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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.10.2019, RV/7104862/2019

Mutwillensstrafe wegen unablässiger E-Mails an die Abgabenbehörde

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7104862/2019-RS1
Für den Tatbestand der Mutwillensstrafe ist nicht erheblich, auf welche Weise eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch genommen wird. Jegliches Herantreten an die Behörde in offenbarer Mutwilligkeit iSd § 112a BAO, ist geeignet den Tatbestand zu verwirklichen, z.B. Telefonanrufe oder E-Mails (vgl. Hengstschläger/Leeb AVG2,§ 35 Tz 3). Auf das Vorliegen einer mit dem mutwilligen Anbringen verbundenen Handlungspflicht der Behörde kommt es nicht an.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter, Mag. Dieter Fröhlich über die Bescheidbeschwerde vom des Bf., X1 geboren, O. wohnhaft, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen, Zahl: BMF-X2, vom , zugestellt am , betreffend Verhängung einer Mutwillensstrafe gemäß § 112a der Bundesabgabenordnung (BAO)

zu Recht erkannt:

Die Bescheidbeschwerde wird gemäß § 279 Abs. 1 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art 133 Abs. 4 B VG i.V.m. § 25a VwGG eine Revision nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt und Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (Bf.) hat nach einem im Jahr 2006 abgeschlossenen Verständigungsverfahren sich mehr als zwei Dutzend Mal mit schriftlichen Eingaben und E-Mails sowie Telefonanrufen an das Bundesministerium für Finanzen gewandt. Darin erhob er in ständiger Wiederholung die Forderung, dass BMF möge seiner Rechtspflicht nachkommen und ihm eine rechtsmittelfähige Verständigungsvereinbarung über das erzielte Ergebnis des Verständigungsverfahrens ausfolgen. Dies sei eine Voraussetzung für die verfahrensrechtliche Umsetzung des Verständigungsergebnisses, das in einer Beseitigung der durch die Besteuerung in Deutschland herbeigeführten Doppelbesteuerung bestehen müsse.

Der Bf. richtete Schreiben auch persönlich an den Bundesminister für Finanzen und sandte seine E-Mails in der Regel an mehrere leitende Beamte des Ministeriums. Die Eingaben waren häufig mit umfangreichen Anlagen versehen und enthielten zum Teil auch Anschuldigungen, Unterstellungen und Androhungen, die eine Reaktion der Verwaltungsbehörde und ihrer Organwalter erforderten.

Die oberste Abgabenbehörde versuchte viele Jahre auf die sich inhaltlich wiederholenden Anbringen des Bf. sachlich und konstruktiv einzugehen. Dem Bf. wurden mehrmals sämtliche Informationen und Unterlagen zu dem Verständigungsverfahren gegeben und ihm der Ausgang des Verständigungsverfahrens ausführlich und verständlich erklärt.

In ähnlich exzessiver Weise richtete der Bf. auch wiederholt Eingaben im Zusammenhang mit seinen Steuerangelegenheiten an das Wohnsitzfinanzamt in Salzburg.

In der E-Mail-Antwort vom und in dem Antwortschreiben vom wies das BMF schließlich den Bf. darauf hin, dass in seinem Verhalten Mutwillen im Sinne des § 112a BAO zu erblicken sei.

Der Bf. setzte sein Verhalten jedoch unverändert fort und richtet weitere Anbringen in dieser Sache an die Behörde. Im Jahr 2019 sind diesbezüglich folgende E-Mails an das BMF aktenkundig:

Mit E-Mail vom übermittelte der Bf. dem BMF eine BFG-Entscheidung zur Kenntnisnahme und ersuchte auch einen bereits im Ruhestand befindlichen Beamten der Behörde davon zu informieren. Mit E-Mail vom wiederholte der Bf. neuerlich sein Vorbringen, dass das im Jahr 2000 eingeleitete Verständigungsverfahren bis heute keine verbindliche Erledigung erfahren habe. Aus diesem Grunde könne keine Korrektur (Aufrollung) der Steuerbescheide erfolgen. Im E-Mail vom urgierte der Bf. sein Erledigungsersuchen und erhob den Vorwurf, dass das FA Salzburg sein Unternehmen vorsätzlich in die Insolvenz treibe. In der E-Mail vom erklärte der Bf. es liege in der Handlungspflicht des BMF ein Ergebnis des Verständigungsverfahrens mitzuteilen, aus dem sich ergebe, wie die Umsetzung der Besteuerung (zur Beseitigung der eingetretenen Doppelbesteuerung) erfolge müsse. Er gehe doch davon aus, dass das BMF nicht vorsätzlich eine korrekte Besteuerung der Einkünfte seiner Gesellschaften verhindern wolle.

In der E-Mail vom schrieb der Bf., dass er einen Rechtsanspruch auf Bekanntgabe des Verständigungsergebnisses habe. Er räume dem BMF dazu eine Monatsfrist ein, nach deren Ablauf er weitere Schritte unternehmen werde.

Mit Bescheid vom , zugestellt am , verhängte das BMF wegen mutwilliger Inanspruchnahme ihrer Tätigkeit über den Bf. eine Mutwillensstrafe in Höhe von € 50.

In der Bescheidbegründung stellt die belangte Behörde die Eingaben des Bf. an das BMF und die dazu erfolgten Auskünfte dar. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf diese beiden Parteien bekannten Ausführung der Bescheidbegründung verwiesen. Zur rechtlichen Begründung der verhängten Mutwillensstrafe wurde im Bescheid Folgendes ausgeführt:

„Gegen Personen, die offenbar mutwillig die Tätigkeit der Abgabenbehörde in Anspruch kann die Abgabenbehörde eine Mutwillensstrafe bis 700 Euro verhängen (§ 112a BAO).

Mutwillig nimmt die Behörde in Anspruch, wer sich in dem Bewusstsein der Grund- und Aussichtslosigkeit, der Nutz- und Zwecklosigkeit seines Anbringens an die Behörde wendet, sowie wer aus Freude an der Behelligung der Behörde handelt ().

Der Mutwille ist offenbar, wenn der Abgabepflichte weiß, dass die Inanspruchnahme der Behörde erfolglos ist und die Aussichtslosigkeit den angestrebten Erfolg zu erreichen für jedermann - d. h. für jede auch nur einigermaßen mit der Sache vertraute Person - erkennbar ist.

Sie haben über Jahre hinweg das BMF dutzendfach mit wiederholten Anfragen und Vorwürfen konfrontiert. Ihnen wurde bereits 2016 mitgeteilt, dass es auch nicht zielführend sei, wenn Sie sich wiederholen. Ihre Rechtsansichten konnten Sie nicht begründen oder schlüssig durch Quellen belegen. Zudem riet Ihnen das BMF mehrfach, Ihren Mitwirkungsverpflichtungen im deutschen Rückerstattungsverfahren nachzukommen (vollständige Offenlegung) und bot Ihnen sogar Unterstützung an (Weiterleitung der Unterlagen).

Am bestätigten Sie sogar selbst, dass Sie davon ausgehen, dass Ihre erneute Anfrage beim BMF nichts bewirken würde. Sie haben sich also im Bewusstsein der Aussichtslosigkeit an das BMF gewandt.

Die Mutwillensstrafe ist eine Ermessensentscheidung. Das BMF hat Ihnen mehrfach – zuletzt auch zeitnah – erklärt, weshalb man Ihnen nicht mehr antwortet. Auch wurden Sie bereits am auf die offenbare Mutwilligkeit ihrer Behördeninanspruchnahme und die Bestimmung des § 112a BAO hingewiesen.

Da diese gelinderen Mittel nicht geeignet waren, eine entsprechende Verhaltensänderung herbeizuführen, war eine Mutwillensstrafe auszusprechen. Aufgrund Ihrer jahrelangen hartnäckigen Behelligung des BMF ist eine Mutwillensstrafe nicht unbillig. Die Mutwillensstrafe wurde im Rahmen des Ermessens mit 50 Euro festgesetzt.“

Mit Schriftsatz vom , eingebracht am , erhob der Beschwerdeführer (in der Folge Bf.) gegen diesen Bescheid frist- und formgerecht Bescheidbeschwerde und brachte zur Begründung Folgendes vor:

„Das Bundesministerium kommt seinen Verpflichtungen zur Bekanntgabe einer Verständigungsvereinbarung zum Verständigungsverfahren mit der Bundesrepublik Deutschland vom nicht nach. Dadurch behindert es auch die Umsetzung der Verständigungsvereinbarung von 1985.

Das Bundesministerium zitiert in der Begründung für die Mutwillensstrafe aus einem umfangreichen Schriftverkehr mit dem Beschwerdeführer bruchstückhaft Auszüge, die unvollständig sind und keine Anspruch auf Richtigkeit der Ausführungen haben. Hierfür benötigt das BMF 17 Seiten, anstelle der Übersendung der eingeforderten Verständigungsvereinbarung, die aufzeigt, was das BMF Wien mit dem BMF Berlin vereinbart hat. Es geht bekannterweise darum, das Verständigungsverfahren von 1985 umzusetzen. Es bedürfte dazu lediglich klarstellender Regelungen hinsichtlich der Anwendung des DBA bezüglich der Besteuerungsrechte der gewerblichen Einkünfte und der Einkünfte der tätigen ausländischen Künstler und die rückwirkende und zukünftige Umsetzung dazu, wie sie mit Deutschland lt, Mitteilung vom (BMF-010221/0019-IV/4/2006) vereinbart wurde.

Der frühere Abteilungsleiter im BMF war bemüht eine Regelung zu finden, nachdem er feststellen musste, dass man von der deutschen Seite mit unvollständigen und unrichtigen Informationen eine Verständigung zum Verfahren aus 2000 erreicht hat oder erreichen wollte. Es sind dazu offensichtlich abkommensabweichende Absprachen mit Deutschland getroffen worden, die mit den abkommensvereinbarten Besteuerungsrechten nicht zu regeln sind, weshalb wohl auch bisher eine schriftliche Bekanntgabe einer Verständigungsvereinbarung unterblieb. Die deutsche Seite hat darauf verwiesen, dass die Verständigungsvereinbarung von Ihnen ausgestellt werden muss.

Der frühere Abteilungsleiter hat auch feststellen müssen, dass die Vereinbarung einer deutschen Besteuerung in der Folge dazu führt, dass österreichische Besteuerungsrechte verloren gehen und daher die in Deutschland versteuerten Einkünfte aus der Steuerbemessung in Österreich herauszunehmen und dafür Steuerrückzahlungen vorzunehmen sind. Hierfür ist erforderlich, dass die Verständigungsvereinbarung vorgelegt wird.

Ich habe mir erlaubt anliegend in Kurzform, die Rechtssituation zu den Verständigungsverfahren 1985 und 2000 (altes DBA- bis 33.12.2002) und 2000 (neues DBA ab ) mit den entsprechenden Bestätigungen der BMF und den dazugehörigen Entscheidungen der Gerichte beizufügen. Daraus wird unschwer erkennbar, dass das BMF seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist und eine mutwillige Belästigung des BMF durch den Beschwerdeführer nicht bestehen kann.

Ich bedauere besonders, dass der gegenständliche Referent im BMF sich nicht die Mühe gemacht hat seine Äußerungen in konzentrierter Form schon früher bekanntzugeben. Das hätte mir die Möglichkeit gegeben ihm den tatsächlichen Sachverhalt aufzuzeigen. Die Bemühungen des früheren Abteilungsleiters wurden mit seiner Pensionierung offensichtlich nicht fortgesetzt.“

Mit Vorlagebericht vom wurde die Beschwerde samt bezugshabenden Verwaltungsakt dem Bundesfinanzgericht (BFG) zur Entscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde führt zusammenfassenden zur maßgeblichen Sach- und Rechtslage sinngemäß  Folgendes aus:

„Wie im angefochtenen Bescheid dargestellt, hat das BMF mehrfach, ausführlich und verständlich dem Bf. erklärt, dass das Verständigungsverfahren abgeschlossen ist. Dem Bf. räumte das BMF am sogar die Möglichkeit ein, eine Stellungnahme zur Position des dBMF abzugeben, obwohl er im Verständigungsverfahren selbst kein Recht auf Parteistellung hat. Diese Möglichkeit nahm der Bf. in einer nicht sachverhaltserhellenden Weise war (z. B. keine Nachweise).

Der Bf. behauptet dennoch, dass das BMF vom dBMF über die tatsächlichen Umstände getäuscht worden sei. Der Bf. hatte jedenfalls die Möglichkeit, das BMF vor Abschluss des Verständigungsverfahrens über die behauptete Täuschung zu informieren.

Nach Abschluss des Verständigungsverfahrens, über dessen Inhalt das BMF den Bf. mehrfach formlos informierte, sind weitere Einwände nicht mehr zielführend. Selbst die DBA-rechtlich nicht vorgesehene Möglichkeit einer Wiederaufnahme des abgeschlossenen Verständigungsverfahrens wurde geprüft. Dem Bf. teilte das BMF mehrfach mit, dass das Verständigungsverfahren als abgeschlossen gilt und darüber mit dem dBMF Einvernehmen besteht.

Dem Abgabepflichtigen kommt im Rahmen des Verständigungsverfahrens keine Parteistellung zu. Das BMF teilte dem Bf. etwa am mit, dass das Verständigungsverfahren nicht mit einem Bescheid abschließt.

Angemerkt wird, dass die Neuregelungen über die Durchführung von Verständigungsverfahren in der Europäischen Union auf Grundlage des § 48 Abs. 2 BAO iVm dem EU-Besteuerungsstreitbeilegungsgesetz, idF BGBl 62/2019, auf den Bf. keine Anwendung finden. Diese Regelungen gelten erst für strittige Doppelbesteuerungsfragen, die einen Besteuerungszeitraum ab dem betreffen und nicht für bereits abgeschlossene Verständigungsverfahren.

Dem Bf. wäre es freigestanden, die Sachverhalte von Anfang an zu erhellen. Auch die spätere Möglichkeit, die ihm das BMF dazu einräumte, nutzte der Bf. nicht zur Sachverhaltsklärung. Insgesamt scheint der Bf. zu meinen, dass er keine Grundaufzeichnungen zu führen habe, weil das Doppelbesteuerungsabkommen auf jeden Fall zu einer Entlastung führen müsse. Dass eine DBA-Entlastung etwa Nachweisführung und das Einhalten verfahrensrechtlicher Bestimmungen voraussetzt, akzeptiert der Bf. nicht. Mehrfache Auskünfte, dass ein Verständigungsergebnis vorliegt (auch wenn diese als Konsultationsvereinbarung bezeichnet wurde), hielten den Bf. nicht davon ab, weitere Anfragen an das BMF zu stellen. Mittlerweile haben sich mehrere Sachbearbeiter/innen mit den Einwänden des Bf. beschäftigt. Nach über zehn Jahren wiederholter Einwände konnte der Bf. niemanden von seinen Rechtsansichten überzeugen.

Im Rahmen der Bescheidbeschwerde wiederholt der Bf. seine amtsbekannten Vorwürfe. Auf die rechtlichen Fragen zur Mutwillensstrafe ging er nicht ein.

Ungeachtet der festgesetzten Mutwillensstrafe kontaktierte der Bf. das BMF am erneut per E-Mail, wegen eines Erörterungsgesprächs zu den Rechtsfragen betreffend das Verständigungsverfahren.

Es ist offenkundig, dass die vom Bf. vertretene Rechtsauffassung über seine Ansprüche aus den Verständigungsverfahren vom BMF nicht geteilt werden. Wenn der Bf. mehrere Sachbearbeiter/-innen des BMF in mehr als 10-jähriger Diskussion nicht davon überzeugen konnte, dass das Verständigungsverfahren noch offen ist und eines formellen Abschlusses bedürfe, muss jedermann davon ausgehen, dass eine nochmalige Aufforderung, die Verständigungslösung endlich bekanntzugeben, keine andere rechtliche Beurteilung als in der Vergangenheit herbeizuführen wird. Der Bf. war sich – wie aus seinem E-Mail vom eindeutig zum Ausdruck kommt – der Aussichtslosigkeit seiner Kontaktaufnahme bewusst.

Der Bf. nahm folglich die Tätigkeit der Abgabenbehörde offenbar mutwillig in Anspruch. Da der Bf die gegenteilige Rechtsansicht der Abgabenbehörde beharrlich negierte und durch seine wiederholt vorgebrachten Einwände unnötig erhebliche Arbeitsleistungen der Abgabenbehörde in Anspruch nahm, war die Verhängung der nunmehr angefochtenen Mutwillensstrafen entsprechend dem Schutzzweck dieser Norm erforderlich. Wie im Bescheid angeführt waren gelindere Mittel nicht geeignet, eine entsprechende Verhaltensänderung beim Bf. herbeizuführen.

Die Festsetzung der Mutwillensstrafe liegt nun sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach im Ermessen (§ 20 BAO) des Gerichtes. Dabei ist etwa die Neigung des Antragstellers zur Geltendmachung aussichtsloser Erledigungsansprüche oder der verursachte Verwaltungsaufwand zu berücksichtigen.

Im Lichte der Judikatur und der gesamten Umstände des Falles erscheint dem BMF die bisher festgesetzte Mutwillensstrafen als zu gering bemessen, um zukünftig eine befriedigende, würdige und rationelle Handhabung des Verfahrens sicherstellen zu können.

Der Bf. zeigt sich nämlich nicht einsichtig, indem er sein bisheriges Verhalten auch nach der Bescheiderlassung – wie oben beschrieben – fortgesetzt hat.

Die Vorschreibung einer Mutwillensstrafe in der Höhe von bloß 50 € war offensichtlich ungeeignet. Für wesentlich geringeren, missbrauchten Verwaltungsaufwand erkannte der UFS, bzw. das BFG deutlich höhere Strafen als zulässig (250 € in UFS, , RD/0003-L/12; 200 € in UFS, , RV/6101058/2015). Im Falle jahrelanger Behelligung der Abgabenbehörde mit aussichtslosen Handlungen erachtete das BFG (, RV/5100882/2013) sogar Mutwillensstrafen im oberen Drittel (z. B. 500 €) als angemessen.“

Der Bf. hat zu dem ihm zugestellten Vorlagebericht, dem auch die Wirkung eines Vorhaltes zukommt, keine Äußerung vorgenommen. Hingegen hat er am eine weitere E-Mail an zwei Mitarbeiter des BMF gerichtet, mit dem stereotypen Ersuchen, das Ergebnis des Verständigungsverfahrens dem Bf. schriftlich zur Kenntnis zu bringen, da eine verpflichtende Umsetzung des Verständigungsergebnisses von Amtswegen zu erfolgen habe und dies bis heute nicht geschehen sei.

II. Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Feststellungen

Das BFG stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Der Bf. hat nach Abschluss eines Verständigungsverfahrens die belangte Behörde über viele Jahre mit zahlreichen schriftlichen, elektronischen, mündlichen und telefonischen Anbringen in derselben Sache erfolglos in Anspruch genommen. Der Bf. beharrt in seinen Eingaben auf den behaupteten Anspruch gegenüber dem BMF auf eine rechtsförmliche Mitteilung der Ergebnisse der ihn betreffenden Verständigungsverfahren (1985 und 2000). Diese sind in Zusammenhang mit seiner Tätigkeit zur Organisation von Kulturveranstaltungen in Deutschland durchgeführt worden.

Im angefochtenen Bescheid sind mehr als 25 Anbringen mit dem gleichen Inhalt und Handlungszweck angeführt. Diese Sachverhaltsdarstellung stimmt mit den aktenkundigen Eingaben (insb. E-Mails) überein. Im noch nicht verjährten Zeitraum, also ab dem Jahr 2018 bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides, sind fünf solche Anbringen des Bf. an das BMF dokumentiert (E-Mails vom , , , und ).

2. Beweiswürdigung

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig und als erwiesene Tatsachen zu beurteilen. Der Bf. ist der Sachverhaltsfeststellung über die Häufigkeit und den Inhalt seiner Inanspruchnahme der belangten Behörde mit keinem Einwand entgegengetreten.

Seine Argumentation, dass er einen Rechtsanspruch auf eine rechtsförmliche Bekanntgabe einer Verständigungslösung zur Beseitigung einer Doppelbesteuerung gegenüber dem BMF habe und solange die Behörde diesem Anspruch nicht nachgekommen sei, können seine Anbringen in dieser Sache keine Behelligung im Sinne des § 112a BAO darstellen, geht ins Leere. Dieses Vorbringen ist einerseits inhaltlich unzutreffend und andererseits für die Beurteilung der Tatbestandsverwirklichung nach § 112a BAO nicht relevant.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Verfahrensrechtliche Grundlagen

Gemäß § 279 Abs. 1 BAO hat das Verwaltungsgericht, außer in den Fällen des § 278, immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

Das BFG hat volle Kognitionsbefugnis und daher die beschwerdegegenständliche Sache so zu entscheiden, als ob diese Sache erstmals nach den für sie geltenden materiell-rechtlichen Bestimmungen behandelt würde. Dabei ist dem BFG auch in Ermessensfragen eine uneingeschränkte eigene Ermessensübung übertragen (Art. 130 Abs. 3 B-VG).

Die Änderungsbefugnis des Verwaltungsgerichts ist durch die Sache begrenzt. Sache ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der belangten Behörde gebildet hat (Ritz, BAO6, § 279 Tz 10). Das sind im gegenständlichen Fall die im Bescheid dargestellten Anbringen an die belangte Behörde (Tathandlungen), wegen denen die Mutwillensstrafe festgesetzt worden ist.

3.2. Mutwillensstrafe

Nach § 112a BAO kann die Abgabenbehörde gegen Personen, die offenbar mutwillig die Tätigkeit der Abgabenbehörde in Anspruch nehmen, eine Mutwillensstrafe bis 700 Euro verhängen.

Die Mutwillensstrafe ist ein abgabenrechtlicher Nebenanspruch, der gemäß § 3 Abs. 2 lit. c BAO iVm. §§ 207 Abs. 3 und 208 Abs. 1 lit. b BAO innerhalb eines Jahres ab Ablauf des Jahres, in dem der maßgebliche Tatbestand verwirklicht wurde, verjährt.

Im gegenständlichen Fall sind daher nur die Tathandlungen, die der Bf. ab dem bis zur Bescheiderlassung gegenüber der belangten Behörde vorgenommen hat, relevant.

In diesem maßgebenden Zeitraum hat der Bf. in Fortsetzung seines jahrelangen Verhaltens das BMF mit fünf weiteren, erfolglosen Anbringen in derselben Sache in Anspruch genommen.

Für den Tatbestand der Mutwillensstrafe ist nicht erheblich, auf welche Weise eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch genommen wird. Jegliches Herantreten an die Behörde in offenbarer Mutwilligkeit iSd § 112a BAO, ist geeignet den Tatbestand zu verwirklichen, z.B. Telefonanrufe oder E-Mails (vgl. Hengstschläger/Leeb AVG2,§ 35 Tz 3). Auf das Vorliegen einer mit dem mutwilligen Anbringen verbundenen Handlungspflicht der Behörde kommt es nicht an.

Dem Bf. wurde in den Vorjahren in zahlreichen Auskünften der Standpunkt des BMF, dass die betreffenden Verständigungsverfahren abschlossen sind, mitgeteilt und ihm dazu auch der Inhalt und die Ergebnisse der Verständigungsverfahren zur Kenntnis gebracht. Dem Bf. wurde ebenso unmissverständlich und ausführlich die eindeutige Rechtslage dargelegt, dass das österreichische Abgabenrecht einem Steuerpflichtigen im Verständigungsverfahren weder eine Parteistellung noch einen Anspruch auf Zustellung einer rechtsförmlichen Verständigungsvereinbarung einräumte.

In Kenntnis dieser wiederholten Auskünfte des BMF ist der Bf. seit mit den angeführten fünf E-Mails wieder in dieser Sache an die Behörde herangetreten. Er wiederholte nicht nur seinen Anspruch auf Bekanntgabe eines Verständigungsergebnisses, sondern setzte ultimative Fristen, kündigte weitere Schritte an und stellte den möglichen Verdacht einer „vorsätzliche Verhinderung einer korrekten Besteuerung seiner Gesellschaften durch das BMF“ in den Raum.

Diese E-Mails bewirkten eine Inanspruchnahme der Behörde. Dieses Herantreten an das BMF erfolgte mutwillig im Sinne des § 112a BAO, weil der Bf. sich der Grund- und Aussichtslosigkeit, der Nutz- und Zwecklosigkeit seines Handelns zur Erreichung seines erklärten abgabenrechtlichen Zieles voll bewusst war. In der E-Mail vom offenbart der Bf. dieses Bewusstsein, indem er schreibt „ich gehe weiterhin davon aus, dass Ihr BMF nicht bereit sein wird, das Ergebnis des Verständigungsverfahrens bekanntzugeben. Es besteht jedoch ein Rechtsanspruch auf Bekanntgabe.“

Bei einem mit dem Wirtschafts- und Rechtsleben vertrauten Unternehmer ist auch vorauszusetzen, dass im bekannt ist, dass für jeden Rechtsanspruch ein durch Säumnisregelungen durchsetzungsfähiger Erledigungsanspruch besteht. Der Bf. hat zwar in unablässiger Wiederkehr seinen Anspruch gegenüber der Behörde in vielen Anbringen vorgetragen, niemals aber die in der Rechtsordnung vorgesehen Schritte zur Durchsetzung eines behaupteten Rechtsanspruches gesetzt. Dies ist ein weiterer Hinweis, dass der Bf. genau weiß, dass der in den Eingaben behauptete Anspruch gar nicht besteht. Auch die Versendung von E-Mails, die im Abgabenrecht überhaupt keine Rechtswirkung haben, indiziert dieses Bewusstsein des Bf. In seinem jahrelangen, hartnäckigen Herantreten an die Behörde mit dem immer gleichen aussichtslosen Anliegen, scheint daher auch eine Freude an der Behelligung zu liegen.

Die Mutwilligkeit seiner behördlichen Inanspruchnahme ist für jedermann offenkundig. Wie bereits dargelegt, wusste der Bf., dass seine E-Mails in dieser Sache ohne jede Aussicht auf Erfolg sind und auch jeder andere, der mit den Umständen einigermaßen vertraut ist, hätte die Aussichtslosigkeit der Anbringen – der bezeichneten fünf E-Mails zwischen Oktober 2018 und Mai 2019 – erkennen müssen. Aus den gesamten Umständen ist zu schließen, dass es dem Bf. gerade darauf ankam, die Behörde nutzlos zu beschäftigen. Der Bf. hat damit missbräuchlich die Tätigkeit einer Verwaltungsbehörde in Anspruch genommen.

Die Festsetzung einer Mutwillensstrafe liegt dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen. Auf Grund der Häufigkeit und unablässigen Wiederholung der behördlichen Inanspruchnahme ist die Vornahme dieses verfahrensrechtlichen Disziplinierungsmittels erforderlich.

Nach der Rsp des VwGH ist bei mutwilligem Einschreiten die Geldstrafe im Rahmen des Höchstbetrages von € 700 derart zu bemessen, dass der Täter von weiteren derartigen Fehlverhalten abgehalten wird (vgl. Hengstschläger/Leeb AVG2, § 35 Tz 6).

Mit der von der belangten Behörde festgesetzten Mutwillensstrafe von € 50 wird das zulässige Ermessen bei der Strafbemessung keinesfalls überschritten. Von einer etwaigen Erhöhung des Strafbetrages im Lichte der im Vorlagebericht vorgetragenen Rechtsprechung hat das Verwaltungsgericht aus verfahrensökonomischen Erwägungen (Vorrang einer schleunigen Erledigung) Abstand genommen.

Es liegt auch an der Verwaltungsbehörde für weitere mutwillige Anbringen des Bf., die nach der Erlassung des angefochtenen Bescheides oder die bei einer anderen Behörde eingebracht wurden, im erforderlichen Ausmaß gemäß § 112a BAO zu sanktionieren, um dieses schädigende Verhalten zu beenden.

Die Beschwerde war daher ohne Erfolg und die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides zu bestätigen.

4. Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).

Im gegenständlichen Fall war keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Subsumtion der inhaltlich nicht bestrittenen Tathandlungen unter den Tatbestand der Mutwillensstrafe nach § 112a BAO steht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des VwGH.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 112a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7104862.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at