Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.11.2019, RV/7105807/2016

Eine Aussetzung kann nicht bewilligt werden, wenn die zugrundeliegende Beschwerde bereits erledigt ist.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache Bf, Adresse, damals vertreten durch WOLF THEISS Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Schubertring 6, 1010 Wien, nunmehr vertreten durch Cerha Hempel Spiegelfeld Hlawati Rechtsanwälte GmbH, Parkring 2, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , StNr, Team AS 02, betreffend Abweisung eines Aussetzungsantrages (§ 212a BAO) zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Eingabe vom brachte die Beschwerdeführerin (Bf.) gegen die Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , zugestellt am , betreffend Festsetzung von Aussetzungszinsen hinsichtlich Glücksspielabgaben 7-12/2011 gemäß § 212a Abs. 9 BAO einen Vorlageantrag ein und beantragte weiters, die Einhebung der Aussetzungszinsen in der vom Rechtsmittel abhängigen Höhe (€ 123.492,44) bis zur Erledigung des Rechtsmittels gemäß § 212a BAO auszusetzen.

****

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Aussetzungsantrag mit der Begründung ab, dass sich aus der Bestimmung des § 212a Abs. 9 BAO ergebe, dass bereits ab dem Zeitpunkt, in dem ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung eingebracht worden sei, der Aussetzungszinsenanspruch entstehe.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Nebengebühren (Säumniszuschläge, Stundungs- und Aussetzungszinsen) setze die Pflicht zur Erhebung dieser Nebengebühren nicht den Bestand einer sachlich richtigen oder gar rechtskräftigen, sondern einer formellen Abgabenschuld voraus (vgl. ; ). In einem Verfahren betreffend Aussetzungszinsen sei über die Rechtmäßigkeit jenes Abgabenbescheides, auf Grund dessen die Aussetzung bewilligt worden sei, nicht zu befinden. Bemessungsgrundlage für die Aussetzungszinsen sei die im Bescheid über die Aussetzung der Einhebung von Abgabenschulden angeführte Höhe der Abgabenschulden.
Mit diesem Bescheid werde der Betrag der ausgesetzten Abgabenschulden mit Rechtskraftwirkung festgesetzt. Abgesehen von dem im zweiten Satz des § 212a Abs. 9 BAO ausdrücklich vorgesehenen Fall der nachträglichen Herabsetzung von Abgabenschulden stelle die Feststellung des ausgesetzten Betrages im Bescheid über die Aussetzung der Einhebung von Abgabenschulden die Grundlage für die mit weiterem Bescheid festzusetzenden Aussetzungszinsen dar (; , 98/14/0101).
Die beantragte Aussetzung der Einhebung sei gemäß § 212a Abs. 2 BAO nicht zu bewilligen, da die Bescheidbeschwerde wenig erfolgversprechend erscheine.
Es sei somit spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

*****

In der dagegen eingebrachten Bescheidbeschwerde vom führte die Bf. aus, dass der Bescheid dem vollen Umfang und Inhalt nach angefochten werde.

1. SACHVERHALT UND VERFAHRENSGANG

In dem für die Beschwerde relevanten Zeitraum habe die Bf. mehrere nach den Bestimmungen der GewO angemeldete Pokercasinos betrieben, wofür sie eine aufrechte Gewerbeberechtigung besitze.

Die folgenden Verfahrensschritte seien für das gegenständliche Rechtsmittelverfahren relevant:

- Mit sechs Bescheiden vom  habe die Abgabenbehörde für die
Geschäftstätigkeit der Beschwerdeführerin Glücksspielabgaben nach § 57 GSpG für den
Zeitraum Juli 2011 bis Dezember 2011 festgesetzt.

- Gegen diese Bescheide habe die Bf. - nach bewilligter Fristverlängerung - am
fristgemäß Beschwerde erhoben und diese mit einem Antrag auf Aussetzung der
Einhebung nach § 212a BAO verbunden.

- Die Beschwerde sei mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet
abgewiesen worden. Mit Schriftsatz vom  habe die Bf. die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht gemäß § 264 BAO und Aussetzung der
Einhebung gemäß § 212a BAO des gesamten im Rechtsmittelverfahren strittigen
Betrages in Höhe von EUR 5.413.238,67 beantragt. Eine Entscheidung über die Beschwerde (gegen die Stammabgabe) durch das BFG stehe noch aus.

- Mit Bescheid vom  sei die Aussetzung der Einhebung lediglich in Bezug
auf Poker "Cash Games" in Höhe von EUR 5.091.341,71 bewilligt worden. Hinsichtlich des die Pokerturniere betreffenden Betrages in Höhe von EUR 321.896,96 sei der Antrag auf
Aussetzung als unbegründet abgewiesen worden, da die Beschwerde gegen die Stammabgabe vom im Hinblick auf Pokerturniere als wenig erfolgversprechend im Sinne des § 212a Abs 2 lit. a BAO erscheine.

- Gegen den Bescheid vom über die teilweise Bewilligung einer Aussetzung
der Einhebung habe die Beschwerdeführerin am fristgerecht Beschwerde erhoben

Mit Beschwerdevorentscheidung vom  sei die Beschwerde als unbegründet
abgewiesen worden.

Mit Bescheid vom seien gemäß § 212a Abs 9 BAO Aussetzungszinsen in
Höhe von EUR 123.492,44 für den Zeitraum bis
festgesetzt worden.

Gegen die Beschwerdevorentscheidung vom , mit dem die Beschwerde gegen
den Bescheid über die teilweise Bewilligung der Aussetzung als unbegründet abgewiesen worden sei, habe die Beschwerdeführerin am einen Vorlageantrag gemäß § 264 BAO gestellt. Eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes stehe noch aus.

Gegen den Bescheid vom über die Festsetzung von Aussetzungszinsen habe
die Beschwerdeführerin ebenfalls am fristgerecht Beschwerde erhoben. Die
Beschwerde sei mit Beschwerdevorentscheidung vom , zugestellt am
, als unbegründet abgewiesen worden.

Gegen die Beschwerdevorentscheidung vom betreffend die Festsetzung von
Aussetzungszinsen habe  die Beschwerdeführerin am einen Vorlageantrag
und diesen mit einem Antrag auf Aussetzung der Einhebung verbunden. Bis jetzt habe das Bundesfinanzgericht noch nicht über den Vorlageantrag entschieden. Mit Bescheid vom , zugestellt am , sei der Antrag auf Aussetzung der Einhebung als
unbegründet abgewiesen ("bekämpfter Bescheid”) worden. Gegen diesen Bescheid richte
sich die vorliegende Beschwerde.

BEGRÜNDUNG DER BESCHWERDE

Vorbemerkung

Gemäß § 212a Abs 1 BAO sei die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhänge, auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweiche, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liege, zurückzuführen sei, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld.

Die Aussetzung der Einhebung sei gemäß § 212a Abs 2 BAO nicht zu bewilligen,

- soweit die Beschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend
erscheine, oder

- soweit mit der Bescheidbeschwerde ein Bescheid in Punkten angefochten werde,
in denen er nicht von einem Anbringen des Abgabepflichtigen abweiche, oder

- wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der
Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet sei.

Die Abgabenbehörde begründe die Abweisung des Aussetzungsantrages damit, dass die
Beschwerde wenig erfolgversprechend iSd § 212a Abs 2 lit a BAO erscheine. Im Folgenden werde dargelegt, dass die Beschwerde (gegen die Festsetzung von Aussetzungszinsen) entgegen der Ansicht der Abgabenbehörde nicht als wenig erfolgversprechend zu qualifizieren sei, weshalb der vorliegenden Beschwerde stattzugeben sei.

Angemerkt werde, dass die rechtzeitige Beschwerde gegen die Abweisung eines
Aussetzungsantrages gemäß § 212a Abs 4 BAO ebenso wie ein Aussetzungsantrag die
folgenden Wirkungen entfalte: Zum einen schiebe sie die Verpflichtung zur Entrichtung von Säumniszuschlägen zunächst hinaus, zum anderen dürften Einbringungsmaßnahmen bis zur Erledigung der Beschwerde weder eingeleitet noch fortgesetzt werden (Ritz, BAO5 § 212a Rz 20 ff). Der vorliegenden Beschwerde komme somit säumniszuschlagsvermeidende und einbringungshemmende Wirkung zu.

Kein Ausschlussgrund nach § 212a Abs 2 lit. a BAO

Einleitend sei bemerkt, dass eine Beschwerde nur dann als wenig erfolgversprechend im Sinne des § 212a Abs 2 lit a BAO erscheine, wenn die Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels offenkundig sei, sie also für jede mit der Sache vertraut gemachte urteilsfähige und objektiv urteilende Person erkennbar sei (; , 2000/16/0393).

Die Abgabenbehörde begründe die Abweisung des Aussetzungsantrages mit den mangelnden Erfolgsaussichten der Beschwerde gegen die Festsetzung von Aussetzungszinsen. Sie stütze dies auf § 212a Abs 9 BAO.

Gemäß dieser Bestimmung seien für Abgabenschuldigkeiten

- solange auf Grund eines Antrages auf Aussetzung der Einhebung, über den
noch nicht entschieden worden sei, Einbringungsmaßnahmen weder eingeleitet
noch fortgesetzt würden (§ 230 Abs 6) oder

- soweit infolge einer Aussetzung der Einhebung Zahlungsaufschub eintrete,

Aussetzungszinsen in Höhe von 2% über dem jeweils geltenden Basiszinssatz pro Jahr zu
entrichten.

Daraus folgere die Abgabenbehörde, dass bereits ab dem Zeitpunkt, in dem ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung gestellt werde, der Aussetzungszinsenanspruch entstehe. Es komme somit nicht auf den Bestand einer sachlich richtigen oder gar rechtskräftigen, sondern lediglich einer formellen Abgabenschuld an. Zur Begründung dieser Rechtsansicht zitiere die Abgabenbehörde jeweils ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes () sowie des Bundesfinanzgerichts ().

Dazu sei zu bemerken, dass das zitierte Erkenntnis des VwGH die Festsetzung von
Säumniszuschlägen und nicht von Aussetzungszinsen zum Gegenstand habe, weshalb es nicht unmittelbar auf den gegenständlichen Fall übertragen werden könne. Das zitierte Erkenntnis des BFG habe zwar die Festsetzung von Aussetzungszinsen zum Gegenstand, stütze sich aber in der Begründung maßgeblich auf das zitierte VwGH-Erkenntnis. Aufgrund dieser Erkenntnisse sei somit nicht davon auszugehen, dass die Rechtsansicht der Behörde durch (höchst-)gerichtliche Erkenntnisse gedeckt sei.

Selbst wenn es auch in Bezug auf die Festsetzung von Aussetzungszinsen lediglich auf das Bestehen einer formellen Abgabenschuld ankommen sollte, sei dies im vorliegenden Fall auf Basis folgender Erwägungen aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes rechtlich nicht haltbar:

Werde einem Antrag auf Aussetzung der Einhebung nicht stattgegeben, so seien Aussetzungszinsen vor der Erlassung des diesen Antrag erledigenden Bescheides nicht festzusetzen (§ 212a Abs 9 Satz 4 BAO). Daraus folgere die Abgabenbehörde in ihrer
Beschwerdevorentscheidung vom betreffend die Festsetzung von Aussetzungszinsen im Umkehrschluss, dass die Zinsenbemessung im Anschluss an die Abweisung des Aussetzungsantrages nicht unzulässig sei.

Dieser Umkehrschluss sei allerdings nach Ansicht der Beschwerdeführerin nicht zulässig, wenn gegen die Abweisung der Aussetzung Rechtsmittel erhoben werde:

Nach dem klaren Wortlaut von § 212a Abs 9 BAO seien nämlich im Fall der Bewilligung der Aussetzung erst dann Aussetzungszinsen festzusetzen, wenn entweder der Ablauf oder der Widerruf der Aussetzung verfügt werde (§ 212a Abs 9 letzter Satz BAO),
Somit hänge die Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Aussetzungszinsen (auch) davon ab, ob die Abweisung des Aussetzungsantrages rechtskräftig werde. Erhebe ein Beschwerdeführer daher gegen die Abweisung der Aussetzung ein Rechtsmittel, so stehe die Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Aussetzungszinsen erst mit der Entscheidung über das Rechtsmittel gegen die Abweisung des Aussetzungsantrages fest.

Der Antrag auf Aussetzung der Einhebung (der Stammabgabe) sei zu Unrecht abgewiesen worden, da die Beschwerde gegen die Festsetzung der Glücksspielabgaben nicht als wenig erfolgversprechend iSd § 212a Abs 2 lit. a BAO zu qualifizieren sei. Deshalb sei auch die Festsetzung der Aussetzungszinsen zu Unrecht erfolgt.

Dass nach der, von der Abgabenbehörde ebenfalls zitierten, Judikatur des
Verwaltungsgerichtshofes (; , 98/14/0101) die
Unrichtigkeit der Höhe des ausgesetzten Abgabenbetrages allein im Rechtsmittel gegen den Aussetzungsbescheid, nicht aber gegen den auf dessen Grundlage ergangenen
Aussetzungszinsenbescheid eingewendet werden könne, sei im vorliegenden Fall nicht relevant, da nicht die Höhe des ausgesetzten Abgabenbetrages und der davon abgeleiteten Aussetzungszinsen, sondern der Zeitpunkt der Festsetzung der Aussetzungszinsen im Rechtsmittelverfahren bekämpft werde.

Aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes könne die Abweisung eines Antrages auf Aussetzung der Einhebung (der Stammabgabe) nur dann die rechtmäßige Festsetzung von Aussetzungszinsen zur Folge haben, wenn die Abweisung zu Recht erfolgt sei. Andernfalls würde die Festsetzung der Aussetzungszinsen rechtskräftig werden, auch wenn die Aussetzung (der Stammabgabe) in weiterer Folge im Rechtsmittelverfahren bewilligt werde. Dies widerspreche jedoch dem § 212 Abs 9 letzter Satz BAO.

Dass das Rechtsmittel gegen die Festsetzung der Aussetzungszinsen nicht wenig
erfolgversprechend erscheine, ergibt sich aus folgenden Gründen:

- In den von der Abgabenbehörde in ihrer Beschwerdevorentscheidung vom
(betreffend die Aussetzung der Einhebung der Stammabgabe) zitierten Erkenntnissen
seien nicht sämtliche Argumente der Beschwerde vom und des Vorlageantrages vom (betreffend Festsetzung der Stammabgabe) behandelt worden.

- Das Bundesfinanzgericht habe überdies die Erhebung einer ordentlichen Revision für
zulässig erklärt (; , RV/2100581/2012)‚

- gegen diese Erkenntnisse sei Revision erhoben worden, wobei

- eine Entscheidung des VwGH nach wie vor ausstehe, und

- der VwGH habe weder eine Abweisung nach § 35 VwGG aufgrund erkennbarer
Aussichtslosigkeit noch eine Zurückweisung nach § 34 Abs 1 VwGG iVm Art 133 Abs 4
B-VG mangels erheblicher Rechtsfrage vorgenommen.

Die eben genannten Gründe für die Rechtswidrigkeit der Beschwerdevorentscheidung vom (betreffend die Aussetzung der Einhebung der Stammabgabe) seien im
Vorlageantrag vom umfassend dargelegt worden, auf den an dieser Stelle verwiesen werde.

Darüber hinaus sei in der Zwischenzeit ein weiteres Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts
betreffend Glücksspielabgaben ergangen, in dem die Erhebung einer ordentlichen Revision wiederum zugelassen worden sei ().
Schließlich sei auch der Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom , 4 Ob 31/16m ua, mit welchem er den Antrag an den Verfassungsgerichtshof gestellt habe, das in § 3 GSpG verankerte Glücksspielmonopol und weitere Bestimmungen des GSpG als verfassungswidrig aufzuheben, für die Beurteilung der Erfolgsaussichten des Rechtsmittels gegen die Stammabgabe relevant:

Die Abgabepflicht nach § 57 GSpG knüpfe an verbotene Ausspielungen an. Nach § 57 Abs. 6 GSpG seien Ausspielungen in konzessionierten Spielbanken sowie Ausnahmen aus dem Glücksspielmonopol von der Glücksspielabgabe befreit. Nach dem verstoße das Glücksspielmonopol gegen die Dienstleistungsfreiheit (Art 56 AEUV) und sei auch aus dem Blickwinkel des Gleichheitssatzes (Art 7 B-VG) wegen Inländerdiskriminierung zu beanstanden.

Damit fehle aber auch die Rechtfertigung für die ungleiche Besteuerung der Konzessionäre einerseits und der Beschwerdeführerin andererseits. Die maßgeblichen Abgabenvorschriften, die nur geweberechtliche Angebote umfassten, nicht jedoch die Konzessionäre (§ 57 Abs 6 GSpG), würden somit das Ziel verfolgen, das Monopol zu schützen, und die Nachfrage in Richtung der konzessionierten Spielbanken zu lenken. Dass der Zweck des Spielerschutzes dadurch nicht erreicht werde, stehe nach dem Beschluss des OGH nunmehr fest, womit der Ungleichbehandlung auch die sachliche Rechtfertigung fehle.

Hebe der VfGH die angefochtenen Bestimmungen auf, so könnte er dies nach Art 140 Abs 7 B-VG auch rückwirkend tun. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin müsste er dies auch rückwirkend tun, da die Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielgesetzes im Hinblick auf die unmittelbare Anwendbarkeit des Art 57 AEUV rückwirkend wahrzunehmen sei, und somit auch die Inländerdiskriminierung rückwirkend zu beseitigen wäre.

Da die Abgabenvorschriften in § 57 GSpG bewusst an den Begriff der Ausspielung anknüpfen und bei der Befreiung (§ 57 Abs 6 GSpG) zwischen konzessionierten Spielbanken (Monopolisten) und anderen Anbietern unterscheiden würden, hätte eine Aufhebung des Monopols auch Auswirkungen auf die Beurteilung der Erfolgsaussichten des Rechtsmittels gegen die Stammabgabe.

Ergebnis

Aus der Rechtswidrigkeit des Bescheides (Beschwerdevorentscheidung vom ) über die Abweisung des Aussetzungsantrages (betreffend die Stammabgabe) ergebe sich, dass auch der Bescheid über die Festsetzung von Aussetzungszinsen rechtswidrig sei. Aus diesem Grund sei auch der Antrag auf Aussetzung der Aussetzungszinsen nicht wenig erfolgversprechend iSd § 212a Abs 2 lit a BAO, weshalb der vorliegenden Beschwerde stattzugeben sei.

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Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab und führte dazu aus, dass nach § 212a Abs. 2 lit. a BAO die Aussetzung der Einhebung nicht zu bewilligen sei, soweit die Beschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheine.

Aufgabe des Aussetzungsverfahrens sei es nicht, die Rechtsmittelentscheidung
vorwegzunehmen. Es seien lediglich die Erfolgsaussichten der Bescheidbeschwerde anhand des Beschwerdevorbringens zu beurteilen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Nebengebühren (Säumniszuschläge, Stundungs- und Aussetzungszinsen) setze die Pflicht zur Erhebung
dieser Nebengebühren nicht den Bestand einer sachlich richtigen oder gar rechtskräftigen, sondern einer formellen Abgabenschuld voraus (vgl. ). Der Einwand der Bf., wonach die zugrunde liegenden Abgabenfestsetzungen zu Unrecht vorgeschrieben worden seien, gehe somit ins Leere, da die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung im Verfahren betreffend die Vorschreibung der Aussetzungszinsen nicht zu prüfen sei (). Damit würden sich die Einwendungen betreffend Zulassung der ordentlichen Revision durch das BFG und Beschluss des OGH als irrelevant erweisen (Anmerkung: Beides betreffe nicht das hier zugrundeliegende Abgabenverfahren; Hinweis: gegenteilig zu OGH - ). Entgegen der Beschwerdeansicht sei das VwGH-Erk. v. , 95/13/0130, wegen gleicher Rechtslage anwendbar. Die eingewendete erforderliche Rechtskraft eines Aussetzungsabweisungsbescheides für die Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Aussetzungszinsen sei unzutreffend. Aus § 212a Abs. 9 3. Satz BAO ergebe sich, dass die Rechtskraft des Aussetzungsabweisungsbescheides nicht vorausgesetzt sei.

Anderes ergebe sich auch nicht aus dem letzten Satz des § 212a Abs. 9 BAO, wonach
Aussetzungszinsen im Falle der bewilligten Aussetzung der Einhebung nicht vor Verfügung des Ablaufs festzusetzen seien. Denn durch die Einbringung eines Rechtsmittels werde nach § 254 BAO die Wirksamkeit des angefochtenen Bescheides nicht gehemmt.
Die Beschwerde sei daher als unbegründet abzuweisen gewesen.

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Dagegen brachte die Bf. mit Schriftsatz vom einen Vorlageantrag ein und führte aus:

Tätigkeit der Beschwerdeführerin und Abgabenverfahren

In dem für die Beschwerde relevanten Zeitraum habe die Bf. mehrere nach den Bestimmungen der GewO angemeldete Pokercasinos betrieben, wofür sie eine aufrechte Gewerbeberechtigung besitze.

Die folgenden Verfahrensschritte seien für das gegenständliche Rechtsmittelverfahren relevant:

- Mit sechs Bescheiden vom  habe die Abgabenbehörde für die
Geschäftstätigkeit der Beschwerdeführerin Glücksspielabgaben nach § 57 GSpG für den
Zeitraum Juli 2011 bis Dezember 2011 festgesetzt.

- Gegen diese Bescheide habe die Bf. - nach bewilligter Fristverlängerung - am
fristgemäß Beschwerde erhoben und diese mit einem Antrag auf Aussetzung der
Einhebung nach § 212a BAO verbunden.

- Die Beschwerde sei mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet
abgewiesen worden. Mit Schriftsatz vom  habe die Bf. die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (“BFG”) gemäß § 264 BAO und
Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO des gesamten im Rechtsmittelverfahren
strittigen Betrages in Höhe von EUR 5.413.238,67 beantragt. Eine Entscheidung über die
Beschwerde (gegen die Stammabgabe) durch das BFG stehe noch aus.

- Mit Bescheid vom  sei die Aussetzung der Einhebung lediglich in Bezug
auf Poker "Cash Games" in Höhe von EUR 5.091.341,71 bewilligt worden. Hinsichtlich des die Pokerturniere betreffenden Betrages in Höhe von EUR 321.896,96 sei der Antrag auf
Aussetzung als unbegründet abgewiesen worden, da die Beschwerde gegen die Stammabgabe vom im Hinblick auf Pokerturniere als wenig erfolgversprechend im Sinne des § 212a Abs 2 lit a BAO erscheine.

Gegen den Bescheid vom über die teilweise Bewilligung einer Aussetzung
der Einhebung habe die Beschwerdeführerin am fristgerecht Beschwerde erhoben.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom  sei die Beschwerde als unbegründet abgewiesen worden.

Mit Bescheid vom  seien gemäß § 212a Abs 9 BAO Aussetzungszinsen in Höhe von EUR 123.492,44 für den Zeitraum bis festgesetzt worden.

Gegen die Beschwerdevorentscheidung vom , mit dem die Beschwerde gegen
den Bescheid über die teilweise Bewilligung der Aussetzung als unbegründet abgewiesen worden sei, habe die Bf. am einen Vorlageantrag gemäß § 264 BAO gestellt. Eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichts stehe noch aus.

Gegen den Bescheid vom über die Festsetzung von Aussetzungszinsen habe
die Bf. ebenfalls am fristgerecht Beschwerde erhoben. Die Beschwerde sei mit Beschwerdevorentscheidung vom , zugestellt am , als unbegründet abgewiesen worden.

Gegen die Beschwerdevorentscheidung vom betreffend die Festsetzung von
Aussetzungszinsen habe die Bf. am einen Vorlageantrag gestellt und diesen mit einem Antrag auf Aussetzung der Einhebung verbunden. Bis jetzt habe das
Bundesfinanzgericht noch nicht über den Vorlageantrag entschieden.

Mit Bescheid vom  sei der Antrag auf Aussetzung der Einhebung als unbegründet abgewiesen worden. Gegen diesen Bescheid habe die Bf. mit Schriftsatz vom Beschwerde erhoben. Mit Beschwerdevorentscheidung vom , zugestellt am , ("bekämpfter Bescheid") sei die Beschwerde als unbegründet abgewiesen worden. Gegen diesen Bescheid richte sich der vorliegende Vorlageantrag.

Anfechtung des Glücksspielgesetzes durch den Obersten Gerichtshof mit Beschluss vom

Mit Beschluss vom , 4 Ob31/16 m ua habe der Oberste Gerichtshof ("OGH") gemäß Art 89 Abs 2 B-VG iVm Art 140 B-VG an den Verfassungsgerichtshof ("VfGH") den Antrag gestellt, unter anderem
§ 2 Abs 2 Glücksspielgesetz (GSpG) idF BGBl I 2010/54
§ 2 Abs 4 Glücksspielgesetz (GSpG) ldF BGBl I 2010/54,
§ 3 Glücksspielgesetz (GSpG) idF BGBI I 2010/54,
§ 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG) idF BGBl I 2010/54,

sowie in eventu

das Glücksspielgesetz (GSpG) idF BGBl I 2015/118 in seiner Gesamtheit jeweils zur Gänze als verfassungswidrig aufzuheben.

Begründend habe der Oberste Gerichtshof in diesem Beschluss ausgeführt, dass "das österreichische Glücksspielmonopol [...] dem Grunde nach eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit [sei]. Es sei daher mit dem Unionsrecht nur dann vereinbar, wenn ein in den Verträgen normierter Rechtfertigungsgrund oder ein in der Judikatur des EuGH entwickelter Rechtfertigungsgrund (zwingender Grund des Allgemeininteresses) vorliege (vgl Oreschnik, EuGH - Rs Pfleger - Glücksspielmonopol verstoße gegen die Dienstleistungsfreiheit, RdW 2014/695). Für die Beschränkung von Glücksspieltätigkeiten würden als zwingende Gründe des Allgemeininteresses insbesondere der Verbraucherschutz, die Betrugsbekämpfung und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen in Betracht kommen (vgl. , Gambelli, Rz 65 ff; , Carmen Media, Rz 55) ( ua Punkt 2.1.1).

Mangels Kohärenz der nationalen Regelungen und angesichts der Bewerbung des Glücksspiels durch die Österreichische Lotterien GmbH sowie die Casinos Austria AG (vgl wiederum Oreschnik, RdW 2014/695) komme der OGH abschließend zu dem Ergebnis: "Damit fehlt dem Glücksspielmonopol die unionsrechtlich erforderliche Rechtfertigung." ( 40b31t16m ua Punkt 2.5).

Der Umstand, dass sich Inländer nicht unmittelbar auf die Grundfreiheiten berufen könnten, erachte der OGH als mögliche lnländerdiskriminierung und somit einen Verstoß gegen Art 7 B-VG ( ua Punkt 3).

2. BEGRÜNDUNG

2.1 Vorbemerkung

Gemäß § 212a Abs 1 BAO sei die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhänge, auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweiche, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liege, zurückzuführen sei, höchstens jedoch in dem Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragendenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld.

Die Aussetzung der Einhebung sei gemäß § 212a Abs 2 lit a BAO unter anderem nicht zu
bewilligen, soweit die Beschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheine. Eine Beschwerde erscheine nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur dann als wenig erfolgversprechend im Sinne des § 212a Abs 2 iit a BAO, wenn die Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels offenkundig sei, sie also für jede mit der Sache vertraut gemachte urteilsfähige und objektiv urteilende Person erkennbar sei (; , 2000/16/0393).

Dennoch habe die belangte Behörde den bekämpften Bescheid damit begründet, dass die
Beschwerde wenig erfolgversprechend iSd § 212a Abs 2 lit. a BAO erscheine, und sei somit nicht der Argumentation der Beschwerdeführerin gefolgt, wonach sich aus der Rechtswidrigkeit des Bescheides über die Abweisung des Aussetzungsantrages betreffend die Stammabgabe ergebe, dass auch der Bescheid über die Festsetzung von Aussetzungszinsen rechtswidrig sei, weshalb auch die Aussetzung der Aussetzungszinsen zu bewilligen sei.

2.2 Neues Vorbringen

Gemäß § 270 BAO habe die Abgabenbehörde auf neue Tatsachen, Beweise und Anträge, die der Abgabenbehörde im Laufe des Beschwerdeverfahrens zur Kenntnis gelangten, Bedacht zu nehmen, selbst wenn dadurch das Beschwerdebegehren geändert oder ergänzt werde. Dies gelte sinngemäß für dem Verwaltungsgericht durch eine Partei oder sonst zur Kenntnis gelangte Umstände. Das Begehren könne somit durch nachträgliches Tatsachenvorbringen oder durch neue rechtliche Ausführungen bis zum Ergehen einer Entscheidung über das Rechtsmittel wirksam ergänzt, geändert, eingeschränkt oder erweitert werden (Stoll, BAO [1994] 2743 bereits zur insoweit vergleichbaren Rechtslage vor dem FVwGG 2012),

Die Bf. bringe daher vor, dass die Aussetzung der Elnhebung der Aussetzungszinsen zu bewilligen sei, da das Rechtsmittel gegen die Stammabgabe nach wie vor anhängig und keinesfalls als wenig erfolgversprechend im Sinne des § 212a Abs 2 lit a BAO zu
qualifizieren sei.

Abgaben im Sinne des § 212a BAO seien gemäß § 3 BAO auch Nebenansprüche wie bspw Aussetzungszinsen oder Säumniszuschläge. Sie seien einer Aussetzung - sofern sie nicht ohnehin separat mit einem Rechtsmittel bekämpft würden - auch im Zusammenhang mit einem Rechtsmittel gegen die Stammabgabe zugänglich, sofern ihre Höhe mittelbar von der Erledigung dieses Rechtsmittels abhänge.

Dabei handle es sich jedenfalls um alle Nebenansprüche, die im Falle einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Erledigung des Rechtsmittels (gegen die Stammabgabe) von Amts wegen oder auf Antrag des Abgabepflichtigen zwingend herabzusetzen seien oder deren Festsetzung diesfalls überhaupt aufzuheben sei (Ritz, BAO5 § 212a Rz 7):

In Bezug auf Aussetzungszinsen ergebe sich die mittelbare Abhängigkeit aus § 212a Abs 9 BAO, wonach im Fall der nachträglichen Herabsetzung einer Abgabenschuld die Berechnung der Aussetzungszinsen unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen habe.

Kein Ausschlussgrund nach § 212a Abs 2 lit a BAO

Da der an den VfGH den Antrag gestellt habe ua § 2 Abs 2 GSpG idF BGBl I 2010/54, § 2 Abs 4 Glücksspielgesetz bzw in eventu das Glücksspielgesetz in seiner Gesamtheit aufzuheben, hätten sich die Erfolgsaussichten des anhängigen Rechtsmittels gegen die Stammabgabe deutlich verbessert. Denn nunmehr stehe nach den Ausführungen des OGH fest, dass das österreichische Glücksspielmonopol unionsrechtswidrig sei. Darüber hinaus bedeute dies im reinen lnlandssachverhalt eine gemäß Art 7 B-VG verfassungswidrige lnländerdiskriminierung.

Die Verfassungswidrigkeit des in § 3 GSpG verankerten Glücksspielmonopols und der anderen vom OGH beim VfGH zur Aufhebung beantragten Bestimmungen (§ 2 Abs 2, § 2 Abs 4, § 52 Abs. 1 GSpG) könne nicht isoliert von den übrigen Bestimmungen des GSpG festgestellt werden, denn die Glücksspielabgabenpflicht setze nach der Systematik des GSpG und insbesondere nach der genannten Bestimmung ein illegales Glücksspielangebot voraus, welches mit Aufhebung von § 2 Abs 4 und § 3 GSpG nicht mehr bestehen könne.
Außerdem sei der Begriff der Ausspielung in § 2 Abs 1 GSpG mit jenem des
Glücksspieiunternehmers iSd § 2 Abs 2 GSpG verknüpft. Die Aufhebung des vom OGH dem VfGH ebenfalls zur Prüfung vorgelegten § 2 Abs 2 GSpG hätte somit zur Folge, dass aus Mangel an der Mitwirkung eines Glücksspielunternehmers an dem Zustandekommen eines Glücksspiels keine Ausspielung iSd § 2 Abs 1 GSpG mehr vorliegen könne und daher auch keine Glücksspielabgaben mehr festgesetzt werden könnten, da diese das Vorliegen einer Ausspielung zwingend voraussetzen würden.

Hebe der VfGH die angefochtenen Bestimmungen auf, so könnte er dies nach Art 140 Abs 7 B-VG auch rückwirkend tun. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin müsste er dies auch rückwirkend tun, da die Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielgesetzes im Hinblick auf die unmittelbare Anwendbarkeit des Art 57 AEUV rückwirkend wahrzunehmen sei, und somit auch die Inländerdiskriminierung rückwirkend zu beseitigen wäre.

Somit seien jedenfalls im Hinblick auf den grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr,
wahrscheinlich aber auch bei rein innerstaatlichen Sachverhalten, maßgebende Bestimmungen des Glücksspielgesetzes rückwirkend im für den vorliegenden Antrag relevanten Zeitraum auf die Beschwerdeführerin nicht anzuwenden.

Für den gegenständlichen Fall habe dies die folgenden Konsequenzen:

Da das Glücksspielmonopol und die Ausnahmen vom Glücksspielmonopol im
beschwerdegegenständlichen Zeitraum unionsrechtswidrig und aufgrund einer
lnländerdiskriminierung auch verfassungswidrig gewesen seien, treffe dies auch auf die Ausnahmen von der Besteuerung für Monopolisten und auf die Anknüpfung der Besteuerung an verbotene Ausspielungen zu.

Ergebnis

Aus diesen Gründen sei das Rechtsmittel gegen die Stammabgabe nicht als wenig
erfolgversprechend im Sinne des § 212a Abs 2 lit a BAO zu qualifizieren. Darüber hinaus sei bemerkt, dass sich der Verwaltungsgerichtshof noch in keinem Erkenntnis mit der Frage der Glücksspielabgabenpflicht für frei gewerbliche Pokersalons auseinandergesetzt habe.
Ein anderer Ausschlussgrund nach § 212a Abs 2 BAO liege ebenso wenig vor. Die Aussetzung der Einhebung sei folglich zu bewilligen, da ansonsten kein effektiver Rechtsschutz gegeben wäre.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

§ 212a BAO lautet:

(1) Die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, ist auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Bescheidbeschwerde die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.

(2) Die Aussetzung der Einhebung ist nicht zu bewilligen,

a) soweit die Beschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint, oder

b) soweit mit der Bescheidbeschwerde ein Bescheid in Punkten angefochten wird, in denen er nicht von einem Anbringen des Abgabepflichtigen abweicht, oder

c) wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet ist.

(3) Anträge auf Aussetzung der Einhebung können bis zur Entscheidung über die Bescheidbeschwerde (Abs. 1) gestellt werden. Sie haben die Darstellung der Ermittlung des gemäß Abs. 1 für die Aussetzung in Betracht kommenden Abgabenbetrages zu enthalten. Weicht der vom Abgabepflichtigen ermittelte Abgabenbetrag von dem sich aus Abs. 1 ergebenden nicht wesentlich ab, so steht dies der Bewilligung der Aussetzung im beantragten Ausmaß nicht entgegen.

(4) Die für Anträge auf Aussetzung der Einhebung geltenden Vorschriften sind auf Bescheidbeschwerden gegen die Abweisung derartiger Anträge und auf solche Beschwerden betreffende Vorlageanträge (§ 264) sinngemäß anzuwenden.

(5) Die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung besteht in einem Zahlungsaufschub. Dieser endet mit Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf (§ 294). Der Ablauf der Aussetzung ist anlässlich einer (eines) über die Beschwerde (Abs. 1) ergehenden

a) Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder

b) Erkenntnisses (§ 279) oder

c) anderen das Beschwerdeverfahren abschließenden Erledigung

Nach überwiegender Lehre und Rechtsprechung setzt die Aussetzung der Einhebung von streitverfangenen Abgaben gemäß § 212a BAO voraus, dass eine Beschwerde, von deren Erledigung die Höhe einer Abgabe abhängig ist, noch anhängig ist (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 2267; ; ; ). Dies ergibt sich in Analogie zu § 212a Abs. 5 BAO, wonach ein Ablauf einer bewilligten Aussetzung der Einhebung im Falle des Ergehens einer das Beschwerdeverfahren abschließenden Erledigung zu verfügen ist.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in mehreren Erkenntnissen (u.a. 2003/16/0496, ) die Ansicht, dass ab dem Zeitpunkt der Berufungserledigung (hier Beschwerdeerledigung) eine Bewilligung der Aussetzung nicht mehr in Betracht kommt.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt Aussetzungszinsen in Höhe von € 123.492,44 fest. Die dagegen eingebrachte Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen.

Mit Eingabe vom brachte die Bf. einen Vorlageantrag ein und beantragte weiters die Einhebung der Aussetzungszinsen in der vom Rechtsmittel abhängigen Höhe (€ 123.492,44) bis zur Erledigung des Rechtsmittels gemäß § 212a BAO auszusetzen.

Das Bundesfinanzgericht wies entgegen dem Vorbringen der Bf. mit Erkenntnis vom , RV/7103548/2016, die Beschwerde vom gegen den Bescheid über die Festsetzung der Aussetzungszinsen in Höhe von € 123.492,44 vom als unbegründet ab.

Im Hinblick auf die dargestellte Sach- und Rechtslage konnte, da das Erkenntnis betreffend Festsetzung von Aussetzungszinsen bereits ergangen ist, kein positiver Aussetzungsbescheid erlassen werden.

Soferne die Bf. im Vorlageantrag vorträgt, dass das Rechtsmittel gegen die Stammabgabe (Glücksspielabgaben Juli bis Dezember 2011) noch nicht erledigt sei, scheint sie zu übersehen, dass sie gleichzeitig mit dem Vorlageantrag vom  beantragte, "die Einhebung der Aussetzungszinsen in der vom Rechtsmittel abhängigen Höhe (EUR 123.492,44 bis zur Erledigung des Rechtsmittels gemäß § 212a BAO auszusetzen" - somit bis zum Ergehen des Erkenntnisses des BFG betreffend die Festsetzung der Aussetungszinsen - und nicht die Aussetzung der Einhebung bis zur Erledigung der Beschwerde gegen die den Aussetzungszinsen zugrundeliegenden Bescheide (Glücksspielabgaben) beantragt hat.

Da § 212a BAO einen entsprechenden Antrag voraussetzt, war es mangels Vorliegens eines solchen Antrages der belangten Behörde verwehrt, eine Aussetzung der Einhebung bis zur Beendigung des Beschwerdeverfahrens betreffend die den Aussetzungszinsen zugrundeliegenden Glückspielabgabenbescheide auszudehnen.

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass mit Entscheidungen vom März, Oktober und November 2016 alle drei österreichischen Höchstgerichte, der Verwaltungsgerichtshof (VwGH, Ro 2015/17/0022, ), der Verfassungsgerichtshof (VfGH, E 945/2016, E 047/2016 und 1054/2016 vom ) sowie der Oberste Gerichtshof (OGH, 4Ob31/16 m ua vom bestätigen, dass das österreichische Glücksspielmonopol unionrechtskonform ist. Den Antrag des OGH an den  m, wies das Höchstgericht mit Beschluss vom (G 103-104/2016 ua) zurück.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. 

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das  Erkenntnis weicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab.

Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind, ist eine  ordentliche Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 212a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212a Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise






ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7105807.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at