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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.11.2019, RV/5100897/2017

Wurde der Alleinverdienerabsetzbetrag vom Dienstgeber zu unrecht berücksichtigt, liegt eine Pflichtveranlagung vor und der Antrag auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung kann nicht mehr zurückgenommen werden.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri. in der Beschwerdesache BF, Adresse1, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt A. vom , betreffend Einkommensteuer 2011(Arbeitnehmerveranlagung) zu Recht erkannt: 

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer BF (in der Folge kurz: BF) brachte am den Antrag auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2011 ein. 

2. Am erging der Einkommensteuerbescheid 2011 mit einer Nachforderung in Höhe von EUR 327,-.

 3. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht am Beschwerde eingebracht. Als Begründung wurde angeführt, dass die Voraussetzungen für eine Pflichtveranlagung gemäß § 41 Abs. 1 EStG 1988 nicht gegeben seien, sodass es sich um eine Antragsveranlagung gemäß § 41 Abs. 2 EStG 1988 handle. Der Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung werde zurückgezogen und eine ersatzlose Aufhebung des Einkommensteuerbescheides beantragt.

 4. Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom abgewiesen, da gemäß § 41 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 ein Pflichtveranlagungstatbestand vorliege. Bei der laufenden Lohnverrechnung sei nämlich der Alleinverdienerabsetzbetrag samt Kinderzuschlag berücksichtigt worden, obwohl die erforderlichen Voraussetzungen dafür nicht erfüllt gewesen seien. Der Antrag könne daher nicht zurückgezogen werden.
In der Begründung wurde weiters angeführt, dass die Familienbeihilfe im Jahr 2011 für die Tochter nur für 6 Monate bezogen worden sei und daher der Alleinverdienerabsetzbetrag (§ 33 Abs. 4 EStG 1988) nicht zustehe.

5. Am wurde rechtzeitig ein Vorlageantrag eingebracht, in dem neuerlich der Antrag auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung zurückgezogen und die ersatzlose Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2011 begehrt wurde.
Der BF teilte mit, dass seine großjährige Tochter nach der Ausbildung (Matura 6/2011) bis Mitte September 2011 arbeitslos und auf Jobsuche gewesen sei. Da er die Lebenshaltungskosten von Juli bis September 2011 getragen habe, wäre es "eine faire Lösung gewesen, in dieser Zeit die Familienbeihilfe zu gewähren".

6. Am legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen

I. Aufgrund der Beweiswürdigung als entscheidungswesentlich festgestellter Sachverhalt

Der Arbeitgeber des BFs berücksichtigte bei der Lohnabrechnung für das Jahr 2011 den Alleinverdienerabsetzbetrag, obwohl die Familienbeihilfe nur bis Juni 2011 bezogen wurde.
Dies ergibt sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen, insbesondere dem Lohnzettel des BFs.

II. Rechtslage

§ 33 Einkommensteuergesetz 1988 idF BGBl I. Nr. 123/2011 (EStG 1988) lautet auszugsweise:
(3) Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.
(4) Darüber hinaus stehen folgende Absetzbeträge zu:
1.Alleinverdienenden steht ein Alleinverdienerabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich
-bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 494 Euro,
-bei zwei Kindern (§ 106 Abs. 1) 669 Euro.
Dieser Betrag erhöht sich für das dritte und jedes weitere Kind (§ 106 Abs. 1) um jeweils 220 Euro jährlich.
Alleinverdienende sind Steuerpflichtige mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1), die mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragene Partner sind und von ihren unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten oder eingetragenen Partnern nicht dauernd getrennt leben oder die mehr als sechs Monate mit einer unbeschränkt steuerpflichtigen Person in einer Lebensgemeinschaft leben.
[…]

Gemäß § 41 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 idF BGBl I. Nr. 123/2011 ist der Steuerpflichtige zu veranlagen, wenn der Alleinverdienerabsetzbetrag, der Alleinerzieherabsetzbetrag, der erhöhte Pensionistenabsetzbetrag oder Freibeträge nach § 62 Z 10 berücksichtigt wurden, aber die Voraussetzungen nicht vorlagen.

§ 106 Abs. 1 EStG 1988 idF BGBl I. Nr. 123/2011 lautet:
Als Kinder im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten Kinder, für die dem Steuerpflichtigen oder seinem (Ehe)Partner (Abs. 3) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 3 zusteht.

III. Rechtliche Würdigung

Als Kind iSd EStG 1988 gilt gemäß der Legaldefinition in § 106 Abs. 1 ein Kind, für das dem Steuerpflichtigen oder seinem (Ehe)Partner mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Kinder­absetzbetrag nach § 33 Abs 3 EStG 1988 zusteht. § 33 Abs. 3 stellt wiederum auf die Gewährung von Familienbeihilfe aufgrund des Familienlastenausgleichsgesetzes (FLAG) ab. Als Kind iSd EStG 1988 gilt folglich eine Person, für die der Steuerpflichtige Familienbeihilfe nach dem FLAG bezieht.

Da dem BF im Jahr 2011 für seine Tochter nur bis Juni 2011 die Familienbeihilfe zuerkannt wurde, liegt kein Kind iSd EStG 1988 vor.
Daher steht auch der Alleinverdienerabsetzbetrag im Jahr 2011 nicht zu.
Derartige Änderungen der Verhältnisse sind dem Arbeitgeber binnen eines Monats zu melden (§ 129 Abs 1 S 1 und 4 EStG 1988).
Da der Alleinverdienerabsetzbetrag vom Arbeitgeber aber bereits berücksichtigt worden war, liegt ein Pflichtveranlagungstatbestand gemäß § 41 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 vor.

Wenn der Tatbestand des § 41 Abs. 1 Z. 5 EStG 1988 erfüllt ist und somit eine Pflichtveranlagung vorliegt, kann der Antrag auf Durchführung einer Arbeitnehmerveranlagung – auch wenn er nicht über Aufforderung durch die Abgabenbehörde eingereicht worden ist - nicht mehr zurückgezogen werden (vgl. -I/03; -I/08, RV/6100502/2013).
Die Beschwerde war somit spruchgemäß abzuweisen.

IV. Unzulässigkeit der Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist nach Art. 133 Abs. 4 B-VG iVm Art 133 Abs. 9 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision nicht zulässig, da sich die Abweisung der Beschwerde direkt aus dem Gesetz ergibt. Es liegt somit keine Rechtsfrage vor, die einer Lösung durch den Verwaltungsgerichtshof bedarf.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
-I/03
-I/08
Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
BFG, RV/6100502/2013
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.5100897.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at