Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.10.2019, RV/7105309/2017

1. Rückwirkende Zuerkennung von Rehageld; Versteuerung im Jahr des Zuflusses 2. Rückzahlungen von Kranken-bzw. Rehageld sowie Arbeitslosengeld; Berücksichtigung gemäß §16 Abs. 2 EStG 1988

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., Adr., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 12/13/14 Purkersdorf vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2015 zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Einkommensteuer für das Jahr 2015 wird auf Grund nachstehender Berechnung wie folgt ermittelt:


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Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit übermittelte Lohnzettel bezugsauszahlende Stelle WGKK stpfl. Bezüge
 KZ (245)
18.042,47 €
Pauschbetrag für Werbungskosten
-132,00 €
Zwischensumme (wie im angefochtenen Bescheid)
17.910,47 €
  • Sonstige Werbungskosten:
    Rückzahlung AMS Geld ( §16 Abs. 2 EStG 1988
-2.777,80 €
-5.491,00 €
Gesamtbetrag der Einkünfte
9.641,67 €
Sonderausgaben § 18 EStG 1988)
 
Pauschbetrag für Sonderausgaben
-60,00 €
Einkommen
9.581,67 €
Die Einkommensteuer gem. § 33 Abs. 1 EStG 1988 beträgt:
Bei einem Einkommen von € 11.000 und darunter
0,00 €
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge
0,00 €
Verkehrsabsetzbetrag
0,00 €
Arbeitnehmerabsetzbetrag
0,00 €
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge
0,00 €
Die Steuer für die sonstigen Bezüge beträgt:
 
0% für die ersten 620,00
0,00 €
6% für die restlichen 2.387,08
143,22 €
Einkommensteuer
143,22 €
-0,22 €
Festgesetzte Einkommensteuer
143,00 €

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf.) bezog im streitgegenständlichen Jahr ausschließlich Krankengeld (Rehabilitationsgeld) von der WGKK.

Nachstehende Lohnzetteln wurden von der Wiener Gebietskrankenkasse an das zuständige Finanzamt übermittelt:


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Bezugsauszahlende Stelle
Bezugszeitraum
Betrag in Euro
WGKK
-
49,85
WGKK
-
697,92
WGKK
-
8.944,59
WGKK
-
4.860,51
WGKK
-
697,92
WGKK
-
697,92
WGKK
-
697,92
WGKK
-
697,92
WGKK
-
697,92

In der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung machte die Bf. keine Frei- oder Absetzbeträge geltend.

Mit Bescheid vom wurde das Einkommen mit € 17.850,47 festgesetzt und dies ergab eine Nachforderung in Höhe von € 2.299,00.

Mit Eingabe vom (persönlich überreicht am ) erhob die Bf. Beschwerde (von der Bf. als Einspruch bezeichnet) gegen den oa Bescheid. Begründend führte die Bf. aus, dass ihr aufgrund ihrer Klage (2014) vom Arbeits- und Sozialgericht im Juni 2015 rückwirkend bis Rehabilitationsgeld zugesprochen worden sei. Somit würde sich das Geld für 2014 und 2015 aufteilen – wie bei Sachverhaltsdarstellung ausgeführt (Kopie wieder anbei, sowie Kopien-Einbehalt WGKK, Bankauszug vom –Einbehalt AMS, MA 40 Rückzahlung Mindestsicherung).

Schreiben WGKK-Rehageld ab - über Aufstellung (Kopie )


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Taggeld für
2014
€ 28,59 TG
 
2015
€ 29,08 TG
 
2016
€ 29,43 TG

Da natürlich Alles zurückbezahlt werden muss, was sie an „Übergangsgeld“-für die Zeit vom – Juli 2015-erhalten habe, würden lt. Aufstellung € 1.244,82 bleiben, womit soll da Steuer bezahlt werden-siehe Taggeld!

Es sei sicher bekannt, dass Rehabilitationsgeld nicht mehr in großen Summen ausbezahlt wird. Einmalig für 2014 und 2015!

Weiters erhalte sie ab die Berufsunfähigkeitspension (siehe Kopie – PVA vom ) und ersuche um nochmalige Überprüfung.

Der Beschwerde legte die Bf. nachstehende Sachverhaltsdarstellung vom Oktober 2016 bei:


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Rehageld
 
 
-
€ 5.517,87
 
Einbehalt s. Kopie WGKK
-€ 5.491,00
Auszahlung € 26,87
-
€ 4.917,48
 
-
€ 5.670,60
 
 
€ 10.588,08
 
Einbehalt AMS lt. Bankauszug
€ 2.777,80
Auszahlung € 7.810,28
Rückzahlung Mindestsicherung an MA 40 für die Zeit
s. Kopie Bescheid MA 40 v.
€ 6.592,33
  • € 6.592,33
 
Ergibt Nettobetrag
  • € 1.244,82

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen den oa Bescheid als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass gemäß § 69 Abs. 2 EStG 1988 bei der Auszahlung von Bezügen aus einer gesetzlichen Kranken- oder Unfallversorgung sowie aus einer Kranken- oder Unfallversorgung der Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit.c und e und bei Auszahlung von Rehabilitationsgeld gemäß § 143 a ASVG 36,5 % Lohnsteuer einzubehalten seien, soweit diese Bezüge 30 Euro täglich übersteigen.

Laut den vorgelegten Unterlagen bezog die Bf. Rehabilitationsgeld in Höhe von täglich € 29,08 bzw. € 28,59. Somit sei im Zuge der Auszahlung des Rehabilitationsgeldes keine Lohnsteuer einbehalten worden.

Die Lohnsteuer nach § 69 Abs. 2 EStG 1988 sei ihrem Wesen nach als vorläufige Lohnsteuer und damit als eine Lohnsteuervorauszahlung anzusehen. Im Wege der Veranlagung (§ 41 Abs. 1 Z 3 EStG 1988) werden die erhaltenen Gelder der vollen Tarifbesteuerung unterworfen. Diese Regelung komme im Falle der Bf. zur Anwendung und die im Zuge der Veranlagung errechnete Steuer sei zur Gänze zu bezahlen.

Die Rückzahlung der Mindestsicherung stelle weder Werbungskosten noch Sonderausgaben noch ähnliches dar. Die Mindestsicherung werde steuerfrei ausbezahlt und habe somit keinerlei Einfluss bei der Berechnung der Lohnsteuer. Die Beschwerde sei daher abzuweisen.

Mit Eingabe vom stellte die Bf. einen Antrag auf „Beschwerdevorlage in die 2. Instanz“ (wohl gemeint: Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht). Begründend wurde ausgeführt:

„Die Anfechtungspunkte sind:

Das Arbeits- und Sozialgericht hat das Rehageld für 2014 und 2015 im Nachhinein bewilligt, somit wurde die Auszahlung für 2014 und 2015 vorgenommen. Das bis dahin bezogene Kranken- bzw AMS-Geld und Aufstockung auf Mindestsicherung musste 2015 zurückbezahlt werden. Daher wurde die Gesamtsumme auch nicht ausbezahlt, bzw. nur Teilbeträge. Somit ist die Begründung meiner Beschwerde, dass die Auszahlung für 1 ½ Jahre erfolgte und mein Verständnis für Gerechtigkeit dahin geht, dass nur Beträge versteuert werden die überbleiben (Sachverhaltsdarstellung liegt bei Ihnen vor).

Weiters beziehe ich seit November 2016 Berufsunfähigkeitspension mit Ausgleichszulage- (Kopie anbei). Ich ersuche um sofortige Aussetzung der Einhebung. Ersuche um Prüfung der Möglichkeiten“

Mit Vorhalt vom wurde der Bf. nachstehende Stellungnahme des Finanzamtes zum Vorlageantrag übermittelt:

„- Betreffend Kostenersatz für Leistungen der Mindestsicherung: Diese Leistung ist einkommensteuerfrei, weshalb die Finanzverwaltung weder über die Auszahlung noch über einen allfälligen Kostenersatz eine Mitteilung erhält, da weder Aus- noch Rückzahlung eine Besteuerung bzw. eine Minderung der Besteuerung nach sich ziehen.

- Betreffend Auszahlung von Kranken- bzw. Arbeitslosengeld: Im Kalenderjahr 2014 haben Sie aus der Sicht des Finanzamtes (auf Grund der Meldungen des AMS und der Wiener Gebietskrankenkasse) Geldleistungen der Wiener Gebietskrankenkasse und des AMS erhalten, die alle einkommensteuerfrei waren.

- Betreffend das Kalenderjahr 2015 haben Sie auf Grund der Meldungen der Wiener Gebietskrankenkasse einkommensteuerpflichtiges Krankengeld (wozu auch das Rehabilitationsgeld zählt) bezogen, wobei aus den Meldungen an die Finanzverwaltung zu entnehmen ist, dass bei der Auszahlung des Kranken- bzw. Rehabilitationsgeldes keine Lohnsteuer einbehalten worden ist. Die Einkommensteuerpflicht dieser Bezüge ist der Grund, weshalb der Einkommensteuerbescheid 2015 eine Abgabennachforderung ergeben hat. Hinsichtlich der Details wird auf den Einkommensteuerbescheid 2015 und die dazu ergangene Beschwerdevorentscheidung verwiesen.

- Die im Kalenderjahr 2015 erfolgte rückwirkende Auszahlung des Rehabilitationsgeldes ab , die nach Ihren Angaben u.a. zu einem Kostenersatz der Mindestsicherung und einem Einbehalt durch die Wiener Gebietskrankenkasse geführt haben, ist einkommensteuerlich unbeachtlich, da wie oben ausgeführt, die Leistungen der Mindestsicherung und die Geldleistungen von AMS und Gebietskrankenkasse aus dem Jahr 2014 einkommensteuerfrei waren.

Das Finanzamt kann daher aus Ihrem Schreiben an das Bundesfinanzgericht vom keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Einkommensteuerbescheides 2015 erkennen; Bemessungsgrundlage für das einkommensteuerpflichtige Rehabilitationsgeld ist die betragsmäßige Höhe des Rechtsanspruches, auch wenn ein Teil dieses Anspruches wegen des Vorbezuges einer anderen Geldleistung, die nunmehr wegen der rückwirkenden Anerkennung des Rehabilitationsgeldes nicht zusteht, einbehalten worden ist.

Allfällige Fragen bzw. Unklarheiten in Bezug auf die Einbehaltung oder Rückerstattung der in Ihrem Schreiben angeführten Geldleistungen sind an jene Stellen, die für die Auszahlung oder Einbehaltung dieser Geldleistungen zuständig sind, zu richten. Das Finanzamt verfügt diesbezüglich über keine Unterlagen, weil es für die Klärung der von Ihnen schriftlich gestellten Fragen unzuständig ist.

Da eine Abänderung des angefochtenen Einkommensteuerbescheides aus der Sicht des Finanzamtes nicht zu erwarten ist, wird abschließend auf die Möglichkeit einer Nachsicht der Abgabennachforderung aus dem Einkommensteuerbescheid 2015 hingewiesen. Das setzt aber einen schriftlichen Antrag Ihrerseits voraus, aus dem hervorgehen soll, dass die Entrichtung (Bezahlung) dieser Nachforderung für Sie mit einer finanziellen Härte verbunden ist. Das Finanzamt wartet innerhalb der angeführten Frist eine schriftliche Antwort Ihrerseits ab. Nach Ablauf dieser Frist, wird die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt, wobei das Finanzamt für eine Abweisung der Beschwerde plädieren wird.“

Mit Schreiben vom nahm die Bf. dazu wie folgt Stellung:

„1) In Beantwortung obigen Schreibens, teile ich Ihnen mit, dass es Ihnen sicher bekannt ist, dass die Mindestsicherung zurückzuzahlen ist. Dies mindert den Gesamtbetrag erheblich!

2) Wenn Geldleistungen für 2014 einkommensteuerfrei sind,

3) warum erfolgt die Auszahlung nicht auch für 2015 einkommensteuerfrei?

Es wird nirgends darauf hingewiesen, dass Kranken-/Rehageld mit Steuer ausbezahlt wird!

4) Die rückwirkende Auszahlung des Rehageldes muss auch für 2014 bzw. 2015 differiert werden und die Rückzahlungen und Einbehalte berücksichtigt werden.

Das Geld wurde ja nicht erhalten! Wie soll da Steuer bezahlt werden?

Das ist doch sicher kein Einzelfall, warum wird nicht an einer Lösung gearbeitet.

Ich habe mich mit diversen Fragen an die Krankenkasse (auszahlende Stelle) mehrmalig gewandt, immer dieselbe Antwort- „es ist dem Finanzamt bekannt, dass Geldleistungen rückerstattet werden müssen“.

Diverse Unterlagen habe ich Ihnen mehrmalig übersandt.

Ich ersuche um Nachsicht der Abgabenforderung aus dem Einkommensteuerbescheid 2015, da dies für mich mit größter finanzieller Härte verbunden ist, bzw sogar unmöglich ist, da meine monatliche Berufsunfähigkeitspension inkl. Ausgleichszulage netto € 844,46 beträgt – Kopie anbei. Mit der Bitte um positive Beurteilung.“

Mit Bericht vom legte das Finanzamt die oa Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Im Zuge des Verfahrens vor dem BFG wurde mit Auskunftsersuchen gem. § 143 BAO (datiert vom ) die WGKK um Auskunft ersucht, warum es zu dem Einbehalt (Angabe der gesetzlichen Grundlage) gekommen ist und aus welchem Jahr das einbehaltene Krankengeld resultiert.

Mit Schreiben vom (eingelangt beim BFG am ) wurde eine Aufstellung über die Auszahlung des Rehabilitationsgeldes der Bf. für den Zeitraum bis übermittelt.

Weiters wurde mitgeteilt:

„Die Krankengeldauszahlungen für die Arbeitsunfähigkeiten vom bis und bis wurden aufgrund der Rehabilitationsgeldzuerkennung ab korrigiert.

Mit Bescheid vom wurde ab das Rehabilitationsgeld rückwirkend zuerkannt. Gemäß § 143a Abs. 3 ASVG ruht das Krankengeld vom bis wegen dem Bezug von Rehabilitationsgeld.

Aufgrund des Bezuges von Rehabilitationsgeld musste auch die Arbeitsunfähigkeit vom bis gemäß § 143a Abs. 3 ASVG abgelehnt werden.

Die Aufrechnung der bereits ausbezahlten Krankengelder wurde gemäß § 103 Abs. 1 Z 5 ASVG durchgeführt.“

Mit Beschluss vom wurde die Entscheidung über die Beschwerde der Bf. bis zur Beendigung des beim Verwaltungsgerichtshof zur Zahl Ro 2017/15/0025 anhängigen Verfahrens ausgesetzt, da die Rechtsfrage, in welchem Zeitraum die Besteuerung der Nachzahlung von Rehabilitationsgeld zu erfolgen hat, in diesem Verfahren strittig ist. Der Ausgang dieses Verfahrens ist daher wesentlich bedeutend für die Entscheidung in der gegenständlichen Beschwerdesache, weshalb die Entscheidung auszusetzen prozessökonomisch zweckmäßig ist.

Mit Erkenntnis vom , Ro 2017/15/0025 hat der VwGH im Wesentlichen ausgesprochen, dass bei Zuerkennung von Rehabilitationsgeld auch für Vorjahre  keine Verteilung des Zuflusses auf die Jahre, für welche der Anspruch besteht, stattfindet. Der VwGH wies aber auch darauf hin, dass die Leistung des Arbeitsmarktservice gemäß § 23 Abs. 1 AlVG 1977 als steuerpflichtiger Vorschuss auf die beantragte Leistung zu beurteilen ist. Die Rückzahlung (im Wege der Legalzession nach § 23 Abs. 6 AlVG 1977) ist gemäß § 16 Abs. 2 EStG 1988 zu berücksichtigen.

Das beim BFG anhängige Verfahren wird daher von Amtswegen fortgesetzt.

Über die Beschwerde hat das BFG erwogen:

Das BFG geht aufgrund der elektronisch übermittelten Akten von nachstehendem Sachverhalt aus:

Die Bf. bezog im Jahr 2015 laut den von der WGKK übermittelten Lohnzetteln € 18.042,47 an Kranken- bzw. Rehabilitationsgeld. Darin enthalten auch das für das Jahr 2014 nachträglich gewährte Rehabilitationsgeld in Höhe von € 5.517,87 (für den Zeitraum -) sowie € 4.917,48 (für den Zeitraum -). Die Wiener Gebietskrankenkasse hat davon keine Lohnsteuer einbehalten.

Laut einem Schreiben der WGKK vom wurden davon € 5.491,00 an Krankengeld wieder einbehalten. Zudem wurden laut einem von der Bf. vorgelegten Kontoauszug vom vom AMS € 2.777,80 einbehalten.

Strittig ist die einkommensteuerliche Behandlung der Rückzahlungen von Kranken- bzw. Rehageld sowie Arbeitslosengeld im Jahr 2015.

Auf den gegenständlichen Fall sind nachstehende gesetzlichen Grundlagen anzuwenden:

 Rechtslage - Sozialwesen

 Der erste und der sechste Absatz des mit der Überschrift“ Bevorschussung von Leistungen aus der Pensionsversicherung“ § 23 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977; BGBl. Nr. 609/1977 in der ab bis geltenden Fassung BGBl. I Nr. 68/2014 (AlVG 1977) lauten (Fettdruck durch das erkennende Gericht):

§ 23. (1) Arbeitslosen, die die Zuerkennung

            1.         einer Leistung aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit oder der Erwerbsunfähigkeit oder eines Übergangsgeldes aus der gesetzlichen Pensions-oder Unfallversicherung oder

            2.         einer Leistung aus einem der Versicherungsfälle des Alters aus der Pensionsversicherung nach dem Allgemeinen Pensionsgesetz, dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz, dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz, dem Bauern-Sozialversicherungsgesetz oder eines Sonderruhegeldes nach dem Nachtschwerarbeitsgesetz

beantragt haben, kann bis zur Entscheidung über ihren Antrag auf diese Leistungen als Vorschuss auf die Leistung Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe gewährt werden.

 (6) Hat eine regionale Geschäftsstelle einen Vorschuss nach Abs. 1 oder Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe oder eine sonstige Leistung nach diesem Bundesgesetz gewährt, so geht ein Anspruch des Arbeitslosen auf eine Leistung gemäß Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1 Z 2 oder auf Rehabilitationsgeld für denselben Zeitraum auf den Bund zugunsten der Gebarung Arbeitsmarktpolitik in der Höhe der von der regionalen Geschäftsstelle gewährten Leistung, mit Ausnahme der Krankenversicherungsbeiträge, über, sobald die regionale Geschäftsstelle beim Träger der Sozialversicherung den Übergang des Anspruches geltend macht (Legalzession).Der Übergang des Anspruches wird nur bis zur Höhe der nachzuzahlenden Beträge wirksam und ist vorrangig zu befriedigen.

Gemäß § 143a Abs. 1  ASVG, BGBl. Nr. 189/1955, idF BGBl. I Nr. 2/2015 haben Personen, für die auf Antrag bescheidmäßig festgestellt wurde, dass die Anspruchsvoraussetzungen nach § 255b (§ 273b, § 280b) erfüllt sind, ab Vorliegen der vorübergehenden Invalidität (Berufsunfähigkeit) für deren Dauer Anspruch auf Rehabilitationsgeld.  Die Feststellung, ob Anspruch auf Rehabilitationsgeld besteht, sowie dessen Entziehung erfolgt durch Bescheid des Pensionsversicherungsträgers.

Rechtslage – Einkommensteuer

Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sind gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. c EStG 1988 Bezüge aus einer gesetzlichen Kranken- oder Unfallversorgung.

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 5 lit. a EStG 1988 sind das versicherungsmäßige Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe oder an deren Stelle tretende Ersatzleistungen von der Einkommensteuer befreit.

Nach § 16 Abs. 2 EStG 1988 zählt zu den Werbungskosten auch die Erstattung (Rückzahlung) von Einnahmen, sofern weder der Zeitpunkt des Zufließens der Einnahmen noch der Zeitpunkt der Erstattung willkürlich festgesetzt wurde. Steht ein Arbeitnehmer in einem aufrechten Dienstverhältnis zu jenem Arbeitgeber, dem er Arbeitslohn zu erstatten (rückzuzahlen) hat, so hat der Arbeitgeber die Erstattung (Rückzahlung) beim laufenden Arbeitslohn als Werbungskosten zu berücksichtigen.
Gemäß § 16 Abs. 3 TS 5 EStG 1988 sind Werbungskosten nach Abs. 2 auf den Pauschbetrag für Werbungskosten von 132,00 € nicht anzurechnen.

Gemäß § 33 Abs. 5 EStG 1988 stehen der Arbeitnehmer-  und Verkehrsabsetzbetrag nur bei einem bestehenden Dienstverhältnis zu.

Gemäß § 124b Z 292 lit. b  EStG 1988 sind für das Kalenderjahr 2015  20% der Sozialversicherungsbeiträge (§ 16 Abs. 1 Z 3 lit. a (ausgenommen Betriebsratsumlagen) und Z 4 und 5 EStG 1988), höchstens aber 220,00 € rückzuerstatten (SV-Rückerstattung), wenn sich bei Steuerpflichtigen mit Anspruch auf den  Arbeitnehmerabsetzbetrag keine Einkommensteuer ergibt. 

Gemäß § 41 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 ist der Steuerpflichtige bei lohnsteuerpflichtigen Einkünften zu veranlagen, wenn ihm im Kalenderjahr lohnsteuerpflichtige Bezüge gemäß § 69 Abs. 2, 3, 5, 6, 7,8 oder 9 zugeflossen sind.

Im  zweiten Absatz des dem mit der Überschrift  „Lohnsteuerabzug in besonderen Fällen“ versehenen § 69 EStG 1988 in der für die Veranlagungsjahre 2014 und 2015 geltenden Fassung BGBl. I Nr. 104/2014   ist Folgendes (Fettdruck durch das erkennende Gericht) geregelt:

(2) Bei Auszahlung von Bezügen aus einer gesetzlichen Kranken- oder Unfallversorgung sowie aus einer Kranken- oder Unfallversorgung der Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lt. C und bei Auszahlung von Rehabilitationsgeld gemäß § 143a ASVG sind 36,5% Lohnsteuer einzubehalten, soweit diese Bezüge 30 Euro täglich übersteigen. Wird ein 13. bzw. 14. Bezug zusätzlich ausbezahlt, hat ein vorläufiger Lohnsteuerabzug von diesen Bezügen zu unterbleiben. Zur Berücksichtigung dieser Bezüge im Veranlagungsverfahren haben die Versicherungsträger bis zum 31. Jänner des folgenden Kalenderjahres einen Lohnzettel (§ 84) auszustellen und an das Finanzamt der Betriebsstätte zu übermitteln. In diesem Lohnzettel ist ein Siebtel gesondert als sonstiger Bezug gemäß § 67 Abs. 1 auszuweisen.

Im ersten Absatz des mit der Überschrift „Zeitliche Zuordnung von Einnahmen und Ausgaben“ versehenen § 19 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 112/2011 ist Folgendes geregelt:

§ 19 (1) Einnahmen sind in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Abweichend davon gilt:

1. Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr bezogen.

2. In dem Kalenderjahr, für das der Anspruch besteht bzw. für das sie getätigt werden, gelten als abgeflossen:

– Nachzahlungen im Insolvenzverfahren sowie

-Förderungen und Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln im Sinne des § 3 Abs. 4, mit Ausnahme der in § 3 Abs. 2 genannten Bezüge.

3. Bezüge gemäß § 79 Abs. 2 gelten als im Vorjahr zugeflossen. Die Lohnsteuer ist im Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung einzubehalten. Für das abgelaufene Kalenderjahr ist ein Lohnzettel gemäß § 84 an das Finanzamt zu übermitteln.

Erwägungen

Mit dem bereits oben erwähnten Erkenntnis , hat der Verwaltungsgerichthof nachstehende Entscheidung getroffen:

„Gemäß § 19 Abs. 1 EStG 1988 sind Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind.

Abweichend davon gelten Nachzahlungen von Pensionen, über deren Bezug mit Bescheid abgesprochen wird, in dem Jahr als zugeflossen, für das der Anspruch besteht. Diese Sonderregelung wurde mit dem Budgetbegleitgesetz 2001, BGBl. I Nr. 142/2000, (erstmals) in § 19 Abs. 1 EStG 1988 eingefügt.

Mit dem Budgetbegleitgesetz 2012, BGBl. I Nr. 112/2011, erfolgte jedoch eine erneute Änderung dahingehend, dass die Sonderbestimmung des § 19 Abs. 1 (nunmehr untergliedert in) Z 2 EStG 1988 wiederum auf die Nachzahlung von Pensionen eingeschränkt wurde, über deren Bezug bescheidmäßig abgesprochen wird. Zufolge § 124b Z 204 EStG 1988 ist die Bestimmung bereits ab der Veranlagung für das Kalenderjahr 2011 anzuwenden.

Somit gelten nach der im Revisionsfall anzuwendenden Fassung des § 19 Abs. 1 EStG 1988 weiterhin nur mit Bescheid zuerkannte Nachzahlungen von Pensionen in dem Kalenderjahr als zugeflossen, für das der Anspruch besteht.

Im Zuge der Abschaffung der befristeten Zuerkennung der Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit wurden mit dem Sozialrechts- Änderungsgesetz 2012, BGBI Nr. 3/2013, für Versicherte, die am das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, ein Rechtsanspruch auf medizinische Rehabilitation bei vorübergehender Invalidität/Berufsunfähigkeit sowie die neuen Leistungen des Rehabilitations- und des Umschulungsgeldes eingeführt. Im Vergleich zur bis dahin geltenden Rechtslage ist nunmehr für jüngere Versicherte eine differenzierte Behandlung von Fällen geminderter Arbeitsfähigkeit vorgesehen, je nachdem, ob diese geminderte Arbeitsfähigkeit dauerhaft oder nur vorübergehend vorliegt. Versicherte, deren Arbeitsfähigkeit nicht dauerhaft gemindert ist, erhalten keine Pensionsleistung mehr, sondern berufliche und/oder medizinische Maßnahmen der Rehabilitation einschließlich Geldleistungen (vgl. RV 2000 BlgNR 24. GP 2, 24; Födermayr in SV-Komm § 143a, Rz 1).

Der Anspruch auf Rehabilitaionsgeld gemäß § 143a ASVG wurde systematisch derKrankenversicherung zugeordnet und zwar als Leistung „aus dem Versicherungsfall der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit oder der geminderten Arbeitsfähigkeit   (§ 117 Z 3 ASVG).

Das Rehabilitationsgeld ist der anspruchsberechtigten Person zu entziehen, wenn sie sich nach Hinweis auf diese Rechtsfolge weigert, an den ihr zumutbaren medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation mitzuwirken (§  99 Abs. la ASVG idF BGBl. I Nr. 2/2015).Nach § 8 Abs. 1 Z 2 lit. C ASVG in der ab 2014 geltenden Fassung besteht für Bezieher von Rehabilitationsgeld im Sinne des § 143a ASVG eine Teilversicherung in der Pensionsversicherung.

Der Steuergesetzgeber hat das Rehabilitationsgeld mit der Begründung, dass das anstelle einer befristeten Invaliditätspension oder Berufsunfähigkeitspension getretene Rehabilitationsgeld durch den Krankenversicherungsträger geleistet wird und es zudem funktional als eine Fortsetzung des Krankengeldbezuges anzusehen ist, in § 69 Abs. 2 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 13/2014 dem Krankengeld gleichgestellt (vgl. AA 14 XXV. GP- Abänderungsantrag).

Solcherart ist das Rehabilitationsgeld iSd § 143a ASVG dem § 25 Abs.1 Z 1 lit. c EStG1988und nicht dem § 25 Abs.1 Z 3 lit. a EStG 1988zu subsumieren.

Dass das Rehabilitationsgeld vom Pensionsversicherungsträger zuerkannt und finanziert wird, kann für die steuerliche Beurteilung des Rehabilitationsgeldes als „Pension“ entgegen der Ansicht des Bundesfinanzgerichtes schon deshalb nicht maßgebend sein, weil der Leistungskatalog der Pensionsversicherung nach §  222 Abs. 1 und 3 ASVG nicht nur die Gewährung von Pensionen umfasst, sondern auch Maßnahmen der Gesundheitsvorsorge und der Rehabilitation.

Bemerkt wird, dass das eigentliche Beschwerdebegehren (laut Vorlageantrag) offenbar auf die Berücksichtigung der einbehaltenen „AMS-Gelder“ als Werbungskosten gemäß § 16 Abs. 2 EStG 1988 gerichtet war. Nach § 23 Abs. 8 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 idF BGBl. I Nr. 68/2014, AlVG 1977, gilt der Vorschuss für den Fall, dass Rehabilitationsgeld nicht zuerkannt wird, als Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe. Wird hingegen -  wie im gegenständlichen Fall („Revisionsfall“)  Rehabilitationsgeld zuerkannt, ist die Leistung des Arbeitsmarktservice gemäß § 23 Abs. 1 AlVG 1977 als steuerpflichtiger Vorschuss auf die beantragte Leistung zu beurteilen. Dessen Rückzahlung (im Wege der Legalzession nach § 23 Abs. 6 AlVG 1977) ist gemäß § 16 Abs. 2 EStG 1988 zu berücksichtigen.“

Auf den gegenständlichen Fall angewendet bedeutet dies:

Laut dem von der Bf. vorgelegten Kontoauszug wurden im Jahr 2015 € 2.777,80 an AMS Gelder einbehalten. In Anwendung des oa VwGH Erkenntnisses kommt das BFG daher zur Ansicht, dass dessen Rückzahlung als steuerpflichtiger Vorschuss zu beurteilen und gem. § 16 Abs. 2 EStG 1988 zu berücksichtigen ist.

Ebenso ist die Rückzahlung von Krankengeld, welches steuerpflichtig ist, gem. § 16 Abs. 2 EStG zu berücksichtigen.

Nicht zu berücksichtigen ist jedoch die Rückzahlung der Mindestsicherung, weil diese gem. § 3 Abs. 1 Z 3 lit a EStG 1988 bei der Auszahlung steuerfrei ist und in weiterer Folge gem. § 20 Abs. 2 EStG 1988 die Rückzahlung vom Werbungskostenabzug ausgeschlossen ist (vgl. Jakom, § 16 Rz 54).

Das im Jahr 2015 rückwirkend für 2014 ausbezahlte Rehageld ist im Jahr 2015 zugeflossen (gem. § 19 EStG 1988) – wie auch auf den von der WGKK übermittelten Lohnzetteln ersichtlich – und ist somit im Jahr des Zuflusses zu versteuern.

Aus dem VwGH-Erkenntnis Ro2017/15/0025 ergibt sich, dass das Rehageld nicht als Pensionsleistung einzustufen ist, sodass eine Aufteilung auf die Jahre für die der Anspruch besteht, nicht möglich ist.

Verkehrsabsetzbetrag und Arbeitnehmerabsetzbetrag:

Anzumerken ist, dass sich der Verkehrsabsetzbetrag und der Arbeitnehmerabsetzbetrag unmittelbar auf die Höhe der zu ermittelnden Steuer auswirken. Sie haben eine progressionsunabhängige Steuerentlastung zur Folge, die bei jedem Steuerpflichtigen gleich viel „wert“ ist.

Der Verkehrs- und der Arbeitnehmerabsetzbetrag sind gemäß § 33 Abs. 2 EStG nicht abzuziehen, wenn sie die Steuer übersteigen, die auf die zum laufenden Tarif zu versteuernden nichtselbständigen Einkünften entfällt. Wenn wie im vorliegenden Fall keine Steuer anfällt, wirken sich diese daher auch nicht aus (s. Jakom EStG 2015, § 33 , Tz 71).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Aufgrund der bereits geklärten Rechtsfrage durch das VwGH Erkenntnis vom , Ro 2017/15/0025, ist keine ordentliche Revision zulässig.

 

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
VwGH, Ro 2017/15/0025
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7105309.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at