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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.11.2019, RV/2100832/2018

Keine Nachsicht von Abgaben, wenn die Entrichtung in Ratenzahlungen möglich und zumutbar erscheint.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter X. in der Beschwerdesache Bf. über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Graz-Stadt vom betreffend Nachsicht § 236 BAO zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Antrag vom beantragte die Beschwerdeführerin (Bf.) die Nachsicht von Rückforderungsbeträgen für zu Unrecht bezogener Familienbeihilfen samt Absetzbeträgen. Mit Bescheid vom wurden diese Beträge in Höhe von 1.405,20 € vorgeschrieben. In ihrer Begründung führte sie Folgendes aus:

„Mein Sohn R.S. hat das BRG K. am mit Auszeichnung abgeschlossen; danach das Bundesheer 09/2014 bis 02/2015 absolviert. Sein Berufsziel ist Arzt zu werden, das er nach wie vor zielstrebig verfolgt und auch in der Zeit, die Nachforderung betreffend, ernsthaft und zielstrebig verfolgt hat. Da er bei den Medizinertests leider nicht angekommen (gemeint: drangekommen) ist, hat er vorübergehend in R.(Deutschland) inskribiert, was aufgrund seines Zeugnisses möglich war. Er ist dort nachweislich auch zu Prüfungen angetreten.
Während dieser Zeit ist leider meine Ehe auseinandergegangen und letztlich auch geschieden worden. Diese Umstände haben meinen Sohn in seiner Psyche sehr belastet und starken Einfluss auf seine Leistungsfähigkeit genommen. Die bisher nicht erfolgreichen Teilnahmen am Medizinertest haben ihm ebenfalls psychisch sehr zugesetzt. Im Sommer wird er wieder zum Medizinertest antreten, weshalb er derzeit einen zwei semestrigen Vorbereitungskurs am I.Institut besucht und auf Teilzeitbasis beschäftigt ist.
Nach der Scheidung habe ich große finanzielle Schwierigkeiten, um über die Runden zu kommen, da mein Exgatte den Unterhaltsverpflichtungen für meinen zweiten Sohn, O.S., 11 Jahre, nicht regelmäßig nachkommt und das Einfamilienhaus nun allein von mir zu erhalten ist.
Im Hinblick auf die besonderen Umstände bzw. auf meine finanzielle Situation als Alleinerzieherin ersuche ich um Nachsicht dieser Abgaben.“

In der weiteren Folge fand am durch die belangte Behörde eine Erhebung der wirtschaftlichen Verhältnisse statt. Nach dieser Erhebung wurden folgende Umstände festgehalten:

„Nichtselbständige Einkünfte als Sonderschullehrerin in Höhe von 2.200 € netto
Sorgepflichten: 1 Schulkind (11 Jahre)
Auto: PKW VW Caddy BJ, 2011, 159.000 km
Einfamilienhaus: S. Str. 14b, 8xxx G. (Wohnort)

Bankkredit: Raika A. 50.000 -60.000 €, monatliche Rückzahlung: 100 € (?)
Monatliche Lebenshaltungskosten:
Schulgeld bei Ursulinen 280 €
Strom und BK: 400 €
Kfz-Versicherung: jährlich 1.100 €
Handy & Internetgebühren: ca. 100 €
Zusatzversicherung Merkur (Bf.+ 2 Kinder): 220 €
Weiters wohne der Sohn R. im gemeinsamen Haushalt und arbeite 20 Stunden bei der Firma S. Für die künftige Badsanierung stünden künftig ca. 6.000 € an.“

Im angefochtenen Bescheid wurde das Nachsichtsansuchen abgewiesen.

In ihrer Begründung führte die belangte Behörde aus:

„Gemäß § 236 BAO können auf Antrag des Abgabepflichtigen fällige Abgabenschuldigkeiten ganz oder zum Teil durch Löschung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach Lage des Falles unbillig wäre.
Den Antragsteller trifft eine erhöhte Mitwirkungspflicht. Er hat somit einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf die die Nachsicht gestützt werden kann. Das Schwergewicht der Behauptungs- und Beweislast liegt beim Antragsteller. Die Abgabenbehörde hat daher im Rahmen ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht nur die vom Nachsichtwerber geltend gemachten Gründe zu prüfen.
Die Unbilligkeit der Einhebung einer Abgabe nach der Lage des Falles kann eine persönliche oder eine sachliche sein.
Eine persönliche Unbilligkeit ergibt sich aus der wirtschaftlichen Situation des Antragstellers. Eine solche Unbilligkeit wird stets dann gegeben sein, wenn die Einhebung die Existenz des Abgabenpflichtigen gefährdet.
Eine sachliche Unbilligkeit liegt bei der Einhebung von Abgaben insbesondere vor, soweit die Geltendmachung des Abgabenanspruches in Widerspruch zu nicht offensichtlich unrichtigen Rechtsauslegungen steht, die dem Abgabepflichtigen gegenüber von der für ihn zuständigen Abgabenbehörde geäußert wurden (siehe Verordnung betreffend Unbilligkeit der Einhebung im Sinn des § 236 BAO, BGBI II 435/2005).
Zum Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde war bereits ein Teil der Rückforderung an Familienbeihilfe einschließlich der Kinderabsetzbeträge mit dem laufenden Familienbeihilfenanspruch aufgerechnet. Für die Entscheidung über die Beschwerde ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblich.
Zur sachlichen Unbilligkeit:
Die Verpflichtung zur Rückzahlung von zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbeträge gemäß § 26 FLAG stellt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () ausschließlich auf objektive Momente ab. Entscheidend ist somit lediglich, dass die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug der Familienbeihilfe nicht gegeben waren. Damit hat der Gesetzgeber bereits dargetan, dass er die Gründe, die zur Rückforderung zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe geführt haben, ebenso wie deren gutgläubigen Verbrauch im Anwendungsbereich des § 26 Abs. 1 FLAG grundsätzlich als unmaßgeblich erachtet hat. Die Rückforderung zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe einschließlich der Kinderabsetzbeträge stellt somit ein vom Gesetzgeber durchaus beabsichtigtes Ergebnis dar, welches nicht eine Unbilligkeit nach der Lage des Falles zu begründen vermag. Eine sachliche Unbilligkeit der Einhebung der Familienbeihilfe einschließlich Kinderabsetzbeträge liegt daher nicht vor.
Zur persönlichen Unbilligkeit:
Auf Grund der Erhebung der wirtschaftliche Lage bei der Beschwerdeführerin kommt die Abgabenbehörde zum Ergebnis, dass die weitere Aufrechnung der zu Unrecht bezogenen Familienbeihilfe mit der laufenden Familienbeihilfe trotz der seitens der Beschwerdeführerin im Ansuchen dargelegten Umstände und der angeführten wirtschaftlichen Schwierigkeiten nicht die Gefährdung des Nahrungsstandes ihrer Familie sowie eine Existenzgefährdung verursachen kann. Eine persönliche Unbilligkeit der Einhebung der Familienbeihilfe einschließlich der Kinderabsetzbeträge im Wege der weiteren Aufrechnung liegt daher nicht vor.
Aus den dargestellten Gründen kann weder das Vorliegen einer persönlichen noch einer sachlichen Unbilligkeit bejaht werden und da es damit schon an der Tatbestandsmäßigkeit im Sinne des § 236 BAO fehlt, hat aus Anlass dieser Entscheidung eine Ermessensentscheidung über den Antrag auf Nachsicht nicht mehr zu erfolgen und war der Antrag schon aus Rechtsgründen abzuweisen.“

In ihrer Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid führte die Bf. Folgendes aus:

„Zur sachlichen Unbilligkeit möchte ich nochmals darauf hinweisen, dass mein Sohn R.S. für den Zeitraum der Aberkennung der Familienbeihilfe ständig ernsthaft und zielstrebig bemüht eine Ausbildung zum Mediziner zu machen. Dafür hat er aufwendige und teure Vorbereitungsveranstaltungen besucht. (Unterlagen hierüber wurden bereits vorgelegt). Leider hat er den Test bereits zweimal nicht bestanden und er ist dabei, Anfang Juli 2018 ein drittes Mai anzutreten. Dazu besucht er derzeit wieder einen Vorbereitungslehrgang seit November 2017 bis Juni 2018 in G. mit monatlichen Kosten von 228 € (1.824 €).
Der Umstand, dass während dieser Zeit meine Ehe geschieden wurde (das Scheidungsurteil wurde bereits vorgelegt) hat meinen Sohn in seiner Psyche schwer belastet, weshalb er aus gesundheitlichen Gründen erfolgreich kaum Prüfungen ablegen konnte. Ohne diese Belastungen hatte er die für die Familienbeihilfe erforderlichen Prüfungen bestimmt ablegen können. Die Matura hat er nämlich mit Auszeichnung abgelegt. Das Zeugnis wurde ebenfalls vorgelegt) Ohne diese Umstände wäre keine Lücke im Anspruch entstanden.

Zur persönlichen Unbilligkeit: Nach der Scheidung habe ich große finanzielle Schwierigkeiten, um über die Runden zu kommen, da mein Exgatte den Unterhaltsverpflichtungen für meinen zweiten Sohn, O.S., 11 Jahre nicht regelmäßig nachkommt und ich das Einfamilienhaus allein zu erhalten habe. R.S. wird leider auch nicht von meinem Exgatten unterstützt. Meine wirtschaftliche und finanzielle Situation wurde von einem Erhebungsbeamten gründlich untersucht, wobei auch dringend notwendige Reparaturen im Sanitärbereich (€ 8.000,- -10.000) aufgezeigt wurden. Der gesamte Haushalt kann als eher bescheiden eingestuft werden. Dies wird auch der Erhebungsbeamte bestätigen. Im Hinblick auf diese besonderen und eher außergewöhnlichen Umstände bzw. meine finanzielle Situation als Alleinerzieherin ersuche ich nochmals um Nachsicht dieser Abgaben.“

In ihrer Beschwerdevorentscheidung führte die belangte Behörde aus, die in der Beschwerde dargestellten Umstände stellten keine ausreichenden zur Widerlegung der von Gesetzes wegen bestimmten und vom Finanzamt in der Abweisung ausführlich begründeten nichtzutreffenden sachlichen und persönlichen Unbilligkeit Gründe dar. Ergänzend wurde auf die Tilgung des offenen Rückstandes durch die Aufrechnung mit dem laufenden Familienbeihilfenbezug hingewiesen, sodass keine laufende Zahlungsverpflichtung bestehe.

In ihrem Vorlageantrag verwies die Bf. auf die in der Beschwerde dargestellte wirtschaftliche Situation, die als prekär eingestuft werden könne. Ihres Erachtens liegen außergewöhnliche Umstände vor und die Kürzung der Familienbeihilfe durch die Aufrechnung mit dem Rückforderungsanspruch treffe sie sehr wohl.

In ihrem Vorlagebericht bezog sich die belangte Behörde auf die bisher getroffenen Entscheidungen und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Im Schreiben des Bundesfinanzgerichts vom verwies es auf die laut Aktenlage erhobenen wirtschaftlichen Umstände und forderte die Bf. nochmals auf, die monatlichen Zahlungen möglichst exakt und konkret darzustellen, dass ihm eine Überprüfung der wirtschaftlichen Umstände ermöglicht werde. Bloß allgemein gehaltene Angaben gewährten keinen sicheren Einblick in die Gebarungssituation. Ebenso wäre die aushaftenden Kredit- und Gläubigerverbindlichkeiten, die Laufzeit und die monatlichen Abstattungsraten bekannt zu geben und durch Beilage von entsprechenden Ablichtungen glaubhaft zu machen.

In ihrem am zur Post gegebenen undatiertem Schreiben verwies die Bf. darauf, dass sich die vor Ort durch den Erhebungsbeamten festgestellten Verhältnisse nicht geändert hätten und legte eine Ablichtung eines Kontoauszuges Nr. 2/005 und 006 vom betreffend das Abstattungsdarlehen vor. Aus diesem ist ersichtlich, dass eine monatliche Rate für in Höhe von 113,90, ein Annuitätenzuschuss vom Land St. in Höhe von 1.302,56 € und Zinsen und Spesenbelastungen in Höhe von 195,44 € und 17,56 € verbucht wurden. Der aushaftende Saldo betrug insgesamt 37.718,11 €. Weiters verwies sie nochmals auf die Umstände die zur Rückforderung an Familienbeihilfe geführt hätten und die schwierige persönliche Situation.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 236 Abs. 1 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre. Diese Bestimmung ist nach § 236 Abs. 2 BAO sinngemäß auf bereits entrichtete Abgabenschuldigkeiten anzuwenden.

Gemäß § 1 der Verordnung des BMF betreffend Unbilligkeit der Einhebung im Sinn des § 236 BAO (BGBl II 2005/435 idF BGBl II Nr. 449/2013) kann die Unbilligkeit im Sinn des § 236 BAO persönlicher oder sachlicher Natur sein.

Gemäß § 2 der Verordnung liegt eine persönliche Unbilligkeit insbesondere vor, wenn die Einhebung
1. die Existenz des Abgabepflichtigen oder seiner ihm gegenüber unterhaltsberechtigten Angehörigen gefährden würde;
2. mit außergewöhnlichen wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, etwa wenn die Entrichtung der Abgabenschuld trotz zumutbarer Sorgfalt nur durch Vermögensveräußerung möglich wäre und dies einer Verschleuderung gleichkäme.

Gemäß § 3 der Verordnung liegt eine sachliche Unbilligkeit bei der Einhebung von Abgaben insbesondere vor, soweit die Geltendmachung des Abgabenanspruches
1. von Rechtsauslegungen des Verfassungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn im Vertrauen auf die betreffende Rechtsprechung für die Verwirklichung des die Abgabepflicht auslösenden Sachverhaltes bedeutsame Maßnahmen gesetzt wurden;
2. in Widerspruch zu nicht offensichtlich unrichtigen Rechtsauslegungen steht, die
a) dem Abgabepflichtigen gegenüber von der für ihn zuständigen Abgabenbehörde geäußert oder
b) vom Bundesministerium für Finanzen im Amtsblatt der österreichischen Finanzverwaltung oder im Internet als Amtliche Veröffentlichung in der Findok veröffentlicht wurden, wenn im Vertrauen auf die betreffende Äußerung bzw. Veröffentlichung für die Verwirklichung des die Abgabepflicht auslösenden Sachverhaltes bedeutsame Maßnahmen gesetzt wurden;
3. zu einer internationalen Doppelbesteuerung führt, deren Beseitigung ungeachtet einer Einigung in einem Verständigungsverfahren die Verjährung oder das Fehlen eines Verfahrenstitels entgegensteht.

Zwar sind die dem Bf. gewährten Beihilfen nach der Bestimmung des § 290 EO unpfändbare Forderungen, doch ermöglicht die Bestimmung des § 26 Abs. 1 FLAG, wonach zurückzuzahlende Beträge auf fällige oder fällig werdende Familienbeihilfen angerechnet werden können, dennoch die Nichtauszahlung der Familienbeihilfe an die Bf.

Eine sachliche Unbilligkeit ist anzunehmen, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes aus anderen als aus persönlichen Gründen ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt, sodass es zu einer anormalen Belastungswirkung und verglichen mit anderen Fällen zu einem atypischen Vermögenseingriff kommt. Der im atypischen Vermögenseingriff gelegene offenbare Widerspruch der Rechtsanwendung zu dem vom Gesetzgeber beabsichtigten Ergebnis muss seine Wurzel in einem außergewöhnlichen Geschehensablauf haben, der auf eine vom Steuerpflichtigen nicht beeinflussbare Weise eine nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwartende Abgabenschuld ausgelöst hat, die zudem auch ihrer Höhe nach unproportional zum auslösenden Sachverhalt ist ().

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Judikatur zu § 26 FLAG 1967 idF BGBl. I Nr. 8/1998 mehrfach ausgesprochen (z.B. ; , 2000/15/0035), dass die Verpflichtung zur Rückzahlung von zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe lediglich auf objektive Momente abstellt. Nach der Intention des Gesetzgebers sind somit subjektive Momente bei der Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge nicht zu berücksichtigen, sondern es ist ausschließlich zu prüfen, ob die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug der Familienbeihilfe gegeben sind. Das Vorliegen einer einzelfallbedingten sachlichen Einhebungsunbilligkeit ist daher auch dann zu verneinen, wenn der unrechtmäßige Bezug der Familienbeihilfe ausschließlich durch ein Versehen eines Bediensteten der Finanzverwaltung verursacht wird ( RV/0104-F/03; ; ; ).

Die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge ist von subjektiven Momenten unabhängig und allein an die Voraussetzung des Fehlens der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug geknüpft ( und 96/15/0001; ). Die Rückforderung von zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe stellt eine Auswirkung der allgemeinen Rechtslage dar und begründet daher keine sachliche Unbilligkeit der Einhebung im Sinne des § 236 BAO.

Eine persönliche Unbilligkeit ergibt sich aus der wirtschaftlichen Situation des Antragstellers (bzw. aller Gesamtschuldner). Sie besteht bei einem wirtschaftlichen Missverhältnis zwischen der Einhebung der Abgabe und den im Bereich des (der) Abgabepflichtigen entstehenden Nachteilen (). Eine solche Unbilligkeit wird stets gegeben sein, wenn die Einhebung die Existenz des Abgabepflichtigen oder seiner Familie gefährdet wird (z.B. ; , 99/16/0086; , 95/15/0090). Eine Unbilligkeit ist nach der Judikatur auch dann nicht gegeben, wenn die finanzielle Situation des Abgabenschuldners so schlecht ist, dass auch die Gewährung der beantragten Nachsicht nicht den geringsten Sanierungseffekt hätte und an der Existenzgefährdung nichts änderte (z.B. ; , 99/15/0161; , 2001/15/0033). Es bedarf keiner Existenzgefährdung; es genügt, wenn die Abstattung der Abgabenschuld mit wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, die außergewöhnlich sind, z.B. wenn die Abgabenschuld nur unter Verschleuderung von Vermögenswerten entrichtet werden könnte (z.B. ; , 99/16/0086; , 98/13/0073; , 2003/13/0156). Für die Entscheidung über ein Nachsichtsansuchen sind die Vermögens- und Einkommensverhältnisse zum Zeitpunkt der Entscheidung über das Ansuchen maßgebend (z.B. , Ritz, BAO6, Rz. 9 zu § 236 BAO).

Entsprechend dem Einkommensteuerbescheid 2018 ist von einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 39.476,50 € auszugehen. Nach Abzug der Einkommensteuerbelastung von 8.631,39 € verbleibt ein Jahresnettoeinkommen von 30.845,11 €, welches ein monatliches verfügbares Nettoeinkommen von 2.570,42 € ergibt. Weiters sind zur Berechnung des wirtschaftlichen Einkommens auch die Sonderzahlungen von 8.500,60 € abzüglich 1.449,74 € Sozialversicherung, ergibt: 7.050,86 €; heranzuziehen. Dies ergibt ein wirtschaftliches Jahreseinkommen von 37.895,97 €. Auf die Kalendermonate aufgeteilt bedeutet dies ein verfügbares Monatseinkommen von 3.157,99 €.

An monatlichen Kosten für die Lebensführung wurden von der Bf. folgende Ausgaben bekanntgegeben:


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Wohnraumdarlehensrückzahlung
100,00
Schulgeld U.
280,00
Strom & Betriebskosten
400,00
Kfz-Versicherung
100,00
Handy, Internet
100,00
Krankenzusatzversicherung
220,00
Summe
1.200,00

Nicht bekannt sind weitere Kosten persönlicher Lebenshaltung (Lebensmittel, Bekleidung, sonstige PKW-Aufwendungen sowie diverse Reparaturen). Selbst wenn diese mit nochmals 1.200 € angenommen werden, verbleibt ein monatliches Rückzahlungspotential von rd. 700 € (Einnahmen: 3.100 € - Ausgaben: 2.400 €).

Können nun Zahlungserleichterungen Härten aus der Abgabeneinhebung abhelfen, so bedarf es gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keiner Abgabennachsicht ( und die dort angeführte Rechtsprechung).

Im Hinblick auf das monatliche Einkommen der Bf. steht ihr sohin ein Betrag zur Verfügung, der das vom Gesetzgeber definierte Existenzminimums von rd. 1.695 € (Sorgepflichten für 1 Kind) deutlich übersteigt.

Ebenso unmaßgeblich ist in diesem Zusammenhang auch das Vorliegen von größeren Reparaturmaßnahmen im Sanitärbereich, die üblicherweise bei jedem Durchschnittsverdiener auch nicht aus dem laufenden Monatsbudget zur Gänze aufgebracht werden können. Diese werden üblicherweise entweder durch vorher gebildete Rücklagen oder längerfristige Darlehen finanziert. Das im Verfahren dargestellte Annuitätendarlehen mit einer monatlichen Rückzahlung von ca. 100 € stellt auf Grund der Langfristigkeit keine wesentliche (Monats-) Belastung dar.

Dieses muss umso mehr für den vorliegenden Fall gelten, wo dem nachsichtsgegenständlichen Rückforderungsbetrag in Höhe von € 1.405,20 ein monatliches Einkommen in Höhe von € 3.150 gegenübersteht.

Insgesamt kann daher das Bundesfinanzgericht aufgrund der dargestellten wirtschaftlichen Situation keine persönliche Unbilligkeit erblicken, da die Einhebung der rückgeforderten Familienbeihilfe sowie des Kinderabsetzbetrages jedenfalls nicht die Existenz des Bf. gefährdet.

Mangels Vorliegen einer Unbilligkeit kann daher keine Unbilligkeit im Sinne des § 236 Abs. 1 BAO erblickt werden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Graz, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at