Aufhebung der Aussetzung der Einhebung von Glücksspielabgaben, Erfolgsaussichten der Beschwerde gegen die Grundlagenbescheide
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Vorsitzenden V, den Ri und die weiteren Senatsmitglieder Beisitzer1 und Beisitzer in der Beschwerdesache Bf., AdresseBf., vertreten durch Foissner & Foissner Stb GmbH & Co KG, Salzburger Straße 267, 4030 Linz, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , St.Nr. 10***, betreffend Aufhebung gemäß § 299 BAO nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Abwesenheit der Beschwerdeführerin, in Anwesenheit ihres steuerlichen Vertreters, des Amtsvertreters sowie der Schriftführerin A.B. in der Sitzung vom zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Gemeinsam mit dem Vorlageantrag gegen die Beschwerdevorentscheidung betreffend die Bescheide über die Festsetzung von Glückspielabgabe für die Monate Jänner und Februar 2013 sowie Juni 2013 bis Februar 2014 beantragte die Beschwerdeführerin (Bf.) am die Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO folgender Abgaben und Nebengebühren:
Glückspielabgabe 01/2013 in Höhe von € 23.258,35
Glückspielabgabe 02/2013 in Höhe von € 11.685,01
Glückspielabgabe 03/2013 in Höhe von € 18.975,68
Glückspielabgabe 04/2013 in Höhe von € 23.514,35
Glückspielabgabe 05/2013 in Höhe von € 24.495,68
Glückspielabgabe 06/2013 in Höhe von € 22.975,68
Glückspielabgabe 07/2013 in Höhe von € 25.711,68
Glückspielabgabe 08/2013 in Höhe von € 26.258,35
Glückspielabgabe 09/2013 in Höhe von € 26.257,68
Glückspielabgabe 10/2013 in Höhe von € 26.922,35
Glückspielabgabe 11/2013 in Höhe von € 23.975,68
Glückspielabgabe 12/2013 in Höhe von € 27.394,35
Glückspielabgabe 01/2014 in Höhe von € 26.383,68
Glückspielabgabe 02/2014 in Höhe von € 24.426,35
Säumniszuschlag A 1 /2013 in Höhe von € 334,45
Säumniszuschlag B 1/2013 in Höhe von € 167,23
Säumniszuschlag C 1/2013 in Höhe von € 167,23
Säumniszuschlag A 1/2013 in Höhe von € 69,72
Säumniszuschlag A 2/2013 in Höhe von € 202,56
Säumniszuschlag B 2/2013 in Höhe von € 101,28
Säumniszuschlag C 2/2013 in Höhe von € 101,28
Säumniszuschlag A 3/2013 in Höhe von € 379,51
Säumniszuschlag B 3/2013 in Höhe von € 189,76
Säumniszuschlag C 3/2013 in Höhe von € 189,76
Säumniszuschlag A 4/2013 in Höhe von € 470,29
Säumniszuschlag B 4/2013 in Höhe von € 235,14
Säumniszuschlag B 4/2013 in Höhe von € 235,14
Säumniszuschlag A 5/2013 in Höhe von € 489,91
Säumniszuschlag B 5/2013 in Höhe von € 244,96
Säumniszuschlag C 5/2013 in Höhe von € 244,96
Säumniszuschlag A 6/2013 in Höhe von € 459,51
Säumniszuschlag A 7/2013 in Höhe von € 514,23
Säumniszuschlag A 8/2013 in Höhe von € 525,17
Säumniszuschlag A 9/2013 in Höhe von € 530,55
Säumniszuschlag A 10/201 3 in Höhe von € 538,45
Säumniszuschlag A 11/2013 in Höhe von € 479,51
Säumniszuschlag A 12/2013 in Höhe von € 547,89
Säumniszuschlag A 1/2014 in Höhe von € 527,60
Säumniszuschlag A 2/2014 in Höhe von € 488,53
Aussetzungszinsen in Höhe von € 1.848,75
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Mit Bescheid vom bewilligte das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel die Aussetzung der Einhebung folgender Abgaben bis zur Erledigung der Bescheidbeschwerde betreffend die zugrundliegenden angefochtenen Bescheide:
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Abgabe | Fälligkeit | Betrag in Euro |
Säumniszuschlag 1 2013 | 334,45 | |
Säumniszuschlag 1 2013 | 202,56 | |
Säumniszuschlag 1 2013 | 379,51 | |
Säumniszuschlag 2 2013 | 167,23 | |
Säumniszuschlag 1 2013 | 470,29 | |
Säumniszuschlag 3 2013 | 167,23 | |
Säumniszuschlag 2 2013 | 101,28 | |
Säumniszuschlag 2 2013 | 189,76 | |
Säumniszuschlag 2 2013 | 235,14 | |
Säumniszuschlag 1 2013 | 489,91 | |
Säumniszuschlag 3 2013 | 101,28 | |
Säumniszuschlag 3 2013 | 189,76 | |
Säumniszuschlag 3 2013 | 235,14 | |
Säumniszuschlag 2 2013 | 244,96 | |
Säumniszuschlag 3 2013 | 244,96 | |
Glückspielabgabe 01/2013 | 3.485,76 | |
Glückspielabgabe 02/2013 | 1.556,82 | |
Glückspielabgabe 06/2013 | 22.975,68 | |
Glückspielabgabe 07/2013 | 25.711,68 | |
Glückspielabgabe 08/2013 | 26.258,35 | |
Glückspielabgabe 09/2013 | 26.527,68 | |
Glückspielabgabe 10/2013 | 26.922,35 | |
Glückspielabgabe 11/2013 | 23.975,68 | |
Glückspielabgabe 12/2013 | 27.394,35 | |
Glückspielabgabe 01/2014 | 26.383,68 | |
Glückspielabgabe 02/2014 | 24.426,35 | |
Säumniszuschlag 1 2013 | 69,72 | |
Säumniszuschlag 1 2013 | 459,51 | |
Säumniszuschlag 1 2013 | 514,23 | |
Säumniszuschlag 1 2013 | 525,17 | |
Säumniszuschlag 1 2013 | 530,55 |
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Mit Bescheid vom hob das Finanzamt diesen Bescheid über die Aussetzung der Einhebung (§ 212a BAO) vom gemäß § 299 BAO auf.
Zur Begründung führt die Abgabenbehörde wie folgt aus:
„Gemäß § 299 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde einen Bescheid aufheben, wenn derSpruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist. Da die inhaltliche Rechtswidrigkeit einenichtbloß geringfügige Auswirkung hat, war die Aufhebung des im Spruch bezeichnetenBescheides von Amts wegen zu verfügen. Durch die Aufhebung des Bescheides tritt dasVerfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung des aufgehobenen Bescheidesbefunden hat.
Der Spruch des Bescheides über die Bewilligung einer Aussetzung der Einhebung vom 16.06.2015 erweist sich aus folgenden Überlegungen als nicht richtig:
Gemäß § 212a Abs. 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar odermittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, auf Antrag desAbgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderungunmittelbaroder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder aufeinenBescheid, dem kein Anbringen zu Grunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch imAusmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld.
Gemäß § 212a Abs. 2 lit. a BAO ist die Aussetzung der Einhebung nicht zu bewilligen, soweit die Beschwerde nach Lagedes Falles wenig erfolgversprechend erscheint. Gemäß § 212a Abs. 2 lit. b BAO ist dieAussetzung der Einhebung nicht zu bewilligen, soweit mit der Bescheidbeschwerde ein Bescheidin Punkten angefochten wird, in denen er nicht von einem Anbringen des Abgabepflichtigen abweicht. Die Aussetzung kommt höchstens insoweit in Betracht, als der Bescheid eineNachforderung zur Folge hat (; ). Der Begriff "Nachforderung" entspricht jenem des § 198 Abs. 2 BAO.Hinsichtlich der sich in den Monaten 01/2013 bis 02/2013 und 06/2013 bis 02/2014 aufgrundder bescheidmäßig festgesetzten Glücksspielabgabe und des selbstberechneten Betragesergebenden Nachforderung an Glücksspielabgabe und aller im aufzuhebenden Bescheidangeführten Säumniszuschläge war die beantragte Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a Abs. 2 lit. a BAO nicht zu bewilligen, da aufgrund der ständigen Rechtsprechung und demklaren Wortlaut des Gesetzes (§ 1 Abs. 2 GSpG, § 57 Abs. 1 GSpG) die anhängige Beschwerdegegen die Bescheide über die Festsetzung der Glücksspielabgabe für die Monate 01/2013 bis02/2013 und 06/2013 bis 02/2014 sowie gegen die Bescheide, mit welchen die Anträge gemäß § 201 BAO auf Festsetzung der Glücksspielabgabe für die Monate 03/2013 bis 05/2013abgewiesen wurden, nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint.
Hierbei wird auf die ständige Rechtsprechung des UFS (nunmehr BFG) und des BFG (UFS Wien vom , RV/1666-W/06, RV/1665-W/06, RV/1338-W/05, RV/0031-W/02 RV/1669-W/06, RV/1668-W/06, RV/1667-W/06, RV/1664-W/06, RV/1663-W/06; UFS Wien vom , RV/0421-W/02; UFS Wien vom , RV/0369-W/02, RV/0036-W/02; UFS Innsbruck vom ,RV/0499-I/10; UFS Innsbruck vom , RV/0500-I/10; UFS Wien vom , RV/0743-W/11; UFS Graz vom , RV/0744-G/11; ; ; ) sowie auf die Rechtsprechung des , vom , B 58-62/2014 und vom , E 293/2015 verwiesen.
Das Bundesfinanzgericht führt in seinem Erkenntnis vom , RV/7103332/2011 aus:
„Durch die Glücksspielgesetznovelle 2008 wurde die Besteuerung von bestimmten Glücksspielenmit Rechtsgeschäftsgebühren aus dem Gebührengesetz herausgenommen und transformiert zuden Glücksspielabgaben in das Glücksspielgesetz § 57 GSpG bis § 59 GSpG eingestellt. Wiegezeigt werden konnte, handelt es sich bei den §§ 57 ff GSpG um die Nachfolgebestimmungen zu § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 und Z 8 GebG, weswegen viele steuerlichen Grundsätze übertragenwerden können. Man kann durchaus sagen, bei den Glücksspielabgaben handelt es sich um eine Art Rechtsgebühren bzw. um eine Rechtsverkehrsteuer (vgl. RS/7100015/2012)."
Die zur Gewinnstgebühr gem. § 33 TP 17 GebG ergangene Rechtsprechung ist daher auch aufdieverfahrensgegenständliche Glücksspielabgabe anzuwenden.
In der Abgabeneinhebung ist auch kein Eingriff in verfassungsgesetzlich geschützte Rechte zuerkennen, weil es der Abgabenpflichtige in der Hand hat, die Vorkehrungen für die Entrichtungder Abgabenschuld zu treffen ( und vom , B 58-62/2014).
Weiters führt der aus: „Soweit die Beschwerdeaber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Verfassungswidrigkeit des § 1 Abs. 2 GSpG, sowie der Bestimmungen über die Glücksspielabgaben in den §§ 57 bis 59 GSpG behauptet wird, lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat: Es liegt grundsätzlich im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, wenn er das Pokerspiel dem Regime des Glücksspielgesetzes unterwirft (vgl. VfSlg. 19.767 /2013). Auch die Ausgestaltung der Glücksspielabgabe nach § 57 GSpG überschreitet nicht den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers (vgl. VfSlg. 10.001/1984,10.365/1985, 11.143/1986, 11.615/1988 uva.; vgl. auch VfSlg. 15.432/1999, 16.585/2002, 16.740/2002, 16.923/2003)."
Im Abschluss wird auf das VwGH Erkenntnis vom , 2011/17/0114, zur Kriegsopferabgabe, deren Bemessungsgrundlage sich mit jener der Glücksspielabgabe weitgehend deckt, verwiesen. Es ist daher unwahrscheinlich, dass der VwGH in der Entscheidung über die anhängige Revision zur Glücksspielabgabe von seiner bisherigen Judikaturlinie abweichen wird.
Eineweitere Unrichtigkeit des Spruchs ist darin zu erblicken, dass betreffend die Monate01/2013 - 02/2013 nicht über den gesamten beantragten Aussetzungsbetrag abgesprochenwurde.
Gemäß § 20 BAO müssen sich Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessenzu treffen haben, in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Bei der im Sinne des § 20BAO vorgenommenen Interessensabwägung war dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (nurGewährung der Begünstigung der Aussetzung der Einhebung bei Vorliegen derVoraussetzungen) der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit (Parteieninteresse ander Rechtskraft) einzuräumen.
Zudem wurde abgewogen, dass im gegenständlichen Fall das öffentliche Interesse an derEinbringung der Abgabe (Zweckmäßigkeitsgründe) gegenüber dem Interesse des Abgabepflichtigen überwiegt, wobei auch davon auszugehen ist, dass gemäß § 114 BAO dieAbgabenbehörden darauf zu achten haben, dass alle Abgabepflichtigen gleichmäßig erfasstwerden.“
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Gegen diesen Bescheid gemäß § 299 BAO vom richtet sich die gegenständliche frist- und formgerechte Beschwerde vom , mit welcher unrichtige rechtliche Beurteilung eingewendet wird.
Zur Begründung wird in der Beschwerde wie folgt ausgeführt:
„1. Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin ist eine in Österreich ansässige Person mit Wohnsitz in XY die einen freigewerblichen Pokerclub betrieben hat. Am Standort der Beschwerdeführerin wurden ausschließlich Pokerspiele im Lebendspiel ohne Bankhalter in Form von Pokertournieren und Cash Games durchgeführt, wobei sich die Dienstleistung der Beschwerdeführerin auf die entgeltlicheBereitstellung von Karten und Tischen in den Räumen der Beschwerdeführerin erstreckt.
Fraglich in diesem Zusammenhang ist, ob
a) es sich im gegenständlichen Fall von Ausspielungen um Geschicklichkeitsspiele handelt, dienicht dem Glücksspielmonopol unterliegen und daher auch keine Glücksspielabgaben iSd § 57Abs. 1 GSpG anfallen, oder
b) ob es sich um Ausspielungen handelt, die als Glücksspiele iSd § 1 Abs. 1 GSpG anzusehen sind,und Glücksspielabgabe gemäß Glücksspielabgaben iSd § 57 Abs. 1 GSpG anfallen
c) und falls b) zutrifft, ob es sich dabei um eine verfassungskonforme Besteuerung des zu gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbstätigkeit (Art 6 StGG) handelt.
2. Poker als Glücksspiel Zeitraum 1/2013 - 7/2013
2.1. Auffassung der Finanzverwaltung
Die Festsetzung der in den Bescheiden angeführten Glücksspielabgaben für Pokerausspielungen wird unter Verweis auf die Niederschrift über die Schlussbesprechung gemäß § 149 Abs. 1 BAO vomanlässlich der zur Grunde liegenden Außenprüfung bei der Beschwerdeführerin begründet.
In der Rechtslage ab sei das Wort "Poker" explizit in § 1 Abs. 2 GSpG aufgenommenworden, wodurch sich die Frage, ob ein Glücksspiel oder ein Geschicklichkeitsspiel vorliegt nicht mehrvon Relevanz sei, wobei der VfGH in seiner Rechtsprechung vom , G 26/2013 ua. dieNormierung von Poker als Glücksspiel als verfassungskonform eingestuft habe. Glücksspiele iSd § 1Abs. 1 GSpG unterliegen einer Glücksspielabgabe von 16% Einsatz.
2.2. Auffassung der Beschwerdeführerin
Wie bereits in der zu Grunde liegenden Bescheidbeschwerde vom dargelegt, vertritt dieBeschwerdeführerin folgende Rechtsansicht hinsichtlich der Zulässigkeit der in ihren Räumlichkeitendurchgeführten Pokerausspielungen auf Basis des vorliegenden Gewerbescheines und derglücksspielabgabenrechtlichen Konsequenzen:
2.2.1. Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit derErwerbstätigkeit (Art 6 StGG)
Durch Art 6 StGG ist die Erwerbsfreiheit garantiert. Geschützt ist jede auf wirtschaftlichen Erwerbgerichtete Tätigkeit. Das Halten von Poker ohne Bankhalter - ebenso wie das Vermitteln vonGlücksspiel für andere Wirtschaftsteilnehmer - fällt daher in den Schutzbereich desGrundrechts. Auf Art 6 StGG können sich österreichische Staatsbürger und juristische Personen mitSitz im Inland berufen, somit auch Unternehmer mit Sitz in Österreich oder österreichische Vermittlervon (in- oder ausländischen) Unternehmern.
Nach der Rsp des Verfassungsgerichtshofs schützt Art 6 StGG nur vor intentionalen Eingriffen in die Erwerbsfreiheit, nicht jedoch vor Maßnahmen mit anderer Zielsetzung, die als faktische Nebenwirkung eine Einschränkung der Erwerbstätigkeit zur Folge haben. Die Normierung von Steuern hat offenkundig vor allem fiskalische Gründe; eine dadurch bewirkte Beschränkung der Erwerbstätigkeit wäre insofern nur eine faktische Be- bzw Verhinderung einer Erwerbstätigkeit.
Eingriffe in die Erwerbsfreiheit sind jedoch nur zulässig, wenn diese im öffentlichen Interesse geboten sind, zur Verwirklichung dieses öffentlichen Interesses geeignet und adäquat undauch sonst sachlich zu rechtfertigen ist - dh wenn der Eingriff verhältnismäßig ist. Bei derBeurteilung der Angemessenheit einer beschränkenden Maßnahme ist auch zu prüfen, ob Alternativenbestehen, die den angestrebten Zweck in einer gleich wirksamen, aber die Grundrechte weniger einschränkenden, Weise erreichen lassen. Im Erkenntnis VfSlg 9750 und in jenem vom (B 533/11) sah der VfGH das Ziel der Eindämmung des Glücksspiels als im öffentlichen Interesse liegend und die geprüfte Besteuerung als sachlich gerechtfertigt an, jedoch nur dann und insoweit als das Vorliegen einer exzessiven, das Wesen dieser Grundrechte beeinträchtigenden Regelung nicht vorliegt. Dies ist jedoch vorliegend der Fall, da die Besteuerung gemäß § 57 Abs. 1 GSpG bei Rechtmäßigkeit der Besteuerung in dieser Form sämtliche nicht konzessionierte Unternehmer, die Pokerausspielungen durchführen, insbesondere den Erwerbszweig der freien gewerblichen Unternehmer mit Inkrafttreten der Bestimmung mit schlagartig und ohne Möglichkeit der Tätigkeitsausübung ausschalten würde.
Die hier geprüften Umstände - höhere Besteuerung von (aufgrund des Unionsrechts denKonzessionären gleichgestellten) Nicht-Konzessionären im Vergleich zu Konzessionären zum Zweckder Zurückdrängung des Glücksspiels - stellen sich allerdings als unverhältnismäßig dar:
Die Unverhältnismäßigkeit des § 57 Abs. 1 GSpG idF der GSpG-Novelle 2010 ist insbesondere daraus zu erblicken, dass die Besteuerung nicht vom tatsächlichen Betriebsumsatz des Unternehmens, sondern von der Höhe der Einsätze der Pokerspieler erhoben wird.
a. Exzessive Besteuerung
Der Beschwerdeführerin ist es nicht möglich eine höhere Steuerlast an Glücksspielabgabe zu tragen alsden Rohertrag den sie erwirtschaftet (vgl. in den der Betriebsprüfung vorgelegten Aufstellungen im zuGrunde liegenden Prüfungszeitraum). Kein Unternehmer kann eine Erwerbstätigkeit ausführen, beider die Glücksspielabgabenbelastung - ohne Berücksichtigung weiterer Steuern höher ist, als der Rohertrag, mit dem er seine laufenden Aufwendungen (Miete, Personal, etc.) zu bestreiten hat. Dieskommt die Belastung der Pokerausspielungen mit Glücksspielabgaben iSd § 57 Abs. 1 GSpG einerErdrosselungsbesteuerung gleich, die de facto einem Berufsverbot gleichkommt. Vergleicht man die festgesetzte Abgabenschuld mit den Einnahmen der Beschwerdeführerin wird augenscheinlich, dass es sich um keine bloß die Rentabilität der Tätigkeit schmälernde Belastung geht, sondern dieErwerbstätigkeit vollständig unterbindet.
Aufgrund der Eigenart des Pokerspiels und seiner Gewinnmöglichkeiten ist es auch nicht möglich, den Spieler zur Abgabe von 16% des Einsatzes zu verhalten, da die Gewinnmöglichkeiten beim Pokerspiel eine derartig hohe Abschöpfung nicht zulassen würden. Bei einer durchschnittlichen Dauer einer solchen Ausspielung von rund 5 Minuten, hätte der Spieler innerhalb von kurzer Zeit (also nach spätestens 7 Spielen), 100% seines Einsatzes zusätzlich an Glücksspielabgabe zu entrichten. Ein solches Spiel wäre aufgrund der steuergesetzlichen Bestimmungen somit am Markt nicht konkurrenzfähig, somit für Spieler unzugänglich, wodurch diese Besteuerungsform daher faktisch einer Unterbindung des Pokerspiels im frei gewerblichen Unternehmerbereich gleichkommt.
b. Unverhältnismäßiger Sachaufwand
Weiters stellt sich der für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage erforderliche Sachaufwand alsunverhältnismäßig dar. Es kann der Beschwerdeführerin im Vergleich zu den Konzessionären undInternetanbietern in Folge des Abstellens bei der Bemessungsgrundlage auf das einzelne Spiel nichtzugemutet werden, notwendiges zusätzliches eigenes Personal für die Erfassung der Einsatzhöhen anden jeweiligen Pokertischen einzusetzen, wodurch der Spielbetrieb in einer nicht vertretbaren Art undWeise gestört würde. Dies würde einen erheblichen Wettbewerbsnachteil für die Beschwerdeführerin darstellen.
c. Ermittlung der Bemessungsgrundlage im Schätzverfahren
Die aus den Spieleinsätzen resultierende Bemessungsgrundlagen können vom frei gewerblichen nurrechnerisch fiktiv und nicht auch ein rechtlich materieller Umsatz des Unternehmers erfasst werden.Aufgrund der in der Praxis daher kaum mögliche Erfassung der Spieleinsätze im Rahmen des CashGames ist die Berechnung der Bemessungsgrundlage im Fall von Pokerausspielungen, wie selbst vonder Finanzverwaltung eingeräumt wird, in der Regel nur im Schätzwege zu ermitteln. So auch imvorliegenden Fall. Eine Schätzung ist nicht zulässig, da eine Schätzung der Bemessungsgrundlage nurausnahmsweise für jene Fälle vorgesehen sei, in denen der Abgabepflichtige hinter seinen Mitwirkungspflichten im Abgabenverfahren zurückbleibe oder die Ermittlung ausnahmsweise aus objektiven Gründen nicht möglich sei. Da sich die Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen im Fall der Ermittlung der Einsätze im Fall von Pokerausspielungen - wie im Punkt b. dargelegt als unverhältnismäßig erweist - gibt es auch für das Schätzungsverfahren keine sachliche Rechtfertigung.
Selbst wenn die unterschiedliche Besteuerung im öffentlichen Interesse liegen würde, wäre diesejedenfalls nicht erforderlich im Sinne der Verhältnismäßigkeitsprüfung: Die niedrigereBesteuerung von Konzessionären zeigt, dass allfällige taugliche Ziele auch mit einer niedrigeren (ebengleich niedrigen) Steuerlast verwirklicht werden können. Bei freien gewerblichen Unternehmernkönnte dies bspw über die GewO geregelt werden. Stehen sich zwei im zu beurteilendenZusammenhang gleichartige Gruppen gegenüber, können Grundrechtsbeschränkungen, die eine Gruppe schwerer treffen als die andere, nicht erforderlich sein: Die mildere Grundrechtsbeschränkung der einen Gruppe belegt, dass es gelindere Mittel zur Zielerreichung gibt als die schwerer wiegende Beschränkung der anderen Gruppe.
Im vorliegenden Zusammenhang stehen sich Konzessionäre und (aufgrund des Unionsrechts den Konzessionären gleichgestellte) Nicht-Konzessionäre gegenüber, wobei Konzessionäre einer milderen Besteuerung unterliegen. Dies zeigt, dass es Alternativen zur höheren Besteuerung von gleichgestellten Nicht-Konzessionären gibt, die den angestrebten Zweck in einer gleich wirksamen, aber die Grundrechte weniger einschränkenden, Weise erreichen lassen, nämlich die Besteuerung von Nicht-Konzessionären im selben Ausmaß wie von Konzessionären unter allfälliger Ergänzung anderer Begleitmaßnahmen.
Festzuhalten ist, dass das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer Konzession zur Veranstaltung vonPokerausspielungen bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit keine Rolle spielt: Auch in Bezug aufWirtschaftsteilnehmer, die zwar über keine konzessionelle Erlaubnis verfügen, zeigt die niedrigereBesteuerung der österreichischen Konzessionäre, dass die höhere Besteuerung vonNichtkonzessionären nicht erforderlich und daher verfassungswidrig ist.
Die höhere Steuerlast von gleichgestellten Nicht-Konzessionären stellt somit nicht das gelindeste Mittel zur Zielerreichung dar und verletzt Art 6 StGG.
2.3. Abweisung der Aussetzung
In ihrer Begründung führt das Finanzamt an, dass die Aussetzung nicht zu bewilligen war, insoweit dieBeschwerde nach Lage des Falles wenig Erfolg versprechend erscheint. Demnach wird auf Judikatur desVwGH Bezug genommen, indem festgehalten wird, dass Poker als Glücksspiel zu definieren sei.
Dem ist entgegen zu halten, dass die Beschwerdeführerin wie bereits in der Bescheidbeschwerde vom in Zusammenhang mit den zu Grunde liegenden Glücksspielabgabenbescheiden die Rechtsauffassung vertritt (auf diese sei ausdrücklich verwiesen), dass keine VfGH-Judikatur zur Verfassungskonformität hinsichtlich des Recht auf Freiheit der Erwerbstätigkeit in Folge der oben angeführten Punkte vorliegt. Alleine aus diesem Aspekt kann abgleitet werden, dass sich die Rechtsansicht des Finanzamtes hinsichtlich der mangelnden Erfolgsaussicht als nicht schlüssig erweist.
3. Poker als Glücksspiel Zeitraum 8/2013 - 2/2014
3.1. Auffassung der Finanzverwaltung
Demnach sei das Spiel „Poker" gemäß der von der Finanzverwaltung angewendeten Rechtslage idF des GSpG nach dem 2.8.2013trotz der Streichung des Wortes „Poker" als dem § 1 Abs. 2 GSpG unterVerweis auf VwGH , 2000/17/0201als Glücksspiel gemäß § 1 Abs. 1 GSpG anzusehen, beidem die Entscheidung vorwiegend oder überwiegend vom Zufall abhänge. Glücksspiele iSd § 1 Abs.1GSpG unterliegen einer Glücksspielabgabe von 16% Einsatz.
3.2. Auffassung der Beschwerdeführerin
Wie bereits in der Bescheidbeschwerde vom dargelegt vertritt die Beschwerdeführerin folgende Rechtsansicht hinsichtlich der Zulässigkeit der in ihren Räumlichkeiten durchgeführten Pokerausspielungen auf Basis des vorliegenden Gewerbescheines und der glücksspielabgabenrechtlichen Konsequenzen:
Im Erkenntnis vom ,(G 26/2013,G 90/2012)hat der Verfassungsgerichtshof das Wort „Poker" in den §§ 1 Abs. 2, 22 und 60 Abs. 24 GSpG gestrichen und iZm § 22 GSpG alsverfassungswidrig erkannt. Insofern stellt sich im angegebenen Zeitraum mangels gesetzlicher normierter Legaldefinition wiederum die Frage des Vorliegens eines Glücksspiels.
3.2.1. Vorliegen von Geschicklichkeitsspielen
Die traditionellen Kartenspiele des Pokers sind vorwiegend Geschicklichkeitsspiele, die im Gegensatz zum typischen Glücksspiel nicht auf einem zivilrechtlichen Vertrag dem ausspielenden Unternehmer und den Spielern, sondern zwischen den Spielern beruhen.
In dem von der Abgabenbehörde verwiesenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes () ist jedochnicht generell ausgesprochen worden, dass alle Kartenspiele des Pokers Glücksspiele iSdGlücksspielgesetzes seien. Das durch die Behörde im Rahmen der Ermittlungen des dem VwGH zuGrunde gelegenen Verfahrens durch die Behörde vorgelegte Sachverständigengutachten besagte, dass der Ausgang der in Frage stehenden Pokerarten nicht ausschließlich, aber überwiegend vom Zufall abhingen. Der Sachverständige stützte seine These insbesondere auf mathematisch formalisiertenÜberlegungen, wonach die geringe Wahrscheinlichkeit eine bestimmte Kombination von Karten zuerhalten, die Wahrscheinlichkeit, dass ein Spieler seine Entscheidungen auf Basis der den Mitspielernzugeteilten Karten treffe, gegen Null gehe, weshalb der Ausgang des Spieles vorwiegend vom Zufallabhinge und deshalb ein Glücksspiel vorläge.
Dem ist entgegenzuhalten, dass die bei den traditionellen Pokerspielen maßgeblichen Umstände indiesem Gutachten keine ausreichende Berücksichtigung fanden bzw. als unmaßgeblich angesehenwurden, nämlich, dass das Spiel selbst von physisch-rationalen, strategischen Überlegungen und von der Geschicklichkeit der des einzelnen Spielers abhängig ist, sodass ein Spieler durch Bluffen oderaufgrund der Reaktionen der Mitspieler selbst bei schlechteren Karten ein günstigeres Spielergebnis erreichen kann, als es die Kartenlage ohne Berücksichtigung des Spielverlaufes von Beginn an, also nach der Kartenverteilung, vorsehen würde. Während am Spielbeginn Gewinn und Verlust keineswegsfeststehen, verändern sich die Gewinnchancen mit jeder auf Geschicklichkeit beruhendenSpielhandlung eines Spielers. Gewiss spielt bei Poker - wie bei jedem Kartenspiel - auch ein gewissesMaß an Zufall mit, es gibt aber keine mathematisch exakten Kriterien für die begriffliche, empirischeZuordnung des Pokers zu den typischen Glücksspielen, bei welchen schließlich nur der Zufallausschlaggebend ist. Die Zuteilung der Karten ist bei Poker nämlich nicht überwiegend spielentscheidend, vielmehr ist für den Verlauf des Spieles die rational steuerbare Geschicklichkeit,lediglich unterstützt vom Zufall einer Kartenlage und dies über mehrere Spielfolgen (zB bei derAusrichtung von Turnieren) maßgeblich. Die bloße Datenansammlung und die Wahrscheinlichkeitsrechnung über Kartenlagen können niemals Erfahrungswerte und vergleichende Beobachtungen der Wirklichkeit des Spielverhaltens einzelner Spieler über mehrere Spielverläufeersetzen. Dies wird nicht zuletzt im Lebendspiel deutlich, wo bestimmte Pokerspieler über längereZeiträume weltweite Dominanz ausspielen. Wenn die dort gespielten traditionellen Pokerspielewirklich überwiegend vom Zufall abhängig wären, wäre die Umschlagshäufigkeit der an den weltweithöchstdotierten Turnieren Teilnehmern extrem hoch, dh. überwiegend verschiedene Spieler würdenteilnehmen. Das Gegenteil ist der Fall, eine geringe Anzahl von meistens denselben Spielern ist teilnahmeberichtigt und dominiert über einen längeren Zeithorizont gesehen, die Turnierszene (wie auch bei anderen Sportarten, wo die Weltrangliste auch nicht vom Zufall, sondern der Geschicklichkeit des Spielers abhängt). Dies wurde nunmehr auch versucht empirisch nachzuweisen. Durch eine neuen Methode wurde der relative Geschicklichkeitsvorteil im Pokerspiel quantifiziert und damit die Behauptung widerliegt, dass Pokerspieler ein Glücksspiel sei. Bei den durchgeführten wissenschaftlichen Untersuchungen wurde sichtbar, dass in einem vereinfachten Pokerspiel, bei dem jeder Akteur lediglich eine Entscheidung zu treffen hat, ein geschickter Spieler aufgrund seiner gewählten Strategie eine Favoritenrolle von 65:35 einnehmen könne. Im realen Pokerspiel hätten die Akteure einen größeren Handlungsspielraum zur Verfügung und daher wäre der Wert noch höher anzusetzen, weil die unterlegenen Spieler dann auch entsprechend mehr Möglichkeiten haben, Fehler zu machen.
Beweis: Martin Sture - „SKILL BEATS LUCK - Der Geschicklichkeitsfaktor im 'Pokerspiel", 2015(ISBN 978-3734765940)
Zusammenfassend kann daher festgehalten werden, dass am Verhalten eines Gewinners, an seinenChancen, Erfolgen und Misserfolgen über mehrere Spielverläufe nach empirischen Kriterien anhand seiner Kartenlage und Geschicklichkeit die rechtliche Qualifikation des Vorliegens eines Glücks- oder Geschicklichkeitsspieles zu prüfen wäre, und nicht auf einer Wahrscheinlichkeitsberechnung mathematisch veranschlagten Zufalls möglicher Kartenlagen in einem isoliert betrachteten Spiel.
Weiters ist festzuhalten, dass nicht alle Pokerspiele empirisch mit alle anderen Arten von Pokervergleichbar sind, da bei jeder Art von Poker unterschiedliche individuell empirische nachzuweisendeVerhaltensweisen der Spieler maßgeblich sind. Da der Beschwerdeführer im angeführten Fall demGutachten des Finanzamtes nicht in gleicher fachlicher Art mittels eines Gegengutachtensgegenübergetreten ist, ist die Beweisführung des Vorliegens eines Glücksspieles im konkreten Fall aufeine Schlüssigkeitsprüfung beschränkt und nur eingeschränkt aussagefähig. Neben der Tatsache, dassder Entscheidung ihr nach § 63 Abs. 1 VwGG nur für den konkreten Fall verbindliche Wirkungzukommt, sind wir der Rechtsauffassung, dass die im Urteil angeführten Argumente nicht eins zueins auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar sind und es sich bei den Pokerspielen ausschließlichum Geschicklichkeitsspiele handelt, die nicht dem Glücksspielgesetz unterliegen.
In Folge der Auffassung der Beschwerdeführerin, dass es sich bei Poker um kein Glücksspiel, sondernum ein Geschicklichkeitsspiel handelt, können im angegebenen Zeitraum auch keineGlücksspielabgaben anfallen.
3.2.2. Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit derErwerbstätigkeit (Art 6 StGG)
Durch Art 6 StGG ist die Erwerbsfreiheit garantiert. Geschützt ist jede auf wirtschaftlichen Erwerbgerichtete Tätigkeit. Das Halten von Poker ohne Bankhalter - ebenso wie das Vermitteln vonGlücksspiel für andere Wirtschaftsteilnehmer - fällt daher in den Schutzbereich desGrundrechts. Auf Art 6 StGG können sich österreichische Staatsbürger und juristische Personen mitSitz im Inland berufen, somit auch Unternehmer mit Sitz in Österreich oder österreichische Vermittlervon (in- oder ausländischen) Unternehmern.
Nach der Rsp des Verfassungsgerichtshofs schützt Art 6 StGG nur vor intentionalen Eingriffen in dieErwerbsfreiheit, nicht jedoch vor Maßnahmen mit anderer Zielsetzung, die als faktischeNebenwirkung eine Einschränkung der Erwerbstätigkeit zur Folge haben. Die Normierung vonSteuern hat offenkundig vor allem fiskalische Gründe; eine dadurch bewirkte Beschränkung derErwerbstätigkeit wäre insofern nur eine faktische Be- bzw Verhinderung einerErwerbstätigkeit.
Eingriffe in die Erwerbsfreiheit sind jedoch nur zulässig, wenn diese im öffentlichen Interesse geboten sind, zur Verwirklichung dieses öffentlichen Interesses geeignet und adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen ist - dh, wenn der Eingriff verhältnismäßig ist. Bei der Beurteilung der Angemessenheit einer beschränkenden Maßnahme ist auch zu prüfen, ob Alternativen bestehen, die den angestrebten Zweck in einer gleich wirksamen, aber die Grundrecht weniger einschränkenden, Weise erreichen lassen. Im Erkenntnis VfSlg 9750 und in jenem vom (B 533/11) sah der VfGH das Ziel der Eindämmung des Glücksspiels als im öffentlichen Interesse liegend und die geprüfte Besteuerung als sachlich gerechtfertigt an, jedoch nur dann und insoweit als das Vorliegen einer exzessiven, das Wesen dieser Grundrechte beeinträchtigenden Regelung nicht vorliegt. Dies ist jedoch vorliegend der Fall, da die Besteuerung gemäß § 57 Abs. 1 GSpG bei Rechtmäßigkeit der Besteuerung in dieser Form sämtliche nicht konzessionierte Unternehmer die Pokerausspielungen durchführen insbesondere den Erwerbszweig der freien gewerblichen Unternehmer mit Inkrafttreten der Bestimmung mit schlagartig und ohne Möglichkeit der Tätigkeitsausübung ausschalten würde.
Die hier geprüften Umstände - höhere Besteuerung von (aufgrund des Unionsrechts denKonzessionären gleichgestellten) Nicht-Konzessionären im Vergleich zu Konzessionären zum Zweck der Zurückdrängung des Glücksspiels - stellen sich allerdings als unverhältnismäßig dar:
Die Unverhältnismäßigkeit des § 57 Abs. 1 GSpG idF der GSpG-Novelle 2010 ist insbesondere darauszu erblicken, dass die Besteuerung nicht vom tatsächlichen Betriebsumsatz des Unternehmens,sondern von der Höhe der Einsätze der Pokerspieler erhoben wird.
d. Exzessive Besteuerung
Der Beschwerdeführerin ist es nicht möglich eine höhere Steuerlast an Glücksspielabgabe zu tragen als den Rohertrag den sie erwirtschaftet (vgl. in den Betriebsprüfung vorgelegten Aufstellungen im zu Grunde liegenden Prüfungszeitraum). Kein Unternehmer kann eine Erwerbstätigkeit ausführen, bei der die Glücksspielabgabenbelastung - ohne Berücksichtigung weiterer Steuern höher ist, als der Rohertrag, mit dem er seine laufenden Aufwendungen (Miete, Personal, etc.) zu bestreiten hat. Dies kommt die Belastung der Pokerausspielungen mit Glücksspielabgaben iSd § 57 Abs. 1 GSpG einer Erdrosselungsbesteuerung gleich, das de facto einem Berufsverbot gleichkommt. Vergleicht man die festgesetzte Abgabenschuld mit den Einnahmen der Beschwerdeführerin wird augenscheinlich, dass es sich um keine bloß die Rentabilität der Tätigkeit schmälernde Belastung geht, sondern die Erwerbstätigkeit vollständig unterbindet.
Aufgrund der Eigenart des Pokerspiels und seiner Gewinnmöglichkeiten ist es auch nicht möglich, denSpieler zur Abgabe von 16% des Einsatzes zu verhalten, da die Gewinnmöglichkeiten beim Pokerspieleine derartig hohe Abschöpfung nicht zulassen würden. Bei einer durchschnittlichen Dauer einersolchen Ausspielung von rund 5 Minuten, hätte der Spieler innerhalb von kurzer Zeit (also nachspätestens 7 Spielen), 100% seines Einsatzes zusätzlich an Glücksspielabgabe zu entrichten. Einsolches Spiel wäre aufgrund der steuergesetzlichen Bestimmungen somit am Markt nichtkonkurrenzfähig, somit für Spieler unzugänglich, wodurch diese Besteuerungsform daher faktischeiner Unterbindung des Pokerspiels im frei gewerblichen Unternehmerbereich gleichkommt.
e. Unverhältnismäßiger Sachaufwand
Weiters stellt sich der für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage erforderliche Sachaufwand alsunverhältnismäßig dar. Es kann der Beschwerdeführerin im Vergleich zu den Konzessionären und Internetanbietern in Folge des Abstellens bei der Bemessungsgrundlage auf das einzelne Spiel nicht zugemutet werden, notwendiges zusätzliches eigenes Personal für die Erfassung der Einsatzhöhen an den jeweiligen Pokertischen einzusetzen, wodurch der Spielbetrieb in einer nicht vertretbaren Art und Weise gestört würde. Dies würde einen erheblichen Wettbewerbsnachteil für die Beschwerdeführerin darstellen.
f. Ermittlung der Bemessungsgrundlage im Schätzverfahren
Die aus den Spieleinsätzen resultierende Bemessungsgrundlagen können vom frei gewerblichen nurrechnerisch fiktiv und nicht auch ein rechtlich materieller Umsatz des Unternehmers erfasst werden.Aufgrund der in der Praxis daher kaum möglichen Erfassung der Spieleinsätze im Rahmen des CashGames ist die Berechnung der Bemessungsgrundlage im Fall von Pokerausspielungen wie selbst vonder Finanzverwaltung eingeräumt wird in der Regel nur im Schätzwege zu ermitteln. So auch imvorliegenden Fall. Eine Schätzung ist nicht zulässig, da eine Schätzung der Bemessungsgrundlage nurausnahmsweise für jene Fälle vorgesehen sei, in denen der Abgabepflichtige hinter seinenMitwirkungspflichten im Abgabenverfahren zurückbleibe oder die Ermittlung ausnahmsweise aus objektiven Gründen nicht möglich sei. Da sich die Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen im Fall der Ermittlung der Einsätze im Fall von Pokerausspielungen - wie im Punkt b. dargelegt als unverhältnismäßig erweist - gibt es auch das Schätzungsverfahren keine sachliche Rechtfertigung.
Selbst wenn die unterschiedliche Besteuerung im öffentlichen Interesse liegen würde, wäre diese jedenfalls nicht erforderlich im Sinne der Verhältnismäßigkeitsprüfung: Die niedrigereBesteuerung von Konzessionären zeigt, dass allfällige taugliche Ziele auch mit einer niedrigeren (ebengleich niedrigen) Steuerlast verwirklicht werden können. Bei freien gewerblichen Unternehmern könnte dies bspw über die GewO geregelt werden. Stehen sich zwei im zu beurteilenden Zusammenhang gleichartige Gruppen gegenüber, können Grundrechtsbeschränkungen, die eine Gruppe schwerer treffen als die andere, nicht erforderlich sein: Die mildere Grundrechtsbeschränkung der einen Gruppe belegt, dass es gelindere Mittel zur Zielerreichung gibt als die schwerer wiegende Beschränkung der anderen Gruppe.
Im vorliegenden Zusammenhang stehen sich Konzessionäre und (aufgrund des Unionsrechts den Konzessionären gleichgestellte) Nicht-Konzessionäre gegenüber, wobei Konzessionäre einer milderen Besteuerung unterliegen. Dies zeigt, dass es Alternativen zur höheren Besteuerung von gleichgestellten Nicht-Konzessionären gibt, die den angestrebten Zweck in einer gleich wirksamen, aber die Grundrechte weniger einschränkenden, Weise erreichen lassen, nämlich die Besteuerung von Nicht-Konzessionären im selben Ausmaß wie von Konzessionären unter allfälliger Ergänzung anderer Begleitmaßnahmen.
Festzuhalten ist, dass das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer Konzession zur Veranstaltung von Pokerausspielungen bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit keine Rolle spielt: Auch in Bezug auf Wirtschaftsteilnehmer, die zwar über keine konzessionelle Erlaubnis verfügen, zeigt die niedrigere Besteuerung der österreichischen Konzessionäre, dass die höhere Besteuerung von Nichtkonzessionären nicht erforderlich und daher verfassungswidrig ist.
Die höhere Steuerlast von gleichgestellten Nicht-Konzessionären stellt somit nicht das gelindesteMittel zur Zielerreichung dar und verletzt Art 6 StGG.
Aus den angeführten Gründen wird die Rechtsansicht vertreten, dass keine Glücksspielabgabe auf ein Kartenspiel in Form von Poker im genannten Zeitraum einzuheben ist.
Der oben angeführte Bescheide wird daher angefochten und ihre Aufhebung beantragt.
3.3. Abweisung der Aussetzung
In ihrer Begründung führt das Finanzamt an, dass die Aussetzung nicht zu bewilligen war, insoweit die Beschwerde nach Lage des Falles wenig Erfolg versprechend erscheint. Demnach wird für den auf Judikatur des VfGH Bezug genommen, indem festgehalten wird, dass es dem Gesetzgeber freistehe, Poker als Glücksspiel zu definieren.
Festzuhalten ist, dass im verfahrensgegenständlichen Zeitraum Poker nicht per Legaldefinition alsGlücksspiel in § 1 Abs. 2 GSpG definiert wurde und die zitierte Judikatur sohin nicht anwendbar ist.
Dem ist entgegen zu halten, dass die Beschwerdeführerin wie bereits in der Bescheidbeschwerde vom 2. Juni 2015 in Zusammenhang mit den zu Grunde liegenden Glücksspielabgabenbescheiden die Rechtsauffassung vertritt, die Einschlägigkeit der Judikatur des auf die obig genannten Einwände und die zwischenzeitliche Weiterentwicklung des Erkenntnisstandes zu Poker als Geschicklichkeitsspiel nicht gegeben ist, da diese in der Judikatur des Verwaltungsgerichthofes noch nicht gewürdigt wurden. Die zitierte BFG Judikatur ist keine höchstgerichtliche Judikatur. Dies gilt sowohl für Pokerturniere als auch für „Cash Games".
Weiters ist dem entgegenzuhalten, dass es keine VfGH-Judikatur zur Verfassungskonformität hinsichtlich des Rechts auf Freiheit der Erwerbstätigkeit in Folge der oben angeführten Punkte vorliegt.
Alleine aus diesem Aspekt kann abgleitet werden, dass sich die Rechtsansicht des Finanzamtes hinsichtlich der mangelnden Erfolgsaussicht als nicht schlüssig erweist.
Im Zusammenhang mit dem vorliegenden Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht betreffend sämtliche angefochtene Bescheide stellen wir den
ANTRAG
gemäß § 272 Abs. 2 Z 1 lit. a und lit. b BAO idgF auf Entscheidung über die Beschwerde durch den gesamten Berufungssenat, den
ANTRAG
gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 lit. a. und lit. b BAO idgF auf mündliche Verhandlung.“
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Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die Finanzbehörde die gegenständliche Beschwerde als unbegründet ab.
Zur Begründung wurde wie folgt ausgeführt:
„Mitdem aufgehobenen Bescheid wurde betreffend die beantragte Aussetzung der Einhebung der Glücksspielabgabe für die Monate Jänner 2013 und Februar 2013 nicht über dengesamten beantragten Aussetzungsbetrag abgesprochen. Wie auch in derBescheidbegründung ausgeführt, ist bereits darin eine Unrichtigkeit des Spruches zuerblicken. Im Übrigen liegt eine Unrichtigkeit des Spruches vor, da gemäß § 212a Abs. 2 lit. a BAO die Aussetzung der Einhebung nicht zu bewilligen ist, soweit die Beschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint. Mit der Begründung des angefochtenenBescheides wurde bereits ausführlich dargelegt, dass die im Zusammenhang mit demAussetzungsantrag stehende Beschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechenderscheint.
Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, Poker sei im Zeitraum 8/2013 - 2/2014 nicht alsGlücksspiel anzusehen gewesen, ist festzuhalten, dass die Glücksspieleigenschaft von Poker -abgesehen von zahlreichen Entscheidungen des UFS bzw. des BFG - bereitsdurchhöchstgerichtliche Judikatur bestätigt wurde (). Entgegen derAnsicht der Beschwerdeführerin hat sich der VwGH auch mit Umständen auseinandergesetzt,die man der Geschicklichkeit eines Spielers zuschreiben könnte. Der VwGH hält insbesonderefest, dass der Umstand, dass allenfalls ein Spieler durch Bluffen selbst bei schlechten Kartenein günstiges Spielergebnis erreichen könnte (was man der Geschicklichkeit eines Spielerszuschreiben könnte) und dass ein Spieler darüber hinaus seine Entscheidungen nicht alleinvon den mathematischen Wahrscheinlichkeiten, welches Blatt die Mitspieler angesichts der bekannten (offen zugeteilten) Karten haben könnten, sondern auch von deren Verhalten während des Spiels abhängig machen könnte, den Spielen nicht den Charakter alsGlücksspiel nimmt.
Poker war daher auch im oben angeführten Zeitraum als Glücksspiel iSd § 1 Abs. 1 GSpGanzusehen. Diese Ansicht entspricht der höchstgerichtlichen Rechtsprechung.
Zur behaupteten Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit derErwerbstätigkeit wird erneut auf die Rechtsprechung des VfGH verwiesen: Gegen dasErkenntnis des , mit welchem dieses dieRechtsansicht des Finanzamtes und damit die Glücksspielabgabepflicht von Ausspielungen inForm von Poker-Cashgames und Pokerturnieren gemäß § 57 Abs. 1 GSpG bestätigt hat,wurde Beschwerde an den VfGH erhoben. Mit Beschluss vom , E 293/2015, lehnteder VfGH die Behandlung dieser Beschwerde mit Beschluss ab und begründete dies wie folgt:
„Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Verfassungswidrigkeit des § 1 Abs. 2 GSpG, sowie der Bestimmungen über die Glücksspielabgaben in den §§ 57 bis 59 GSpG behauptet wird, lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat: Es liegt grundsätzlich im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, wenn er das Pokerspiel dem Regime des Glücksspielgesetzes unterwirft (vgl. VfSlg. 19.767/2013). Auch die Ausgestaltung der Glücksspielabgabe nach § 57 GSpG überschreitet nicht den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers (vgl. VfSlg. 10.001/1984, 10.365/1985, 11.143/1986, 11.615/1988 uva.; vgl. auch VfSlg. 15.432/1999, 15.585/2002, 16.740/2002, 16.923/2003)."
Der von der Beschwerdeführerin vertretenen Rechtsansicht, es liege eine Verletzung imverfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbstätigkeit vor, kanndaher unter Verweis auf die Rechtsprechung des VfGH nicht gefolgt werden.
Im Lichte der angeführten höchstgerichtlichen Rechtsprechung erscheint die imZusammenhang mit dem Aussetzungsantrag stehende Beschwerde nach Lage des Falleswenig erfolgversprechend. Die Aufhebung des Bescheides erfolgte aus den angeführtenGründen zu Recht, es war daher spruchgemäß zu entscheiden.“
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Mit Schriftsatz vom beantragte die Beschwerdeführerin die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und wiederholte ihr bisheriges Beschwerdevorbringen, ohne dieses zu ergänzen.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Gemäß § 299 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist. Der Antrag hat zu enthalten:
a) die Bezeichnung des aufzuhebenden Bescheides;
b) die Gründe, auf die sich die behauptete Unrichtigkeit stützt.
(2) Mit dem aufhebenden Bescheid ist der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden. Dies gilt nur, wenn dieselbe Abgabenbehörde zur Erlassung beider Bescheide zuständig ist.
(3) Durch die Aufhebung des aufhebenden Bescheides (Abs. 1) tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor der Aufhebung (Abs. 1) befunden hat.
§ 212a BAO lautet:
(1) Die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, ist auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Bescheidbeschwerde die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.
(2) Die Aussetzung der Einhebung ist nicht zu bewilligen,
a) soweit die Beschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint, oder
b) soweit mit der Bescheidbeschwerde ein Bescheid in Punkten angefochten wird, in denen er nicht von einem Anbringen des Abgabepflichtigen abweicht, oder
c) wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet ist.
Zu Recht wird im zugrunde liegenden Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO und auch in der Beschwerdevorentscheidung ausgeführt, dass der Bescheid über die Aussetzung der Ei nhebung gemäß § 212a BAO schon deswegen rechtswidrig ist, weil er über den Aussetzungsantrag vom nur teilweise und dies ohne Begründung hinsichtlich der Abweichungen vom Anbringen abgesprochen hat. Es ist weder aus dem Spruch noch aus der Begründung des Bescheides über die Aussetzung der Einhebung vom ersichtlich, ob und aus welchen Erwägungen dem Antrag nur in eingeschränktem (betragsmäßig und hinsichtlich einzelner Zeiträume) Ausmaß Rechnung getragen wurde. Es ist somit nicht erkennbar, ob mit dem Bescheid dem Antrag auf Aussetzung nur teilweise Folge gegeben wurde oder ob über bestimmte Zeiträume gar nicht abgesprochen wurde. Der Bescheid über die Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO vom war daher schon aus diesem Grund mit Rechtswidrigkeit behaftet und gemäß § 299 BAO aufzuheben.
Gemäß § 212a Abs. 2 BAO ist die Aussetzung der Einhebung nicht zu bewilligen, soweit die Beschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint. Auch insoweit war der aufgehobene Bescheid aus folgenden Erwägungen mit Rechtswidrigkeit behaftet:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () ist es nicht Aufgabe eines Aussetzungsverfahrens, die Beschwerdeentscheidung vorwegzunehmen, sondern haben die Abgabenbehörden (und Gerichte) bei Prüfung der Voraussetzungen für eine Aussetzung der Einhebung die Erfolgsaussichten lediglich anhand des Beschwerdevorbringens zu beurteilen, wobei nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 93/17/0055, insbesondere auch auf die jeweils herrschende (insbesondere publizierte) Rechtsprechung Bedacht zu nehmen ist. Ein Rechtsmittel erscheint nur insoweit wenig erfolgversprechend, als seine Erfolglosigkeit offenkundig ist. Als offenkundig erfolglos kann eine Beschwerde etwa insoweit angesehen werden, als sie nach Maßgabe des § 252 BAO zwingend abzuweisen ist, das Beschwerdebegehren mit der Rechtslage eindeutig in Widerspruch steht, der Abgabepflichtige eine der ständigen Judikatur der Höchstgerichte widersprechende Position bezieht oder ein Bescheid in Punkten angefochten wird, in denen er sich auf gesicherte Erfahrungstatsachen oder auf eine längerwährend unbeanstandet geübte Verwaltungspraxis stützt.
Im Zuge der Beurteilung einer Beschwerde nach § 212a Abs. 2 lit. a BAO sind deren Erfolgsaussichten lediglich abzuschätzen. Eine Beschwerde kann nicht schon deshalb von Vornherein als wenig erfolgversprechend angesehen werden, weil sich der abgabenbehördliche Bescheid im Bereich des möglichen Verständnisses einer verschiedene Interpretationen zulassenden Vorschrift bewegt und zur konkreten Streitfrage noch keine eindeutige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt. Lediglich dann, wenn die Beschwerde einen Standpunkt vertritt, welcher mit zwingenden Bestimmungen ganz eindeutig und ohne jeden Zweifel unvereinbar ist oder mit der ständigen Rechtsprechung in Widerspruch steht, könnte von einer wenig Erfolg versprechenden Beschwerde die Rede sein ().
Wie im angefochtenen Bescheid und auch in der Beschwerdevorentscheidung zutreffend ausgeführt und auch durch zitierte Judikate eindeutig untermauert, richtete sich das Beschwerdebegehren in der zugrunde liegenden Abgabensache gegen die ständige Rechtsprechung der Höchstgerichte und des Bundesfinanzgerichtes.
Mittlerweile hat das Bundesfinanzgericht mit Erkenntnis vom , RV/5100045/2014, die Beschwerde vom betreffend die zugrundeliegenden Abgabensache als unbegründet abgewiesen.
Der gegenständliche Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , mit dem der Bescheid vom über die Aussetzung der Einhebung (§ 212a BAO) der Glückspielabgabe Jänner und Februar 2013 sowie Juni 2013 bis Februar 2014 samt zugehöriger Säumniszuschläge gemäß § 299 BAO aufgehoben wurde, erweist sich daher als rechtmäßig.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer ordentlichen Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das gegenständliche Erkenntnis passiert auf der zitierten ständigen und einheitlichen Rechtsprechung der Höchstgerichte. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Glücksspiel |
betroffene Normen | § 212a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 1 Abs. 1 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 § 57 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 § 58 Abs. 3 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 § 59 Abs. 1 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 § 60 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 § 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 Art. 6 StGG, Staatsgrundgesetz, RGBl. Nr. 142/1867 § 57 Abs. 1 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.7104236.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at