Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 31.10.2019, RV/7300050/2019

Verbandsverantwortlichkeit, gelöschter Verband

Entscheidungstext

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BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch R in der Finanzstrafsache gegen die H als belangter Verband über die Beschwerde des Dr., vom gegen das Erkenntnis des Spruchsenates vom betreffend u.a. eine Verbandsverantwortlichkeit der H den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde wird als unzulässig eingebracht zurückgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Mit Erkenntnis des Spruchsenates vom wurde u.a. die H (Spruchpunkt III des Erkenntnisses) gemäß § 3 Abs. 2 VbVG iVm § 28 a FinStrG mit einer Geldbuße bedacht, da sie dafür verantwortlich gesehen wurde, dass ihr Entscheidungsträger H.R., sowohl unter Verletzung den Verband treffender Verpflichtungen, als auch zu Gunsten des Verbandes das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 FinStrG begangen habe, indem er als für die Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen der H verantwortlicher Geschäftsführer vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes entsprechenden Voranmeldungen für den Zeitraum 7-11/2013 und 1-7/2014 eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer von € 57.015,85 (7-11/2013 € 14.187,57 und 1-7/2014 € 42.828,28) bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten und dadurch ein Finanzvergehen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG begangen habe.

Über den Verband wurde gemäß § 33 Abs. 5 FinStrG eine Geldstrafe von € 13.700,00 ausgesprochen.

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Am (eingelangt am ) wurde gegen das Erkenntnis des Spruchsenates Beschwerde erhoben, wobei Dr.1 auch als Vertreter der H auftrat. Mit dieser Beschwerde wurde ein Auszug aus dem Firmenbuch vorgelegt, wonach die H bereits am im Firmenbuch gelöscht worden ist. Diesem Firmenbuchauszug ist auch zu entnehmen, dass am über das Vermögen der H das Konkursverfahren eröffnet wurde, das mit Beschluss des HG Wien vom beendet wurde.

Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Spruchsenat am war der belangte Verband somit bereits gelöscht. Eine Rechtsnachfolge des Verbandes besteht nicht, er ist auch bereits aufgelöst.

Auf die Anfrage des BFG, wieso sich der Vertreter, Dr.1, vertretungsbefugt ansehe, wurde am eine Stellungnahme mit folgendem Inhalt eingebracht:

"Das lnsolvenzverfahren gegen die H wurde mit Beschluss des HG Wien vom , AZ, aufgehoben. Ab war die Geseilschaft daher wieder eigenlegitimiert. Der Geschäftsführer bzw. Liquidator der Gesellschaft hat mir daher rechtens Ende Dezember 2018 Vertretungsvollmacht fUr die Gesellschaft erteilt.

Die Löschung der Gesellschaft () hat nur deklaratorische Bedeutung. Erst die Vollbeendigung der Geschäfte der Gesellschaft führt zur Beendigung der Rechtspersönlichkeit bzw zu deren endgültigem Erlöschen.

Der bestellte Geschäftsführer bzw. Liquidator hat die Verpfiichtung, die Liquidationsgeschäfte für die Gesellschaft zur Beendigung gehörig fortzuführen und geordnet zu Ende zu bringen. Dazu gehören wohl auch div. Aktivbetreibungen, aber auch zweifellos jene Rechtshandlung, um Schaden oder Forderungen oder Strafen von der Gesellschaft abzuhalten. Aus meiner rechtlichen Beurteilung für meine Mandantschaft ist daher die Liquidationsphase der Gesellschaft im Zusammenhang des anhängigen Finanzstrafverfahrens noch nicht beendet. Es hat daher die Gesellschaft trotz formeller Löschung im Firmenbuch (die nur deklaratorisch ist) ihre Rechtspersönlichkeit nicht verloren. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung (siehe R80050186, 4 Ob 11/91, 1 Ob 22/01v, mwN). Meine an mich Ende Dezember 2018 erteilte Vertretungsvollmacht für die Gesellschaft ist daher durch die Löschung der Gesellschaft aus dem Firmenbuch nicht erloschen.

Ich habe daher die Gesellschaft bei der Verhandlung am rechtens vertreten und auch rechtens für die Gesellschaft ein Rechtsmittei gegen das Erkenntnis des Spruchsenates eingebracht.

Sollte diese für die H vertretene Rechtsansicht unrichtig sein, so hätte das FA Wien, Spruchsenat, gegen die FA. H kein Finanzstrafverfahren als haftenden Verband abführen dürfen und auch kein Straferkenntnis gegen diese Gesellschaft erlassen dürfen. Ich gehe demnach auch davon aus, dass dem Spruchsenat des FA Wien die aufgezeigte Thematik bereits bekannt war. Denn der Firmenbuchstand und die Ediktdatei ist amtsbekanntes Wissen.

Während bei natürlichen Personen der staatliche Strafanspruch mit dem Tod endet, sollen bei Verbänden nicht automatisch mit deren Untergang auch die Rechtsfolgen des VbVG enden und nicht mehr durchgesetzt werden können.

§ 10 VbVG behandelt dazu Fallkonstellationen einer Rechtsnachfolge.

So etwas liegt jedoch verfahrensgegenständlich nicht vor. Bereits am hat der Masseverwalter angezeigt, dass die Insolvenzmasse nicht ausreicht, um die Masseforderungen zu erfüllen. Der Einschreiter zeigt in seiner Vorhaltsbeantwortung eine Bevollmächtigung für einen allfälligen Abwicklungsbedarf in einem Abgabenverfahren auf. Diese Vollmacht konnte jedoch keine Rechtswirkung in einem Finanzstrafverfahren zu einer Verbandsverantwortlichkeit eines im Firmenbuch gelöschten und damit hinsichtlich eines Strafanspruches untergegangenen Verbandes entfalten. Das Straferkenntnis hätte nach der Firmenbuchlage nicht mit dem Ausspruch einer Verbandsgeldbuße enden dürfen und wurde in der Folge auch unrichtig an den Beschwerdeführer zugestellt, der in diesem Finanzstrafverfahren nicht mehr vertretungsbefugt sein konnte. Es konnte daher keine Rechtswirkung auslösen.

Die Beschwerde war somit als unzulässig eingebracht zurückzuweisen.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7300050.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at