TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 24.10.2019, RV/7104237/2016

Aufhebung der Aussetzung der Einhebung von Glücksspielabgaben, Erfolgsaussichten der Beschwerde gegen die Grundlagenbescheide

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Vorsitzenden V, den Richter Ri und die weiteren Senatsmitglieder Beisitzer1 und Beisitzer2 in der Beschwerdesache Bf., AdresseBf., vertreten durch Foissner & Foissner Stb GmbH & Co KG, Salzburger Straße 267, 4030 Linz, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , St.Nr. ****, betreffend Aufhebung gemäß § 299 BAO nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Abwesenheit der Beschwerdeführerin, in Anwesenheit ihres steuerlichen Vertreters, des Amtsvertreters sowie der Schriftführerin A.B. in der Sitzung vom zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Gemeinsam mir den Vorlageantrag gegen die Beschwerdevorentscheidung betreffend die Bescheide über die Festsetzung von Glückspielabgabe für die Monate Jänner und Februar 2013 sowie Juni 2013 bis Februar 2014 beantragte die Beschwerdeführerin (Bf.) am die Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO folgender Abgaben und Nebengebühren:

Glückspielabgabe 01/2013 in Höhe von € 23.258,35
Glückspielabgabe 02/2013 in Höhe von € 11.685,01
Glückspielabgabe 03/2013 in Höhe von € 18.975,68
Glückspielabgabe 04/2013 in Höhe von € 23.514,35
Glückspielabgabe 05/2013 in Höhe von € 24.495,68
Glückspielabgabe 06/2013 in Höhe von € 22.975,68
Glückspielabgabe 07/2013 in Höhe von € 25.711,68
Glückspielabgabe 08/2013 in Höhe von € 26.258,35
Glückspielabgabe 09/2013 in Höhe von € 26.257,68
Glückspielabgabe 10/2013 in Höhe von € 26.922,35
Glückspielabgabe 11/2013 in Höhe von € 23.975,68
Glückspielabgabe 12/2013 in Höhe von € 27.394,35
Glückspielabgabe 01/2014 in Höhe von € 26.383,68
Glückspielabgabe 02/2014 in Höhe von € 24.426,35
Säumniszuschlag A 1/2013 in Höhe von € 334,45
Säumniszuschlag B 1/2013 in Höhe von € 167,23
Säumniszuschlag C 1/2013 in Höhe von € 167,23
Säumniszuschlag A 1/2013inHöhe von € 69,72
Säumniszuschlag A 2/2013 in Höhe von € 202,56
Säumniszuschlag B 2/2013 in Höhe von € 101,28
Säumniszuschlag C 2/2013 in Höhe von € 101,28
Säumniszuschlag A 3/2013 in Höhe von € 379,51
Säumniszuschlag B 3/2013 inHöhe von € 189,76
Säumniszuschlag C 3/2013 inHöhe von € 189,76
Säumniszuschlag A 4/2013 in Höhe von € 470,29
Säumniszuschlag B 4/2013 in Höhe von € 235,14
Säumniszuschlag B 4/2013 in Höhe von € 235,14
Säumniszuschlag A 5/2013 in Höhe von € 489,91
Säumniszuschlag B 5/2013 in Höhe von € 244,96
Säumniszuschlag C 5/2013 in Höhe von € 244,96
Säumniszuschlag A 6/2013 in Höhe von € 459,51
Säumniszuschlag A 7/2013inHöhe von € 514,23
Säumniszuschlag A 8/2013 in Höhe von € 525,17
Säumniszuschlag A 9/2013 in Höhe von € 530,55
Säumniszuschlag A 10/2013 in Höhe von € 538,45
Säumniszuschlag A 11/2013 in Höhe von € 479,51
Säumniszuschlag A 12/2013 in Höhe von € 547,89
Säumniszuschlag A 1/2014 in Höhe von € 527,60
Säumniszuschlag A 2/2014 in Höhe von € 488,53
Aussetzungszinsen in Höhe von € 1.848,75

---------

Mit Bescheid vom bewilligte das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern  und Glücksspiel die Aussetzung der Einhebung folgender Abgaben bis zur Erledigung der Bescheidbeschwerde betreffend die zugrundliegenden angefochtenen Bescheide:

Abgabe Fälligkeit Betrag in Euro

Säumniszuschlag 1 201 3 fällig am in Höhe von € 538,45
Säumniszuschlag 1 2013 fällig am in Höhe von € 479,51
Säumniszuschlag 1 2013 fällig am in Höhe von € 547,89
Säumniszuschlag 1 201 4 fällig am in Höhe von € 527,60
Säumniszuschlag 1 2014 fällig am in Höhe von € 488,53
Aussetzungszinsen 2015 fällig am in Höhe von € 1.848,75

---------

Mit Bescheid vom hob das Finanzamt diesen Bescheid über die Aussetzung der Einhebung (§ 212a BAO) vom gemäß § 299 BAO auf.

Zur Begründung führte die Abgabenbehörde wie folgt aus:

„Gemäß § 299 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde einen Bescheid aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist. Da die inhaltliche Rechtswidrigkeit eine nicht bloß geringfügige Auswirkung hat, war die Aufhebung des im Spruch bezeichneten Bescheides von Amts wegen zu verfügen. Durch die Aufhebung des Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung des aufgehobenen Bescheides befunden hat.

Der Spruch des Bescheides über die Bewilligung einer Aussetzung der Einhebung vom erweist sich aus folgenden  Überlegungen als nicht richtig:

Gemäß § 212a Abs. 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde  abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zu Grunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Gemäß § 212a Abs. 2 lit. a BAO ist die Aussetzung der Einhebung nicht zu bewilligen, soweit die Beschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint. Gemäß § 212a Abs. 2 lit. b BAO ist die Aussetzung der Einhebung nicht zu bewilligen, soweit mit der Bescheidbeschwerde ein Bescheid in Punkten angefochten wird, in denen er nicht von einem Anbringen des Abgabepflichtigen abweicht.

Hinsichtlich der im aufzuhebenden Bescheid angeführten Säumniszuschläge und Aussetzungszinsen war die beantragte Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a Abs. 2 lit. a BAO nicht zu bewilligen, da aufgrund der ständigen Rechtsprechung und dem klaren Wortlaut des Gesetzes (§ 1Abs. 2 GSpG, § 57 Abs. 1GSpG) die anhängige Beschwerde gegen die Bescheide über die Festsetzung der Glücksspielabgabe für die Monate 01/2013 bis 02/2013 und 06/2013 bis 02/2014 sowie gegen die Bescheide, mit welchen die Anträge gemäß § 201 BAO auf Festsetzung der Glücksspielabgabe für die Monate 03/2013 bis 05/2013 abgewiesen wurden, nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend  erscheint.

Hierbei wird auf die ständige Rechtsprechung des UFS (nunmehr BFG) und des BFG (UFS Wien vom , RV/1666-W/06, RV/1665-W/06, RV/1338-W/05, RV/0031-W/02 RV/1669- W/06, RV/1668-W/06, RV/1667-W/06, RV/1664-W/06, RV/1663-W/06; UFS Wien vom , RV/0421-W/02; UFS Wien vom , RV/0369-W/02, RV/0036-W/02; UFS Innsbruck vom ,RV/0499-I/10; UFS Innsbruck vom , RV/0500-I/10; UFS Wien vom , RV/0743-W/11; UFS Graz vom  , RV/0744-G/11; ; ) sowie auf die Rechtsprechung des , vom ,B 58-62/2014 und vom , E 293/2015 verwiesen.

Das Bundesfinanzgericht führt in seinem Erkenntnis vom , RV/7103332/2011 aus:

„Durch die Glücksspielgesetznovelle 2008 wurde die Besteuerung von bestimmten Glücksspielen mit Rechtsgeschäftsgebühren aus dem Gebührengesetz herausgenommen und transformiert zu den Glücksspielabgaben in das Glücksspielgesetz § 57 GSpG bis § 59 GSpG eingestellt. Wie gezeigt werden konnte, handelt es sich bei den §§ 57 ff GSpG um die Nachfolgebestimmungen zu § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 und Z 8 GebG, weswegen viele steuerlichen Grundsätze übertragen werden können. Man kann durchaus sagen, bei den Glücksspielabgaben handelt es sich um eine Art Rechtsgebühren bzw. um eine Rechtsverkehrsteuer (vgl. )."

Die zur Gewinnstgebühr gem. § 33 TP 17 GebG ergangene Rechtsprechung ist daher auch auf die verfahrensgegenständliche Glücksspielabgabe anzuwenden.

In der Abgabeneinhebung ist auch kein Eingriff in verfassungsgesetzlich geschützte Rechte zu erkennen, weil es der Abgabenpflichtige in der Hand hat, die Vorkehrungen für die Entrichtung der Abgabenschuld zu treffen ( und vom , B 58- 62/2014).

Weiters führt der aus: „Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Verfassungswidrigkeit des § 1 Abs. 2 GSpG, sowie der Bestimmungen über die Glücksspielabgaben in den §§ 57 bis 59 GSpG behauptet wird, lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung in einem anderen verfassungsgesetzlich  gewährleisteten Recht oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat: Es liegt grundsätzlich im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, wenn er das Pokerspiel dem Regime des Glücksspielgesetzes unterwirft (vgl. VfSlg. 19.767 /2013). Auch die Ausgestaltung der Glücksspielabgabe nach § 57 GSpG überschreitet nicht den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers (vgl. VfSlg. 10.001/1984,10.365/1985, 11.143/1986, 11.615/1988 uva.; vgl. auch VfSlg. 15.432/1999, 16.585/2002, 16.740/2002, 16.923/2003)."

Im Abschluss wird auf das VwGH Erkenntnis vom  , 2011/17/0114, zur Kriegsopferabgabe, deren Bemessungsgrundlage sich mit jener der Glücksspielabgabe weitgehend deckt, verwiesen. Es ist daher unwahrscheinlich, dass der VwGH in der Entscheidung über die anhängige Revision zur Glücksspielabgabe von seiner bisherigen Judikaturlinie abweichen wird.

Gemäß § 20 BAO müssen sich Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben, in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen  nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Bei der im Sinne des § 20 BAO vorgenommenen Interessensabwägung war dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (nur Gewährung der Begünstigung der Aussetzung der Einhebung bei Vorliegen der Voraussetzungen) der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit (Parteieninteresse an der Rechtskraft) einzuräumen.

Zudem wurde abgewogen, dass im gegenständlichen  Fall das öffentliche Interesse an der Einbringung der Abgabe (Zweckmäßigkeitsgründe)  gegenüber dem Interesse des Abgabepflichtigen  überwiegt, wobei auch davon auszugehen ist, dass gemäß § 114 BAO die Abgabenbehörden darauf zu achten haben, dass alle Abgabepflichtigen gleichmäßig erfasst werden.“

--------

Gegen diesen Bescheid gemäß § 299 BAO vom richtete sich die gegenständliche frist- und formgerechte Beschwerde vom , mit welcher unrichtige rechtliche Beurteilung eingewendet wird.

Zur Begründung wird in der Beschwerde wie folgt ausgeführt:

„1. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist eine in Österreich ansässige Person mit Wohnsitz in XY die einen frei gewerblichen Pokerclub betrieben hat. Am Standort der Beschwerdeführerin wurden ausschließlich Pokerspiele im Lebendspiel ohne Bankhalter in Form von Pokertournieren und Cash Games durchgeführt, wobei sich die Dienstleistung der Beschwerdeführerin sich auf die entgeltliche Bereitstellung von Karten und Tischen in den Räumen der Beschwerdeführerin erstreckt.

Fraglich in diesem Zusammenhang ist, ob
a) es sich im gegenständlichen Fall von Ausspielungen um Geschicklichkeitsspiele handelt, die nicht dem Glücksspielmonopol unterliegen und daher auch keine Glücksspielabgaben iSd § 57 Abs. 1GSpG anfallen, oder
b) ob es sich um Ausspielungen handelt, die als Glücksspiele iSd § 1 Abs. 1 GSpG anzusehen sind, und Glücksspielabgabe gemäß Glücksspielabgaben iSd § 57Abs. 1 GSpG anfallen
c) und falls b) zutrifft, ob es sich dabei um eine verfassungskonforme Besteuerung des zu gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbstätigkeit (Art 6 StGG) handelt.

2. Poker als Glücksspiel Zeitraum 10/2013 - 2/2014

2.1. Auffassung der Finanzverwaltung

Demnach sei das Spiel „Poker" gemäß der von der Finanzverwaltung angewendeten Rechtslage idF des GSpG nach dem trotz der Streichung des Wortes „Poker" als dem § 1 Abs. 2 GSpG unter Verweis auf als Glücksspiel gemäß § 1Abs. 1 GSpG anzusehen, bei dem die Entscheidung vorwiegend oder überwiegend vom Zufall abhänge. Glücksspiele iSd § 1 Abs. 1 GSpG unterliegen einer Glücksspielabgabe von 16% Einsatz.

2.2. Auffassung der Beschwerdeführerin

Wie bereits in der Bescheidbeschwerde vom dargelegt, vertritt die Beschwerdeführerin, folgende Rechtsansicht hinsichtlich der Zulässigkeit der in ihren Räumlichkeiten durchgeführten Pokerausspielungen auf Basis des vorliegenden Gewerbescheines und der glücksspielabgabenrechtlichen Konsequenzen:

Im Erkenntnis vom , (G 26/2013, G 90/2012) hat der Verfassungsgerichtshof das Wort „Poker" in den §§ 1 Abs. 2, 22 und 60 Abs. 24 GSpG gestrichen und iZm § 22 GSpG als verfassungswidrig erkannt. Insofern stellt sich im angegebenen Zeitraum mangels gesetzlicher normierter Legaldefinition wiederum die Frage des Vorliegens eines Glücksspiels.

2.2.1. Vorliegen von Geschicklichkeitsspielen

Die traditionellen Kartenspiele des Pokers sind vorwiegend Geschicklichkeitsspiele, die im Gegensatz zu typischen Glücksspiel nicht auf einem zivilrechtlichen Vertrag dem ausspielenden Unternehmer und den Spielern, sondern zwischen den Spielern beruhen.

In dem von der Abgabenbehörde verwiesenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes () ist jedoch nicht generell ausgesprochen worden, dass alle Kartenspiele des Pokers Glücksspiele iSd Glücksspielgesetzes seien. Das durch die Behörde im Rahmen der Ermittlungen des dem VwGH zu Grunde gelegenen Verfahrens durch die Behörde vorgelegte Sachverständigengutachten besagte, dass der Ausgang der in Frage stehenden Pokerarten nicht ausschließlich, aber überwiegend vom Zufall abhingen. Der Sachverständige stützte seine These insbesondere auf mathematisch formalisierten Überlegungen, wonach die geringe Wahrscheinlichkeit eine bestimmte Kombination von Karten zu erhalten, die Wahrscheinlichkeit, dass ein Spieler seine Entscheidungen auf Basis der den Mitspielern zugeteilten Karten treffe, gegen Null gehe, weshalb der Ausgang des Spieles vorwiegend vom Zufall abhinge und deshalb ein Glücksspiel vorläge.

Dem ist entgegenzuhalten, dass die bei den traditionellen Pokerspielen maßgeblichen Umstände in diesem Gutachten keine ausreichende Berücksichtigung fanden bzw. als unmaßgeblich angesehen wurden, nämlich, dass das Spiel selbst von physisch-rationalen, strategischen Überlegungen und von der Geschicklichkeit der des einzelnen Spielers abhängig ist, sodass ein Spieler durch Bluffen oder aufgrund der Reaktionen der Mitspieler selbst bei schlechteren Karten ein günstigeres Spielergebnis erreichen kann, als es die Kartenlage ohne Berücksichtigung des Spielverlaufes von Beginn an, also nach der Kartenverteilung, vorsehen würde. Während am Spielbeginn Gewinn und Verlust keineswegs feststehen, verändern sich die Gewinnchancen mit jeder auf Geschicklichkeit beruhenden Spielhandlung eines Spielers. Gewiss spielt bei Poker - wie bei jedem Kartenspiel - auch ein gewisses Maß an Zufall mit, es gibt aber keine mathematisch exakten Kriterien für die begriffliche, empirische Zuordnung des Pokers zu den typischen Glücksspielen, bei welchen schließlich nur der Zufall ausschlaggebend ist. Die Zuteilung der Karten ist bei Poker nämlich nicht überwiegend spielentscheidend, vielmehr ist für den Verlauf  des Spieles die rational steuerbare Geschicklichkeit, lediglich unterstützt vom Zufall einer Kartenlage und dies über mehrere Spielfolgen (zB bei der Ausrichtung von Turnieren) maßgeblich. Die bloße Datenansammlung und die Wahrscheinlichkeitsrechnung über Kartenlagen können niemals Erfahrungswerte und vergleichende Beobachtungen der Wirklichkeit des Spielverhaltens einzelner Spieler über mehrere Spielverläufe ersetzen. Dies wird nicht zuletzt im Lebendspiel deutlich, wo bestimmte Pokerspieler über längere Zeiträume weltweite Dominanz ausspielen. Wenn die dort gespielten traditionellen Pokerspiele wirklich überwiegend vom Zufall abhängig wären, wäre die Umschlagshäufigkeit  der an den weltweit höchstdotierten Turnieren Teilnehmern extrem hoch, dh. überwiegend verschiedene Spieler würden teilnehmen. Das Gegenteil ist der Fall, eine geringe Anzahl von meisten denselben Spielern ist teilnahmeberichtigt und dominiert über einen längeren Zeithorizont gesehen, die Turnierszene (wie auch bei anderen Sportarten, wo die Weltrangliste auch nicht vom Zufall, sondern der Geschicklichkeit des Spielers abhängt). Dies wurde nunmehr auch versucht empirisch nachzuweisen. Durch eine neuen Methode wurde der relativen Geschicklichkeitsvorteil im Pokerspiel quantifiziert und damit die Behauptung widerliegt, dass Pokerspieler ein Glücksspiel sei. Bei den durchgeführten wissenschaftlichen Untersuchungen wurde sichtbar, dass in einem vereinfachten Pokerspiel, bei dem jeder Akteur lediglich eine Entscheidung  zu treffen hat, ein geschickter Spieler aufgrund seiner gewählten Strategie eine Favoritenrolle von 65:35 einnehmen könne. Im realen Pokerspiel hätten die Akteure einen größeren Handlungsspielraum zur Verfügung und daher wäre der Wert noch höher anzusetzen, weil die unterlegenen Spieler dann auch entsprechend mehr Möglichkeiten haben, Fehler zu machen.

Beweis:     Martin Sture - „SKILL BEATS LUCK - Der Geschicklichkeitsfaktor im 'Pokerspiel", 2015 (ISBN 978-3734765940)

Zusammenfassend kann daher festgehalten werden, dass am Verhalten eines Gewinners, an seinen Chancen, Erfolgen und Misserfolgen über mehrere Spielverläufe nach empirischen Kriterien anhand seiner Kartenlage und Geschicklichkeit die rechtliche Qualifikation des Vorliegens eines Glücks- oder Geschicklichkeitsspieles zu prüfen wäre, und nicht auf einer Wahrscheinlichkeitsberechnung mathematisch veranschlagten Zufall möglich Kartenlagen in einem isoliert betrachteten Spiel.

Weiters ist festzuhalten, dass nicht alle Pokerspiele empirisch mit alle anderen Arten von Poker vergleichbar sind, da bei jeder Art von Poker unterschiedliche individuell empirische nachzuweisende Verhaltensweisen der Spieler maßgeblich sind. Da der Beschwerdeführer im angeführten Fall dem Gutachten des Finanzamtes nicht in gleicher fachlicher Art mittels eines Gegengutachtens gegenübergetreten ist, ist die Beweisführung des Vorliegens eines Glücksspieles im konkreten Fall auf eine Schlüssigkeitsprüfung beschränkt und nur eingeschränkt aussagefähig. Neben der Tatsache, dass der Entscheidung ihr nach § 63 Abs. 1 VwGG nur für den konkreten Fall verbindliche Wirkung zukommt, sind wir der Rechtsauffassung, dass die im Urteil angeführten Argumente nicht eins zu eins auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar sind und es sich bei den Pokerspielen ausschließlich um Geschicklichkeitsspiele handelt, die nicht dem Glücksspielgesetz unterliegen.

In Folge der Auffassung der Beschwerdeführerin, dass es sich bei Poker um kein Glücksspiel, sondern um ein Geschicklichkeitsspiel handelt, können im angegebenen Zeitraum auch keine Glücksspielabgaben anfallen.

2.2.2. Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbstätigkeit (Art 6 StGG)

Durch Art 6 StGG ist die Erwerbsfreiheit garantiert. Geschützt ist jede auf wirtschaftlichen Erwerb gerichtete Tätigkeit. Das Halten von Poker ohne Bankhalter - ebenso wie das Vermitteln von Glücksspiel für andere Wirtschaftsteilnehmer - fällt daher in den Schutzbereich des Grundrechts. Auf Art 6 StGG können sich österreichische Staatsbürger und juristische Personen mit Sitz im Inland berufen, somit auch Unternehmer mit Sitz in Österreich oder österreichische Vermittler von (in- oder ausländischen) Unternehmern.

Nach der Rsp des Verfassungsgerichtshofs schützt Art 6 StGG nur vor intentionalen Eingriffen in die Erwerbsfreiheit, nicht jedoch vor Maßnahmen mit anderer Zielsetzung, die als faktische Nebenwirkung eine Einschränkung der Erwerbstätigkeit zur Folge haben. Die Normierung von Steuern hat offenkundig vor allem fiskalische Gründe; eine dadurch bewirkte Beschränkung der Erwerbstätigkeit wäre insofern nur eine faktische Be- bzw Verhinderung  einer Erwerbstätigkeit.

Eingriffe in die Erwerbsfreiheit sind jedoch nur zulässig, wenn diese im öffentlichen Interesse geboten sind, zur Verwirklichung dieses öffentlichen Interesses geeignet und adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen ist - dh, wenn der Eingriff verhältnismäßig ist. Bei der Beurteilung der Angemessenheit einer beschränkenden Maßnahme ist auch zu prüfen, ob Alternativen bestehen, die den angestrebten Zweck in einer gleich wirksamen, aber die Grundrecht weniger einschränkenden, Weise erreichen lassen. Im Erkenntnis VfSlg 9750 und in jenem vom (B 533/11) sah der VfGH das Ziel der Eindämmung des Glücksspiels als im öffentlichen Interesse liegend und die geprüfte Besteuerung als sachlich gerechtfertigt an, jedoch nur dann und insoweit als das Vorliegen einer exzessiven, das Wesen dieser Grundrechte beeinträchtigenden Regelung nicht vorliegt. Dies ist jedoch vorliegend der Fall, da die Besteuerung gemäß § 57 Abs. 1 GSpG bei Rechtmäßigkeit der Besteuerung in dieser Form sämtliche nicht konzessionierte Unternehmer die Pokerausspielungen durchführen insbesondere den Erwerbszweig der freien gewerblichen Unternehmer mit Inkrafttreten der Bestimmung  mit schlagartig und ohne Möglichkeit der Tätigkeitsausübung ausschalten würde.

Die hier geprüften Umstände - höhere Besteuerung von (aufgrund des Unionsrechts den Konzessionären gleichgestellten) Nicht-Konzessionären im Vergleich zu Konzessionären zum Zweck der Zurückdrängung des Glücksspiels - stellen sich allerdings als unverhältnismäßig dar:

Die Unverhältnismäßigkeit des § 57 Abs. 1GSpG idF der GSpG-Novelle 2010 ist insbesondere daraus zu erblicken, dass die Besteuerung nicht vom tatsächlichen Betriebsumsatz des Unternehmens, sondern von der Höhe der Einsätze der Pokerspieler erhoben wird.

a. Exzessive Besteuerung

Der Beschwerdeführerin ist es nicht möglich eine höhere Steuerlast an Glücksspielabgabe zu tragen als den Rohertrag den sie erwirtschaftet (vgl. in den Betriebsprüfung vorgelegten Aufstellungen im zu Grunde liegenden Prüfungszeitraum). Kein Unternehmer kann eine Erwerbstätigkeit ausführen, bei der die Glücksspielabgabenbelastung - ohne Berücksichtigung weiterer Steuern höher ist, als der Rohertrag, mit dem er seine laufenden Aufwendungen (Miete, Personal, etc.) zu bestreiten hat. Dies kommt die Belastung der Pokerausspielungen mit Glücksspielabgaben iSd § 57 Abs. 1 GSpG einer Erdrosselungsbesteuerung gleich, das de facto einem Berufsverbot gleichkommt. Vergleicht man die festgesetzte Abgabenschuld mit dem Einnahmen der Beschwerdeführerin wird augenscheinlich, dass es sich um keine bloß die Rentabilität der Tätigkeit schmälernde Belastung geht, sondern die Erwerbstätigkeit vollständig unterbindet.

Aufgrund der Eigenart des Pokerspiels und seiner Gewinnmöglichkeiten ist es auch nicht möglich, den Spieler zur Abgabe von 16% des Einsatzes zu verhalten, da die Gewinnmöglichkeiten beim Pokerspiel eine derartig hohe Abschöpfung nicht zulassen würden. Bei einer durchschnittlichen Dauer einer solchen Ausspielung von rund 5 Minuten, hätte der Spieler innerhalb von kurzer Zeit (also nach spätestens 7 Spielen), 100% seines Einsatzes zusätzlich an Glücksspielabgabe zu  entrichten. Ein solches Spiel wäre aufgrund der steuergesetzlichen Bestimmungen somit am Markt nicht konkurrenzfähig, somit für Spieler unzugänglich, wodurch diese  Besteuerungsform  daher  faktisch einer Unterbindung des Pokerspiels im frei gewerblichen Unternehmerbereich  gleichkommt.

b. Unverhältnismäßiger Sachaufwand

Weiters stellt sich der für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage erforderlicher Sachaufwand als unverhältnismäßig dar. Es kann der Beschwerdeführerin im Vergleich zu den Konzessionären und Internetanbietern in Folge des Abstellens bei der Bemessungsgrundlage auf das einzelne Spiel nicht zugemutet werden, notwendiges zusätzliches eigenes Personal für die Erfassung der Einsatzhöhen an den jeweiligen Pokertischen einzusetzen, wodurch der Spielbetrieb in einer nicht vertretbaren Art und Weise gestört würde. Dies würde einen erheblichen Wettbewerbsnachteil  für die Beschwerdeführerin darstellen.

c. Ermittlung der Bemessungsgrundlage im Schätzverfahren

Die aus den Spieleinsätzen resultierende Bemessungsgrundlagen können vom frei gewerblichen  nur rechnerisch fiktiv und nicht auch ein rechtlich materieller Umsatz des Unternehmers erfasst werden. Aufgrund der in der Praxis daher kaum mögliche Erfassung der Spieleinsätze im Rahmen des Cash Games ist die Berechnung der Bemessungsgrundlage im Fall von Pokerausspielungen wie selbst von der Finanzverwaltung eingeräumt wird in der Regel nur im Schätzwege zu ermitteln. So auch im vorliegenden Fall. Eine Schätzung ist nicht zulässig, da eine Schätzung der Bemessungsgrundlage nur ausnahmsweise für jene Fälle vorgesehen sei, in denen der Abgabepflichtige hinter seinen Mitwirkungspflichten im Abgabenverfahren zurückbleibe oder die Ermittlung ausnahmsweise aus objektiven Gründen nicht möglich sei. Da sich die Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen  im Fall der Ermittlung der Einsätze im Fall von Pokerausspielungen - wie im Punkt b. dargelegt als unverhältnismäßig erweist -  gibt es auch das Schätzungsverfahren keine sachliche Rechtfertigung.

Selbst wenn die unterschiedliche Besteuerung im öffentlichen Interesse liegen würde, wäre diese jedenfalls nicht erforderlich im Sinne der Verhältnismäßigkeitsprüfung: Die niedrigere Besteuerung von Konzessionären zeigt, dass allfällige taugliche Ziele auch mit einer niedrigeren (eben gleich niedrigen) Steuerlast verwirklicht werden können. Bei freien gewerblichen Unternehmern könnte dies bspw über die GewO geregelt werden. Stehen sich zwei im zu  beurteilenden Zusammenhang gleichartige Gruppen gegenüber,  können Grundrechtsbeschränkungen, die eine Gruppe schwerer treffen als die andere, nicht erforderlich sein: Die mildere Grundrechtsbeschränkung der einen Gruppe belegt, dass es gelindere Mittel zur Zielerreichung gibt als die schwerer wiegende Beschränkung der anderen Gruppe.

Im vorliegenden Zusammenhang stehen sich Konzessionäre und (aufgrund des Unionsrechts den Konzessionären gleichgestellte) Nicht-Konzessionäre gegenüber, wobei Konzessionäre einer milderen Besteuerung unterliegen. Dies zeigt, dass es Alternativen zur höheren Besteuerung von gleichgestellten Nicht-Konzessionären gibt, die den angestrebten Zweck in einer gleich wirksamen, aber die Grundrechte weniger einschränkenden, Weise erreichen lassen, nämlich die Besteuerung von Nicht-Konzessionären im selben Ausmaß wie von Konzessionären unter allfällige Ergänzung anderer Begleitmaßnahmen.

Festzuhalten ist, dass das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer Konzession zur Veranstaltung von Pokerausspielungen bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit keine Rolle spielt: Auch in Bezug auf Wirtschaftsteilnehmer, die zwar über keine konzessionelle Erlaubnis verfügen, zeigt die niedrigere Besteuerung der österreichischen Konzessionäre, dass die höhere Besteuerung von Nichtkonzessionären nicht erforderlich und daher verfassungswidrig ist.

Die höhere Steuerlast von gleichgestellten Nicht-Konzessionären stellt smit nicht das gelindeste Mittel zur Zielerreichung dar und verletzt Art 6 StGG.

Aus den angeführten Gründen wird die Rechtsansicht vertreten, dass keine Glücksspielabgabe auf ein Kartenspiel in Form von Poker im genannten Zeitraum einzuheben ist.

Der oben angeführte Bescheide wird daher angefochten und ihre Aufhebung beantragt.

3. Abweisung der Aussetzung

In ihrer Begründung führt das Finanzamt an, dass die Aussetzung nicht zu bewilligen war, insoweit die Beschwerde nach Lage des Falles wenig Erfolg versprechend erscheint. Demnach wir für den auf Judikatur des VfGH Bezug genommen, indem festgehalten wird, dass es dem Gesetzgeber freistehe, Poker als Glücksspiel zu definieren.

Festzuhalten ist, dass im verfahrensgegenständlichen Zeitraum Poker nicht per Legaldefinition als Glücksspiel in § 1 Abs. 2 GSpG definiert wurde und die zitierte Judikatur sohin nicht anwendbar ist.

Dem ist entgegen zu halten, dass die Beschwerdeführerin wie bereits in der Bescheidbeschwerde vom in Zusammenhang mit den zu Grunde liegenden Glücksspielabgabenbescheiden die Rechtsauffassung vertritt, die Einschlägigkeit der Judikatur des auf die obig genannten Einwände und die zwischenzeitlich Weiterentwicklung des Erkenntnisstandes zu Poker als Geschicklichkeitsspiel nicht gegeben ist, da diese in der Judikatur des Verwaltungsgerichthofes noch nicht gewürdigt wurden. Die zitierte BFG Judikatur ist keine höchstgerichtliche Judikatur. Dies gilt sowohl für Pokerturniere als auch für „Cash Games".

Weiters ist dem entgegenzuhalten, dass es keine VfGH-Judikatur zur Verfassungskonformität hinsichtlich des Rechts auf Freiheit der Erwerbstätigkeit in Folge der oben angeführten Punkte vorliegt.

Alleine aus diesem Aspekt kann abgleitet werden, dass sich die Rechtsansicht des Finanzamtes hinsichtlich der mangelnden Erfolgsaussicht als nicht schlüssig erweist.

Im Zusammenhang mit dem vorliegenden Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht betreffend sämtliche angefochtene Bescheide stellen wir den

ANTRAG

gemäß § 272 Abs. 2 Z 1lit. a und lit. b BAO idgF auf Entscheidung über die Beschwerde durch den gesamten Berufungssenat, den

ANTRAG

gemäß § 274 Abs. 1Z 1lit. a. und lit. b BAO idgF auf mündliche Verhandlung.“

----------

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die Finanzbehörde die gegenständliche Beschwerde als unbegründet ab.

Zur Begründung wurde wie folgt ausgeführt:

„Mit der Begründung des angefochtenen Bescheides bereits ausführlich dargelegt, dass die im Zusammenhang mit dem Aussetzungsantrag stehende Beschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint. Mit Unrichtigkeit des Spruches des angefochtenen Bescheides liegt vor, da gemäß § 212a Abs. 2 lit. a BAO die Aussetzung der nicht zu bewilligen ist, wenn die Beschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint.

Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, Poker sei im Zeitraum 10/2013 - 2/2014 nicht als Glücksspiel anzusehen gewesen, ist festzuhalten, dass die Glücksspieleigenschaft von Poker - abgesehen von zahlreichen Entscheidungen des UFS bzw. des BFG - bereits durch höchstgerichtliche Judikatur bestätigt wurde (). Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin hat sich der VwGH auch mit Umständen auseinandergesetzt, die man der Geschicklichkeit eines Spielers zuschreiben könnte. Der VwGH hält insbesondere fest, dass der Umstand, dass allenfalls ein Spieler durch Bluffen selbst bei schlechten Karten ein günstiges Spielergebnis erreichen könnte (was man der Geschicklichkeit eines Spielers zuschreiben könnte) und dass ein Spieler darüber hinaus seine Entscheidungen nicht allein von den mathematischen Wahrscheinlichkeiten, welches Blatt die Mitspieler angesichts der bekannten (offen zugeteilten) Karten haben könnten, sondern auch von deren Verhalten während des Spiels abhängig machen könnte, den Spielen nicht den Charakter als Glücksspiel nimmt.

Poker war daher auch im oben angeführten Zeitraum als Glücksspiel iSd § 1 Abs. 1 GSpG anzusehen. Diese Ansicht entspricht der höchstgerichtlichen Rechtsprechung.

Zur behaupteten Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbstätigkeit wird erneut auf die Rechtsprechung des VfGH verwiesen: Gegen das Erkenntnis des , mit welchem dieses die Rechtsansicht des Finanzamtes und damit die Glücksspielabgabepflicht von Ausspielungen in Form von Poker-Cashgames und Pokerturnieren gemäß § 57 Abs. 1 GSpG bestätigt hat, wurde Beschwerde an den VfGH erhoben. Mit Beschluss vom , E 293/2015, lehnte der VfGH die Behandlung dieser Beschwerde mit Beschluss ab und begründete dies wie folgt:
„Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Verfassungswidrigkeit des § 1 Abs. 2 GSpG, sowie der Bestimmungen über die Glücksspielabgaben in den §§ 57 bis 59 GSpG behauptet wird, lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat: Es liegt grundsätzlich im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, wenn er das Pokerspiel dem Regime des Glücksspielgesetzes unterwirft (vgl. VfSlg. 19.767/2013).Auch die Ausgestaltung der Glücksspielabgabe nach § 57 GSpG überschreitet nicht den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers (vgl. VfSlg. 10.001/1984, 10.365/1985, 11.143/1986, 11.615/1988 uva.; vgl. auch VfSlg. 15.432/1999, 15.585/2002, 16.740/2002, 16.923/2003)."

Der von der Beschwerdeführerin vertretenen Rechtsansicht, es liege eine Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbstätigkeit vor, kann daher unter Verweis auf die Rechtsprechung des VfGH nicht gefolgt werden.

Im Lichte der angeführten höchstgerichtlichen Rechtsprechung erscheint die im Zusammenhang mit dem Aussetzungsantrag stehende Beschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend. Die Aufhebung des Bescheides erfolgte aus den angeführten Gründen zu Recht, es war daher spruchgemäß zu entscheiden.“

----------

Mit Schriftsatz vom beantragte die Beschwerdeführerin die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und wiederholte ihr bisheriges Beschwerdevorbringen, ohne dieses zu ergänzen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 299 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde kann auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist. Der Antrag hat zu enthalten:
a) die Bezeichnung des aufzuhebenden Bescheides;
b) die Gründe, auf die sich die behauptete Unrichtigkeit stützt.
(2) Mit dem aufhebenden Bescheid ist der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden. Dies gilt nur, wenn dieselbe Abgabenbehörde zur Erlassung beider Bescheide zuständig ist.
(3) Durch die Aufhebung des aufhebenden Bescheides (Abs. 1) tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor der Aufhebung (Abs. 1) befunden hat.

§ 212a BAO lautet:
(1) Die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, ist auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Bescheidbeschwerde die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.
(2) Die Aussetzung der Einhebung ist nicht zu bewilligen,
a) soweit die Beschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint, oder
b) soweit mit der Bescheidbeschwerde ein Bescheid in Punkten angefochten wird, in denen er nicht von einem Anbringen des Abgabepflichtigen abweicht, oder
c) wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet ist.

Mit den dem Aussetzungsantrag zugrundeliegenden Beschwerden gegen die Bescheide über die Festsetzung von Säumniszuschlägen und Aussetzungszinsen wird deren Rechtswidrigkeit seitens der Beschwerdeführerin damit begründet, dass die zugrundeliegenden Abgabenbescheide (Festsetzungsbescheide betreffend Glückspielabgabe) unrichtig wären. Unbestritten besteht eine mittelbare Abhängigkeit der Höhe der gegenständlichen Nebengebühren von der Erledigung der Beschwerde gegen die zugrunde liegenden Stammabgabenbescheide über die Festsetzung der Glückspielabgaben.

Die Rechtmäßigkeit der Aussetzung der Einhebung der hier in Rede stehenden Säumniszuschläge und Aussetzungszinsen ist daher von den Erfolgsaussichten der Beschwerde gegen die zugrundeliegenden Abgabenbescheide betreffend Festsetzung der Glückspielabgabe abhängig.

Gemäß § 212a Abs. 2 BAO ist die Aussetzung der Einhebung nicht zu bewilligen, soweit die Beschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint. Insoweit wird auf die Begründung des an die Bf. gleichzeitig ergangenen Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7104236/2016, welchem ein gleichgelagerter Sachverhalt und dieselben Rechtsfragen zugrunde lagen, verwiesen.

Insgesamt richtet sich das Beschwerdevorbringen eindeutig gegen das Gesetz (Spieleinsatz als Bemessungsgrundlage und dessen Nichtaufzeichnung, Schätzung bei nicht ordnungsgemäßer Aufzeichnung der Bemessungsgrundlagen) und auch gegen die angeführte ständige Rechtsprechung der Höchstgerichte.

Im Hinblick auf die dargelegte Rechtslage ist nach der Aktenlage die Beschwerde gegen die zugrunde liegenden Bescheide betreffend Säumniszuschläge und Aussetzungszinsen wenig erfolgversprechend, weshalb der zugrunde liegende Bescheid über die Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO mit Rechtswidrigkeit behaftet und daher gemäß § 299 BAO aufzuheben war. Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als rechtskonform.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer ordentlichen Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das gegenständliche Erkenntnis passiert auf der zitierten ständigen und einheitlichen Rechtsprechung der Höchstgerichte. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
Glücksspiel
betroffene Normen
§ 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 1 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 57 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 58 Abs. 3 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 59 Abs. 1 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 60 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
Art. 6 StGG, Staatsgrundgesetz, RGBl. Nr. 142/1867
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7104237.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at