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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.11.2019, RV/7105368/2014

Therapiekosten eines Kuraufenthaltes als außergewöhnliche Belastung trotz fehlender ärztlicher Verordnung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin RI in der Beschwerdesache VNA FNA, GasseA, PLZA OrtA, vertreten durch VNB FNB, GasseB, PLZA OrtA, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde FAXYZ vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2013 zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensablauf

In der Einkommenssteuererklärung für das Jahr 2013 machte die Beschwerdeführerin (Bf.) Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 4.193,73 € für Heilbehandlungen bzw. Hilfsmittel geltend.

Daraufhin wandte sich das FAXYZ (belangte Behörde) am mit einem Ersuchen um Ergänzung an die Bf. und forderte sie auf, die geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen für Heilbehandlungen bzw. Hilfsmittel anhand von Belegen und Aufstellungen und Bestätigungen nachzuweisen.

In der Beantwortung dieses Ergänzungsersuchen vom listete die Bf. die geltend gemachten Ausgaben für das Jahr 2013 auf, legte die entsprechenden Belege bei und gab auch eine kurze Erklärung zu Ihrem Gesundheitszustand ab. Dabei kam hervor, dass die Bf. im Jahr 2013 drei Kuren absolvierte - von 06.02. bis (in Summe 8 Tage), von 30.06. bis (in Summe 8 Tage) und von 04.08. bis (in Summe 15 Tage).

Im Einkommenssteuerbescheid vom blieben die beantragten Kosten für die Kuraufenthalte in Höhe von 4.193,73 € unberücksichtigt. Dies begründete die belangte Behörde damit, dass für die drei Kuraufenthalte keine ärztlichen Verordnungen vorlägen.

In der Beschwerde vom wandte sich die Bf. gegen die Nichtanerkennung der Kurkosten in Höhe von 4.193,73 €. In der Begründung legte sie dar, dass gem. § 4 der Verordnung zu §§ 34 und 35 EStG die Kosten der Heilbehandlung im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen seien. Weiters führte sie an, dass die Kuraufenthalte im vorangegangenen Jahr 2012 von der Wiener Gebietskrankenkassa genehmigt worden seien. Die Krankheiten von der Bf. seien bei den beantworteten Ersuchen um Ergänzung für die Jahre 2011 bis 2013 ausführlich dargelegt worden. Zusätzlich wurde ein Schreiben des behandelnden Hausarztes beigelegt, in dem die unterschiedlichen Diagnosen (Morbus Crohn, Colitis Ulcerosa, Reizdarmsyndrom, Cervicale Myalgien, chronisches Lumbovertebralsyndrom, Eisenmangelanämie, Nierenzyste links) der Bf. aufgelistet wurden. Es wurde auch festgehalten, dass aufgrund dieses Symptomenkomplexes ein regelmäßiger Kuraufenthalt mit speziellen Therapieverfahren (Physiotherapie, medizinische Trainingstherapie, Heilverfahren) und Ernährungsplänen dringend notwendig seien. Darüber hinaus wurde festgehalten, dass es sich bei den Kuren jedenfalls um Heilbehandlungen handle, da die Symptome der Krankheiten zwar nicht verschwunden sind, jedoch gelindert worden seien. Aufgrund der Anzahl an Therapien könne ein Erholungsurlaub ausgeschlossen werden. Die Bf. führte schließlich noch aus, dass die Wiener Gebietskrankenkassa in den Vorjahren die Kuraufenthalte mitfinanziert habe, doch im Jahr 2013 die Zuzahlungen gestoppt habe.

Die belangte Behörde reagierte auf die Beschwerde mit einem weiteren Ersuchen um Ergänzung. Sie legte dar, dass zum Nachweis der Zwangsläufigkeit eines Kuraufenthaltes die Vorlage eines vor Antritt der Kur ausgestellten ärztlichen Zeugnisses erforderlich sei, aus dem sich die Dauer und die Notwendigkeit der Reise und das Reiseziel ergeben. Einem ärztlichen Gutachten könne es gleich gehalten werden, wenn zu einem Kuraufenthalt von einem Träger der gesetzlichen Sozialversicherung oder auf Grund beihilfenrechtlicher Bestimmungen Zuschüsse geleistet werden, da zur Erlangung dieser Zuschüsse ebenfalls in der Regel ein ärztliches Gutachten vorgelegt werden muss. Die Bf. wurde aufgefordert, ein entsprechendes ärztliches Zeugnis vorzulegen.

Diesem Ersuchen wurde am nachgekommen. In diesem wurde festgehalten, dass der Hausarzt von der Bf. schon in den Vorjahren eine ärztliche Stellungnahme mit dem Vorschlag eines Kuraufenthaltes abgegeben habe, so auch für das Jahr 2013. Die Bf. führte weiters an, dass sowohl von der Pensionsversicherungsanstalt als auch von der Wiener Gebietskrankenkassa Anträge auf Kostenerstattung abgelehnt worden seien. Es wurde erneut darauf hingewiesen, dass es sich um eine nicht heilbare Krankheit handle und die Kuraufenthalte das Alltagsleben erträglich machen. Die Anzahl an Therapien, die während dieser Aufenthalte absolviert wurden, schließe eine Qualifizierung als Urlaub aus. Die jeweiligen Schreiben der Krankenkassa und der Pensionsversicherungsanstalt wurden beigelegt, ebenso auch die ärztliche Stellungnahme.

Mit der Beschwerdevorentscheidung vom und der zusätzlich ergangenen Bescheidbegründung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde angeführt, dass nicht jeder auf ärztliches Anraten und aus medizinischen Gründen durchgeführter Kuraufenthalt zu einer außergewöhnlichen Belastung führe. Der Begriff Kur erfordere ein bestimmtes, unter ärztlicher Aufsicht und Betreuung durchgeführtes Heilverfahren. Die Aufwendungen für den Kuraufenthalt müssen zwangsläufig erwachsen, womit es erforderlich sei, dass die der Behandlung dienende Reise zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig sei. An den – vom Steuerpflichtigen zu führenden – Nachweis dieser Voraussetzungen müssen wegen der im Allgemeinen schwierigen Abgrenzung solcher Reisen von den ebenfalls der Gesundheit dienenden Erholungsreisen strenge Anforderungen gestellt werden. Zum Nachweis der Zwangsläufigkeit eines Kuraufenthaltes ist die Vorlage eines vor Antritt der Kur ärztlichen Zeugnisses erforderlich, aus dem sich die Notwendigkeit und Dauer der Reise sowie das Reiseziel ergeben. Einem ärztlichen Gutachten kann es gleich gehalten werden, wenn zu einem Kuraufenthalt von einem Träger der gesetzlichen Sozialversicherungen oder auf Grund beihilfenrechtlicher Bestimmungen Zuschüsse geleistet würden, da zur Erlangung dieser Zuschüsse ebenfalls in der Regel ein ärztliches Gutachten vorgelegt werden müsse.

Eine ärztliche Anordnung, die die Notwendigkeit des Kuraufenthaltes belege, liegt laut belangter Behörde nicht vor. Die vorgelegte Bestätigung (Kurvorschlag) des Hausarztes der Bf. könne einem vor Antritt der Kur ausgestellten ärztlichen Zeugnis aus dem sich die Notwendigkeit und die Dauer der Kur ergibt, nicht gleich gehalten werden.

Weiters argumentierte die belangte Behörde, dass die Ablehnung der unter Heilbehandlung beantragten Ausgaben durch die Wiener Gebietskrankenkassa vom ein weiteres Indiz für die Nichtzwangsläufigkeit der beantragten außergewöhnlichen Belastungen sei. Für Behandlungen, die in erster Linie zur Festigung der Gesundheit dienen, bestehe keine Leistungspflicht der Krankenversicherung. (Zwangsläufigkeit erfordere, dass der Kuraufenthalt zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig sei).

Mit Schreiben vom wurde der Antrag gestellt, die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vorzulegen. In der Begründung dieses Antrags wurde auf die Begründung in der Beschwerde verwiesen.

Im Anschluss daran wurden die Beschwerdeakten dem Bundesfinanzgericht vorgelegt und vom Finanzamt als belangte Behörde im Vorlagebericht angeführt, dass aus der Sicht der Abgabenbehörde die von der Rechtsprechung geforderten Kriterien für die Anerkennung der Kurkosten nicht vorliegen würden und deshalb die Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Das Bundesfinanzgericht ersuchte die Bf. am um Ergänzung. Die Bf. sollte eine Kopie des Behindertenausweises mit dem dazugehörigen Bescheid des Bundesamts für Soziales vorlegen. Weiters Informationen darüber, welche Therapien explizit im Zusammenhang mit der Behinderung des Bf. stehen und welche dieser Therapien während der Kuraufenthalte in der Vergangenheit (nachträglich) durch die Sozialversicherung genehmigt wurden.

Mit Schreiben vom antwortete die Bf. auf das Ergänzungsersuchen und legte eine Kopie des Behindertenausweises vom und ein Schreiben des Bundessozialamtes vom bei, aus dem sich die Gesundheitsschädigung ergebe. Des weiteren wurde das Krankheitsbild der Bf. detailliert dargestellt und Folgendes festgehalten:

"Durch diese Krankheiten kam es zu Folgeerscheinungen (Gelenksbeschwerden, Muskelbeschwerden, etc). Dadurch wurden Fr. FNA bis zum Jahr 2012 auch immer wieder Kuren genehmigt (siehe Entlassungsbericht Kurhotels BadXX mit dem Hinweis: Kur im letzten Jahr und private Behandlungen).

Im Jahr 2013 war dies nicht mehr den Fall. Da die Bf. aber weiß, dass diese Therapien für Sie nützlich sind, um Darmschübe zu vermeiden, fährt sie dennoch, auch wenn die Kur nicht genehmigt wird, regelmäßig in Kuranstalten.

Die Kuranstalt BadXX therapiert Stützapparat- und Stoffwechselerkrankungen. Die durchgeführten Therapien sind aus den letzten Seite des Entlassungsberichtes der von der Gebietskrankenkasse bezahlten Kur vom Jahr 2012 ersichtlich. Behandelt wurden bei dieser Kur sowohl die Symptome Darmbeschwerden als auch deren Folgeerscheinungen.

Im Jahr 2013 war die Bf. von bis wieder in der Kuranstalt BadXX. Aus den angesetzten Rechnungen geht hervor, dass, da die Kur nur eine Woche dauerte, dieselben Therapien in einem geringeren Ausmaß durchgeführt wurden.

Wie aus dem beiliegendem Kurbericht des Kurzentrums BAdYY im Jahr 2013 ersichtlich, wurde die Colitis ulcerosa und deren Folgeerscheinungen durch ähnliche Therapien, die nur anders lauten (Massage, Moor, Bäder, Heublumen, Gymnastik, etc.) behandelt (Kur vom bis ). Die Behandlungen gehen auch aus den angesetzten Rechnungen hervor. Da die einwöchige Kur im Kurzentrum BadXX einen großen Nutzen für die Bf. hatte, entschloss sie sich für eine weitere zusätzliche Kur in diesem Kurzentrum vom bis . […] Wie aus der Beschwerde samt diesem Schreiben ersichtlich, wurden bei den nicht von der Gebietskrankenkasse genehmigten Kuren dieselben Symptome als auch deren Folgeerscheinungen behandelt wie bei den genehmigten Kuren".

Diesem Schreiben waren außerdem noch ein ärztlicher Entlassungsbrief des Kurhotels BadXX aus dem Jahr 2012 mitsamt einem Laborbefund, eine Übersicht der Therapien/Schulungen/Beratungen/Vorträge angehängt. Ein Schreiben des Kurzentrums BAdYY über die absolvierten Therapien und der Behandlungsdiagnose sowie die Rechnung über den zweiwöchigen Aufenthalt in dieser Kuranstalt wurden ebenso beigelegt.

Darüber hinaus erklärte sich die Bf. damit einverstanden, dass - sollten die tatsächlich angefallenen Kosten höher sein als der ursprünglich geltend gemachte Freibetrag - die tatsächlichen Kosten anstatt der Pauschale geltend zu machen.

Der belangten Behörde wurde mit Schreiben vom das Ergänzungsersuchen samt Beantwortung der Bf. zwecks Wahrung des Parteiengehörs übermittelt und eine Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben.

Die belangte Behörde entschied sich, keine Stellungnahme zu übermitteln und verwies auf die ausführliche Beschwerdevorentscheidung. Es wurde noch einmal beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen

Sachverhalt

Die Bf. leidet an verschiedenen Krankheiten: Morbus Crohn, Colitis Ulcerosa, Reizdarmsyndrom, Cervicale Myalgien, chronisches Lumbovertebralsyndrom, Eisenmangelanämie, Nierenzyste links. Aufgrund dieses Krankheitsbildes beträgt der Behinderungsgrad der Bf. gemäß der Bestätigung des Bundessozialamtes vom vorgelegten 50 %.

Im Jahr 2013 war die Bf. drei Mal auf Kur. Der erste Aufenthalt im Kurhotel BadXX begann am und dauerte bis . Der zweite Aufenthalt im Kurzentrum BAdYY war von bis . In ebendieser Einrichtung war auch die dritte Kur von bis . Während den Aufenthalten absolvierte die Bf. verschiedenste Behandlungen:


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BadXX
 
BAdYY
 
BAdYY
 
Kurtauglichkeitsprüfung
0,00
Abschlussgespräch
24,50
Bad mit Zusatz
66,00
5 Salzwickel
100,00
Beratungsgespräch
35,00
Beratungsgespräch
35,00
1 Kneippbad
25,00
Blutabnahme
78,60
Ernährungsvortrag
134,80
4 Moorpackungen klein
100,00
CO2 Bad
14,00
Heilmassage
102,00
1 Teilmassage
28,00
Heilgymnastik WS
11,00
Heupackung
53,00
4 Salzwickel
80,00
Heilmassage
17,00
Kräuterwanderung
23,00
4 Moorpackungen klein
100,00
Heublumenleberwickel
17,50
Naturfango
105,00
 
 
Interferenz
27,00
Zwischengespräch
175,00
 
 
Krafttraining
16,00
 
 
 
 
Kryo Schnuppern
0,00
 
 
 
 
Melissenbad
16,50
 
 
 
 
Mikrowelle
12,50
 
 
 
 
Moorbad
34,00
 
 
 
 
Moorbreipackung
27,00
 
 
 
 
Rotlichtbestrahlung
9,00
 
 
 
 
Wassertreten
8,50
 
 
Summe
433,00
 
348,10
 
693,80

Für die drei Kuraufenthalte wurden keine vor Antritt der Kur ausgestellten ärztliche Zeugnisse vorgelegt, aus denen sich die Notwendigkeit und die Dauer der Reise sowie das Reiseziel ergeben. Auch wurden für das Jahr 2013 keine Zuschüsse von einem Träger der Sozialversicherung für die Kuraufenthalte geleistet. Der Hausarzt der Bf. hielt fest, dass aufgrund des Symptomenkomplexes der Bf. ein regelmäßiger Kuraufenthalt mit speziellen Therapieverfahren (Physiotherapie, medizinische Trainingstherapie, Heilverfahren) und Ernährungsplänen dringend notwendig sind. Darüber hinaus wurde festgehalten, dass es sich bei den Kuren jedenfalls um Heilbehandlungen handelt, da die Symptome der Krankheiten zwar nicht verschwunden sind, jedoch gelindert wurden. Die Anzahl an Therapien, die während dieser Aufenthalte absolviert wurden, schließt eine Qualifizierung als Urlaub aus. Die Bf. führte schließlich noch an, dass die Wiener Gebietskrankenkassa in den Vorjahren die Kuraufenthalte mitfinanzierte, doch im Jahr 2013 die Zuzahlungen stoppte. Im Jahr 2012 wurde ein Kuraufenthalt allerdings von der Pensionsversicherungsanstalt der Bf. genehmigt. Die während dieses Aufenthaltes im Jahr 2012 absolvierten Therapien stimmen größtenteils mit jenen Therapien aus den Kuraufenthalten im Jahr 2013 überein.

Die Feststellungen zur Dauer und Anzahl der Aufenthalte im Kurhotel BadXX bzw. im Kurzentrum BAdYY ergeben sich aus den vorgelegten Hotelrechnungen und den Angaben der Bf. Im Kurhotel BadXX blieb die Bf. sieben Nächte. Im Kurzentrum BAdYY blieb sie beim ersten Aufenthalt sieben Nächte und beim zweiten Aufenthalt 14 Nächte. Die vorgelegten Hotelrechnungen lassen sich aufteilen in Aufenthaltskosten einerseits und Behandlungskosten andererseits. Lediglich für den letzten Kuraufenthalt gibt es eine Sammelrechnung. Die einzelnen Therapien und Behandlungen während der Kuraufenthalte sind in den Rechnungen angeführt.

Das Krankheitsbild der Bf. und auch die dringende Empfehlung zu Kuraufenthalten mit speziellen Therapieverfahren und Ernährungsplänen ergeben sich aus einem Schreiben des behandelnden Hausarztes vom , dass der Beschwerde gegen den Einkommenssteuerbescheid beigelegt wurde. Der Grad der Behinderung ergibt sich aus dem vorgelegten Behindertenausweis bzw. dem Schreiben des Bundessozialamtes vom . Ihr Gesundheitszustand wurde auch öfter in den Begleitschreiben der Bf. zu den Ergänzungsersuchen bzw. zur Beschwerde erläutert. Ebenso auch der Umstand, dass es sich bei den Kuraufenthalten nicht um einen Erholungsurlaub, sondern um Heilbehandlungen handelt. Die Anzahl an Therapien ergibt sich einerseits aus der Beschwerde zum Einkommenssteuerbescheid und andererseits aus den Rechnungen, die beim ersten Ergänzungsersuchen beigelegt wurden. Eine ärztliche Stellungnahme, in dem ein Kurheilverfahren in BadXX vorgeschlagen wird, wurde dem Antwortschreiben zum zweiten Ergänzungsersuchen beigelegt.  

Aus dem Antwortschreiben der Bf. zum Ergänzungsersuchen der Beschwerde des Einkommenssteuerbescheides 2013 geht hervor, dass der Antrag auf Kostenersatz sowohl von der Pensionsversicherungsanstalt als auch von der Wiener Gebietskrankenkassa abgelehnt wurde. Beide Schreiben wurden auch beigelegt. Begründet wurde dies damit, dass keine Leistungspflicht für Behandlungen besteht, die in erster Linie zur Festigung der Gesundheit dienen. Von Seiten der Pensionsversicherungsanstalt wird die Zurückweisung damit begründet, dass mehr als zwei Aufenthalte in fünf Kalenderjahren grundsätzlich nicht gewährt werden. Dass die Kuraufenthalte in den Vorjahren genehmigt wurden, geht aus der Bescheidbeschwerde und aus dem Antwortschreiben auf das Ergänzungsersuchen vom , dem auch ein Entlassungsschreiben aus dem Kurhotel BadXX beigelegt wurden, hervor. Aus diesem Entlassungsbericht ist ersichtlich, dass die Pensionsversicherungsanstalt der Kostenträger war.

Dies steht aufgrund des bisherigen Vorbringens und Vorlage der Unterlagen beider Seiten fest:

Strittig ist daher die Anerkennung der Kurkosten in Höhe von 4.193,73 € als außergewöhnliche Belastung im Jahr 2013. 

Rechtslage

§ 34 EStG 1988 idF BGBl. Nr. I 112/2012 lautet:

Außergewöhnliche Belastung

§ 34. (1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen:


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1.
Sie muß außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2.
Sie muß zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3.
Sie muß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

(4) Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
von höchstens 7 300 Euro …………………………………………………………….…….
6%.
mehr als 7 300 Euro bis 14 600 Euro ………………………….……………………………
8%.
mehr als 14 600 Euro bis 36 400 Euro …………………………...........................................
10%.
mehr als 36 400 Euro ……………………………………………..………………………...
12%.
 
 

Der Selbstbehalt vermindert sich um je einen Prozentpunkt


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wenn dem Steuerpflichtigen der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht
wenn dem Steuerpflichtigen kein Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht, er aber mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragener Partner ist und vom (Ehe-)Partner nicht dauernd getrennt lebt und der (Ehe-)Partner Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt
für jedes Kind (§ 106).

(5) Sind im Einkommen sonstige Bezüge im Sinne des § 67 enthalten, dann sind als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für Zwecke der Berechnung des Selbstbehaltes die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, erhöht um die sonstigen Bezüge gemäß § 67 Abs. 1 und 2, anzusetzen.

(6) Folgende Aufwendungen können ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden:


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Aufwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden, insbesondere Hochwasser-, Erdrutsch-, Vermurungs- und Lawinenschäden im Ausmaß der erforderlichen Ersatzbeschaffungskosten.
Kosten einer auswärtigen Berufsausbildung nach Abs. 8.
Aufwendungen für die Kinderbetreuung im Sinne des Abs. 9.
Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Personen, für die gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird, soweit sie die Summe der pflegebedingten Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.
Aufwendungen im Sinne des § 35, die an Stelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden (§ 35 Abs. 5).
Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.
Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.

(7) Für Unterhaltsleistungen gilt folgendes:


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1.
Unterhaltsleistungen für ein Kind sind durch die Familienbeihilfe sowie gegebenenfalls den Kinderabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 3 abgegolten, und zwar auch dann, wenn nicht der Steuerpflichtige selbst, sondern sein mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebender (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) Anspruch auf diese Beträge hat.
2.
Leistungen des gesetzlichen Unterhalts für ein Kind sind bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 33 Abs. 4 Z 3 durch den Unterhaltsabsetzbetrag abgegolten.
3.
(Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)
4.
Darüber hinaus sind Unterhaltsleistungen nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Ein Selbstbehalt (Abs. 4) auf Grund eigener Einkünfte des Unterhaltsberechtigten ist nicht zu berücksichtigen.
5.
(Verfassungsbestimmung) Unterhaltsleistungen an volljährige Kinder, für die keine Familienbeihilfe ausbezahlt wird, sind außer in den Fällen und im Ausmaß der Z 4 weder im Wege eines Kinder- oder Unterhaltsabsetzbetrages noch einer außergewöhnlichen Belastung zu berücksichtigen.

(8) Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes gelten dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von 110 Euro pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt.

(9) Aufwendungen für die Betreuung von Kindern bis höchstens 2 300 Euro pro Kind und Kalenderjahr gelten unter folgenden Voraussetzungen als außergewöhnliche Belastung:


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1.
Die Betreuung betrifft
ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 1 oder
ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 2.
2.
Das Kind hat zu Beginn des Kalenderjahres das zehnte Lebensjahr oder, im Falle des Bezuges erhöhter Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 für das Kind, das sechzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet. Aufwendungen für die Betreuung können nur insoweit abgezogen werden, als sie die Summe der pflegebedingten Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.
3.
Die Betreuung erfolgt in einer öffentlichen institutionellen Kinderbetreuungseinrichtung oder in einer privaten institutionellen Kinderbetreuungseinrichtung, die den landesgesetzlichen Vorschriften über Kinderbetreuungseinrichtungen entspricht, oder durch eine pädagogisch qualifizierte Person, ausgenommen haushaltszugehörige Angehörige.
4.
Der Steuerpflichtige gibt in der Einkommensteuererklärung die Betreuungskosten unter Zuordnung zu der Versicherungsnummer (§ 31 ASVG) oder der Kennnummer der Europäischen Krankenversicherungskarte (§ 31a ASVG) des Kindes an.
Steuerfreie Zuschüsse, die gemäß § 3 Abs. 1 Z 13 lit. b von Arbeitgebern geleistet werden, kürzen den Höchstbetrag von 2 300 Euro pro Kind und Kalenderjahr nicht. Soweit Betreuungskosten durch Zuschüsse gemäß § 3 Abs. 1 Z 13 lit. b abgedeckt sind, steht dem Steuerpflichtigen keine außergewöhnliche Belastung zu.

Behinderte

§ 35. (1) Hat der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen

            – durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,

            – bei Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des (Ehe‑)Partners (§ 106 Abs. 3),

            – ohne Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des (Ehe-)Partners, wenn er mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragener Partner ist und vom (Ehe-)Partner nicht dauernd getrennt lebt und der (Ehe-)Partner Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt,

            – durch eine Behinderung eines Kindes (§ 106 Abs. 1 und 2), für das keine erhöhte Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 gewährt wird,

und erhält weder der Steuerpflichtige noch sein (Ehe-)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage), so steht ihm jeweils ein Freibetrag (Abs. 3) zu.

(2) Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,

           1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,

           2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:

            – Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).

            – Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder

Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

            – In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von

Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

(3) Es wird jährlich gewährt


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bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von
ein Freibetrag von Euro
25% bis 34% .............................................................
75
35% bis 44% .............................................................
99
45% bis 54% .............................................................
243
55% bis 64% .............................................................
294
65% bis 74% .............................................................
363
75% bis 84% .............................................................
435
85% bis 94% .............................................................
507
ab 95% ......................................................................
726.

(4) Haben mehrere Steuerpflichtige Anspruch auf einen Freibetrag nach Abs. 3, dann ist dieser Freibetrag im Verhältnis der Kostentragung aufzuteilen. Weist einer der Steuerpflichtigen seine höheren Mehraufwendungen nach, dann ist beim anderen Steuerpflichtigen der Freibetrag um die nachgewiesenen Mehraufwendungen zu kürzen.

(5) Anstelle des Freibetrages können auch die tatsächlichen Kosten aus dem Titel der Behinderung geltend gemacht werden (§ 34 Abs. 6).

(6) Bezieht ein Arbeitnehmer Arbeitslohn von zwei oder mehreren Arbeitgebern, steht der Freibetrag nur einmal zu.

(7) Der Bundesminister für Finanzen kann nach den Erfahrungen der Praxis im Verordnungsweg Durchschnittssätze für die Kosten bestimmter Krankheiten sowie körperlicher und geistiger Gebrechen festsetzen, die zu Behinderungen im Sinne des Abs. 3 führen.

(8) Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat mit ausdrücklicher Zustimmung des Betroffenen dem zuständigen Finanzamt und dem Arbeitgeber, der Bezüge aus einer gesetzlichen Sozialversicherung oder Ruhegenussbezüge einer Gebietskörperschaft im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 1, 3 oder 4 auszahlt, die vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen gespeicherten und für die Berücksichtigung von Freibeträgen im Sinne der Abs. 1 bis 3 und 7 erforderlichen Daten elektronisch zu übermitteln. Die Übermittlung der genannten Daten ist auch hinsichtlich jener Personen zulässig, die einen Freibetrag im Sinne der Abs. 1 bis 3 und 7 bereits beantragt haben. Die Datenübermittlung ersetzt für den betroffenen Steuerpflichtigen den Nachweis gemäß Abs. 2 und die Bescheinigung gemäß § 62 Z 10. Eine Verwendung dieser Daten darf nur zu diesem Zweck stattfinden. Daten, die nicht mehr benötigt werden, sind zu löschen.

Anwendung auf den konkreten Fall:

Gemäß § 34 Abs 1 EStG sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben die außergewöhnlichen Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss dabei außergewöhnlich sein (Abs. 2), zwangsläufig erwachsen (Abs. 3) und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4), wobei sie nicht bereits Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben sein darf.

Zwangsläufig erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen nach § 34 Abs 3 EStG dann, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Wie der Verwaltungsgerichtshof betreffend Kuraufenthalte ausgesprochen hat, ist zum Nachweis der Zwangsläufigkeit die Vorlage eines vor Antritt der Kur ausgestellten ärztlichen Zeugnisses oder Gutachtens erforderlich, aus dem sich die Notwendigkeit und Dauer der Reise sowie das Reiseziel ergeben (zB ); ein bloß mittelbarer ärztlicher Verordnungszusammenhang reicht nicht aus (Jakom/Peyerl EStG § 34 Tz 90).

Einem ärztlichen Gutachten kann es gleich gehalten werden, wenn zu einem Kuraufenthalt von einem Träger der gesetzlichen Sozialversicherung oder auf Grund beihilfenrechtlicher Bestimmungen Zuschüsse geleistet werden, weil zur Erlangung dieser Zuschüsse ebenfalls in der Regel ein ärztliches Gutachten vorgelegt werden muss (vgl. ).

Dennoch führt nicht jede auf ärztliches Anraten und aus medizinischen Gründen durchgeführte Gesundheitsmaßnahme zu einer außergewöhnlichen Belastung. Die Aufwendungen müssen vielmehr zwangsläufig erwachsen, womit es erforderlich ist, dass die Maßnahmen zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig ist ().

Da generell ein Erholungsurlaub der Gesundheit zuträglich ist, erweist sich eine Abgrenzung der für die Gesundheit förderlichen Erholungsreisen von den aus medizinischer Sicht notwendigen Reisen im engeren Sinn als erforderlich. Eine Reise im letztgenannten Sinn kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur angenommen werden, wenn die Reise nach ihrem Gesamtcharakter eine Kurreise, insbesondere mit einer nachweislich kurgemäß geregelten Tages- und Freizeitgestaltung, darstellt und damit sichergestellt ist, dass nicht bloß eine Erholungsreise vorliegt, welche zwar ebenfalls der Gesundheit förderlich ist, aber nicht zu zwangsläufigen und außergewöhnlichen Aufwendungen iSd § 34 EStG  führt (). 

Der Begriff "Kur" erfordert ein bestimmtes, unter ärztlicher Aufsicht und Betreuung durchgeführtes Heilverfahren. Aus den vorgelegten Rechnungen geht hervor, dass die Bf. sich während dem Kuraufenthalt in BadXX zweimal einer Kurtauglichkeitsprüfung unterzog. Bei den Aufenthalten in BAdYY unterzog sich die Bf. ebenso Behandlungen unter ärztlicher Aufsicht und absolviert mehrere Arztgespräche und Schulungen. Dies spricht für einen steuerlich anzuerkennenden "Kuraufenthalt“  (Jakom/Peyerl EStG § 34 Tz 90).

Im Beschwerdefall liegt kein ärztliches Gutachten oder Zeugnis vor. Lediglich eine Verordnung für Heilbehelfe und Hilfsmittel (Moorpackungen) sowie eine ärztliche Stellungnahme mit einem Vorschlag für eine Kurbehandlung in BadXX wurden vorgelegt. Aus dieser Verordnung lässt sich die Notwendigkeit für einen Kuraufenthalt jedoch nicht ableiten. Ein ärztlicher Vorschlag ist keiner die Zwangsläufigkeit der Behandlung bescheinigenden ärztlichen Verordnung gleichzusetzen, sondern bloß ein allgemein gehaltenes Gutheißen derartiger Behandlungen. Daraus kann zwar die Vermutung abgeleitet werden, dass diese der gesundheitlichen Situation zuträglich sind, eine zwangsläufig notwendige Maßnahme zur therapeutischen Behandlung wird jedoch damit nicht ausgedrückt. Auch fehlt ein Nachweis, dass andere Behandlungen, die vor Ort durchgeführt werden könnten, nicht oder kaum Erfolg versprechend erscheinen ().

Allerdings geht aus den vorgelegten Dokumenten und Aussagen der Bf. hervor, dass die Kuraufenthalte der Bf. in den vorangegangenen Jahren genehmigt wurden, so im Jahr 2012 von der Pensionsversicherungsanstalt der Bf. Verglichen mit den Behandlungen aus dem Jahr 2012 ergibt sich, dass die Behandlungen und Therapien während den Kuraufenthalten 2013 größtenteils jenen aus dem Jahr 2012 entsprechen.

Im Jahr 2012 unterzog sich die Bf. folgender Behandlungen:

in BadXX: Ultraschall, Kohlensäurebad, Arztvortrag, Inhalation Sole, Salzwickel, Heublumensack, Moorpackung, Einzelheilgymnastik, Nackenschule, Gruppenheilgymnastik, Lymphdrainage, Teilmassage und Diätberatungen.

Im Jahr 2013 absolvierte die Bf. folgende Behandlungen:


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BadXX
 
BAdYY
 
BAdYY
 
Kurtauglichkeitsprüfung
0,00
Abschlussgespräch
24,50
Bad mit Zusatz
66,00
5 Salzwickel
100,00
Beratungsgespräch
35,00
Beratungsgespräch
35,00
1 Kneippbad
25,00
Blutabnahme
78,60
Ernährungsvortrag
134,80
4 Moorpackungen klein
100,00
CO2 Bad
14,00
Heilmassage
102,00
1 Teilmassage
28,00
Heilgymnastik WS
11,00
Heupackung
53,00
4 Salzwickel
80,00
Heilmassage
17,00
Kräuterwanderung
23,00
4 Moorpackungen klein
100,00
Heublumenleberwickel
17,50
Naturfango
105,00
 
 
Interferenz
27,00
Zwischengespräch
175,00
 
 
Krafttraining
16,00
 
 
 
 
Kryo Schnuppern
0,00
 
 
 
 
Melissenbad
16,50
 
 
 
 
Mikrowelle
12,50
 
 
 
 
Moorbad
34,00
 
 
 
 
Moorbreipackung
27,00
 
 
 
 
Rotlichtbestrahlung
9,00
 
 
 
 
Wassertreten
8,50
 
 
Summe
433,00
 
348,10
 
693,80

Für das Jahr 2013 machte die Bf. Kurkosten von insgesamt 4.193,73 € als außergewöhnliche Belastung geltend. Die Kosten für die Behandlungen und Therapien betrugen in Summe 1.474,90 €.

Die Aussage der belangten Behörde, wonach die Ablehnung der unter Heilbehandlung beantragten Ausgaben durch die Wiener Gebietskrankenkassa vom ein weiteres Indiz für die Nichtzwangsläufigkeit der beantragten außergewöhnlichen Belastungen sei, kann nicht gefolgt werden. Auch dienten die Behandlungen nicht in erster Linie zur Festigung der Gesundheit, sondern vielmehr der Verbesserung des Gesundheitszustandes. Die Zwangsläufigkeit der außergewöhnlichen Belastung erfordert, dass die Behandlung bzw. Therapie zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig sei. Dieser Umstand ist gegeben, wie aus den Ausführungen der Bf. und den ärztlichen Entlassungsbriefen aus den Jahren 2012 und 2013 hervorgeht. Die Kosten für den Kuraufenthalt von 2012 trug die Pensionsversicherungsanstalt der Bf.

Für das Jahr 2013 wurden die Kosten mit der Begründung nicht übernommen, dass mehr als zwei Aufenthalte in fünf Kalenderjahren nicht genehmigt werden können. Über die medizinische Notwendigkeit wurde hingegen nicht abgesprochen. Dass die Versicherung der Bf. die Kuraufenthalte plötzlich nicht mehr genehmigt, scheint unverständlich und nur aus Kostenerwägungen und Richtlinien seitens der Gebietskrankenkasse erklärbar zu sein. Die Kuraufenthalte bzw. vielmehr die Behandlungen dienen der kurzfristigen Linderung und Besserung der Beschwerden und es scheint nachvollziehbar, dass Therapien mehrmals absolviert werden müssen. Die Notwendigkeit dieser Behandlungen bzw. die positive Auswirkung auf den Gesundheitszustand der Bf. stehen auch unstrittig fest, wie aus den Entlassungsbriefen erkenntlich ist.

Nach eingehender Recherche stellt das Bundesfinanzgericht fest, dass die Zwangsläufigkeit der geltend gemachten außergewöhnlichen Belastung teilweise vorliegt, da die Behandlungen während den Kuraufenthalten zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig sind (vgl. ). Darüber hinaus spricht auch der Umstand, dass in vorangegangenen Jahren die Kuraufenthalte von der Versicherungsanstalt der Bf. übernommen wurden, für die Zwangsläufigkeit. Dies sprach der VwGH auch schon vermehrt aus (vgl. ). Allerdings ist bei den geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen zwischen Therapien bzw. Behandlungen im Zusammenhang mit der Behinderung der Bf. und den "allgemeinen" Kurkosten (Verpflegung und Nächtigung, Fahrtkosten) zu unterscheiden. In der oben dargestellten Tabelle ist ersichtlich, welche Behandlungen absolviert wurden und in Summe 1.474,90 € gekostet haben. Verglichen mit den Behandlungen des Kuraufenthaltes in BadXX aus dem Jahr 2012, sind im Jahr 2013 entsprechende Behandlungen in Höhe von 1.316,30 € absolviert worden.


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Zusammensetzung gewährter Kosten für 2013
 
BadXX
433,00
BAdYY 1
212,50
BAdYY 2
670,80
Summe
1.316,30

Die Kosten für die Arztgespräche (Beratungs-, Zwischen-, Abschlussgespräch) stellen eines der Merkmale einer Kur dar und waren deshalb zu gewähren, da es sich um ärztlich begleitete Heilverfahren handelte. Ebenso waren die Kosten für den Ernährungsvortrag zu gewähren, da die Ernährungsweise der Bf. bei ihrem Krankheitsbild eine essentielle Rolle spielt.

Diese 1.316,30 € können daher als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden. Die restlichen 158,60 € setzen sich zusammen aus Blutabnahme, Interferenzbehandlung, Mikrowellenbehandlung, Wassertreten, Rotlichtbestrahlung und einer Kräuterwanderung. Diese Behandlungen wurden im Jahr 2012 nicht absolviert bzw. von der Pensionsversicherungsanstalt nicht genehmigt und waren daher für das Jahr 2013 nicht anzusetzen.

In der Einkommenssteuererklärung für 2013 machte die Bf. einen Freibetrag wegen eigener Behinderung gemäß § 35 Abs. 3 EStG 1988 in Höhe von 243 € geltend, ebenso einen Pauschbetrag in Höhe von 504 € gemäß § 2 Abs. 1 der VO über außergewöhnliche Belastungen wegen einer eigenen Behinderung, in Summe 747 €.

Gemäß § 34 Abs 6 EStG 1988 können Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 35 Abs 1 EStG 1988 ohne Berücksichtigung des Selbstbehalts abgezogen werden. Der Freibetrag gemäß § 35 Abs 1 EStG 1988 steht der Bf. aufgrund ihrer 50 %-igen Behinderung zu, somit ist diese Voraussetzung gegeben und es ist kein Selbstbehalt zu berücksichtigen. Der Einkommenssteuerbescheid für 2013 ist abzuändern und die außergewöhnlichen Belastungen sind mit 1.316,30 € statt ursprünglich 747 € festzusetzen. 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zur Falllösung war die Frage zu beantworten, ob Behandlungskosten eines Kuraufenthaltes trotz fehlender Genehmigung des Sozialversicherungsträgers als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sind, was das BFG bejaht hat. Da die vorliegende Entscheidung von der Rechtsprechung des VwGH abweicht, war die ordentliche Revision zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Behandlungskosten
Behinderung
Selbstbehalt
Kuraufenthalt
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7105368.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at