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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.11.2019, RV/7101147/2014

Behandlungsbeiträge gemäß § 63 B-KUVG sind keine Werbungskosten iSd § 16 Abs. 1 Z 4 EStG 1988. Es kommt aber eine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung iSd § 34 EStG in Betracht.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf über die Berufung (nunmehr Beschwerde) vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt FA vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2007 zu Recht erkannt: 

I. Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensverlauf

Der Berufungswerber (nunmehr Beschwerdeführer, in weiterer Folge abgekürzt Bf) reichte am beim Finanzamt die Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2007 ein. Darin beantragte er die steuerliche Berücksichtigung von Sonderausgaben iHv 194,54 Euro (Ausgaben für Wohnraumschaffung bzw -sanierung) und außergewöhnlichen Belastungen wegen eigener Behinderung (Frei- und Pauschbeträge sowie zusätzliche Ausgaben iHv 255 Euro).

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Einkommensteuer 2007 antragsgemäß mit einer Abgabengutschrift iHv 502,98 Euro fest.

Mit Eingabe vom erhob der Bf gegen den Einkommensteuerbescheid 2007 das Rechtsmittel der Berufung (nunmehr Beschwerde) und beantragte die steuerliche Berücksichtigung der sogenannten variablen Krankenversicherungsbeiträge (Behandlungsbeiträge der BVA, der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter) iHv insgesamt 362,42 Euro. Von diesem Gesamtbetrag stünden 85,84 Euro iZm der Behinderung des Bf, die restlichen 276,58 Euro hingegen nicht. Er habe erst jetzt erfahren, dass Arztbesuche und dgl, die im Zusammenhang mit einer Behinderung stehen, steuerlich zu berücksichtigen seien. Weiters führte der Bf zusammengefasst aus, dass es sich bei den BVA-Selbstbehalten grundsätzlich um abzugsfähige Krankenversicherungsbeiträge handle. Zusätzlich verwies der Bf darauf, dass die Nichtberücksichtigung der Selbstbehalte zu einer Ungleichbehandlung führen würde, da ein Großteil der Steuerpflichtigen bei Kassen versichert seien, die keine derartigen Beiträge einheben würden.

Mit Schreiben vom ersuchte das Finanzamt den Bf um Nachweis der geltend gemachten Krankheitskosten iZm der Behinderung iHv 255 Euro sowie der in der Berufung (nunmehr Beschwerde) beantragten zusätzlichen Aufwendungen.

Der Bf übermittelte der belangten Behörde daraufhin am ein Konvolut von 11 BVA-Rechnungen sowie diversen Apothekenrechnungen. Zu den vorgelegten Unterlagen führte der Bf hinsichtlich der Behandlungsbeiträge wie folgt aus: „Bei meinen zur Behinderung führenden Krankheiten führt insbesondere das Wesen der Zuckerkrankheit zu multiplen Organschädigungen (ua der Augen und Nieren). In diesem Zusammenhang habe ich bei der BVA-Rechnung vom die Positionen Dr. A und Dr. B übersehen und bitte die Beträge von € 15,83 + 1,52 + 3,30 + 2,66 noch zusätzlich als Aufwand zu berücksichtigen."

In weiterer Folge erließ das Finanzamt am einen Mängelbehebungsauftrag, in dem dem Bf vorgehalten wurde, aus seinen Ausführungen in der Berufung ginge nicht hervor, welche konkreten Änderungen des angefochtenen Bescheides begehrt werden würden.

Der Bf nahm dazu mit Schreiben vom Stellung und beantragte die Berücksichtigung von Kosten für Medikamente iZm der Behinderung iHv 255 Euro, von Selbstbehalten iZm der Behinderung iHv nunmehr 109,15 Euro sowie von Selbstbehalten ohne Zusammenhang mit der Behinderung iHv 253,27 Euro. Weitere entstandene Kosten für Medikamente ohne Zusammenhang mit der Behinderung würde er nicht geltend machen.   

Das Finanzamt erledigte die Beschwerde am mit Beschwerdevorentscheidung. Darin wies die belangte Behörde das Beschwerdebegehren ab und führte zur Begründung ua aus, das die Berufung wegen fehlender nachvollziehbarer Zuordnung von Krankheitskosten zur Behinderung und mangels wesentlicher Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (Selbstbehalt nach dem Einkommensteuergesetz) abzuweisen gewesen sei.

Mit Schreiben vom beantragte der Bf die Vorlage der Berufung (nunmehr Beschwerde) an die Abgabenbehörde zweiter Instanz (nunmehr Bundesfinanzgericht) und führte zu den strittigen Aufwendungen – Behandlungsbeiträge iZm der Behinderung iHv 109,15 Euro sowie Behandlungsbeiträge ohne Zusammenhang mit der Behinderung iHv 253,27 Euro – zusammengefasst wie folgt aus.

Zu den behinderungsbedingten Selbstbehalten für Hausarzt-, Facharzt-, Krankenhausbesuche und Laboruntersuchungen hielt der Bf ua fest, dass diese Kosten zwingend durch die einschlägige Erkrankung (Diabetes) entstanden seien. Dem Bf stünden diesbezüglich nur die BVA-Rechnungen als Beweismittel zu Verfügung.

Zu den Selbstbehalten ohne Zusammenhang mit der Behinderung führte der Bf ua aus, dass bei der Mehrheit der Versicherten die vollen Krankenversicherungsbeiträge steuerlich berücksichtigt werden würden. Bei einer Minderheit der Versicherten würde ein Teil der Krankenversicherungsbeiträge (gemeint: die Behandlungsbeiträge) erst ab einer gewissen Höhe berücksichtigt, was zu einer Ungleichbehandlung führe. Bei der Inanspruchnahme von Wahlärzten liege diesbezüglich keine Ungleichbehandlung vor, da in diesem Fall alle Versicherten gegebenenfalls für Selbstbehalte aufkommen müssten und diese uU nur eingeschränkt steuerlich geltend machen könnten. Im Fall des Bf beträfen die sogenannten Selbstbehalte (Behandlungsbeiträge) aber Behandlungsleistungen von Pflichtversicherungspartnern der BVA. Die Behandlungsbeiträge seien daher Beiträge zur Pflichtversicherung und iSd Gleichheitsgrundsatzes uneingeschränkt steuerlich absetzbar.   

Das Finanzamt legte dem Bundesfinanzgericht die Berufung (nunmehr Beschwerde) am zur Entscheidung vor und beantragte eine abweisende Erledigung. Im Vorlagebericht verwies die belangte Behörde ua auf den mangelnden Nachweis des Zusammenhanges der Aufwendungen mit der Behinderung des Bf.  

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Entscheidungsrelevanter Sachverhalt

Der Bf ist Pensionist und erzielte im Jahr 2007 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit iHv 46.166,98 Euro. Der Bf leidet an Zuckerkrankheit (Diabetes), der Grad seiner Behinderung beträgt 40%.

Im streitgegenständlichen Jahr 2007 sind dem Bf Kosten für Medikamente iHv insgesamt 391,75 Euro sowie Kosten für Behandlungsbeiträge bei der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter iHv insgesamt 362,42 Euro entstanden.

Beweiswürdigung

Die unstrittigen Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die diesbezüglich übereinstimmenden Angaben des Bf und der belangten Behörde, den Inhalt der vorgelegten Akten sowie den elektronischen Steuerakt.

Rechtsgrundlagen und rechtliche Beurteilung

Vorauszuschicken ist, dass die belangte Behörde die geltend gemachten Kosten aus der eigenen Behinderung iHv 255 Euro (Kosten für Medikamente) sowohl im Erstbescheid als auch in der Beschwerdevorentscheidung ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes anerkannt hat. Der Bf hat diesbezüglich, trotz des Vorliegens von Apothekenrechnungen über insgesamt 391,75 Euro, keine Berücksichtigung weiterer Kosten beantragt. Aufgrund der Unstrittigkeit dieses Punktes hat das Bundesfinanzgericht keine Bedenken, die Beträge wie bisher steuerlich anzuerkennen. 

Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob von den Behandlungsbeiträgen iHv insgesamt 362,42 Euro, Behandlungsbeiträge iHv 109,15 Euro mit der Behinderung des Bf im Zusammenhang stehen und ob die übrigen Behandlungsbeiträge iHv 253,27 Euro in steuerlicher Hinsicht Werbungskosten oder außergewöhnliche Belastungen darstellen bzw ob allenfalls ein Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz vorliegt.

Dazu kommen im streitgegenständlichen Jahr 2008 folgende rechtliche Bestimmungen zur Anwendung:

Gemäß § 16 Abs. 1 erster Satz Einkommensteuergesetz (EStG) 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG 1988 sind Werbungskosten auch die Beiträge des Versicherten zur Pflichtversicherung in der gesetzlichen Sozialversicherung.

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18)
außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:

Z 1: Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2),

Z 2: Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3),

Z 3: Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

Abs. 2: Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse
erwächst.

Abs. 3: Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Abs. 4: Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung
mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt
übersteigt.

Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen

von höchstens 7 300 Euro ................................. 6%.

mehr als 7 300 Euro bis 14 600 Euro ...................... 8%.

mehr als 14 600 Euro bis 36 400 Euro ..................... 10%.

mehr als 36 400 Euro ..................................... 12%.

Abs. 5: […]

Abs. 6: Folgende Aufwendungen können ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden:
- […]
- Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn der Steuerpflichtige selbst oder bei Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag der (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) oder bei Anspruch auf den Kinderabsetzbetrag oder den Unterhaltsabsetzbetrag das Kind (§ 106 Abs. 1 und 2) pflegebedingte Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) erhält, soweit sie die Summe dieser pflegebedingten Geldleistungen übersteigen.

Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.

In der zu §§ 34 und 35 EStG 1988 ergangenen Verordnung des BM für Finanzen, BGBl. 1996/303, wird Nachstehendes angeordnet:

§ 1. (1) Hat der Steuerpflichtige Aufwendungen

- durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,

- bei Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des (Ehe)Partners (§ 106 Abs. 3 EStG 1988) oder

- bei Anspruch des Steuerpflichtigen selbst oder seines (Ehe)Partners auf den Kinderabsetzbetrag oder den Unterhaltsabsetzbetrag, durch eine Behinderung des Kindes
(§ 106 Abs. 1 und 2 EStG 1988), für das keine erhöhte Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 gewährt wird, so sind die in den §§ 2 bis 4 dieser Verordnung genannten Mehraufwendungen als außergewöhnliche Belastung zu
berücksichtigen.

(2) Eine Behinderung liegt vor, wenn das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) mindestens 25% beträgt.

(3) Die Mehraufwendungen gemäß §§ 2 bis 4 dieser Verordnung sind nicht um eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) oder um einen
Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 zu kürzen.

§ 2 […]

§ 3 […]

§ 4. Nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (zB Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung sind im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.

Gemäß § 63 Abs. 4 erster und zweiter Satz Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz (B-KUVG) hat der Versicherte in den durch die Satzung unter Bedachtnahme auf eine ökonomische Beistellung der ärztlichen Hilfe und auf die finanzielle Leistungsfähigkeit der Versicherungsanstalt festzusetzenden Fällen der Inanspruchnahme der ärztlichen Hilfe einen Behandlungsbeitrag zu entrichten. Die Höhe des Behandlungsbeitrags ist durch die Satzung unter Bedachtnahme auf die finanzielle Leistungsfähigkeit der Versicherungsanstalt festzusetzen, wobei der Kostenanteil 20% der dem Versicherungsträger erwachsenden Kosten nicht überschreiten darf.

a) Beurteilung der Behandlungsbeiträge iZm der Behinderung

Nach der Bestimmung des § 4 der zitierten Verordnung sind die Kosten für Heilbehandlung wegen der Diabetes bzw Behinderung des Bf ohne Berücksichtigung eines Selbstbehaltes abzugsfähig. Dazu zählen auch die Behandlungsbeiträge. Der von der belangten Behörde vertretenen Rechtsansicht, wonach die Ursächlichkeit vom Steuerpflichtigen nachzuweisen (bzw zumindest glaubhaft zu machen) ist, kommt aber Berechtigung zu. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes tritt nämlich der Grundsatz der strikten Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung in den Hintergrund, wenn es um abgabenrechtliche Begünstigungen geht. Es liegt vielmehr an der Partei, die Umstände darzulegen, die für die Begünstigung sprechen.

Für die belangte Behörde war aus den vorgelegten, an den Sozialversicherungsträger (BVA) geleisteten Behandlungsbeiträgen nicht zweifelsfrei erkennbar, inwieweit diese (fach-) ärztlichen Leistungen, Laboruntersuchungen usw der Behinderung des Bf zuzuordnen waren. Der Bf hat in seinen Ausführungen aber glaubhaft dargestellt, dass im Zuge von Arztbesuchen, Laboruntersuchungen etc auch Folgeerscheinungen bzw -erkrankungen der Diabetes behandelt worden sind. Im Übrigen widerspricht es auch der Lebenserfahrung, dass die festgestellten Behandlungsbeiträge iHv insgesamt 362,42 Euro in ihrem kompletten Umfang keinerlei Bezug zur Krankheit bzw der 40%-igen Behinderung des Bf gehabt haben sollten.

Das Bundesfinanzgericht hat daher keine Bedenken im Schätzungswege nach § 184 Bundesabgabenordnung (BAO) die geleisteten Behandlungsbeiträge im beantragten Ausmaß von 109,15 Euro (das entspricht einem Anteil von ca 30% der gesamten Beiträge) als Kosten der Heilbehandlung anzusetzen.

Der Beschwerde war diesbezüglich stattzugeben.

b) Beurteilung der Behandlungsbeiträge ohne Bezug zur Behinderung

Zu den Behandlungsbeiträgen gemäß § 63 B-KUVG, die in der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter versicherte Personen zu entrichten haben, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits für den Geltungsbereich des EStG 1967 (siehe Erkenntnis vom , 1532/73, VwSlg 4835 F/1975) und des EStG 1972 (siehe Erkenntnis vom , 1299/80) festgehalten, dass es sich dabei nicht um Beiträge zur Pflichtversicherung und somit nicht um Werbungskosten handelt.

Der geleistete Beitrag des Versicherten ist eine teilweise Refundierung der von der Kassa konkret erbrachten Leistung und fällt somit nicht unter § 16 Abs. 1 Z 4 EStG 1972; als Beitrag zur Versicherung kann nur eine Zahlung angesehen werden, die zu entrichten ist, um in den Genuss des Versicherungsschutzes zu gelangen, nicht aber Aufwendungen, die dem Versicherten dadurch erwachsen, dass der Versicherungsfall eintritt (). Derartige Behandlungsgebühren stellen auch keine Sonderausgaben im Sinne des § 18 Abs. 1 Z 2 EStG 1972 dar, da es sich hierbei nicht um eine freiwillige Krankenversicherung handelt. Da die Leistung der Behandlungsbeiträge von der Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe abhängig ist, stellen derartige Aufwendungen grundsätzlich außergewöhnliche Belastungen dar.

Nach der diesbezüglich einhelligen Lehre (vgl bspw Doralt, EStG 198820, § 16 Tz 102; Jakom/Peyerl, EStG 2019, § 34 Rz 90), Judikatur () und Rechtsansicht des Bundesministeriums für Finanzen (Lohnsteuerrichtlinien 2002 Rz 246) gilt die oben dargelegte Rechtslage auch für den Anwendungsbereich des EStG 1988.

Die strittigen (übrigen) Behandlungsbeiträge gemäß § 63 B-KUVG sind somit keine Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 4 EStG 1988. Es kommt aber eine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung iSd § 34 EStG 1988 in Betracht, wenn die Zahlung zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit führt. Dies ist dann gegeben, wenn die Belastung den vom Steuerpflichtigen zu tragenden Selbstbehalt überschreitet.

Der Selbstbehalt für das Jahr 2007 beträgt gemäß § 34 Abs. 4 iVm Abs. 5 EStG 1988 6.304,26 Euro. Dies entspricht 12% von 52.535,47 Euro (Einkommen ohne außergewöhnliche Belastungen mit Selbstbehalt plus sonstige Bezüge laut Lohnzettel abzüglich SV-Beiträge für sonstige Bezüge).

Da die außergewöhnlichen Belastungen (Behandlungsbeiträge iHv 253,27 Euro, die nicht mit der Behinderung im Zusammenhang stehen) unter dem Selbstbehalt von 6.304,26 Euro liegen, wirkt sich die Berücksichtigung im gegenständlichen Fall steuerlich aber nicht aus.

Zur Argumentation des Bf, dass die Nichtberücksichtigung der Behandlungsbeiträge (Selbstbehalte) zu einer Ungleichbehandlung führen würde, da ein Großteil der Steuerpflichtigen bei Kassen versichert seien, die keine derartigen Beiträge einheben würden, ist folgendes festzuhalten.

Dem Bf ist zuzustimmen, dass das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz (ASVG) einen allgemeinen Kostenbeitrag (Selbstbehalt) für ärztliche Behandlungen etc grundsätzlich nicht kennt. Dagegen sind in anderen Systemen sehr wohl Kostenbeteiligungen der Versicherten nach Maßgabe der jeweiligen Satzung vorgesehen (vgl bspw § 86 Gewerbliches Sozialversicherungsgesetz (GSVG), § 80 Bauern-Sozialversicherungsgesetz (BSVG) oder § 63 Abs. 4 B-KUVG). Die verfassungsrechtlichen Bedenken des Bf beziehen sich aber nicht auf die Tatsache der bestehenden Unterschiede im Beitrags- und Leistungsrecht der verschiedenen Krankenkassen, sondern auf die steuerliche Nichtberücksichtigung der Behandlungsbeiträge im konkreten Fall.

Die im gegenständlichen Fall einschlägige Bestimmung des § 16 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 erfasst in ihrem Kernbereich Pflichtbeiträge zur inländischen gesetzlichen Sozialversicherung und zu vergleichbaren Einrichtungen , denen die Funktion eines inländischen gesetzlichen Sozialversicherungsträgers zukommt. Dabei bestehen gegen die unterschiedliche steuerliche Behandlung von Pflichtbeiträgen und freiwilligen Beträgen keine verfassungsrechtlichen Bedenken ( ​ ).

Demgegenüber sind – wie oben bereits ausgeführt – Behandlungsbeiträge (wie der Selbstbehalt nach § 63 B-KUVG) nach der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keine Beiträge zur Pflichtversicherung und daher auch keine Werbungskosten. Die Berücksichtigung dieser Ausgaben als außergewöhnliche Belastungen iSd § 34 EStG 1988 ist aber möglich. Dabei ist der Ansatz eines einkommensabhängigen Selbstbehaltes verfassungsrechtlich zulässig (vgl Doralt, EStG 198820, § 34 Rz 43/1, mit Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 1302/02).

Im Sinne der angeführten höchstgerichtlichen Judikatur vermag der Hinweis des Bf auf den Gleichheitsgrundsatz daher keine Verfassungswidrigkeit der angewendeten Bestimmungen der §§ 16 und 34 EStG 1988 aufzuzeigen.

Die Beschwerde war diesbezüglich abzuweisen.

Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden. 

Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzung liegt im Beschwerdefall nicht vor. Die Feststellungen auf der Sachverhalt sebene betreffen keine Rechtsfragen und sind deshalb grundsätzlich keiner Revision zugängig. Die entscheidungserhebliche Rechtsfrage, ob Behandlungsbeiträge gemäß § 63 Abs. 4 B-KUVG in steuerlicher Hinsicht als Werbungskosten oder außergewöhnliche Belastungen zu qualifizieren sind, ist durch die zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes geklärt. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.

Beilage: 1 Berechnungsblatt betreffend Einkommensteuer 2007

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
VwGH, , 1299/80
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7101147.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at