Haftung für Wasser- und Abwassergebühren auch bei Erwerb im Insolvenzverfahren
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache X, y, vertreten durch Dr. Christoph Naske, Wipplingerstr. 21, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde, Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 31 Wiener Wasser, vom , MA 31-r betreffend Haftung für Wasser- und Abwassergebühren für den Zeitraum bis XX. Jänner 2008 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt aufrecht.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
X (Beschwerdeführer, i.d.F. Bf.) erwarb mit Kaufvertrag vom Anteile an der v.
Als Verkäufer der Liegenschaft wird L, vertreten durch den Masseverwalter im Konkurs s, BG Hernals, Rechtsanwalt D, D1 ausgewiesen.
Mit Schreiben des Magistrats der Stadt Wien, MA 31 Wiener Wasser vom wurde dem Bf. mitgeteilt, dass er den in Wien v1 befindlichen Hauswasserabschluss samt Wasserzähler mit als neuer Wasserabnehmer übernommen habe. Am Verrechnungskonto der für die Verbuchung der Zahlungen zuständigen MA 6 werde für den Zeitraum von bis XX. Jänner 2008 ein Rückstand für Wasser- und Abwassergebühren (i.H.v. € 1.677,25) sowie Nebengebühren (i.H.v. € 39,39), somit gesamt € 1.716,54 ausgewiesen.
Gemäß § 7 Abs. 1 i.V.m. § 25 Abs. 1 Wasserversorgungsgesetz (WVG) hafte der neue Abnehmer für den Früheren für alle Rückstände an Gebühren, Kosten und Zuschlägen, die für die Zeit seit dem Beginn des letzten vor dem Wechsel liegenden Kalenderjahres aufgelaufen seien und die Abnahmestelle betreffe, auf die sich der Wechsel beziehe.
Gemäß § 23 Abs. 2 Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz (KKG) hafte bei einem Wechsel der Person des Gebührenschuldners bzw. der Gebührenschuldnerin der neue Gebührenschuldner bzw. die neue Gebührenschuldnerin für alle rückständigen (Abwasser)Gebührenbeträge samt Nebengebühren, die seit Beginn des dem Wechsel des Gebührenschuldners bzw. der Gebührenschuldnerin vorangegangenen Kalenderjahres fällig geworden seien.
Der Bf. entgegnete mit mail vom , dass er die Liegenschaft von einem Masseverwalter erworben habe und in dem Kaufvertrag vereinbart worden sei, dass dieser bis zum Übergabestichtag () sämtliche Forderungen übernehme. Die Forderung sei zudem als verjährt (8 Jahre) anzusehen.
Mit Haftungsbescheid des Magistrats der Stadt Wien, MA 31 – Wiener Wasser MA 31 – r vom wurde der Bf. zur Haftung hinsichtlich des auf dem Konto r1 für den Zeitraum bis XX. Jänner 2008 bestehenden Rückstands an Wasser- und Abwassergebühren von L i.H.v. gesamt € 1.716,54 herangezogen.
Neben den, bereits in dem Schreiben vom angeführten gesetzlichen Grundlagen wurde dem Bf. mitgeteilt, dass die Einbringung der angeführten Abgabenschuldigkeiten an Wasser und Abwassergebühren, die aus 2 dem Haftungsbescheid in Kopie beigelegten Gebührenbescheiden vom bzw. resultieren, beim bisherigen Wasserabnehmer nicht ohne Schwierigkeiten möglich sei, nachdem über dessen Vermögen beim Bezirksgericht Hernals, Az. s ein Schuldenregulierungsverfahren abgeschlossen worden sei.
Die bezahlte Quote sei bei der Berechnung des Rückstands bereits berücksichtigt worden.
Zu dem mit mail vorgebrachten Einwendungen, wonach der Masseverwalter gemäß Kaufvertrag mit Stichtag sämtliche Forderungen zu übernehmen habe und dieser sämtliche Masseforderungen (vom XX. Jänner 2008-) bezahlt habe wurde mitgeteilt, dass privatrechtlich getroffene Vereinbarungen über Zahlungsmodalitäten gegenständlich ohne Belang und mit dem Masseverwalter allenfalls im Zivilrechtsweg zu klären seien.
Zur behaupteten Verjährung wurde dargestellt, dass gemäß § 238 Abs. 1 BAO das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben oder zwangsweise einzubringen binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres verjähre, in welchem die Abgabe fällig geworden sei. Gemäß Abs. 2 leg. cit. werde die Verjährung durch jede nach außen gerichtete und erkennbare Amtshandlung, wie u.a. Mahnungen oder Vollstreckungsmaßnahmen unterbrochen. Die Verjährungsfrist beginne mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten sei wieder zu laufen.
Nach § 9 Insolvenzordnung werde durch die Anmeldung im Insolvenzverfahren die Verjährung der angemeldeten Forderung unterbrochen. Die Verjährung der Forderung gegen den Schuldner beginne mit Ablauf des Tages, an dem der Beschluss über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens rechtskräftig geworden sei, wieder zu laufen.
Die Forderung des bescheidgegenständlichen Rückstands zum Insolvenzverfahren sei mit Rückstandsausweis vom TT.MM.2008 angemeldet worden. Der Zahlungsplan sei mit Beschluss des BG Hernals vom TT.MM.2008 rechtskräftig bestätigt und das Schuldenregulierungsverfahren aufgehoben worden.
Die Magistratsabteilung 6 – Buchhaltungsabteilung 34 habe in weiterer Folge laufend jährliche Erinnerungsschreiben (, , , , , ,, und ) an den Primärschuldner L betreffend der Quotenzahlungen übersendet. Angesichts dieser Unterbrechungsmaßnahmen sei noch keine Verjährung eingetreten.
Der Bf. erhob daraufhin mit Schreiben vom (eingelangt am ) Beschwerde, worin die in der e-mail vom angeführten Gründe wiederholt und zudem erklärt wurde, dass der Erwerb einer Liegenschaft aus dem Insolvenzverfahren immer lastenfrei erfolge. Die nunmehrige Heranziehung zur Haftung widerspreche insolvenzrechtlichen Grundsätzen.
Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom , MA 31 r2 als unbegründet abgewiesen.
Nach Darstellung der gesetzlichen Bestimmungen des § 25 Abs. 1 WVG bzw. § 23 Abs. 2 KKG wurde ausgeführt, dass die Höhe und Zusammensetzung des rückständigen Abgabenanspruchs vom Bf. ebensowenig bestritten werde wie der Umstand, dass die Einbringlichkeit der Gebühren beim Primärschuldner nicht ohne Schwierigkeit möglich sei. Der Bf. habe den gegenständichen Wasseranschluss samt Wasserzähler in Wien v1 mit als neuer Wasserabnehmer übernommen und sei damit ab diesem Zeitpunkt neuer Wasserabnehmer gemäß § 7 Abs. 1 lit a WVG und damit Gebührenschuldner der auf der Liegenschaft anfallenden Wasser- und Abwassergebühren. Die Haftung umfasse auch die Nebengebühren, was sich neben den vorangeführten Bestimmungen auch aus § 7 Abs. 2 BAO ergebe, wonach sich persönliche Haftungen auch auf die Nebenansprüche und damit auf die in den §§ 3 und 3a BAO angeführten Nebengebühren erstrecken würden.
Zu den Einwendungen wurde dargelegt, dass § 25 Abs. 1 WVG und § 23 Abs. 2 KKG nicht notwendigerweise mit dem Übergang einer Vermögensmasse verbunden seien, sondern lediglich an das Tatbestandsmerkmal ‚Wechsel in der Person des Wasserabnehmers bzw. der Wasserabnehmerin‘ bzw. ‚Wechsel in der Person des Gebührenschuldners bzw. der Gebührenschuldnerin‘ anknüpfe, ohne dass die Änderung auf ein Rechtsgeschäft zurückzuführen sei. Damit werde die Haftung für bestimmte Formen der Eigentumsübertragung wie etwa beim Erwerb aus einer Konkursmasse oder im Zuge einer Zwangsvollstreckung nicht ausgeschlossen und die Geltendmachung der Haftung durch andere Rechtsvorschriften betreffend diese Formen des Eigentumsüberganges (z.B. Exekutionsordnung) nicht berührt. Auf die Judikatur des G 94, 95/88-6 wurde verwiesen.
Zur Verjährung wurde wiederholt dargestellt, dass die Behörde mehrfach Unterbrechungshandlungen i.S.d. § 238 Abs. 2 BAO gegenüber dem Primärschuldner gesetzt habe.
Der Bf. übersehe, dass gemäß Rechtsprechung des VwGH (Erkenntnis d. verstärkten Senats vom , Zlen. 91/13/0037, VwSlg 7.038F) Unterbrechungshandlungen i.S.d. § 238 Abs. 2 BAO anspruchsbezogen seien und damit nicht nur gegenüber dem Primärschuldner sondern auch gegenüber allfälligen Haftungspflichtigen Wirkung entfalten würden (Ritz, BAO3 § 238 Tz. 18, ). Da der Lauf der Verjährungsfrist von 5 Jahren somit erst mit Rechtskraft des Beschlusses des BG Hernals über die Aufhebung des Schuldenregulierungsverfahrens über das Vermögen des Primärschuldners im Jahr 2010 neuerlich zu laufen begonnen habe, sei der Haftungsbescheid vom noch innerhalb der Verjährungsfrist erlassen worden (auf die Erkenntnisse des bzw. , 2009/16/0084 wurde verwiesen).
Schließlich wurde die von der Behörde getroffene Ermessensentscheidung, den Bf. zur Haftung heranzuziehen, näher begründet. Diese seien nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit zu treffen. Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Haftungspflichtigen sei, dass die Abgabenschulden beim Primärschuldner nicht hereingebracht werden könnten (vgl. ).
Gegenständlich sei ein Schuldenregulierungsverfahren über das Vermögen des Primärschuldners L abgeschlossen worden. Von der 50%igen Quote seien von diesem trotz laufender Erinnerungsschreiben die Quotenzahlungen nicht vollständig geleistet worden, sodass von einer raschen Einbringlichkeit der ausstehenden Quote i.H.v. € 275,91 nicht gesprochen werden könne.
Verwiesen wurde zudem auf die Judikatur des VfGH, wonach das öffentliche Interesse an der Sicherung der Einbringlichkeit von Wassergebühren in jeder Beziehung eine sachliche Rechtfertigung für die Begründung der persönlichen Haftung biete (u.a. , B 221/72). Dies auch deshalb, da der nachfolgende Wasserabnehmer die Möglichkeit habe, seine Haftung auslösenden Gebührenrückstände durch Anfrage an die Abgabenbehörde festzustellen und anlässlich der Begründung der Rechtsbeziehung diese wirtschaftlich zu berücksichtigen. Der Bf. habe in Hinblick auf das damals noch anhängige Insolvenzverfahren damit rechnen müssen, dass Abgabenrückstände bestehen. Eine diesbezügliche Informationspflicht bestehe nicht.
Mit Eingabe vom stellte der Bf. einen Vorlage- und mit weiterer Eingabe vom einen Fristsetzungsantrag an das BFG.
In der mündlichen Verhandlung wiederholte der steuerliche Vertreter, dass es sich bei den gegenständlichen Haftungsbeträgen um Insolvenzforderungen handle und Wirtschaftsgüter im Insolvenzverfahren immer lastenfrei erworben werden. Im Übrigen wurde auf die Ausführungen der Beschwerdeschrift verwiesen.
Die Behördenvertreterin verwies ihrerseits auf die in der Beschwerdevorentscheidung angeführte Entscheidung des VfGH, nach der die Übertragung einer Liegenschaft im Insolvenzweg eine Haftung nach § 25 WVG bzw. § 23 KKG nicht ausschließe.
über die Beschwerde wurde erwogen:
§ 7 (1) WVG lautet:
Wasserabnehmer bzw. Wasserabnehmerin im Sinne dieses Gesetzes ist jeder bzw. jede, der oder die über eine selbstständige Anschlussleitung Wasser aus der städtischen Wasserleitung entnimmt, und zwar
a) der Hauseigentümer bzw. die Hauseigentümerin für die über den Wasserzähler seines bzw. ihres Hauses bezogene Wassermenge,
b) der Bauherr bzw. die Bauherrin für Bauzwecke,
c) der bzw. die Nutzungsberechtigte von unbebauten Grundstücken,
d) der Betriebsinhaber bzw. die Betriebsinhaberin,
e) der sonstige Wasserbezieher bzw. die sonstige Wasserbezieherin.
§ 25. (1) WVG LGBl. Nr. 10/1960 lautet:
Bei jedem Wechsel in der Person des Wasserabnehmers bzw. der Wasserabnehmerin gemäß § 7 Abs. 1 haftet der neue Abnehmer bzw. die neue Abnehmerin neben dem bzw. der früheren für alle Rückstände an Gebühren, Kosten und Zuschlägen, die für die Zeit seit dem Beginn des letzten vor dem Wechsel liegenden Kalenderjahres aufgelaufen sind und die Abnahmestelle betreffen, auf die sich der Wechsel bezieht.
§ 23 KKG lautet:
(1) Der Schuldner bzw. die Schuldnerin der Grundsteuer von dem Grundbesitz, von dem Abwässer in den öffentlichen Kanal abgeleitet werden (§ 11 Abs. 1) haftet neben dem Gebührenschuldner bzw. neben der Gebührenschuldnerin für alle dafür festgesetzten Gebühren und Nebengebühren. Unterliegt der Grundbesitz nicht der Grundsteuer, so ist der bzw. die Haftpflichtige durch sinngemäße Anwendung des § 9 Grundsteuergesetz 1955 zu bestimmen.
(2) Bei einem Wechsel in der Person des Gebührenschuldners bzw. der Gebührenschuldnerin haftet auch der neue Gebührenschuldner bzw. die neue Gebührenschuldnerin für alle rückständigen Gebührenbeträge samt Nebengebühren, die seit dem Beginn des dem Wechsel in der Person vorangegangenen Kalenderjahres fällig geworden sind.
Der Bf. moniert, dass der Erwerb einer Liegenschaft aus einem Insolvenzverfahren immer lastenfrei sei und die nunmehrige Heranziehung zu einer Haftung insolvenzrechtlichen Grundsätzen widerspreche. Zudem sei mit dem Masseverwalter von dem die Liegenschaft erworben wurde vereinbart worden, dass dieser bis zum Übergabestichtag, dem sämtliche Forderungen übernehme.
Im Bezug habenden Kaufvertrag vom wurde unter Pkt. 6 vereinbart:
‚6. Stichtag für Übergabe und Übernahme
6.1. Stichtag für die Übergabe bzw. Übernahme des Kaufgegenstandes ist der 12:00 Uhr.
6.2. Damit gehen Gefahr und Zufall und alle mit dem Kaufgegenstand verbundenen Kosten und Lasten und Nutzungen und Begünstigungen auf den Käufer über.‘
Wie die Behörde in diesem Zusammenhang zutreffend festgestellt hat, handelt es sich bei dem Kaufvertrag um eine zivilrechtliche Vereinbarung die der Geltendmachung der Haftung gegenüber dem Bf. als neuen Wasserabnehmer i.S.d. § 7 Abs. 1 WVG nicht entgegensteht. Allfällige sich aus dem Vertrag ergebende Verpflichtungen sind gegebenenfalls im Zivilrechtsweg zu klären.
In seiner Beschwerde vertritt der Bf. auch die Ansicht, dass der Erwerb einer Liegenschaft im Insolvenzverfahren immer lastenfrei erfolgt und seine Heranziehung zur Haftung den insolvenzrechtlichen Grundsätzen widerspricht ohne hierzu nähre Ausführungen zu treffen.
Dass durch die Inanspruchnahme der Haftung gegen insolvenzrechtliche Grundsätze verstoßen worden wäre, trifft indes nicht zu.
Der VfGH hatte in einem vom VwGH angestrengten Normenprüfungsverfahren die Verfassungsmäßigkeit der Haftungsbestimmungen der §§ 25 WVG bzw. 23 KKG zu entscheiden ( , G 94,95 95/88-6).
Ausgangspunkt waren Bedenken des VwGH, der das Gleichheitsgebot dahingehend verletzt sah, dass die zit. Haftungsbestimmungen auch für den Fall des Erwerbes aus der Konkursmasse Anwendung finden würden, was in anderen Bereichen (u.a. § 14 (2) BAO §25 (4) HGB) nicht der Fall sei.
Der VfGH sah eine derartige Verletzung als nicht gegeben an und führte dazu begründend aus, dass sich die sachliche Rechtfertigung zunächst aus dem öffentlichen Interesse an der Sicherung der Einbringlichkeit der Wassergebühren ergibt.
Er erläutert dazu weiters:
‚Der Gesetzgeber ist unter dem Aspekt des Sachlichkeitsgebotes nicht unbedingt gehalten, für den Fall des Erwerbes aus einer Konkursmasse von den - an sich sachliche - Regelungen des § 25 Abs 2 Wr. WasserversorgungsG 1960 und § 23 Abs 2 Wr. KKG 1978 abweichende Vorschriften zu erlassen. Dazu ist der Gesetzgeber insbesondere dann nicht gehalten, wenn der Erwerber im Wege des an die Konkursmasse zu zahlenden Übernahmspreises, der durch die zu übernehmende Haftung geringer sein wird, seine Haftung wirtschaftlich überwälzen kann. Die Möglichkeit, allfällige die Haftung auslösende Gebührenrückstände wirtschaftlich in Anschlag zu bringen, hat im übrigen den Verfassungsgerichtshof im bereits mehrfach erwähnten Erkenntnis VfSlg. 6903/1972 unter anderem bewogen, §25 Abs2 Wr. WasserversorgungsG 1960 als mit dem Sachlichkeitsgebot in Einklang stehend anzusehen.‘
Dazu kommt, dass § 25 Abs. 1 WVG und § 23 Abs. 2 KKG gegenständlich keinen Übergang einer Vermögensmasse voraussetzen, sondern, wie die Behörde richtig dargelegt hat, lediglich an das Tatbestandsmerkmal ‚Wechsel in der Person des Wasserabnehmers bzw. der Wasserabnehmerin‘ bzw. ‚Wechsel in der Person des Gebührenschuldners bzw. der Gebührenschuldnerin‘ anknüpfen.
Daraus folgt, dass die gegenständlichen Haftungsbestimmungen auch im Falle des Erwerbes einer Liegenschaft im Insolvenzverfahren anzuwenden sind.
Gemäß Erkenntnis des muss der zur Haftung Herangezogene ‚nach der hg Rechtsprechung "jedenfalls den gegen ihn geltend gemachten Abgabenanspruch dem Grunde und der Höhe nach bekämpfen können" (vgl Ritz BAO Kommentar5, § 248 BAO Rn 5, mHa und 81/14/0118).‘
Aus dem Erkenntnis des VwGH ergibt sich auch, dass keine Verpflichtung zur zeitnahen Information des Haftungspflichtigen betreffend gegenüber dem Primärschuldner bestehende Rückstände besteht. ‚Hiezu genügt es darauf zu verweisen, dass sich der in § 115 Abs 2 BAO verankerte Grundsatz des Parteiengehörs auf die Möglichkeit zur Geltendmachung der Rechte der Abgabepflichtigen im Abgabeverfahren bezieht, nicht aber darüber hinausgehende Sorgfalts- und Fürsorgepflichten der Abgabeverwaltung den Abgabepflichtigen gegenüber statuiert.‘
In dem gegenständlich bekämpften Haftungsbescheid wurde der Wasser- und Abwassergebührenrückstand klar dargestellt und diesem die gegen den Primärschuldner ergangenen Gebührenbescheide im Anhang beigefügt.
Die Möglichkeit den Haftungsbescheid dem Grund und der Höhe nach zu bekämpfen war für die beschwerdeführenden Partei im vorliegenden Fall somit gegeben.
Der Bf. bringt weiters vor, dass die Forderung der Abgabenbehörde verjährt sei.
Die gegenständlichen Abgaben betreffen die Wasser und Abwassergebühr für den Zeitraum bis XX.1.2008.
Gemäß § 238 Abs. 1 BAO verjährt das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist.
§ 238 Abs. 2 BAO bestimmt:
Die Verjährung fälliger Abgaben wird durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder durch Erlassung eines Haftungsbescheides unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.
§ 9 Abs. 1 Insolvenzordnung lautet:
Durch die Anmeldung im Insolvenzverfahren wird die Verjährung der angemeldeten Forderung unterbrochen. Die Verjährung der Forderung gegen den Schuldner beginnt von neuem mit dem Ablauf des Tages, an dem der Beschluß über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens rechtskräftig geworden ist.
Gemäß Ritz, BAO6 § 238 Rz. 14 ist § 9 Abs. 1 IO als die speziellere Bestimmung gegenüber § 238 BAO (vgl. u.a. ) zur Anwendung zu bringen.
Mit Beschluss des Bezirksgerichts Hernals vom TT.MM.2005 s wurde über L (als gegenständlichem Primärschuldner) das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet. Die Forderungen der Behörde wurden mit Rückstandsausweis vom TT.MM.2008 angemeldet.
Mit Beschluss des Bezirksgerichts Hernals vom TT.MM.2010 wurde das Schuldenregulierungsverfahren über das Vermögen des Primärschuldners aufgehoben und am TT.MM.2010 bekannt gemacht.
Ritz, BAO6 § 238 Rz. 18 erläutert, dass seit der Entscheidung des verstärkten Senats vom , 91/13/0037, 91/13/0038 der VwGH der Ansicht ist, dass Unterbrechungshandlungen anspruchsbezogen wirken, und somit die Verjährung gegenüber jedem unterbrechen, der als Zahlungspflichtiger in Betracht kommt, ohne dass es rechtlich von Bedeutung wäre, gegen wen sich solche Amtshandlungen richten.
Gegenständlich wurde der Primärschuldner L, u.a. mit mehreren Schreiben vom , , , , , , , und ) aufgefordert, die sich aus dem Zahlungsplan des Insolvenzgerichts ergebende Quote, die von ihm noch nicht entrichtet worden war, zur Einzahlung zu bringen.
Derartige Vorhalte an den Primärschuldner stellen Unterbrechungshandlungen i.S.d. § 238 Abs. 2 BAO dar und sind ebenso maßgeblich wie die in § 238 Abs. 1 BAO normierte Verjährungsfrist von 5 Jahren (vgl. ).
Diese Verjährungsfrist verlängert sich um maximal ein Jahr, wenn innerhalb der Verjährungsfrist eine oder mehrere Amtshandlungen stattfinden. Werden solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist bereits verlängert ist (=im Verlängerungsjahr), so verlängert sich überdies die Verjährungsfrist um jeweils ein weiteres Jahr bis maximal zur absoluten Verjährungsfrist.
Die Verjährungsfrist hat aufgrund der nach Außen gerichteten und erkennbaren Amtshandlungen (Schreiben betreffend den Quotenrückstand gegenüber L) demnach bis Ende 2015 verlängert.
Der am ausgefertigte und am durch Hinterlegung (§ 17 ZustG) zugestellte Haftungsbescheid erging somit innerhalb der Verjährungsfrist.
Die gegenständliche Entscheidung stellt eine Ermessensentscheidung i.S.d. § 20 BAO dar, die nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen war. Unter Billigkeit versteht die ständige Rechtsprechung die ‚Angemessenheit in bezug auf berechtigte Interessen der Partei‘, unter Zweckmäßigkeit das öffentliche Interesse, insbesondere an der Einbringung der Abgaben (vgl. Ritz, BAO6, § 20 Rz. 7).
Das die verfahrensgegenständlichen Abgabenrückstände beim Primärschuldner L nicht ohne Schwierigkeiten einbringlich waren zeigt bereits der Umstand, dass über sein Vermögen ein Schuldenregulierungsverfahren (BG Hernals, Az s) abgeschlossen wurde und er die 50%ige Quote gemäß Sanierungsplan trotz Urgenzen nicht vollständig zu begleichen vermochte.
Wie der VfGH bereits mit Entscheidung vom , 6903/1972 festgestellt hat, ergibt sich die sachliche Rechtfertigung der Haftungsbestimmung des WVG aus dem öffentlichen Interesse an der Sicherung und Einbringung der Wassergebühren.
Die Geltendmachung der Haftung erfolgte unter Bedachtnahme auf Zweckmäßigkeitsüberlegungen zu Recht.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Das gegenständliche Erkenntnis erging im Einklang mit der angeführten Judikatur, weshalb eine Revision als nicht zulässig zu erklären war.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Landesabgaben Wien |
betroffene Normen | § 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.7400018.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at