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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.10.2019, RV/3100794/2019

Exekutivdienstliche Grundausbildung - Berufsausbildung iSd FLAG 1967

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 4587/2019 anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.; Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2020/16/0078. Zurückweisung mit Beschluss v. .


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/3100794/2019-RS1
Die exekutivdienstliche Grundausbildung stellt ebenso wie weitere Ausbildungsschritte im Rahmen des Dienstverhältnisses keine Berufsausbildung iSd FLAG 1967 dar.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R****** in der Beschwerdesache B******, vertreten durch Dr. Hermann Rieder, Stiftgasse 23, 6020 Innsbruck, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Kitzbühel Lienz vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Familienbeihilfe für den Zeitraum ab

zu Recht erkannt:

I.

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

1. Verfahrensgang:

Mit Eingabe vom begehrte der Antragsteller die Zuerkennung der Familienbeihilfe im Eigenbezug ab September 2018. Beigelegt wurde eine Bestätigung der zuständigen Landespolizeidirektion, nach welcher der Antragsteller im Zeitraum bis Ende August 2020 die exekutivdienstliche Grundausbildung absolviere.

Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom ab September 2018 abgewiesen. In der Begründung bezog sich das Finanzamt - trotz Eigenantrag - auf die Anspruchsgrundlage des § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967. Keine Berufsausbildung iSd FLAG 1967 würde jedoch - unter Verweis auf - vorliegen, dem Kind die für seine erfolgreiche Verwendung notwendige Ausbildung in seinem Dienstverhältnis vermittelt würden, wie dies zB bei öffentlich Bediensteten der Fall sei.

Dagegen erhob der Antragsteller Beschwerde und hielt fest, dass sich das angeführte Erkenntnis auf eine fremden- und grenzpolizeiliche Ausbildung beziehe und in diesem Fall lediglich die 14monatige Unterbrechung der Ausbildung zu einem "negativen Erkenntnis" geführt habe. Unter Hinweis auf ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/5100538/2014, wurde die Ansicht vertreten, dass der Anspruch auf Familienbeihilfe gegenständlich gegeben erscheine.

Die abweisende Beschwerdevorentscheidung vom begründete das Finanzamt damit, dass der Verwaltungsgerichtshof im genannten Erkenntnis die Ansicht vertrete, dass "Grundausbildungen oder sonstige Ausbildungsphasen, die öffentliche Bedienstete in der ersten Zeit ihres Dienstverhältnisses absolvieren" würden, als "Berufsausübung und nicht als Berufsausbildung iSd FLAG anzusehen" seien. Das vom Beschwerdeführer angesprochene Erkenntnis des BFG sei durch die Rechtsprechung des VwGH als überholt anzusehen und nicht mehr anwendbar.

Daraufhin stellte der Beschwerdeführer durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter einen Vorlageantrag. Weitere (inhaltliche) Ausführungen erfolgten nicht.

Das Finanzamt legte dem Bundesfinanzgericht die Beschwerde und den Verwaltungsakt zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung.

2. Sachverhalt und Beweiswürdigung:

Der volljährige Beschwerdeführer steht seit in einem Dienstverhältnis zum Bund und hatte in diesem Zusammenhang die exekutivdienstliche Grundausbildung zu absolvieren. Dies ergibt sich unbestritten aus dem Inhalt des Verwaltungsaktes.

3. Rechtslage:

Nach § 6 Abs 1 FLAG 1967 haben auch minderjährige Vollwaisen Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn
a) sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
b) ihnen nicht Unterhalt von ihrem Ehegatten oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist und
c) für sie keiner anderen Person Familienbeihilfe zu gewähren ist.

§ 6 Abs 2 lit a FLAG 1967 normiert, dass volljährige Vollwaisen ua dann Anspruch auf Familienbeihilfe haben, wenn auf sie die Voraussetzungen des Abs 1 lit a bis c zutreffen und wenn sie das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und für einen Beruf ausgebildet werden oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 zweiter bis letzter Satz sind anzuwenden.

4. Erwägungen:

Im vorliegenden Fall ist strittig, ob der Beschwerdeführer durch die im Rahmen seines Dienstverhältnisses zu absolvierende exekutivdienstliche Grundausbildung in Berufsausbildung iSd FLAG 1967 gestanden ist und damit eine der Voraussetzungen für einen Anspruch auf Familienbeihilfe vorliegt.
Andere allfällige Anspruchsgründe sind nicht ersichtlich und wird deren Vorliegen auch nicht behauptet.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fallen unter den Begriff der "Berufsausbildung" alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz für das künftige Berufsleben erforderliches Wissen vermittelt wird (, , ). Für die Qualifikation als Berufsausbildung ist nicht allein der Lehrinhalt bestimmend, sondern auch die Art der Ausbildung und deren Rahmen. Ziel einer Berufsausbildung in diesem Sinn ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essentieller Bestandteil der Berufsausbildung (). Dass im Zuge einer Berufsausbildung praktische und nicht nur theoretische Kenntnisse vermittelt werden können und etwa im Praktikum zu vermittelnde praktische Grundkenntnisse unter die Berufsausbildung fallen, hat der Verwaltungsgerichtshof etwa im Erkenntnis , ausgesprochen. Wie sich auch aus § 5 Abs 1 lit b FLAG 1967 ergibt, fällt unter eine Berufsausbildung auch ein "duales System" der Ausbildung zu einem anerkannten Lehrberuf (; zur Berufsausbildung im Rahmen einer Lehre ).

Ihren Abschluss findet eine Berufsausbildung mit dem Beginn der Ausübung eines bestimmten Berufes, auch wenn für den konkreten Arbeitsplatz noch eine spezifische Einschulung erforderlich sein mag (vgl ). Aus diesem Grund hat der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit der Absolvierung eines Unterrichtspraktikums auch ausgesprochen, dass dieses als typischer Fall einer Einschulung am Arbeitsplatz keine Berufsausbildung iSd FLAG 1967 darstellt ().

Im gegenständlichen Fall stand der Beschwerdeführer jedoch beginnend mit in einem Dienstverhältnis zum Bund, in dessen Rahmen er eine arbeitsplatzspezifische Ausbildungsphase zu durchlaufen hatte. Es kann also keine Rede davon sein, dass er eine Ausbildung ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz absolviert hat, sondern waren Bildungsschritte zu unternehmen, in deren Rahmen die inhaltliche und methodische Vermittlung jener Kompetenzen erfolgte, die erforderlich sind, um (bezogen auf den konkreten Arbeitsplatz) den Anforderungen des jeweiligen Aufgabenbereichs professionell und verantwortungsvoll nachzukommen (vgl § 2 der Verordnung des Bundesministers für Inneres über die Grundausbildung für den Exekutivdienst im Bundesministerium für Inneres, BGBl II 153/2017 idgF).

In konsequenter Fortsetzung seiner Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof nunmehr (vgl ) auch ausgesprochen, dass die erfolgreiche Absolvierung einer Grundausbildung oder Ausbildungsphase durch öffentlich Bedienstete keine Überstellung in ein anderes (öffentliches oder öffentlich-rechtliches) Dienstverhältnis zur Folge hat und dem öffentlich Bediensteten (lediglich) die für seine erfolgreiche Verwendung notwendige Ausbildung in seinem Dienstverhältnis vermittelt werden soll (vgl. die zit. ErläutRV zu § 66 VBG), worin bereits die Ausübung eines Berufs liegt. Der Umstand, dass der öffentlich Bedienstete in der ersten Zeit seines Dienstverhältnisses im Rahmen einer Grundausbildung oder Ausbildungsphase die für die Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten erlangen soll, nimmt dem Dienstverhältnis auch nicht zum Teil die Qualität eines Berufs.

Damit ist aber zweifelsfrei geklärt, dass auch der Beschwerdeführer durch die Absolvierung der exekutivdienstlichen Grundausbildung in der Zeit ab nicht (mehr oder wieder) in Berufsausbildung iSd FLAG 1967 gestanden ist, sondern bereits einen Beruf ausgeübt hat.

Daran ändert es auch nichts, dass das letztgenannte Erkenntnis zu einer "fremden- und grenzpolizeilichen Ausbildung" ergangen ist. Nicht zutreffend ist jedenfalls, dass sich der Verwaltungsgerichtshof "lediglich" auf eine Unterbrechung dieser Ausbildung bezogen hätte. Vielmehr ergibt sich aus den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes klar, dass diese sich auf die Zeit der Grundausbildung und sonstige Ausbildungsphasen beziehen. Es kann auch keine Rede davon sein, dass der Verwaltungsgerichtshof für die Zeit der Grund- und der Ergänzungsausbildung Familienbeihilfe gewährt hätte. Vielmehr waren diese Zeiten überhaupt nicht Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens.

Mangels Vorliegens eines Anspruchsgrundes hatte der Beschwerdeführer somit ab September 2018 keinen Anspruch auf Familienbeihilfe, weshalb wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden war.

5. Zulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht hat im vorliegenden Fall in Einklang mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entschieden, weshalb durch das Bundesfinanzgericht keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen war.

Innsbruck, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at