert Beschwerde gegen den Bescheid der x Landesregierung zu erheben.
Zu Eingaben im Zusammenhang mit Bürgerinitiativen erging folgender , 11 0685/2-IV/11/81, AÖFV 1981/145:
"Eingaben, die im Zusammenhang mit Bürgerinitiativen an Organe der Gebietskörperschaften in Angelegenheiten ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises (Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis vom , Z 1028/62; vom , Z 755/63; vom , Z 133/71) gerichtet werden und die, wenn auch nur geringfügig, die Privatinteressen der Einschreiter (Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis vom 12. Feber 1952, Z 2134/61; vom , Z 4/63; vom , Z 288/289/75) betreffen, unterliegen, sofern nicht ein Fall einer ausdrücklichen Gebührenbefreiung gegeben ist, der Gebührenpflicht gem. § 14 TP 6 GebG.
Das Gebührengesetz geht grundsätzlich davon aus, dass die Eingabengebühr so oft zu entrichten ist, als Personen die Eingabe unterzeichnen (Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis vom 22. Feber 1960, Z 2110/59). Die Gebühr ist jedoch gem § 7 GebG unabhängig von der Anzahl der das Anliegen unterstützenden Unterschriften nur im einfachen Betrag zu entrichten, wenn die einschreitende Personenmehrheit in einem Eingabenexemplar nur ein einheitliches Begehren stellt, für das nur eine einheitliche Entscheidung möglich ist."
Aus dem Erlass geht nicht hervor, welche der beiden alternativen Voraussetzungen des § 7 GebG für gegeben erachtet wurden. Nach Frotz/Hügel/Popp (§ 7 GebG, B III) liegt dem Erlass offensichtlich der Gedanke zugrunde, dass die den Gegenstand der Bürgerinitiative bildende Angelegenheit für die Unterzeichner einen gemeinschaftlichen Rechtsgrund darstellt (vgl. dazu Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel- und Rechtsgebühren, Rz 15 zu § 7 GebG).
Im gegenständlichen Fall kann es letztendlich dahin gestellt bleiben, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 GebG erfüllt sind oder nicht, handelt es sich doch bei der Bf. und ihrem Ehegatten jedenfalls nicht um den Bewilligungswerber im Verfahren der Umweltverträglichkeitsprüfung.
§ 14 TP 6 Abs. 5 Z. 20 GebG sieht eine Befreiung von der Eingabengebühr für Einwendungen und Stellungnahmen zur Wahrung der rechtlichen Interessen zu Vorhaben der Errichtung oder Inbetriebnahme von Bauwerken und Anlagen aller Art sowie im Verfahren zur Genehmigung solcher Vorhaben vor; dies gilt nicht für Eingaben des Bewilligungswerbers.
Diese Befreiung wurde 1995 mit BGBl. 172/1995 eingeführt und durch Art 38 des BudBG 2009, BGBl. I 52/2009 insofern ergänzt, als klargestellt wurde, dass nur Eingaben der "Antragsgegner" eines Bewilligungswerbers von der Gebühr befreit sind, die Eingaben des Bewilligungswerbers (zB Bauwerbers) jedoch nicht von der Gebührenbefreiung erfasst und damit gebührenpflichtig sind (RV, 113 BlgNR 24. GP).
Nach dieser Bestimmung sind insbesondere Eingaben aller Art von Nachbarn in Bau- oder Gewerberechtsverfahren und dergleichen gebührenfrei. Voraussetzung für die Gebührenfreiheit ist das Vorliegen von rechtlichen Interessen (vgl. unter Hinweis auf Fellner, Kommentar zu Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel- und Rechtsgebühren, § 14 TP 6 Rz 141 ff und dort zitierter Rechtsprechung).
Die Bestimmung nach § 14 TP 6 Abs. 5 Z. 20 GebG stellt auf "Vorhaben der Errichtung oder Inbetriebnahme von Bauwerken und Anlagen aller Art" ab und befreit ausdrücklich Eingaben im Verfahren zur Genehmigung solcher Vorhaben. Der "Projekt" ist unter den Begriff "Anlagen aller Art" zu subsumieren und geht es bei der Umweltverträglichkeitsprüfung um die Genehmigung der Errichtung und Inbetriebnahme dieses Vorhabens.
Bemerkt wird, dass in einem Rundschreiben zur Durchführung des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes (UVP-G 2000) des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft Umwelt und Wasserwirtschaft, GZ BMLFUW-UW.1.4.2/0052-I/1/2015 vom auf S. 154 ausgeführt wird, dass Stellungnahmen im Rahmen des UVP-G 2000 schon auf Grund des Gebührengesetzes von der Gebührenpflicht befreit sind. Offensichtlich wird dabei die Befreiung nach § 14 TP 6 Abs. 5 Z. 20 GebG angesprochen.
Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes sind nicht nur die Stellungnahmen der "Antragsgegner" in einem Verfahren zur Umweltverträglichkeitsprüfung gebührenfrei, sondern sind auch die weiteren im einem Verfahren zur Genehmigung von "Vorhaben der Errichtung oder Inbetriebnahme von Bauwerken und Anlagen aller Art" von den "Antragsgegnern" eingebrachten Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht nach § 14 TP 6 Abs. 5 Z. 20 GebG gebührenbefreit. Für diese Auslegung spricht die Verwendung des Wortes "sowie" in der gesetzlichen Bestimmung.
Die Beschwerde der Bf. ist daher gemäß § 14 TP 6 Abs. 5 Z. 20 GebG von der Eingabengebühr befreit und ist somit sowohl die Festsetzung der Beschwerdegebühr als auch der Gebührenerhöhung zu Unrecht erfolgt.
Der Beschwerde ist daher Folge zu geben und die angefochtenen Bescheide aufzuheben.
V. Zur Zulassung der Revision
Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist im vorliegenden Fall zulässig, weil keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt, ob in einem Verfahren zur Umweltverträglichkeitsprüfung von "Antragsgegnern" eingebrachte Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht die Tatbestandsvoraussetzungen des § 14 TP 6 Abs. 5 Z. 20 GebG erfüllen.
Wien, am
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 9 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 7 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 14 TP 6 Abs. 5 Z 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 14 TP 6 Abs. 5 Z 20 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.7100445.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at