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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 26.11.2019, RV/2100804/2013

Sanierungsverzicht auf eine nicht mehr werthaltige Forderung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. R in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch LeitnerLeitner GmbH Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, Am Heumarkt 7, 1030 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , betreffend Gesellschaftssteuer zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Am langte beim Finanzamt eine Gesellschaftsteuererklärung gemäß
§ 10 Abs. 1 KVG der x Holding AG (kurz Holding genannt) ein, worin ein Rechtsvorgang nach § 2 Z 4 KVG, ein Forderungsverzicht vom bekanntgegeben wurde. Als Wert der Leistung wurde ein Betrag von 0 Euro ausgewiesen. Aus dem beigelegten Beschluss des Vorstandes der Holding vom ergibt sich, dass die Gesellschaft endgültig auf deren Forderung gegenüber der RF GmbH (Bf) in Höhe von EUR 26.822.534,38 verzichtet. Darüber hinaus wurde vom Vorstand der Holding beschlossen, dass die Holding auf ihre Forderung gegenüber der S GmbH mit einem per aushaftenden Betrag von EUR 1.894.175,40 zur Gänze verzichtet.

Für diesen Rechtsvorgang erließ das Finanzamt am  an die vom Wert der Leistung (EUR 29.797.556,13) gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 KVG iVm § 2 Z 2 bis 4 KVG einen Bescheid über eine Gesellschaftsteuer in Höhe von EUR 297.975,56 mit folgender Begründung: „Forderungsverzicht laut Beschluss vom EUR 26.822.534,38, Verzicht auf Forderung aus Steuerumlagenvereinbarung für 2008 EUR 2.975.021,75.

Forderungsverzichte unterliegen als freiwillige Leistung eines Gesellschafters an eine inländische Kapitalgesellschaft gemäß § 2 Z 4 lit. b KVG der Gesellschaftsteuer, wenn die Leistungen geeignet sind, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen (, Deltakabel BV; ; ; ). Nach § 7 Abs. 2 KVG bildet der Wert der Leistung die Bemessungsgrundlage für die Gesellschaftsteuer. Abzustellen ist dabei auf jenen Wert, den die Leistung für die Gesellschaft hat, dh. der Wert der wegfallenden Passivpost (, , sowie Bavenek-Weber, die Bemessungsgrundlage des Forderungsverzichtes in der Gesellschaftsteuer, FJ 2011, 82 und 122). Der Verzicht auf die entstandenen Forderungen aus der Steuerumlagenvereinbarung erfüllt gleichfalls den Tatbestand des § 2 Z 4 lit. b KVG."

Gegen diese Festsetzung wurde rechtzeitig Berufung (nunmehr Beschwerde) erhoben. Darin wurde ausgeführt, dass durch die Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2008 die Automobil- und die Automobilzulieferindustrie hart getroffen worden sei und die Unternehmen S und die Bf. sowie die SX Holding AG (kurz Holding genannt) schlagartig zu einem Sanierungsfall geworden seien. Im Rahmen der Krisengespräche habe sich herausgestellt, dass die Y Privatstiftung und das Ehepaar Namen (Firmengründer, Stifter der Y Privatstiftung, Vorstände) nur alleine bereit gewesen wären, neues Kapital in die Gesellschaft einzuschießen um die sonst drohende Insolvenz zu vermeiden. Neben zahlreichen organisatorischen und innerbetrieblichen Reformen hätten sich im Gesellschafterkreis und im Kreis der finanzierenden Banken folgende wesentliche Vereinbarungen ergeben:

  • Der Mitgesellschafter Fa habe bereits im Herbst 2008 erklärt, definitiv kein Eigenkapital zur Sanierung der Gesellschaften zur Verfügung zu stellen, wohl aber unter bestimmten Voraussetzungen einer Abtretung seiner Aktien um den symbolischen Betrag von 1 Euro zuzustimmen. Diese Übertragung sämtlicher Aktien an die Y Privatstiftung sei auch erfolgt.

  • Die Investkredit Bank AG (kurz „Bank“) habe als Konsortialführer Verhandlungen bezüglich der Einlösung einer Forderung von rund 28 Mio. Euro durch Namen geführt. Die Forderung sei von der Familie NN um 5,6 Mio. Euro abgelöst worden.

  • Mit allen anderen Banken der Tochtergesellschaften Fa1 und SX seien im Vergleichswege erfolgreich Vereinbarungen getroffen worden.

Eine der zahlreichen Maßnahmen zur Sanierung der operativen Gesellschaften seien die Forderungsverzichte der Holding gegenüber der Bf in Höhe von 26,8 Mio. Euro und von Fa1 an SX in Höhe von 9,6 Mio. Euro. Die Forderungen seien zu diesem Zeitpunkt uneinbringlich gewesen. Da auch die anderen Gläubiger durch Teilablösung ihrer Forderungen teilweise Forderungsverzichte geleistet hätten, sei der Verzicht der beiden Gesellschafterforderungen auch aus rechtlichen Gründen geboten gewesen (Verbot der Gläubigerbevorzugung).

Formal sei der Beschluss des Forderungsverzichtes durch Umlaufbeschluss der Gesellschaften im Dezember 2008 getroffen worden. Die Gesellschaften hätten sich durch deren Organe in den Verhandlungen im November/Dezember 2008 gegenüber dem austretenden Mitgesellschafter und den Banken zu dieser Maßnahme verpflichtet.

Die Forderungsverzichte seien integraler Bestandteil der Vereinbarungen mit dem ausscheidenden Mitgesellschafter Fa und den Banken gewesen. Die Forderungen seien historisch aus dem Kauf von Fa1  durch die Holding und von SX durch Fa1 entstanden. Dieser Kauf sei durch die Gesellschafter und durch das Konsortium der Bank finanziert worden. Eine Rückzahlung dieser Forderungen hätte insbesondere im Falle einer Insolvenz auch gesellschaftliche Probleme ausgelöst (verbotene Gläubigerbevorzugung, uU Eigenkapitalersatz, Anfechtung). Der Verzicht sei daher nicht freiwillig erfolgt, sondern erfolgte aus gesetzlichen und vertraglichen Verpflichtungen gegenüber Fa und den Banken heraus. Die Alternative wäre die Zerschlagung des Unternehmens im Konkursverfahren gewesen, wobei in diesem Fall jedenfalls keine Gesellschaftsteuer angefallen wäre. Die Forderung aus der Steuerumlagenvereinbarung entstamme der Vereinbarung aus der Gruppen- und Steuerumlagenvereinbarung zwischen x Holding GmbH und der Bf und der S GmbH vom . Die Forderung sei eine kumulierte Differenz zwischen positiven und negativen Steuerumlagen.

Rechtlich gesehen, würden die Forderungsverzichte der Gesellschafter im Jahr 2008 keinen Tatbestand des KVG erfüllen und dürften daher keiner Gesellschaftsteuer unterworfen werden. Der Tatbestand des § 2 Z 4 lit. b KVG scheitere gleich an der Erfüllung mehrerer Voraussetzungen, insbesondere an dem Erfordernis der Freiwilligkeit und der Eignung zur Erhöhung der Gesellschaftsrechte. Selbst wenn man die Erfüllung des Tatbestandes – trotz erheblicher Zweifel – bejahen sollte, liege eine Bemessungsgrundlage von Null vor, sodass eine Besteuerung im Ergebnis zu unterbleiben habe.

1.) Zur Freiwilligkeit der Leistung:

Der Forderungsverzicht sei nicht freiwillig erfolgt, sondern beruhe auf einer vertraglichen als auch gesetzlichen Verpflichtung. Es liege eine vertragliche Verpflichtung gegenüber einem Dritten, respektive eine gesellschaftsrechtliche Verpflichtung gegenüber dem Aktionär
Fa vor, da der Verzicht der Forderung maßgebliche Voraussetzung der Banken für den Darlehensnachlass gewesen sei und außerdem der Mitgesellschafter dies als Grundvoraussetzung für die Übertragung seiner Aktien zu einem symbolischen Betrag verlangt habe, was durch eine Bestätigung der Fa belegt sei. Andererseits sei auch faktisch eine gesetzliche Verpflichtung vorgelegen, da sich bei einer Rückzahlung der Forderungen die Gefahr der Wertung als „verbotene Gläubigerbevorzugung“ (insb. § 158 StGB, Straftatbestand der Begünstigung eines Gläubigers) ergeben hätte, weil auch die wesentlichen Fremdgläubiger Forderungsverzichte geleistet hätten. Zum damaligen Zeitpunkt sei bei den Gesellschaften akute Insolvenzgefahr gegeben gewesen und eine Besserstellung von Gesellschafterforderungen gegenüber Forderungen von Fremden wäre aus rechtlicher Sicht nicht zulässig gewesen bzw. hätten die Geschäftsführer der verzichtenden Gesellschaften dieses Risiko nicht eingehen können.

Von der vertraglichen und auch gesetzlichen Verpflichtung des Forderungsverzichtes sei auch jener Betrag, der durch Verzicht auf Forderungen aus Steuerumlagenvereinbarung für 2008 entstanden sei (EUR 2.975.021,75) umfasst. Der Verzicht auf positive Steuerumlage erfülle unstrittig keinen Gesellschaftsteuertatbestand. Die Steuerumlage sei das Entgelt für den durch die Gruppenbildung erhaltenen Steuervorteil.  Der Gruppenträger komme nur seiner gesetzlichen Verpflichtung nach. Es liege daher keine freiwillige Leistung, die zu einer Erhöhung des Wertes der Gesellschaftsrechte führe, vor. Der sich auf die Steuerumlage beziehende Forderungsverzicht dürfe daher keiner Gesellschaftsteuer unterworfen werden.

Die Voraussetzung der „Freiwilligkeit“, die seit Jahrzehnten im österreichischen Recht enthalten sei, sei auch unter Beachtung der Kapitalansammlungs-RL (die diese Voraussetzung nicht kenne, die aber nicht zu einer Ausweitung der Steuertatbestände führen könne) weiterhin für die Steuerbarkeit notwendig.

2.) Eignung zur Werterhöhung

In den Beschwerdeausführungen wird bezweifelt, dass bei einem Verzicht auf eine nicht werthaltige Forderung tatsächlich eine Eignung zur Erhöhung des Werts der Gesellschaftsrechte besteht. Ausgeführt wird: „….Der Bejahung dieser Voraussetzung kann nicht gefolgt werden, da sie zu unerwünschten vom Gesetzgeber wohl nicht gewollten Nebeneffekten führt. Die Gesellschaftsteuerbelastung kann man in diesem Sinne dadurch umgehen, indem zwar kein Verzicht des Gesellschafters auf die nicht rückzahlbare Forderung ausgesprochen wird, aber eine Nachrangigkeitserklärung abgegeben wird und die Forderung einfach in der Bilanz bis zum 'Sankt Nimmerleinstag' in der Gesellschaft bleibt. Der VwGH hat nämlich bei einem vereinbarten Rangrücktritt einer Forderung bis zum Zeitpunkt in dem alle Ansprüche der anderen Gläubiger voll befriedigt sind oder feststeht, dass diese nicht befriedigt werden können, eine Gesellschaftsteuerpflicht verneint (). Ebenso hat der VwGH den Verzicht auf eine wirtschaftlich bereits uneinbringliche Forderung sowohl nach dem Zeitpunkt des offiziellen Liquidationsstadium einer Gesellschaft als auch im Zeitpunkt einer bloßen 'stillen' Liquidation mangels Eignung zur Erhöhung der Gesellschaftsrechte als nicht gesellschaftssteuerbar befunden (; ).

Zum speziellen Fall des Forderungsverzichts auf eine nicht werthaltige Forderung ohne eindeutig absehbare Liquidation oder Rangrücktritt liegt bisher keine VwGH Rechtsprechung vor. Vor dem Hintergrund der genannten VwGH-Rechtsprechung ist aber auch eine Verneinung des Erfüllens des Steuertatbestands aufgrund mangelnder Eignung zur Erhöhung der Gesellschaftsrechte im Falle des Verzichts auf eine aus wirtschaftlicher Sicht nicht werthaltige Forderung geboten. Eine andere Beurteilung würde nämlich zu maßgeblicher Rechtsunsicherheit, schwer zu beurteilbaren Einzelfällen (siehe bspw. die schwierige Beurteilung in RV/1022—W/08, anhängig vor dem VwGH) und unsystematischen Ergebnissen führen. Zunächst sind die zukünftigen Entwicklungen einer Gesellschaft häufig objektiv nicht vorhersehbar und auch die subjektive Absicht des Gesellschafters - Unterstützung des Fortbestands der Gesellschaft oder bloße Abwicklung der Gesellschaft - später nicht mehr objektiv nachvollziehbar. Diese Sachverhalte sind sich jedoch in der Natur und ihrer wirtschaftlichen Wirkung sehr ähnlich. So ist es bspw sowohl bei einem Rangrücktritt als auch dem Verzicht auf eine wirtschaftlich uneinbringliche Forderung Ziel, den Untergang der Gesellschaft zu verhindern. Durch die vertragliche Vereinbarung einer Stundung der Forderung durch Rangrücktritt mit der Folge eines späteren Forderungsverzichts im Liquidationsfall kann selbst nach Ansicht des VwGH eine Gesellschaftsteuer vermieden werden, während im Falle der vertraglichen Vereinbarung des sofortigen Forderungsverzichts und der dennoch später eintretenden Liquidation der Gesellschaft eine Gesellschaftsteuerpflicht des Forderungsverzichts bestehen würde, die womöglich noch zu den kausalen Liquidationsproblemen beiträgt. In beiden Fällen verfolgt der Gesellschafter mit seiner Handlung aber das gleiche Ziel: Den Fortbestand der Gesellschaft zu ermöglichen. Im Ergebnis würde dies zu einer Ungleichbehandlung führen, die sachlich nicht gerechtfertigt ist. Die Gesellschaftsteuerpflicht würde damit von formalen vertraglichen Vereinbarungen abhängig sein, obwohl bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise derselbe Sachverhalt vorliegt. Die Unterscheidung, ob ein Forderungsverzicht bei einer nicht werthaltigen Forderung daher noch gesellschaftsteuerpflichtig ist oder nicht, könnte damit im Einzelfall mit großen Unsicherheiten verbunden sein und von einzelnen vertraglichen Gestaltungen abhängen, was nicht im Sinne des Gesetzgebers sein kann.

Eigenkapitalschwache bzw. bilanziell überschuldete Unternehmen würden zudem dadurch noch zusätzlich belastet. Dies wiederum erschwert die Sanierung von Kapitalgesellschaften, die in Insolvenz geraten sind, oder unmittelbar davor stehen. Der Gesetzgeber hat durch eine Reihe von legislativen Maßnahmen in den letzten Jahren verstärkt zum Ausdruck gebracht, dass die Sanierung von Unternehmen im Vordergrund steht. Die Sanierung von Unternehmen wird z.B. sowohl im EKEG bevorzugt (§ 13 EKEG nimmt im Rahmen eines Sanierungskonzeptes von Neugesellschaftern gewährte Kredite vom Anwendungsbereich dieses Gesetzes aus), als auch ganz besonders durch die Änderungen des IRÄG 2010. Auch im Steuerrecht wird die Sanierung von Unternehmen im Wege einer begünstigten Besteuerung für Sanierungsgewinne sowohl im KStG als auch im EStG privilegiert und damit gefördert.

Unsystematisch erscheint auch der Ansatz, dass im Liquidationswege kein relevanter Wertzuwachs entstehen soll. Auch der Zuschuss im Liquidationswege trägt wie bei der Fortführung des Unternehmens zur Entschuldung des Unternehmens bei und erhöht damit die Chancen des Gesellschafters im Rahmen der Liquidation einen Erlösanteil zu erhalten bzw. den Erlösanteil zu steigern. Der Forderungsverzicht im Liquidationsstadium kann daher aus sachlichen Gründen nicht per se anders betrachtet werden, als bei Fortführung des Unternehmens. Wird daher im Falle des Zuschusses im Liquidationsstadium oder bei faktischer 'stillen' Liquidation und dem Rangrücktritt mit Stundung mangels Wertzuwachs keine Gesellschaftsteuerpflicht angenommen, kann für den Verzicht auf eine nicht werthaltige Forderung nur dasselbe Ergebnis gelten. Warum soll der Verzicht auf eine wertlose Forderung, der vom Gesellschafter im Insolvenzstadium bzw. insolvenznahen Stadium einer Kapitalgesellschaft abgegeben wird die Gesellschafterrechte mehren, nicht aber der Forderungsverzicht, der im Liquidationsstadium erfolgt? Wenn ein Unternehmen es schafft eine Insolvenz zu vermeiden und liquidiert werden kann, verfügt es über mehr Vermögen als eine insolvente fortgeführte Gesellschaft. Wenn dann noch im Liquidationsstadium zusätzlich ein Forderungsverzicht abgegeben wird, wird dieses positive Vermögen DADURCH nochmals vermehrt, da eine Forderung nicht mehr bedient werden muss. Dies mehrt wiederum den Anspruch der übrigen Gesellschafteraus dem Liquidationserlös und somit die Gesellschafterrechte.

Es ist sachlich nicht gerechtfertigt, warum - als extremiertes Beispiel - der Verzicht auf eine werthaltige Forderung bei einem Liquidationsvermögen der Gesellschaft von 1 Mio EUR keine Gesellschaftsteuer auslösen soll, wohl aber der Verzicht auf eine Forderung eines überschuldeten Unternehmens, die zum Zeitpunkt des Verzichtes nicht einbringlich und somit wertlos war. Eine derartige Auslegung des KVG würde dem Gesetzgeber eine sanierungsfeindliche Haltung attestieren und wäre auch sachlich nicht gerechtfertigt.

Die Auslegung des KVG hat zudem auch in Konformität mit der Kapitalansammlungs-RL (RL 69/335/EWG, seit RL 2008/7/EG) zu erfolgen. Insbesondere darf die Auslegung der Steuertatbestände des KVG nicht zu einer Besteuerung über das Niveau der KapitalansammlungsL hinaus führen (vgl Thunshirn/Himmelsberger/Hohenecker, KVG (2009) Einl Rz 25 ff). Nach Art 4 Abs 2 lit b RL 69/335/EWG (heute wortgleich Art 3 lit h iVm Art 7 Kapitalansammlungs-RL 2008/7/EG), der die Hintergrundbestimmung für den Steuertatbestand des § 2 Z 2 KVG bildet, dürfen die Mitgliedstaaten "die Erhöhung des Gesellschaftsvermögens einer Kapitalgesellschaft durch Leistungen eines Gesellschafters, die keine Erhöhung des Kapitals mit sich bringen," weiterhin der Gesellschaftsteuer unterwerfen, sofern diese Leistungen  "ihren Gegenwert in einer Änderung der Gesellschaftsrechte finden oder geeignet sind, den Wert der Gesellschaftsanteile zu erhöhen." Der EuGH hat als Konkretisierung hierfür herausgearbeitet, dass einer Gesellschaftsteuer 'nur solche Vorgänge unterworfen sein sollen, die der rechtliche Ausdruck einer Ansammlung von Kapital sind, und zwar nur insoweit, als sie zur Verstärkung des Wirtschaftspotentials der Gesellschaft beitragen' (, Felicitas, Rn .16).

Eine Verstärkung des Wirtschaftspotentials der Gesellschaft ist allerdings beim Verzicht (teilweise) uneinbringlicher Forderungen - ebenso wie die Eignung, der Erhöhung der Gesellschaftsrechte - in Frage zu stellen. Der Verzicht auf die Forderung ist im vorliegenden Fall nämlich faktisch gesetzlich bedingt. Der Gesellschafter und die Gesellschaft will durch den Verzicht auf die Forderung nicht zwingend zur Verstärkung des Wirtschaftspotentials der Gesellschaft beitragen, sondern vielmehr mitunter den rechtlichen Verpflichtungen nachkommen und einen Verstoß gegen gesetzliche Bestimmungen vermeiden. Der Verzicht auf den uneinbringlichen Teil einer Forderung des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft bezweckt nicht zwingend eine Steigerung des Wirtschaftspotentials der Gesellschaft. Abzustellen ist dabei stets auf den Einzelfall des Forderungsverzichtes und auf eine Betrachtung der Gesellschaft und der Forderung im Zeitpunkt des Verzichtes. Bei gesetzlicher Verpflichtung bzw. Verpflichtung gegenüber einem Mitgesellschafter einen steuerpflichtigen Tatbestand in Form der Verstärkung des Wirtschaftspotentials zu unterstellen, kann nicht im Sinne der Kapitalansammlungs-RL liegen, die vor dem Hintergrund des Ziels der Abschaffung der Gesellschafsteuer generell von einer restriktiven Auslegung geprägt ist (siehe auch die Ausführungen im folgenden Abschnitt b)."

3.) Bemessungsgrundlage

Die Bf. führt weiter aus, dass im Falle einer Bejahung des Tatbestandes des § 2 Z 4 lit. b KVG eine Besteuerung aufgrund der mangelhaften Bemessungsgrundlage scheitern muss. Die Rechtsmeinung des Finanzamtes, dass auf jenen Wert abzustellen ist, den die Leistung für die Gesellschaft hat (dh den Wert der wegfallenden Passivpost), wird von der Bf. nicht geteilt.

Sie führt aus: „….Dieser Auffassung kann vor dem Hintergrund der Auslegungsgrundsätze des österreichischen KVG und der KapitalansammlungsRL nicht gefolgt werden. Die Bemessungsgrundlage für den Forderungsverzicht ist nach § 7 Abs. 1 Z 2 KVG der 'Wert der Leistung'. Nach hL bemisst sich dieser Wert beim Forderungsverzicht am Minderwert einer Forderung, wenn besondere wirtschaftliche Umstände nachgewiesen werden können, die einen niedrigeren Wertansatz begründen, wie bspw der Verzicht auf nicht einbringliche Forderungen (vgl Knörzer/Althuber, Gesellschaftsteuer (2009) § 7 Rz 37 ff; Thunshirn/Himmelsberger/Hohenecker, KVG (2008) § 2 Rz 248 ff; Fraberger, ÖStZ 2004, 259; Bachl in Bertl/MandI/Mandl/Ruppe, Insolvenz - Sanierung - Liquidation (1998) 97; Egly/Klenk, Gesellschaftsteuer-Kommentar4 (1982) § 8 Rz 444; Brönner/Kamprad, KVG4 (1986) § 8 Rz 13; BFH , II 202/53 U, BStBl 1954 III, 368). In diesem Sinne hat nämlich auch der VwGH betreffend die Bewertung von Schulden einer Gesellschaft bereits ausgeführt: "Nach § 14 Abs. Bewertungsgesetz sind Kapitalforderungen, die nicht in § 13 bezeichnet sind, und Schulden mit dem Nennwert anzusetzen, wenn nicht besondere Umstände einen höheren oder geringeren Wert begründen. Solche Umstände liegen etwa vor, wenn eine Forderung uneinbringlich oder voraussichtlich nur teilweise einbringlich ist." (; so auch ). Diese Grundsätze des BewG sind gemäß § 1 BewG mangels Sonderregelung unstrittig auch für die Auslegung des KVG und damit auch die Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach § 7 KVG heranzuziehen (vgl ; ; Thunshirn/Himmelsberger/Hohenecker, KVG (2008) § 2 Rz 250; Knörzer/Althuber, Gesellschaftsteuer2 (2009) § 7 Rz 4 und 35; Fraberger, ÖStZ 2004, 256 ff). § 14 BewG, der für die Bewertung von Schulden die Berücksichtigung der Einbringlichkeit vorschreibt, ist daher auch auf den vorliegenden Sachverhalt anzuwenden. Die Bemessungsgrundlage des Forderungsverzichts ist somit - wenn man die Erfüllung des Tatbestands bejahen sollte - unter Berücksichtigung der Einbringlichkeit zu ermitteln. Nur der einbringliche Teil der Forderungen, auf die der Gesellschafter verzichtet, sind daher der Gesellschaftsteuer zu unterwerfen, da dies den Wert der Leistung darstellt. Da die Forderungen zum Zeitpunkt des Forderungsverzichts und damit auch die Schulden nicht mehr werthaltig waren, ist die Bemessungsgrundlage somit mit Null anzusetzen.

Das österreichische KVG folgt damit einem wirtschaftlichen Ansatz bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage. In diesem Sinne werden bspw auch Sachleistungen des Gesellschafters für Zwecke der Gesellschaftsteuer, den Grundsätzen des BewG folgend, mit dem gemeinen Wert bewertet (vgl Thunshirn/Himmelsberger/Hohenecker, KVG (2008) § 7 Rz 719; Knörzer/Althuber, Gesellschaftsteuer2 (2009) § 7 Rz 35). Bei der Einlage einer Forderung des Gesellschafters gegenüber einem Dritten in die Gesellschaft bemisst sich die Bemessungsgrundlage daher am gemeinen Wert der Forderung. Nur der einbringliche Teil der Forderung kann daher Bemessungsgrundlage für die Gesellschaftsteuer sein. Auch ein Dritter würde für den Erwerb der Forderung keinen über den einbringlichen Teil hinausgehenden Betrag bezahlen. Der formelle Nennwert der Forderung ist diesfalls nicht ausschlaggebend. In gleicher Weise kann auch beim vergleichbaren Forderungsverzicht des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft nur auf den wirtschaftlichen Wert der Forderung abgestellt werden. Die Verbindlichkeit ist für die Gesellschaft wirtschaftlich betrachtet keine Last mehr, da sie diese niemals aus eigener Kraft bedienen könnte (vgl Fraberger, ÖStZ 2004, 256 ff; Knörzer/Althuber, Gesellschaftsteuer2 (2009) § 7 Rz 36; Egly/Klenk, Gesellschaftsteuer-Kommentar4 (1982) § 8 Rz 444). Obwohl ein Forderungsverzicht des Gesellschafters daher grundsätzlich womöglich objektiv geeignet sein könnte, den Wert des Gesellschaftsvermögens und der Anteile zu erhöhen, so ist der Wert der Leistung beim Verzicht auf eine ohnehin uneinbringliche Forderung wirtschaftlich betrachtet Null. Bei dieser wirtschaftlichen Beurteilung ist es grundsätzlich irrelevant, ob man auf den Wert der Leistung aus Sicht der Gesellschaft oder aus Sicht des Gesellschafters abstellt. Wirtschaftlich betrachtet ist nämlich sowohl die Forderung für den Gesellschafter nichts mehr wert als auch die Verbindlichkeit für die Gesellschaft keine Belastung mehr darstellt (vgl. Thunshirn/Himmelsberger/Hohenecker, KVG (2008) § 2 Rz 250 f; Puchinger/Grau, FJ 2006, 182).

Dass eine wirtschaftliche und nicht eine formelle (bilanzielle) Betrachtung für die Auslegung des KVG entscheidend ist, wird auch bei einem Blick auf andere Sachverhalte deutlich. Eine bilanzielle Erhöhung des Gesellschaftsvermögens ist nämlich für die Untersuchung des Tatbestandes als auch der Bemessungsgrundlage im österreichischen KVG nicht entscheidend (vgl Bavenek-Weber, FJ-GVR 1994, 5 ff). So wird nach hL und ständiger Rechtsprechung auch ein unverzinstes Gesellschafterdarlehen in Höhe der fiktiven Zinserträge der Gesellschaftsteuer unterworfen (vgl. Thunshirn/Himmelsberger/Hohenecker, KVG (2008) § 2 Rz 270; Knörzer/Althuber, Gesellschaftsteuer2 (2009) § 7 Rz 39). Die Zinsersparnis wird jedoch bilanziell nicht verbucht und führt daher zu keiner bilanziellen Erhöhung des Gesellschaftsvermögens. Vor diesem Hintergrund kann der bilanzielle Wert einer Leistung (wie hier der erlassenen Verbindlichkeit bei der Gesellschaft) daher für die Erfüllung eines Tatbestandes als auch die Ermittlung der Bemessungsgrundlage keine Rolle spielen. Es ist vielmehr auf den wirtschaftlichen Wert einer Leistung abzustellen. Im Rahmen einer systematisch konsequenten Auslegung kann die bilanzielle Behandlung nämlich entweder immer oder niemals als entscheidungserheblich betrachtet werden. Dass die Verbindlichkeit in der Bilanz der Gesellschaft somit mit dem Nennwert aufscheint und daher aus bilanzieller Sicht der Passivposten bei Forderungsverzicht in voller Höhe wegfällt, kann somit bei konsequenter Auslegung nicht entscheidungserheblich sein. Unternehmensrecht folgt anderen Grundsätzen als das KVG, was auch eine unterschiedliche Auslegung rechtfertigt (vgl. Egly/Klenk, Gesellschaftsteuer-Kommentar4 (1982) § 8 Rz 444).

Diese Auffassung bestätigt sich auch bei einem Blick auf den unionsrechtlichen Hintergrund. Nach Art 5 Abs 1 lit d Kapitalansammlungs-RL 69/335/EWG (heute Art 11 Abs 4 Kapitalansammlungs-RL 2008/7/EG) hat sich die Steuer vom 'tatsächlichen Wert der erbrachten Leistungen' zu bemessen. Bereits der Ausdruck 'tatsächlich' macht eine Abkehr von einer rein formellen (bilanziellen) hin zu einer wirtschaftlichen Beurteilung deutlich (vgl idS auch Thunshirn/Himmelsberger/Hohenecker, KVG (2008) § 2 Rz 250 f; Puchinger/Grau, FJ 2006, 181 f). Der EuGH hat zudem festgehalten, dass mit Rücksicht auf die Zielsetzung, dass nur Vorgänge, die zur Verstärkung des Wirtschaftspotentials der Gesellschaft fuhren, besteuert werden sollen, bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage auf den Wert abzustellen ist, 'der vom Gesellschafter in die Kapitalgesellschaft einzubringen ist und durch den der Gesellschafler zur Ansammlung von Kapital beiträgt' (, Felicitas, Rn 16). Ebenso hat der EuGH festgehalten, dass im Falle der Zahlung eines höheren Preises für den Erwerb eines Kapitalanteils im Rahmen einer Kapitalerhöhung, als er dem Nennwert der Beteiligung entspricht, der 'tatsächliche Wert' im Sinne des Art 5 Abs 1 lit d KapitalansammlungsRL 69/335/EWG nicht nur der Nennbetrag, sondern der höhere geleistete Beitrag ist (, Energie Steiermark Holding AG, Rn 30 ff). Diese Beispiele zeigen, dass sich der EuGH an einem wirtschaftlichen Verständnis der Bemessungsgrundlage aus Sicht des Gesellschafters orientiert. Diese wirtschaftliche Betrachtung in Abkehr von einer strengen bilanziellen Vorgehensweise wird ebenso in der Rechtsprechung zum unverzinsten Darlehen deutlich. Trotz der explizit im Zusammenhang mit einer bilanziellen Betrachtungsweise vorgebrachten Zweifel in der Vorlageentscheidung des BFH (siehe BFH , I R 110/85), hat der EuGH nämlich die Gesellschaftsteuerpflicht eines unverzinsten Gesellschafterdarlehens bejaht, obwohl mit diesem Vorgang keine bilanzielle Erhöhung des Gesellschaftsvermögens verbunden ist. Der EuGH führte für die Bestimmung der Bemessungsgrundlage hierzu auch aus, dass die Gesellschaftsteuer auf die fiktiven Zinsaufwendungen - also den wirtschaftlichen Vorteil - zu ermitteln ist (, Trave, Rn 17). Der EuGH lehnt damit eine Orientierung der Auslegung der Tatbestände und der Bemessungsgrundlage der Kapitalansammlungs-RL an Bilanzierungsgrundsätzen ab und stellt den wirtschaftlichen Wert in den Vordergrund. Wirtschaftlich hatten die gegenständlichen Forderungen aber sowohl aus Sicht der Gesellschaft als auch aus Sicht des Gesellschafters keinen Wert mehr.

Diese Auslegung erscheint auch deshalb erforderlich, da durchaus denkbar ist, dass sich die nationalen unternehmensrechtlichen Grundsätze in den Mitgliedsstaaten im Detail unterscheiden. Eine Anknüpfung an bilanzielle Bewertungsgrundsätze bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage oder Beurteilung des Tatbestands erscheint daher für die Auslegung der Kapitalansammlungs-RL und damit auch des KVG nicht zielführend, da dies zu divergierenden Ergebnissen in den einzelnen Mitgliedstaaten führen könnte und somit einer gebotenen einheitlichen Auslegung der Kapitalansammlungs-RL entgegen steht (kritisch zur Relevanz unternehmensrechtlicher Grundsätze auch Spies, ecolex 2012, 259). Ein allenfalls bestehender Wert der Leistung des Gesellschafters in Form des Forderungsverzichts nach unternehmensrechtlichen Grundsätzen kann somit nicht entscheidend sein.

Es ist zwar in diesem Zusammenhang richtig, dass der EuGH in der Rs Deltakabel grundsätzlich erkannt hat, dass ein Forderungsverzicht des Gesellschafters steuerpflichtig sein kann. Der EuGH widmete sich in diesem Urteil aber nur der allgemeinen Vorlagefrage des nationalen Gerichts, die darin bestand zu beurteilen, ob der vollständige oder teilweise Ausgleich einer Forderung der Mutter- gegenüber der Tochtergesellschaft die Erhebung von Gesellschaftsteuer zulässt. Dies bejahte der EuGH (, Deltakabel, Rn 10 ff). Der EuGH war jedoch in diesem Verfahren nicht konkret damit konfrontiert zu beurteilen, ob dies auch bei einer wirtschaftlich wertlosen Forderung in gleicher Art zu beurteilen ist bzw wie die Bemessungsgrundlage in einem derartigen Fall zu ermitteln ist. Der EuGH tat daher keine Aussage dazu, ob auch beim Verzicht auf eine ohnehin uneinbringliche Forderung ein Tatbestand der Kapitalansammlungs-RL erfüllt ist, geschweige denn ging er darauf ein, wie hoch in diesem Fall die konkrete Bemessungsgrundlage sein darf. Daran ändert auch nichts, dass der Sachverhalt in der Rs Deltakabel womöglich eine sanierungsbedürftige Gesellschaft betraf. Der EuGH ist nämlich nicht dafür zuständig einen konkreten Sachverhalt zu beurteilen, sondern eine Antwort auf die gestellte Vorlagefrage zu geben, die eben keinen Bezug zu einer Uneinbringlichkeit der Forderung aufwies.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass die Rs Deltakabel in einem frühen Stadium des Binnenmarkts ergangen ist. Vor dem Hintergrund der neuerdings in Gesellschaftssteuerbelangen großzügigen Auslegung des EuGH (siehe , Immobilien Linz in großzügiger Fortsetzung von , Siegen, Rn 12) und den allgemeinen unionsrechtlichen Bestrebungen die Gesellschaftsteuer im Binnenmarkt abzuschaffen (vgl. Begründungserwägungen 2-5 der RL 2008/7/EG) ist bei bisher nicht geklärten Einzelfragen (wie im vorliegenden Fall der Frage der Erfüllung des Tatbestands und der Ermittlung der Bemessungsgrundlage beim Verzicht auf nicht werthaltige Forderungen) die konkrete Beurteilung des EuGH nicht abschätzbar. Die Zusammenhänge der Kapitalansammlungs-RL und die bisherige EuGH-Rechtsprechung deuten auf eine wirtschaftliche Auslegung der Bemessungsgrundlage hin. Sollte die Behörde aber Zweifel an der Auslegung der Kapitalansammlungs-RL und der Übereinstimmung des nationalen Rechts mit der Kapitalansammlungs-RL für den vorliegenden Fall hegen, regen wir hiermit die Übermittlung eines Vorabentscheidungsersuchens an den EuGH an.

Nach dem EUGH-Urteil in der Rs Immobilien Linz darf die Übernahme von Verlusten der Gesellschaft durch einen Gesellschafter nicht der Gesellschaftsteuer unterworfen werden, wenn der Gesellschafter diese Verluste aufgrund einer Verpflichtung übernimmt, die er vor dem Eintritt dieser Verluste eingegangen ist. In einem solchen Fall führt diese zuvor eingegangene Verpflichtung nämlich dazu, dass sich die künftigen Verluste der Gesellschaft nicht auf den Umfang ihres Vermögens auswirken werden. Die spätere tatsächliche Abdeckung der Verluste durch den Gesellschafter führt daher auch zu keiner steuerbaren Werterhöhung des Vermögens (, Immobilien Linz, Rn 22 ff.). Diese Übernahmezusage kann auch in einer Einzelzusage des Gesellschafters bestehen (vgl. Aigner/Kofler/Tumpel, SWK 2012, 72 ff; Fischerlehner, UFS Journal 2011, 441 ff; Spies, ecolex 2012, 256 ff). Diese Grundsätze müssen auch auf den vorliegenden Fall, insbesondere auf die Steuerumlage übertragen werden. Der Gesellschafter hatte sich im vorliegenden Fall bereits vor Eintritt des Verlustes verpflichtet, auf die Leistung einer Steuerumlage zu verzichten. Der Verlust aus der Steuerumlage konnte sich daher von Beginn an nicht auf das Gesellschaftsvermögen auswirken, da der Verzicht auf die Steuerumlage von Beginn an feststand und daher der daraus entstehende Verlust im Sinne des EuGH-Urteils Immobilien Linz "automatisch auf den Gesellschafter übertragen" war (, Immobilien Linz, Rn 24). Mangels Wertminderung des Vermögens hat der Verzicht auf die Steuerumlage daher auch zu keiner steuerbaren Werterhöhung des Gesellschaftsvermögens geführt."

Das Finanzamt legte daraufhin die Berufung ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor und begehrte die Abweisung mit folgender Stellungnahme: „…Zu dem Einwand, es läge keine Freiwilligkeit des Forderungsverzichtes vor, ist zu sagen: Die eingewendete Voraussetzung für den Darlehensnachlass der Banken ist Beweggrund für den Verzicht und hat keinen Einfluss auf die Freiwilligkeit (, 0122). Gleiches gilt für die Voraussetzung der eingewendeten Aktienübertragung sowie für die allfällige Gefahr einer Gläubigerbevorzugung. Die Bw. erkennt, dass es für die freiwillige Leistung ausreichend ist, dass die Leistung bloß geeignet sein muss objektiv geeignet zu sein den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen. Auf eine tatsächliche Werterhöhung kommt es indes nicht an. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist der Nachweis einer tatsächlichen Werterhöhung nicht erforderlich; vielmehr reicht die objektive Eignung der Leistung, den Erfolg der Wertsteigerung zu bewirken (zB ; , 95/16/0302-0305).

Eine Werterhöhung liegt insbesondere dann vor, wenn ein Gesellschafter Leistungen zur Abdeckung von Verlusten erbringt (, 0050). Bei Geldleistungen wird die Eignung, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen, im Regelfall zu bejahen sein.

Forderungsverzichte müssen objektiv geeignet sein, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen (Sanierungsverzichte, Forderungsverzichte zur Verlustabdeckung, auch wenn die Überschuldung dadurch nicht voll beseitigt wird). Im berufungsgegenständlichen Fall verringerten sich durch den Verzicht die Verbindlichkeiten, sodass es nicht nur zu einer objektiven sondern auch einer tatsächlichen Werterhöhung der Gesellschaftsrechte kam. Der Verzicht war geeignet, zur Sanierung der Gesellschaft beizutragen. Ein Wegfall einer Verbindlichkeit ist auch dann objektiv zur Werterhöhung geeignet, wenn lediglich die Überschuldung der Gesellschaft beseitigt wird, ohne dass der Wert der Gesellschaftsrechte über Null steigt. Es genügt bereits, wenn die Überschuldung der Gesellschaft teilweise beseitigt wird.

Den weitwendigen Berufungsausführungen in diesem Zusammenhang kommt daher keine Relevanz zu.

Zu einer Verstärkung des Wirtschaftspotentials ist es, wie schon aufgezeigt wurde, gekommen. Mit den Ausführungen zur Bemessungsgrundlage wendet sich die Bw. gegen die Rechtsansicht des UFS (; , RV/1022-W/08; , RV/0526-I/07; , RV/1022-W/08 - dagegen wurde VwGH-Beschwerde zur Zl. 2010/16/0269 eingebracht; , RV/2391-W/10; , RV/2051-W/06 und , RV/1447—W/06). Die Argumentation der Bw. überzeugt nicht. Ausgeführt wird, dass eine wirtschaftliche und nicht eine formelle Betrachtung für die Auslegung des KVG entscheidend wäre. Indes knüpft das Kapitalverkehrsteuergesetz an Vorgänge des Rechtsverkehrs an und deshalb gilt grundsätzlich die formalrechtliche Betrachtungsweise.

Die wirtschaftliche Betrachtungsweise kommt (nur) ausnahmsweise zur Anwendung: Die wirtschaftliche Betrachtungsweise gilt immer dann, wenn sich der Abgabenbehörde ein Sachverhalt darbietet, bei dem eine rein formal-rechtliche Beurteilung zu Ergebnissen führen würde, die dem Sinn und Zweck des betreffenden Abgabengesetzes klar zuwiderlaufen würden (). So ist anhand einer wirtschaftlichen und nicht einer formalen Betrachtungsweise zu beurteilen, wem die Leistung - unabhängig von deren tatsächlichen Herkunft - zuzurechnen ist bzw. wer - unabhängig vom letztlich tatsächlichen Empfänger - der eigentliche Empfänger der Leistungen ist (; Rs C-71/00; ; , 2001/16/0273; , 2007/16/0027; , 2010/16/0136 und , 2012/16/0104).

Dass die Forderungen aus Sicht der Gesellschaft, das ist die Bw., keinen Wert mehr gehabt hätte, ist durch den außerordentlichen Ertrag im Jahresabschluss klar widerlegt und würden durch die begehrte Sichtweise die Grundsätze der Rechnungslegung ihres Inhaltes beraubt. Aus angestellten Überlegungen zur Tendenz der Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Gesellschaftsteuer kann die Bw. nichts für ihren Standpunkt gewinnen. Richtungsweisend, dass die Bemessungsgrundlage beim Forderungsverzicht aus der Sicht der Gesellschaft zu ermitteln ist, sind die Entscheidung des und die und vom , 270/81.“

Die Zuständigkeit zur Entscheidung ist vom unabhängigen Finanzsenat gemäß § 323 Abs. 38 BAO auf das Bundesfinanzgericht übergegangen und ist die Rechtssache als Beschwerde im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Mit Verfügung vom
hat der Geschäftsverteilungsausschuss die Rechtssache nunmehr der Gerichtsabteilung 3022 zur Erledigung zugewiesen. Der aktuelle steuerliche Vertreter, die Kanzlei Leitner & Leitner, Graz gab am bekannt, auf die ursprünglich beantragte mündliche Verhandlung zu verzichten.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Folgender Sachverhalt wird festgestellt:

Die Beschwerdeführerin, die RF GmbH gehörte 2008 als Gruppenmitglied - neben der S GmbH - dem Konzern der x Holding AG an, deren Aktionär mit 49% die L AG war. Zu 99.6% war die Holding Hauptgesellschafter der RF GmbH, zu je 0,20 % das Ehepaar Namen.

Im August 2008 kam es im Zuge einer Konzernneustrukturierung zu einem Wechsel des Hauptgesellschafters: Mit Anteilskaufvertrag hat die Holding ihre Beteiligung an der S GmbH an die Tochtergesellschaft, der RF GmbH übertragen. Infolge der Weltwirtschaftskrise, insbesondere der Automobil-Industrie geriet die Unternehmensgruppe als Zulieferer in eine massive Liquiditäts- und Ertragskrise (siehe Anhang zur Bilanz der Bf zum ). Um den Fortbestand der Gesellschaft und der Unternehmensgruppe zu sichern, wurden zahlreiche Sanierungsschritte gesetzt. Unter anderem kam es zu gruppeninternen Forderungsverzichten. Mit Beschluss des Vorstandes der x Holding AG vom verzichtete die Holding auf ihre Forderung iHv EUR 26.822.534,38 sowie auf Forderungen aus der Steuerumlagenvereinbarung für das Jahr 2008 in Höhe von EUR 2.975.021,75 gegenüber der Bf. Der daraus resultierende Ertrag wurde in der Gewinn- und Verlustrechnung der Bf. unter den außergewöhnlichen Erträgen ausgewiesen. Die Gesellschaft geriet nicht in ein Insolvenzverfahren.

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Inhalt des Aktes des Finanzamtes (ErfNr. GZ) und aus Firmenbuchabfragen durch die Richterin.     

Erwägungen:

Mit Ablauf des trat die Gesellschaftsteuer außer Kraft. Da im gegenständlichen Fall die Steuerschuld vor dem entstanden ist, sind die Vorschriften des KVG noch anzuwenden (BGBl. I Nr. 13/2014).

Nach der taxativen Aufzählung in § 2 Z 4 KVG unterliegen der Gesellschaftsteuer folgende freiwillige Leistungen eines Gesellschafters an eine inländische Kapitalgesellschaft, wenn die Leistung geeignet ist, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen:

a) Zuschüsse

b) Verzicht auf Forderungen

c) Überlassung von Gegenständen an die Gesellschaft zu einer den Wert nicht erreichenden Gegenleistung

d) Übernahme von Gegenständen der Gesellschaft zu einer den Wert übersteigenden Gegenleistung.

Als Bemessungsgrundlage der Steuer legt § 7 Abs. 1 Z 2 KVG fest: Die Steuer wird bei Leistungen (§ 2 Z 2 bis 4) vom Wert der Leistung berechnet.

1.) Zum Tatbestandsmerkmal der Freiwilligkeit:

Leistungen sind dann freiwillig, wenn sie weder auf einer im Gesellschaftsvertrag noch auf einer im Gesetz begründeten Verpflichtung, sondern auf einem anderen Rechtsgrund beruhen. Als freiwillig sind vor allem alle Leistungen anzusehen, die auf Verträgen beruhen, denen nicht der Charakter eines Gesellschaftsvertrages zukommt (). Voraussetzung für die Steuerpflicht ist, dass der Vertrag freiwillig abgeschlossen wird. Zur Steuerpflicht führt jede Zuwendung eines Vermögensteiles durch einen Gesellschafter, die ohne gesetzlichen oder gesellschaftsvertraglichen Zwang erbracht wird und die zur Erfüllung des Gesellschaftszweckes verwendet wird (; ).

Der gegenständliche Forderungsverzicht gründet sich darauf, dass - ausgelöst durch die Wirtschafts- und Finanzkrise - der Konzern in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war und zur Rettung der Unternehmen ein Sanierungsplan mit zahlreichen Maßnahmen erstellt wurde, der ua. auch den Verzicht auf Gesellschafterforderungen der Holding als Maßnahme zur Verbesserung der Liquiditätssituation beinhaltete. Ein weiterer Bestandteil dieses Sanierungskonzeptes war auch die Abtretung der Anteile an der Holding AG von der bisher mit 49 % an dieser Gesellschaft beteiligten L AG an die Y Privatstiftung zu einem symbolischen Preis, die Übertragung der bisher von Namen gehaltenen Anteile an diese Privatstiftung und die Zuführung von neuen finanziellen Mitteln von der Privatstiftung in die beiden operativen Gesellschaften, die Übernahme von Krediten durch die Vorstände  Namen und die Vereinbarung von Schuldnachlässen und Zahlungsmoratorien mit Banken hinsichtlich der Kredite der Bf (Anhang zur Bilanz der Bf. zum ).

Der Forderungsverzicht erfolgte daher im Rahmen eines Sanierungsplanes für den Konzern zur Aufrechterhaltung der Unternehmen und hat seinen Ursprung in einer freiwilligen Entscheidung (vgl. ). Dass sich die Sanierungsmaßnahmen, wie zB der Aktionärswechsel bei der Holding und der Schuldnachlass durch die Banken, nur im Zusammenhang mit dem Forderungsverzicht der Hauptgesellschafterin durchführen ließen, hat keinen Einfluss auf die Freiwilligkeit.

Wirtschaftliche und sozialpolitische Zwänge, wie ein Forderungsverzicht des Hauptgesellschafters zur Abwendung eines Insolvenzverfahrens, sind nicht geeignet, die Freiwilligkeit einer Leistung zu beeinträchtigen (; ähnlich , 0122). Die Freiwilligkeit einer Leistung wird zB auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass sie etwa auf Druck von Gläubigern der Gesellschaft erfolgt. Auch nicht, wenn sie zur Sanierung der Gesellschaft insbesondere zur Abwehr einer Insolvenz geschieht (Dorazil, KVG2, § 2 Rz 39). Für die Freiwilligkeit einer Leistung im Sinne des § 2 Z 4 KVG kommt es nicht auf den Beweggrund an, der den Gesellschafter zur Leistung veranlasst hat (vgl. ). So spielen nach der Rechtsprechung des VwGH auch bei den freiwilligen Leistungen nach § 2 Z 3 KVG die Motive des zuschießenden Gesellschafters keine Rolle (vgl. ).

Die Bf. behauptet auch, dass eine gesetzliche Verpflichtung für den Forderungsverzicht vorlag und begründet dies mit dem Verbot einer Gläubigerbevorzugung. Der Straftatbestand des § 158 StGB will die Begünstigung eines Gläubigers nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit zum Nachteil der anderen Gläubiger verhindern. Eine Verpflichtung zu einer Leistung lässt sich daraus jedoch nicht ableiten und ist von keinem gesetzlichen Zwang auszugehen, Sanierungsmaßnahmen in Form von Forderungsverzichten zu tätigen. 

2.) Zum Tatbestandsmerkmal der Werterhöhung der Gesellschaftsrechte:

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung (, m.w.N.; ) die Meinung, dass es bei freiwilligen Leistungen bzw. freiwilligen Verzichten im Sinne des § 2 Z 4 lit. b KVG nicht auf den Nachweis einer tatsächlichen Werterhöhung ankomme, sondern lediglich auf die objektive Eignung solcher Maßnahmen, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen. Bei Geldleistungen werde die Eignung, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen, im Regelfall zu bejahen sein, soweit ihnen als Sonderleistung nicht eine Gegenleistung gegenübersteht, was gegenständlich nicht vorliegt. Da der Forderungsverzicht nur objektiv geeignet sein muss, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen, wäre auch bei Sanierungsverzichten in der Regel die Gesellschaftsteuerpflicht zu bejahen, etwa bei Verzicht, um die Gesellschaft vor dem Zusammenbruch zu bewahren, zur Verlustabdeckung, auch wenn die Überschuldung dadurch nicht voll beseitigt wird, gegenüber einer bereits in Liquidation befindlichen Gesellschaft, wenn aus einer Verwertungsgesellschaft wieder eine Vollgesellschaft gemacht werden soll, nicht dagegen bei Verzicht gegenüber einer bereits in Konkurs befindlichen Kapitalgesellschaft (vgl. das Erkenntnis 93/16/0103, mit dem Hinweis auf Egly/Klenk, Gesellschaftsteuer-Kommentar4, Rzln. 120 und 145).

Die Bf. bezweifelt, dass es bei dem Verzicht auf eine „nicht werthaltige Forderung“ tatsächlich zu einer Erhöhung des Wertes der Gesellschaftsrechte kommt und sieht in einem solchen Fall eine Belastung mit Gesellschaftsteuer nicht im Sinne des Gesetzgebers gelegen. Die Gesellschaftsteuer erfasst Vorgänge des Kapitalverkehrs und knüpft formal an einen Akt des Rechtsverkehrs an, der einen Vermögenstransfer zum Gegenstand hat. Als Rechtsverkehrsteuer knüpft sie an zivilrechtliche Tatbestände, wie zB an den Forderungsverzicht an und unterliegt - anders als viele Steuergesetze - nicht in diesem Ausmaß der wirtschaftlichen Betrachtungsweise (Thunshirn/Himmelsberger/Hohenecker, KVG, Rz 17). Grundsätzlich ist die rechtliche Auslegung und idR nicht die wirtschaftliche Betrachtungsweise maßgeblich (Thunshirn/Himmelsberger/Hohenecker, aaO, Rz 18 mit zitierten VwGH-Entscheidungen). Bei der Auslegung ist daher auf die zivilrechtlichen und gesellschaftsrechtlichen Grundsätze abzustellen, soweit das KVG selbst auf zivilrechtliche Begriffe aufbaut. (w.o.).

Die Bf. weist in ihrer Berufungsschrift darauf hin, dass zwei mögliche Sanierungsinstrumente, nämlich der Forderungsverzicht und die Nachrangigkeitserklärung, im Falle einer später eintretenden Liquidation zu unterschiedlichen steuerrechtlichen Konsequenzen führen können. Unter einem Forderungsverzicht (§ 1444 ABGB) versteht man den endgültigen Wegfall einer Verbindlichkeit, bei der der Schuldner zur Gänze entlastet wird. Bei einer Nachrangigkeitserklärung bleibt die Forderung grundsätzlich bestehen und tritt lediglich eine Stundung der Forderung ein. Die Unterschiede bestehen daher bereits im Tatsächlichen und rechtfertigen unterschiedliche rechtliche Konsequenzen. Tritt im Falle eines Rangrücktrittes der Liquidationsfall ein und wird dabei ein aufschiebend bedingter Verzicht auf die Forderung schlagend, so besteht keine Gesellschaftsteuerpflicht (vgl. ). Genauso wenig besteht aber auch eine Gesellschaftsteuerpflicht für Forderungsverzichte zugunsten einer bereits in Liquidation befindlichen Gesellschaft, wenn die Gesellschaft nicht weitergeführt, sondern nur mehr abgewickelt werden soll (vgl. ). In beiden Fällen ist die Verneinung einer Steuerpflicht darauf zurückzuführen, dass ein Forderungsverzicht erst im Stadium der Liquidation der Gesellschaft erfolgte und lässt sich aus den Überlegungen der Bf. dazu nichts gewinnen, handelt es sich doch im gegenständlichen Fall um einen Forderungsverzicht im Stadium der Sanierung einer Gesellschaft, die sich weder vor noch nach der Kapitalzufuhr in Liquidation befand.

Da der Forderungsverzicht nur objektiv geeignet sein muss, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen, ist bei Sanierungsverzichten idR die Gesellschaftsteuerpflicht zu bejahen, so etwa bei Verzicht, um die Gesellschaft vor dem Zusammenbruch zu bewahren, zur Verlustabdeckung, auch wenn die Überschuldung dadurch nicht voll beseitigt wird, gegenüber einer bereits in Liquidation befindlichen Gesellschaft, wenn aus der Verwertungsgesellschaft wieder eine Vollgesellschaft gemacht werden soll. Nur Leistungen der Gesellschafter an ihre in Liquidation getretene Gesellschaft sind auch nach einem Urteil des Reichsfinanzhofes vom , Zl. II A 591/30 (zustimmend ) in der Regel nicht steuerpflichtig. Dies deshalb, weil Leistungen der Gesellschafter während der Liquidation in der Regel nicht geeignet sind, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen, sind diese doch in einem solchen Fall nicht dazu bestimmt, einer Stärkung des Gesellschaftsvermögens zu dienen und verfolgen auch nicht das Ziel, die Gesellschaft wieder flott und zu einer mit Gewinn arbeitenden Gesellschaft zu machen. Der Wert eines geschäftlichen Unternehmens hängt aber wesentlich von der Möglichkeit seiner Weiterführung ab (siehe auch: Thunshirn/Himmelsberger/Hohenecker w.o., Rz 247 zu § 2 KVG mit dortiger Judikatur; ).

3.) Zur Bemessungsgrundlage:

Zu den Überlegungen der Bf., dass ein Verzicht auf eine „nicht werthaltige“ Forderung zu keiner Gesellschaftsteuerpflicht führen kann, weil es auch an der Eignung zur Erhöhung der Gesellschaftsrechte mangle und es selbst bei Bejahung der Voraussetzungen des Tatbestandes an einer Bemessungsgrundlage fehle, ist weiter auszuführen:

Zu der mit dem österreichischen KVG vergleichbaren deutschen Rechtslage führte der BFH in seinem Beschluss vom , I B 74/95 aus, dass eine werterhöhende und gesellschaftssteuerpflichtige Eigenkapitalzufuhr auch dann vorliege, wenn ein Gesellschafter gegenüber seiner Gesellschaft auf seine uneinbringliche Forderung verzichtet. Er stellte weiter fest, dass das Eigenkapital der Gesellschaft in einem solchen Fall um den Nominalwert der Forderung erhöht wird, was auch dann gelte, wenn vor dem Verzicht eine Überschuldung bestand. Dieser Betrag sei deshalb auch die Bemessungsgrundlage für die Erhebung der Gesellschaftsteuer. Abzustellen sei auf den Wert, den die Leistung für die Kapitalgesellschaft habe.

Aber auch die Bestimmungen der Kapitalansammlungs-RL stehen der von der Bf. vertretenen Auslegung entgegen, dass es im vorliegenden Fall zu keiner Erhöhung des Gesellschaftsvermögens gekommen ist. Nach Art. 3 lit. h der neu gefassten Richtlinie 2008/7/EG (entspricht Art. 4 Abs. 2 lit. b der RL 69/335/EWG) gilt die Erhöhung des Gesellschaftsvermögens einer Kapitalgesellschaft durch Leistungen eines Gesellschafters, die keine Erhöhung des Kapitals mit sich bringen, sondern ihren Gegenwert in einer Änderung der Gesellschaftsrechte finden oder geeignet sind, den Wert der Gesellschaftsanteile zu erhöhen, als Kapitalzuführung.

Nach der Rechtsprechung des EuGH besteht das ausschlaggebende Kriterium dafür, ob ein Vorgang, bei dem Kapital angesammelt wird, der Gesellschaftsteuer unterworfen werden kann, darin, dass das Wirtschaftspotential der begünstigten Gesellschaft verstärkt wird (, Felicitas, Rn 16). Der Gerichtshof hat in seinen Urteilen beispielsweise folgende Vorgänge als „Erhöhung des Gesellschaftsvermögens“ angesehen: eine Gewinnabführung (C-49/91, Weber Haus), die Gewährung eines zinslosen Darlehens (C-392/00, Norddeutsche Gesellschaft zur Beratung und Durchführung von Entsorgungsaufgaben bei Kernkraftwerken), eine Übernahme von Verlusten (C-38/88, Siegen) und den Verzicht auf eine Forderung (C-15/89, Deltakabel) (vlg. C-46/2004, Aro Tubi Trafilerie SpA).

Im Fall Deltakabel BV () lag die Frage vor, ob bei einem vollständigen oder teilweisen Verzicht auf eine Forderung gegen die Tochtergesellschaft – insbesondere aufgrund der Voraussetzung, dass der Verzicht den Wert der Gesellschaftsanteile erhöhen kann – die Erhebung der Gesellschaftsteuer zulässig ist. Dies wurde im Urteil ua. mit folgender Begründung bejaht: „… Im vorliegenden Fall hat der Schulderlass seitens des Gesellschafters zur Verstärkung des Wirtschaftspotentials der Gesellschaft beigetragen, da sich der Verlust der Gesellschaft dadurch verringerte. Dieser Erlass ist demnach als im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Buchstabe b der Richtlinie 69/335 geeignet anzusehen, den Wert der Gesellschaftsanteile zu erhöhen.“

Der Verzicht auf eine Forderung durch einen Gesellschafter führt bei der Kapitalgesellschaft zu einer Vermögensvermehrung, weil eine Schuld bei der Gesellschaft wegfällt. Der Wert eines Forderungsverzichts ist aus der Sicht der Gesellschaft zu ermitteln und entspricht im Regelfall dem Nennwert der Forderung. Dies gilt auch dann, wenn bereits vor dem Verzicht eine Überschuldung bestand (vgl. ; die Behandlung der dagegen unter 2010/16/0269 eingebrachten VwGH-Beschwerde wurde mit Beschluss vom abgelehnt). Durch den nachträglichen Verzicht der x Holding AG auf Forderungen aus der Steuerumlagenvereinbarung für das Jahr 2008 gegenüber der RF GmbH kommt es ebenfalls zu einer Erhöhung des Wirtschaftspotentials des begünstigten Gruppenmitglieds. Der Gruppenträger verzichtet ja auf eine bestehende Forderung gegen das Gruppenmitglied, wodurch der Tatbestand "Verzicht auf Forderungen" des § 2 Z 4 lit b KVG erfüllt ist und eine Erhöhung des Wertes der Gesellschaftsrechte nach Art. 4 Abs. 2 lit b KapitalansammlungsRL vorliegt. Bei einem Forderungsverzicht im Nachhinein geht eine bestehende Verbindlichkeit des Gruppenmitglieds unter und es kommt dadurch zu einer Erhöhung seines Vermögens, was bereits vom EuGH in der Rs Deltakabel BV festgestellt worden ist.

Wie oben dargelegt, war der Forderungsverzicht der x Holding AG geeignet, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen und hat auch tatsächlich das Wirtschaftspotential der begünstigten Gesellschaft erhöht. Eine freiwillige Leistung eines Gesellschafters, die geeignet ist, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen, kann aber nicht gleichzeitig eine Forderung sein, die wegen Uneinbringlichkeit mit Null zu bewerten ist.

Für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage ist nach § 1 Abs. 1 BewG 1955 das Bewertungsgesetz 1955 mit seinen allgemeinen Bestimmungen der §§ 2 bis 17 heranzuziehen. Es ist daher das Bewertungsgesetz anzuwenden, der bilanzrechtliche Ansatz nach dem EStG ist nicht maßgeblich. Die Bewertung von Kapitalforderungen und Schulden erfolgt nach der Spezialbestimmung des § 14 BewG 1955.

Diese lautet auszugsweise: „(1) Kapitalforderungen, die nicht im § 13 bezeichnet sind, und Schulden sind mit dem Nennwert anzusetzen, wenn nicht besondere Umstände einen höheren oder geringeren Wert begründen.

(2) Forderungen, die uneinbringlich sind, bleiben außer Ansatz.

(3) Der Wert unverzinslicher befristeter Forderungen oder Schulden ist der Betrag, der nach Abzug von Jahreszinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen in Höhe von 5,5 v.H. des Nennwertes bis zur Fälligkeit verbleibt.

..."

Bei Forderungen und Schulden ist die Bewertung mit dem Nennwert die Regel (§ 14 Abs. 1 BewG). In Ausnahmefällen, wenn besondere Umstände einen höheren oder geringeren Wert begründen, ist eine Abweichung zulässig. Dies liegt zB vor, wenn eine Forderung besonders hoch oder besonders niedrig verzinst wird. Nennwert ist der Betrag, den nach dem Inhalt des Schuldverhältnisses der Gläubiger fordern kann und demgemäß der Schuldner entrichten muss (Gürsching/Stenger, dKommentar zum Bewertungsrecht, zu § 12 Anm. 19, 20).

§ 14 Abs. 2 BewG besagt, dass Forderungen, die uneinbringlich sind, außer Ansatz bleiben. Dieser Absatz bezieht sich nur auf Forderungen und nicht auf Schulden, obgleich ansonsten für Kapitalforderungen und Schulden die gleichen Regeln anzuwenden sind. Die Forderung kann aus Sicht des Gläubigers wertlos sein, während sie für den Schuldner noch eine wirtschaftliche Last darstellt (Twaroch/Wittmann/Frühwald, Kommentar zum Bewertungsgesetz, § 14 Rz 19; vgl. 387/53; ; Gürsching/Stenger, w.o. Anm. 33). Ein Schuldner ist berechtigt, seine Schuld auch dann mit dem vollen Betrag anzusetzen, wenn der Gläubiger seine Forderung als uneinbringlich oder als nur teilweise einbringlich ansieht und sie deshalb ganz außer Ansatz lässt oder unter dem Nennwert ansetzt. Forderung und Schuld müssen sich also bei der Bewertung nicht unbedingt decken. So führt auch Gürsching/Stenger in seinem Kommentar zum vergleichbaren dt. Bewertungsgesetz zu § 12 Anm. 99 aus: „Bei dem Abzug von Schulden kommt ein Abgehen vom Nennwert seltener als bei den Forderungen in Betracht. So entfällt bei Schulden die Gruppe der Uneinbringlichkeit (§ 12 Abs. 2 BewG; vgl. Anm. 32 u. 33) und der Unsicherheit der Forderung, die sich auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners gründen. Der Schuldner muss immer mit Betreibungsversuchen des Gläubigers rechnen. Auch solche Schulden, denen am Stichtag keine Vermögenswerte gegenüberstehen, liegen regelmäßig als eine Last auf dem wirtschaftlichen Dasein des Schuldners, hemmen seine Entschließungen und zerstören ihm sich sonst bietende Möglichkeiten für eine wirtschaftliche Besserung, solange sie nicht durch einen Verzicht des Gläubigers vollkommen beseitigt werden.“

Umgelegt auf den gegenständlichen Fall kann es sein, dass aus Sicht des Gesellschafters die Forderung nicht mehr werthaltig war. Für die Bf. war jedoch ihre Verpflichtung, die Schuld zurückzuzahlen nicht mit Null, sondern mit dem Nennwert zu bewerten. Dieser Wert entspricht auch dem tatsächlichen Wert und sind die Voraussetzungen des Art. 11 Abs. 4 der Kapitalansammlungsrichtlinie 2008/7/EG erfüllt. 

Die Judikatur des UFS bzw. BFG (; ; ; ; RV/0543-K/07; ; ) vertritt in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass der Wert des Forderungsverzichtes aus der Sicht der Gesellschaft zu ermitteln ist und ist auch aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 93/16/0103 zu schließen, dass das Höchstgericht die Gesellschafterleistung aus Sicht der Gesellschaft betrachtet. Auch die Spruchpraxis des BFH (zB , I B 74/95) vertritt diese Ansicht.  

Durch den Verzicht verringerten sich die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, sodass objektiv eine Werterhöhung der Gesellschaftsrechte eintrat. Der Sinn der Gesellschaftsteuer lag in der Besteuerung der Zufuhr von Betriebskapital an die Gesellschaft, um besser wirtschaften zu können. Wenn die Leistung des Gesellschafters geeignet ist, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen, dann kann sie nicht gleichzeitig eine Forderung sein, die wegen Uneinbringlichkeit mit Null zu bewerten ist.

Auch die EuGH Rechtsprechung weist in diese Richtung. In den Urteilen Felicitas Rickmers-Linie KG & Co (, 270/81) und Deltakabel BV (, C-15/89) stellte der EuGH eindeutig fest, dass das ausschlaggebende Kriterium dafür, ob ein Vorgang der Gesellschaftsteuer unterworfen werden kann, darin besteht, dass das Wirtschaftspotential der begünstigten Gesellschaft verstärkt wird. Im letzteren Fall trug der Schulderlass seitens des Gesellschafters zur Verstärkung des Wirtschaftspotentiales der Gesellschaft bei, da sich der Verlust der Gesellschaft dadurch verringerte.

Der teilweise in der Literatur (zB Thunshirn/Himmelsberger/Hohenecker, w.o.; Puchinger/Grau, FJ 2006, 175) vertretenen Meinung, dass nicht werthaltige Forderungen für Zwecke der Gesellschaftsteuerbemessung mit Null anzusetzen sind, kann daher nicht gefolgt werden. Zudem basierten diese Überlegungen auf Entscheidungen des VwGH zum Ertragsteuerrecht (§ 8 KStG) und hat im gegenständlichen Fall eine eigenständige Würdigung nach dem KVG zu erfolgen. 

Abschließend ist festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 2 Z 4 lit. b KVG zur Gänze erfüllt sind und die Bemessungsgrundlage mit dem Nennwert der Forderung aus der Sicht der Gesellschaft zu ermitteln war. Der angefochtene Bescheid erging zu Recht und war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Der Anregung, allenfalls ein Vorabentscheidungsverfahren anzustrengen, war im Hinblick auf die oben zitierte Rechtsprechung des EuGH nicht näher zu treten.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die gegenständliche Entscheidung gründet sich auf die oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (so zB ; ; ), weshalb eine Revision nicht zugelassen wurde.

   

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 10 Abs. 1 KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, dRGBl. I S 1058/1934
§ 2 Z 4 KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, dRGBl. I S 1058/1934
§ 7 Abs. 1 Z 2 KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, dRGBl. I S 1058/1934
§ 2 Z 2 KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, dRGBl. I S 1058/1934
§ 2 Z 4 lit. b KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, dRGBl. I S 1058/1934
§ 7 Abs. 2 KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, dRGBl. I S 1058/1934
§ 323 Abs. 38 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 130 Abs. 1 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 2 Z 3 KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, dRGBl. I S 1058/1934
§ 1 Abs. 1 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955
§ 14 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955
Verweise







Kapitalansammlungs-RL, RL 69/335/EWG, ABl. Nr. L 249 vom S. 25
RL 2008/7/EG, ABl. Nr. L 46 vom S. 11

BFH , II 202/53 U



Art. 11 Kapitalansammlungs-RL, RL 69/335/EWG, ABl. Nr. L 249 vom S. 25

BFH , I R 110/85

















§ 2 Z 4 lit. b KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, dRGBl. I S 1058/1934
RL 2008/7/EG, ABl. Nr. L 46 vom S. 11
Art. 4 Kapitalansammlungs-RL, RL 69/335/EWG, ABl. Nr. L 249 vom S. 25
Art. 5 Kapitalansammlungs-RL, RL 69/335/EWG, ABl. Nr. L 249 vom S. 25




ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.2100804.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at