Familienbeihilfenanspruch über das 24. Lebensjahr hinaus
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter D in der Beschwerdesache Bf. über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 2/20/21/22 vom , betreffend Familienbeihilfe zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
Sachverhalt:
Das Bundesfinanzgericht nimmt aufgrund der festgestellten Aktenlage den folgenden unstrittigen Sachverhalt als erwiesen an:
Die Tochter der Bf. wurde im Mai 1994 geboren und vollendete im Mai 2018 ihr 24. Lebensjahr. Im Juni 2012 legte sie die Reifeprüfung ab. Von bis absolvierte sie in der Hauptsache einen Sprachkurs in Frankreich in Bordeaux, Schule „XY“, der mit 2 Prüfungen erfolgreich abgeschlossen wurde. Damit Verbindung stand eine Nebentätigkeit als Au-Pair, für die eine wöchentlichen Entschädigung von € 60 lukriert wurde.
Von Oktober 2013 bis März 2017 absolvierte sie ihr Bachelorstudium mit einem Auslandssemester in Norwegen von August 2015 bis Dezember 2015. Ab März 2017 betrieb sie ihr Masterstudium.
Bis Mai 2018 bezog die Bf. Familienbeihilfe. Strittig ist der weitere Bezug der Familienbeihilfe ab Juni 2018.
Bisheriger Verfahrensablauf:
Am beantwortete die Bf. das Schreiben des Finanzamtes zur Überprüfung des Anspruchs auf Familienbeihilfe und legte sowohl die Abschlussdokumente des Bachelorstudiums als auch eine Studienbestätigung für ein Masterstudium im Wintersemester 2017/18 und eine Studienantrittserklärung für ein weiteres Masterstudium ab dem Wintersemester 2017/18 bei.
Am stellte die Bf. einen Antrag auf Weitergewährung der Familienbeihilfe über Mai 2018 hinaus. Begründend führte sie aus, dass die Masterstudien noch voraussichtlich bis Sommer 2019 dauern würden und ihre Tochter von August 2015 bis Jänner 2016 ein Erasmus-Studium in Norwegen besucht habe. Weiters habe sie ein soziales Jahr bzw. eine Sprachausbildung in Frankreich von September 2012 bis Juli 2013 absolviert.
Am übermittelte die Bf. wie telefonisch mit dem Finanzamt vereinbart den Anerkennungsbescheid (Erasmus) der Universität.
Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag ab Juni 2018 ab, weil keine der im Bescheid zitierten Kriterien für einen Anspruch über das 24. Lebensjahr hinaus zutreffen würden.
In ihrer fristgerecht eingebrachten Beschwerde brachte die Bf. folgendes vor:
„Unsere Tochter hat unmittelbar nach ihrer Matura freiwillig ein soziales Jahr in Frankreich absolviert und nebenbei einen Sprachkurs mit Erfolg absolviert (siehe Beilage).
Aus diesem Grund konnte sie erst mit 19 Jahren ihr Studium an der BOKU beginnen.Ihr Studium an der BOKU schloss sie in nahezu Mindeststudienzeitdauer mit dem Bachelor am ab (siehe Beilage).
Während dieser Zeit absolvierte sie auch ein anerkanntes/nachgewiesenes Auslandsstudium in Norwegen-, das laut Homepage der UNI Wien (https://www.uni.at/studium/familienbeihilfe/#verlänqertebezuqsdauer siehe Beilage) auch als Grund für eine Verlängerung der Bezugsdauer über das 24. LJ angeführt wird.
In der Berufungsentscheidung (GZ. RV/0604-S/09) wird ebenfalls anerkannt, dass ein nachgewiesenes Auslandsstudium die Studienzeit verlängert!Zur Zeit studiert unsere Tochter sowohl an der BOKU (Masterstudium) als auch an der FH Wieselburg (ebenfalls Masterstudium).“
Beigelegt wurde folgender Auszug der Homepage der Uni Wien. Dieser war am in gleicher Form abrufbar:
Weiters wurden das Abschlusszeugnis des Bachelorstudiums, der Anerkennungsbescheid der in Norwegen erbrachten Studienleistungen und die Bestätigung über die erfolgreiche Absolvierung der Französisch-Prüfung Niveau B2 am beigelegt.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Nach den Sachverhaltsfeststellungen und der Auflistung der gesetzlichen Grundlagen begründete das Finanzamt die Entscheidung damit, dass zwar ein nachgewiesenes Auslandsstudium eine Verlängerung der Höchststudiendauer nach sich ziehen könne, dies jedoch nicht zu einer Verlängerung des Anspruchs, über das 24. Lebensjahr hinaus, führen könne. Daher liege kein Tatbestand vor, der einen Anspruch vermitteln würde.
In ihrem fristgerecht eingebrachten Vorlagenantrag brachte die Bf. vor:
„Laut Ihrer Beschwerdevorentscheidung vom und der Berufungsentscheidung (GZ. RV/0604-S/09) wird anerkannt, dass ein nachgewiesenes Auslandsstudium die Studienzeit verlängert.
Dieser anerkannte Tatbestand führt laut der Beschwerdevorentscheidung vom allerdings zu keiner Verlängerung des Familienbeihilfenbezuges über das 24. Lebensjahr.
Diese beiden Aussagen widersprechen sich aus meiner Sicht, da einerseits von der Politik eine internationale Ausbildung gefördert wird, andererseits von der Wirtschaft beim Berufseinstieg eine mehrjährige Berufserfahrung mit Auslandserfahrung gefordert wird.
Wie soll dies trotz eines zielstrebigen Studiums – dies liegt bei unserer Tochter unter Hinweis auf die bereits im Vorverfahren vorgelegten Unterlagen definitiv vor – bis zum 24. Lebensjahr vereinbart werden?
Daher ist der eingeschränkte Tatbestand bzw. die Nichtanerkennung eines nachgewiesenen Auslandsstudiums für die Prüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe über das 24. Lebensjahr nicht vereinbar bzw. erklärbar.Abschließend wird festgehalten, dass die Studiendauer für die vollständige Ausbildung (Bachelor- und Masterstudium) in Summe 10 Semester umfasst und somit auch einen weiteren Punkt der Voraussetzungen erfüllt.“
Das Finanzamt legte daraufhin die Beschwerde und die bezughabenden Akten dem BFG vor.
Mit Beschluss vom wurde die Bf. aufgefordert, folgende Fragen zum freiwilligen sozialen Jahr ihrer Tochter in Frankreich zu beantworten:
„Wo, bei welchem Träger und wie lange hat ihre Tochter dieses soziale Jahr in Frankreich absolviert?
Womit befasst sich der Veranstalter dieses sozialen Jahres (Tätigkeitsbereich)? Ist er gemeinnützig oder gewerblich tätig?
Welche Tätigkeiten hat sie dort ausgeführt?
Wie viele Stunden hat sie pro Woche gearbeitet und wie viele Stunden hat sie im Sprachkurs verbracht?
Hat sie für diese Tätigkeit Entgelt in jeglicher Form erhalten und wenn ja, in welcher Höhe hat sie dieses erhalten?“
In der fristgerecht eingebrachten Antwort per E-Mail führte die Bf. aus, dass das soziale Jahr als Au-Pair mit einer Entschädigung von € 60 pro Woche absolviert worden sei, wobei jedoch im Vordergrund das Erlernen der französischen Sprache gestanden sei. Der entsprechende Kurs sei erfolgreich mit Ablegung zweier Prüfungen erfolgreich beendet worden. Beigelegt wurde der Au-Pair Vertrag mit der Gastfamilie in Frankreich in französischer Sprache und der „bisherige Schriftverkehr mit dem Finanzamt inkl. Beilagen.“ Dieser bestand neben der obzit. Beschwerde und dem obzit. Antrag auf Weitergewährung der Familienbeihilfe aus mehreren Schriftsätzen inkl. Beilagen an das Finanzamt aus den Jahren 2012 und 2013 zum Bezug der Familienbeihilfe während des Au-Pair-Aufenthaltes. Die Frage, wer diesen Au-Pair Vertrag vermittelt habe, bzw. ob ein gemeinnütziger Träger der freien Wohlfahrtspflege involviert war, blieb unbeantwortet.
Rechtliche Grundlagen
Gemäß § 2 Abs. 1 lit b Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 besteht Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester überschreiten. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester.
Gemäß § 2 Abs. 1 lit j FLAG 1967 besteht Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie
aa) bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und
bb) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und
cc) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird.
Gemäß § 2 Abs. 1 lit k FLAG 1967 besteht Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, die sich in Berufsausbildung befinden, wenn sie vor Vollendung des 24. Lebensjahres einmalig in der Dauer von acht bis zwölf Monaten eine freiwillige praktische Hilfstätigkeit bei einer von einem gemeinnützigen Träger der freien Wohlfahrtspflege zugewiesenen Einsatzstelle im Inland ausgeübt haben.
Gemäß § 279 BAO ist das Bundesfinanzgericht berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
Erwägungen
Die Bf. bezog bis ihre Tochter das 24. Lebensjahr vollendet hatte zu Recht Familienbeihilfe gemäß § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967. Es ist unstrittig, dass sich die Tochter im Juni 2018 noch innerhalb der vorgesehen Studienzeit plus ein Toleranzsemester ihres Masterstudiums befand.
Ein Auslandsstudium – wie jenes, das die Tochter der Bf. absolviert hat – verlängert zwar gemäß § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967, bei einer Dauer von mindestens drei Monaten, die Studienzeit um ein Semester. Dies steht jedoch in keinem Zusammenhang mit einem Anspruch auf Familienbeihilfe über das 24. Lebensjahr hinaus. Insofern ist der Bf. in Punkt 3 des Vorlageantrags nicht zuzustimmen, da dieser Umstand zu keinem Widerspruch führt. Ein Auslandsstudium verlängert nur die Zeitspanne, in der das Studium als Berufsausbildung anzusehen ist und in der das Studium einen Anspruch vermitteln kann. Es kann daher beispielsweise dazu führen, dass während eines aufrechten Bachelorstudiums mit einer vorgesehenen Studienzeit von 6 Semestern auch im 9. Semester noch ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, wenn die übrigen Voraussetzungen – insbesondere die Nichtvollendung des 24. Lebensjahres – erfüllt sind. Insofern unterscheidet sich dieser Sachverhalt schon dadurch von jenem in der von der Bf. zitierten Entscheidung (RV/0604-S/09), da dort der Sohn der Berufungswerberin im strittigen Zeitraum die Altersgrenze (von damals noch 26 Jahren) nicht überschritten hat. Auch der markierte Teil des der Beschwerde beigelegten Auszugs der Homepage der Uni Wien bezieht sich lediglich auf die Verlängerung der zulässigen Studienzeit und nicht auf eine Verlängerung des Anspruchs über das 24. Lebensjahr hinaus, wiewohl aus der Gestaltung der Seite potentiell andere Schlüsse gezogen werden könnten. Bei der Beurteilung, ob ein Anspruch besteht, sind sowohl das Finanzamt als auch das BFG an das Gesetz gebunden. Da diesem in diesen Punkten eine klare Regelung entnommen werden kann, ist dem Punkt 3 des Vorlageantrags keine Anspruchsgrundlage zu entnehmen.
Zu Punkt 4 des Vorlageantrags ist festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) dazu in seinem Erkenntnis vom , 2011/16/0086 erkannt und im Erkenntnis vom , 2011/16/0066 bestätigt hat:
„Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes stellt auch das Masterstudium an einer Universität gegenüber einem vorangegangenen Bachelorstudium ein eigenständiges Studium und eine eigene (weiterführende) Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG dar, ebenso wie ein Fachhochschul-Masterstudiengang gegenüber einem vorangegangenen Fachhochschul-Bachelorstudiengang. Davon ist das früher allgemein, nunmehr eingeschränkt verbreitete (vgl. § 54 Abs. 2 UG), in Studienabschnitte gegliederte Diplomstudium an einer Universität zu unterscheiden, von welchem auch § 2 Abs. 1 lit. b FLAG bei der Bestimmung über die "Studienzeit pro Studienabschnitt" und über das Absolvieren eines Studienabschnittes ausgeht.“
Daher sind auch im vorliegenden Sachverhalt das Bachelor- und das Masterstudium als jeweils eigene Studien zu sehen. Inwiefern für eine „vollständige Ausbildung“ beide Studien zu absolvieren sind, ist dabei irrelevant (vgl. auch UFS RV/2036-W/11). Daher absolvierte die Tochter der Bf. kein Studium mit einer Studiendauer von 10 Semestern, sondern ein Bachelorstudium mit einer Dauer von 6 Semestern und ein Masterstudium mit einer Dauer von 4 Semestern. Somit ist die Voraussetzung des § 2 Abs. 1 lit j sublit bb FLAG 1967 nicht erfüllt. Da diese sublitera mit einem „und“ verknüpft sind, müssten für einen Anspruch auf Familienbeihilfe bis zum 25. Lebensjahr die Voraussetzungen kumulativ vorliegen. Daher besteht auch nach § 2 Abs. 1 lit j FLAG 1967 kein Anspruch auf Familienbeihilfe.
Weiters brachte die Bf. sowohl in ihrem ursprünglichen Antrag als auch in der Beschwerde vor, dass ihre Tochter ein soziales Jahr in Frankreich absolviert habe.
Auch wenn, weder die Bf. noch das Finanzamt, einen denkmöglichen Anspruch gemäß § 2 Abs. 1 lit k FLAG 1967, in Betracht gezogen haben, sah sich das Gericht, im Rahmens seiner vollen Kognitionsbefugnis (§ 279 BAO), veranlasst, diesen zu prüfen. Da diesbezüglich noch genauerer Angaben und Ausführungen fehlten, stellte das Gericht ergänzende Ermittlungen an.
Dazu muss die ausgeführte Tätigkeit eine (vgl. auch ):
freiwillige
praktische Hilfstätigkeit
für eine Dauer von acht bis zwölf Monaten
bei einem gemeinnützigen Träger der Wohlfahrtspflege
an von diesem zugewiesener Einsatzstelle im Inland sein.
Jedenfalls sind im gegenständlichen Fall die drei erstgenannten Tatbestandsmerkmale erfüllt. Im obzit. Erkenntnis stellt der VwGH klar, dass die praktische Hilfstätigkeit „auch einen von der freien Wohlfahrtspflege abweichenden Charakter aufweisen“ kann. Daher sind die üblichen Tätigkeiten eines Au-Pairs, wie etwa Kinderbetreuung, als praktische Hilfstätigkeit zu qualifizieren. Auch die wöchentliche Entschädigung von € 60 schadet dem Charakter der Freiwilligkeit nicht und die Dauer der Tätigkeit liegt mit rund zehn Monaten zwischen den geforderten acht bis zwölf.
Jedoch befand sich die Einsatzstelle der Tochter der Bf. in Frankreich und damit nicht im Inland. In einem ähnlich gelagerten Fall hat der Unabhängige Finanzsenat (RV/0483-W/12) ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zur Frage gestellt, ob dieser Regelung das Unionsrecht, insbesondere die Bestimmungen über Dienstleistungsfreiheit, entgegenstehe. Da das Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend (BMWFJ) in weiterer Folge die Rechtsansicht vertreten habe, dass auch Einsatzstellen in der EU, des EWR und der Schweiz unter „Einsatzstellen im Inland“ fallen würden, wurde das Vorabentscheidungsersuchen zurückgezogen (RV/0483-W/12, zust Lenneis, SWI 4/2013, 147). Das Gericht teilt diese Rechtsansicht, womit auch dieses Tatbestandsmerkmal als erfüllt anzusehen ist.
Allerdings muss diese Hilfstätigkeit bei einem „gemeinnützigen Träger der Wohlfahrtspflege“ absolviert werden, wobei dieser im konkreten Fall dieselben Kriterien wie ein inländischer erfüllen müsste. Eine genaue Definition des Begriffs „gemeinnütziger Träger der Wohlfahrtspflege“ ist dem FLAG nicht zu entnehmen. Üblicherweise werden Au-Pair Tätigkeiten nicht von solchen gemeinnützigen Trägern vermittelt. Es gibt auch keinerlei Hinweise auf einen derartigen Träger, diesbezügliche Nachfragen des Gerichtes blieben unbeantwortet.
Mittlerweile finden sich dazu in § 8 Abs. 1 Freiwilligengesetz (FreiwG) folgende Voraussetzungen für die Anerkennung als gemeinnütziger Träger der freien Wohlfahrtspflege:
die fachlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen zur Organisation des Freiwilligen Sozialjahres, insbesondere
ausreichende Finanzmittel zur Durchführung des Freiwilligen Sozialjahres,
das Vorliegen eines Programms zur pädagogischen Betreuung und Begleitung für die Teilnehmer/innen im Ausmaß von mindestens 150 Stunden nach § 8 Abs. 4 Z 2,
das Vorliegen eines Qualitätssicherungskonzeptes,
zahlenmäßig ausreichendes, entsprechend qualifiziertes Personal für die Betreuung der Teilnehmer/innen (insbesondere eine konkrete Ansprechperson) sowie für die Information und Auswahl der Interessenten/innen,
Erfahrungen im Freiwilligenmanagement.
das Vorhandensein von mindestens 15 im Hinblick auf die Ziele des Freiwilligen Sozialjahres geeigneten, sowie vom Träger unabhängigen Einsatzstellen mit überregionaler Streuung in zumindest drei verschiedenen Einsatzbereichen nach § 9 Abs. 1, die insbesondere auch die Voraussetzung des § 9 Abs. 2 (Arbeitsmarktneutralität) erfüllen.
Eine geeignete Einsatzstelle ist nach § 9 Abs. 1 FreiwG eine gemeinwohlorientierte und nicht gewinnorientierte Einrichtung aus einem der folgenden Bereiche: Rettungswesen, Krankenanstalten, Sozial- und Behindertenhilfe, Betreuung alter Menschen, Betreuung von Drogenabhängigen, Betreuung von von Gewalt betroffenen Menschen, Betreuung von Flüchtlingen und Vertriebenen, Betreuung von Obdachlosen, Kinderbetreuung, Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Senioren/innen.
Die Ziele des Freiwilligen Sozialjahrs sind gemäß § 6 FreiwG insbesondere die Vertiefung von schulischer Vorbildung, das Kennenlernen der Arbeit in der Einsatzstelle, die Persönlichkeitsentwicklung, die Erweiterung und Anwendung von Kenntnissen zum Erwerb von Fertigkeiten für soziale Berufsfelder, die Berufsorientierung, die Stärkung sozialer Kompetenzen und die Förderung des freiwilligen sozialen Engagements der Teilnehmer/innen.
Zwar verweist § 2 Abs. 1 lit k FLAG 1967 nicht auf das FreiwG (zumal dieses erst mehr als 1 Jahr später beschlossen worden und in Kraft getreten ist), weshalb die Definitionsmerkmale des § 8 Abs. 1 FreiwG nicht als zwingende Voraussetzungen für die Qualifikation als gemeinnütziger Träger der freien Wohlfahrtspflege iSd FLAG zu sehen (vgl. auch UFS RV/0431-G/13) sind. Diese können allerdings sehr wohl zur Interpretation herangezogen werden. Nach Überzeugung des Gerichtes entspricht es nicht nur der Verkehrsauffassung, sondern lässt sich auch aus dieser Gesetzesbestimmung klar ableiten, dass ein Vermittler von Au-Pairs üblicherweise nicht als gemeinnütziger Träger der freien Wohlfahrtspflege anzusehen ist.
Im Ergebnis besteht daher weder nach § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967, noch nach § 2 Abs. 1 lit j und auch nicht nach § 2 Abs. 1 lit k ein Anspruch auf Familienbeihilfe. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Frage der Beurteilung von Bachelor- und Masterstudien als getrennte Studien ist durch obzit. höchstgerichtlichen Entscheidungen bereits hinreichend geklärt und das BFG sah keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzuweichen.
Weiters ergibt sich die Auswirkung eines Auslandsstudiums auf den Anspruch auf Familienbeihilfe über das 24. Lebensjahr unmittelbar aus den einschlägigen Rechtsvorschriften, deren Anwendung und Auslegung, soweit sie den Fall des Bf. betreffen, unstrittig sind.
Da allerdings noch keine Rechtsprechung des VwGH zur Auslegung des Begriffes „gemeinnützigen Trägers der freien Wohlfahrtspflege“ iSd § 2 Abs. 1 lit k FLAG 1967 vorliegt, ist die Revision zulässig.
Wien, am
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 2 Abs. 1 lit. j FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 2 Abs. 1 lit. k FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 8 Abs. 1 FreiwG, Freiwilligengesetz, BGBl. I Nr. 17/2012 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.7103142.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at